Der längste Nerv im Körper: Der Vagusnerv – Ein Schlüssel zu Gesundheit und Wohlbefinden

Der menschliche Körper ist ein komplexes Netzwerk, in dem jedes Organ und jedes System eine spezifische Rolle spielt. Der Vagusnerv, auch bekannt als zehnter Hirnnerv oder Nervus vagus, ist einer der wichtigsten Akteure in diesem Netzwerk. Als längster Hirnnerv verbindet er das Gehirn mit einer Vielzahl von Organen im Körper und beeinflusst entscheidende Funktionen wie Herzfrequenz, Verdauung, Atmung und sogar die psychische Gesundheit. In den sozialen Netzwerken ist die Vagusnerv-Stimulation ein beliebter Selfcare-Trend, doch was steckt wirklich dahinter und wie können wir diesen Nerv gezielt aktivieren, um unser Wohlbefinden zu verbessern?

Die Anatomie und Funktion des Vagusnervs

Der Vagusnerv ist der längste unserer zwölf Hirnnerven und verläuft vom Gehirn aus auf beiden Halsseiten über den Brustraum zum Darm. Seine vielen Seitenäste versorgen fast alle Hals-, Brust- und Bauchorgane. Als Teil des parasympathischen Nervensystems, auch bekannt als "Ruhe-Nerv", ist er für Erholung, Ruhe und Verdauung zuständig. Sein Gegenspieler, der Sympathikus, fördert unsere Leistungs- und Kampfbereitschaft.

Der Vagusnerv ist eine regulierende Schaltstelle zwischen dem Gehirn und den Organen. Er hat einen dämpfenden und ausgleichenden Einfluss auf verschiedene Körperfunktionen und beeinflusst auch unser Befinden. Er reguliert die Herzfrequenz und fördert einen ruhigen und gleichmäßigen Herzschlag. Außerdem spielt er eine entscheidende Rolle in unserem Verdauungssystem, indem er die Bewegung unserer Organe im Magen-Darm-Trakt fördert und die Produktion von Verdauungssäften anregt. Darüber hinaus reguliert er die Schleimhautproduktion im Magen.

Der Vagusnerv und das vegetative Nervensystem

Der Vagusnerv ist der wichtigste Teil des parasympathischen Nervensystems. Der Parasympathikus, Bestandteil des vegetativen Nervensystems, dient der Erholung und dem Aufbau von Energiereserven im Körper. Somit ist der Vagusnerv in unserem Körper mit verantwortlich für die Entspannung, Verdauung und unsere Energiereserven. Das Gehirn kommuniziert über den Vagusnerv mit den Organen im Körper.

Das vegetative Nervensystem besteht aus drei Teilen:

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  • Parasympathikus: Sorgt für Ruhe, Erholung und Verdauung.
  • Sympathikus: Übernimmt die Kontrolle bei Stress und erhöhter Leistungsanforderung.
  • Enterisches Nervensystem: Kontrolliert den Darmtrakt.

Diese drei Systeme arbeiten zusammen, um unsere Organe zu steuern und den Körper im Gleichgewicht zu halten. Der Vagusnerv spielt dabei eine zentrale Rolle in der Darm-Hirn-Achse, die für die Regulierung des Sättigungsgefühls und des Blutzuckerspiegels während der Nahrungsaufnahme wichtig ist.

Die Bedeutung des Vagusnervs für die Gesundheit

Der Vagusnerv ist Gegenstand vielfältiger Forschungen. Studien zeigen, dass die Stimulation des Vagusnervs bei einer Vielzahl von psychiatrischen und neuro­logischen Erkrankungen hilfreich sein kann. Die Studien beziehen sich dabei auf zwei verschiedene Formen der elektrischen Stimulation; eine invasive und eine nichtinvasive. Schon seit Jahrzehnten etabliert ist die invasive Vagusnervstimulation (iVNS) für therapieresistente Epilepsie: Hierbei setzt in einer Operation ein Neurochirurg im oberen Brustbereich Stimulationselektroden sowie einen Generator ein, ähnlich wie bei einem Herzschrittmacher. Die Stromimpulse wirken über den Vagusnerv im Gehirn und hemmen dort Aktivitäten, die zu epileptischen Anfällen führen. Bereits in den 1990er-Jahren wurde diese Methode vermehrt eingesetzt, wobei eine positive Nebenwirkung beobachtet werden konnte: die Stimmungsaufhellung bei einigen Patienten. Studien untersuchten den Effekt und stellten nachweislich Effekte auf die Stimmung dar.

In der Medizin wird die Aktivierung des Vagusnervs bereits gezielt genutzt, zum Beispiel bei Depressionen. Dabei wird mithilfe von Elektroden der Nerv durch Strom gereizt. In Zukunft könnten eventuell auch bestimmte Formen der Epilepsie, Migräne oder chronische Schmerzen so behandelt werden.

Der Vagusnerv und die psychische Gesundheit

In den letzten Jahren wurde eine enge Verbindung zwischen dem zehnten Hirnnerv und der psychischen Gesundheit entdeckt. Menschen mit einer starken Aktivität dieses Nervs neigen dazu Stress effektiver zu bewältigen und eine höhere Resilienz gegenüber belastenden Situationen zu haben. Wenn wir uns sicher und entspannt fühlen, übernimmt der parasympathische Teil unseres Nervensystems die Kontrolle, senkt die Herzfrequenz, fördert die Verdauung und unterstützt die Regeneration. Menschen mit psychischen Erkrankungen wie Angststörungen, Depressionen oder posttraumatischen Belastungsstörungen zeigen oft Veränderungen in der Vagusnerv-Aktivität bzw.

Der Vagusnerv und Stress

Wie wichtig der Vagusnerv ist, um bei uns Reserven gegen Stress aufzubauen, und wie stark er die Erholung fördert, ist lange Zeit unterschätzt worden. In puncto Entspannung scheint der „Ruhe-Nerv“ ein besonderes Potenzial zu haben, wenn man ihn richtig zu stimulieren weiß.

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Stress ist ein wesentlicher Faktor, der den Vagusnerv beeinflussen kann. Ein chronisch aktivierter Sympathikus kann zu Bluthochdruck führen und langfristig das Risiko für Schlaganfälle, Herzschwäche und Nierenversagen erhöhen. Symptome wie Schwindel, Kopfschmerzen, Schwitzen und Herzrasen werden häufig nicht ernst genommen oder auf Alltagsstress zurückgeführt.

Es ist daher wichtig, regelmäßig für einen Ausgleich zwischen Sympathikus und Parasympathikus zu sorgen. Wenn nur das System des Sympathikus ständig unter Strom steht, kommt der Körper in eine Überforderung. Viele Menschen sind heutzutage vorwiegend im Stressmodus - die Entspannung kommt zu kurz. Es bleibt keine Zeit für den Abbau der Stresshormone, das kann den Körper auf Dauer schädigen.

Möglichkeiten zur Stimulation des Vagusnervs

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, den Nervus vagus zu stimulieren und seine Aktivität zu fördern. Hier sind einige einfache Übungen und Techniken, die Sie in Ihren Alltag integrieren können:

  • Atemübungen: Bewusst tief ein- und ausatmen, vor allem in den Bauchraum hinein, senkt die Herzfrequenz und das Stresslevel. Die vertieften Atemzüge erhöhen die Empfindlichkeit von sogenannten Barorezeptoren, Drucksinneszellen in den Gefäßwänden. Eine einfache Übung ist die Box-Breathing-Technik, bei der man vier Sekunden lang einatmet, vier Sekunden lang die Luft anhält, vier Sekunden lang ausatmet und wieder vier Sekunden lang die Luft anhält. Diese Übung sollte mehrmals wiederholt werden.
  • Meditation und Achtsamkeit: Wer sein gesamtes Nervensystem mit etablierten Methoden beruhigen möchte, für den empfiehlt sich die Teilnahme an Meditations- oder Achtsamkeitskursen. Regelmäßige Meditation und Achtsamkeitsübungen können dein parasympathisches System aktivieren. Setze dich beispielsweise an einen ruhigen Ort, konzentriere dich auf deinen Atem und lasse Gedanken wie Wolken an dir vorbeiziehen, ohne ihnen nachzugehen. Du kannst dies beispielsweise auch mit Yogaübungen kombinieren.
  • Singen und Summen: Singen Sie Ihre Lieblingslieder. Und Lieder, die vor allem Vokale wie A, O und U enthalten. Meditierende Mönche machen dies seit Jahrhunderten mit dem altbekannten „Ooommmm“. Einen ähnlichen Effekt auf den Vagusnerv haben Weihnachtslieder wie „O du fröhliche“ oder auch Wiegenlieder wie „Der Mond ist aufgegangen“. Die beiden Äste des Vagusnervs verlaufen auf beiden Seiten des Halses entlang von Kehlkopf und Luftröhre. Singen, Summen oder Gurgeln kann den Vagusnerv durch Vibrationen im Halsbereich stimulieren.
  • Kältereize: Wer wach und gleichzeitig gelassen in den Tag starten möchte, kann es mit einer kurzen kalten Dusche am Morgen probieren. Das kalte Wasser erst langsam über Arme und Beine laufen lassen und dann vor allem den Hals entlang über den ganzen Körper. Kälte dämpft den Sympathikus, den anregenden Teil unseres Nervensystems. Kälteanwendungen können beruhigend wirken. Hier kannst du zum Beispiel einen kalten Umschlag auf deine Stirn legen. Eine weitere Option sind Wechselduschen. Passt sich unser Körper an Kälte an, übernimmt der Parasympathikus, wir entspannen also.
  • Akupressur: Den Punkt in der Ohrmuschel, der mit dem Vagusnerv in Verbindung steht, 30 Sekunden drücken und wieder loslassen. Mehrmals wiederholen. In der Vorstellung der Traditionellen Chinesischen Medizin kann der Druck auf bestimmte Punkte am Körper Blockaden lösen, die den Energiefluss im Körper stören.
  • Selbstmassage: Seitlich beide Handflächen außen an den Hals legen und mit sanften Bewegungen zwischen Ohr und Schulterübergang kreisend über die Haut streichen. Der Vagusnerv verläuft seitlich am Hals entlang. Das ist auch die ideale Stelle, um ihn von außen durch leichten Druck anzuregen.
  • Kopf drehen: Den Kopf einmal langsam nach links drehen, mit den Augen etwas in nächster Nähe fixieren. Dann den Kopf langsam nach rechts drehen, ebenfalls kurz einen Gegenstand mit den Augen scharf stellen.
  • Augenbrauen heben: Wer mit den Ohren wackeln kann, findet hier vielleicht seine Lieblingsübung. Die Augenbrauen heben und dabei die Ohren bewegen. Der Schläfenmuskel aktiviert den siebten Hirnnerv (N.
  • Akkommodieren: Akkommodation beschreibt die Fähigkeit des Auges, Gegenstände in unterschiedlichen Entfernungen scharf zu sehen. Mit dieser Übung trainieren Sie Ihre Augenmuskeln und regen gleichzeitig den Vagusnerv an. Strecken Sie jeweils einen Finger der rechten und einen Finger der linken Hand unterschiedlich weit von sich weg und versuchen Sie, diese mit den Augen abwechselnd scharf zu stellen. Wenn das gut funktioniert, dann können Sie auch mit den Augen „Achten“ um die beiden Finger beschreiben. Das verstärkt den Trainingseffekt. Zum Scharfstellen der Linse sind beim Sehen drei Muskeln sehr wichtig: die haarfeinen, ringförmig an der Augenlinse ansetzenden Ziliarmuskeln, der Pupillenschließmuskel und die äußeren Augenmuskeln. Alle drei kommunizieren mit dem Vagusnerv.
  • Lächeln und Lachen: Weiterhin können positive Emotionen, wie Freude oder Zufriedenheit, den Vagusnerv stimulieren.
  • Klangtherapie: Intensive Töne und Vibrationen, wie sie beispielsweise durch Gongs oder Klangschalen erzeugt werden, haben die Fähigkeit, den Vagus-Nerv direkt anzusprechen und seine beruhigende Wirkung zu verstärken. Die tiefen, resonanten Klänge eines Gongs übertragen sich über die Luft und durchströmen deinen gesamten Körper. Die Kombination von Gong-Klängen und Meditation kann eine besonders positive Wirkung auf das autonome Nervensystem haben.

Der Ischiasnerv: Ein weiterer wichtiger Nerv im Körper

Obwohl der Vagusnerv der längste Hirnnerv ist, ist der Ischiasnerv (Nervus ischiadicus) der längste und dickste Nerv im menschlichen Körper. Er gehört zu den Rückenmarks- und Spinalnerven, die im Wirbelkanal sitzen. Der Ischias-Nerv besteht aus mehreren Nervenwurzeln. Er entspringt dem Lenden-Kreuzbein-Geflecht, verläuft über das Gesäß in beide Beine über die Rückseite der Oberschenkel bis in die Kniekehlen und verbindet die Beinmuskulatur mit dem Gehirn.

Reizungen oder Schädigungen des Ischias-Nervs können zu Schmerzen führen, die als Ischialgie oder Ischiassyndrom bezeichnet werden. Diese Schmerzen können sich über das Gesäß und Bein bis in den Fuß ausbreiten.

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Ursachen für Ischias-Schmerzen

Grundsätzlich sind Reizungen oder Schädigungen des Ischias-Nervs Ursachen für Schmerzen. In der Regel wird der Ischias durch vermehrten Druck oder Entzündungen gereizt. Bei plötzlich auftretenden Beschwerden sind meistens falsche Bewegungen der Auslöser. Hinter einer länger andauernden Ischiasreizung oder -schädigung stecken jedoch andere Gründe wie:

  • Rückenschmerzen aufgrund von anhaltenden Fehlhaltungen
  • Übergewicht
  • Bewegungsmangel
  • Bandscheibenvorfall
  • Blockaden oder Fehlstellungen der Wirbelkörper
  • Muskelverspannungen im unteren Rücken durch Fehlbelastung
  • Länger anhaltender Druck auf das Gesäß, z. B. durch langes Sitzen auf hartem Grund
  • Ischiasnervreizung durch Infektionskrankheiten
  • Spondylolisthesis (Wirbelgleiten, bspw. durch den altersbedingten Verschleiß der Wirbelsäule)
  • Spinalkanalstenose (Verengung des Wirbelkanals, z. B. durch Arthrose)
  • Piriformis-Syndrom (eingeklemmter Ischias-Nerv durch Piriformis-Muskel)
  • Verletzungen

Symptome von Ischias-Schmerzen

Einseitige, einschießende, stechende Schmerzen im unteren Rücken, die Betroffene oft mit einem elektrischen Schlag vergleichen, sind typische Ischias-Symptome. Die Schmerzen strahlen meistens über das Gesäß und die Hüftnerven bis ins Bein und manchmal sogar den Fuß aus - links oder rechts, je nachdem, wo der Ischias-Schmerz sitzt.

Behandlung von Ischias-Schmerzen

Um einen Ischias zu behandeln, müssen die Ärztinnen und Ärzte die genauen Ursachen und Symptome für die Schmerzen ermitteln. Die Behandlung einer Ischialgie richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache. Gegen Schmerzen des Ischias-Nervs helfen schmerzstillende und entzündungshemmende Medikamente wie Ibuprofen oder Paracetamol in Kombination mit physikalischen Therapien.

Insbesondere Schmerzen am Ischias-Nerv, die auf Verspannungen beruhen, lassen sich mit Hausmitteln erfolgreich behandeln. Diese können die Muskulatur entspannen. Hierzu zählen z. B. Wärmeanwendungen wie warme Bäder, Wärmflaschen oder Wärmepflaster. Liegt der Ischialgie dagegen eine Entzündung oder Verletzung des Nervs zugrunde, kann Kälte bei Nervenschmerzen am Ischias Linderung schaffen. Zu den wirksamen Hausmitteln gehören hier Kälteanwendungen mit Coolpads, Eiskompressen, Kältesprays, Eisbädern und kühlenden Schmerzgelen, die Schwellungen, Schmerzen und die Durchblutung verringern können. Auch eine manuelle Therapie bei einem Physiotherapeuten oder einer Physiotherapeutin kann dazu beitragen, Ischias-Schmerzen zu behandeln.

Vorbeugung von Ischias-Schmerzen

Sie können Ischias-Schmerzen gut durch ein rückenfreundliches Verhalten im Alltag vorbeugen. Das geht z. B. durch:

  • Regelmäßige Bewegung
  • Ergonomisches Sitzen
  • Vermeidung von Übergewicht
  • Dehnübungen

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