Alzheimer Medikamente: Ein umfassender Überblick

Die Alzheimer-Krankheit, die häufigste Ursache für Demenz, ist bisher unheilbar. Allerdings gibt es verschiedene Medikamente, die den Verlust der geistigen Fähigkeiten und der Selbstständigkeit bei leichter und mittelschwerer Demenz etwas verzögern können. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über die verfügbaren und in der Entwicklung befindlichen Alzheimer-Medikamente, einschliesslich ihrer Wirkmechanismen, Anwendungsbereiche, potenziellen Nebenwirkungen und der neuesten Entwicklungen in der Forschung.

Medikamentöse Therapie der Alzheimer-Krankheit

Die medikamentöse Therapie der Alzheimer-Krankheit zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und den Krankheitsverlauf zu verlangsamen. Bisher standen keine Medikamente zur Verfügung, die auf die grundlegenden Mechanismen der Erkrankung einwirken konnten. Es gibt jedoch verschiedene Wirkstoffe, die je nach Stadium und Beschwerden in Frage kommen. Dazu gehören sowohl Medikamente gegen den geistigen Abbau (Antidementiva) als auch Mittel gegen psychische oder Verhaltenssymptome.

Antidementiva: Cholinesterasehemmer und Glutamat-Antagonisten

Antidementiva können helfen, den geistigen Abbau zu verlangsamen und die Selbstständigkeit länger zu erhalten. Es gibt zwei Hauptwirkstoffgruppen, die je nach Stadium der Erkrankung zur Anwendung kommen: Acetylcholinesterase-Hemmer und Glutamat-Antagonisten.

Acetylcholinesterase-Hemmer

Diese Medikamente verbessern die Signalübertragung im Gehirn, indem sie den Abbau des Botenstoffs Acetylcholin hemmen. Ein Mangel an Acetylcholin scheint die Krankheitszeichen der Alzheimer-Demenz zu verursachen. Die Cholinesterasehemmer blockieren ein Enzym, das für den Abbau des Acetylcholins zuständig ist - die so genannte Cholinesterase. Die Folge ist, dass im Gehirn die Konzentration des Botenstoffes Acetylcholin ansteigt. Galantamin übt neben der Enzym-Hemmung auch einen Effekt auf so genannte nikotinische Rezeptoren aus und fördert damit die Bindung von Acetylcholin an die Nervenzellen. Sie sind zur Behandlung von leichter und mittelschwerer Alzheimer-Demenz zugelassen. In Deutschland sind derzeit drei Cholinesterasehemmer auf dem Markt:

  • Donepezil (z. B. Aricept®)
  • Rivastigmin (z. B. Exelon®) - auch als Pflaster erhältlich, dessen Wirkstoff über die Haut in den Körper gelangt
  • Galantamin (z. B. Reminyl®)

Untersuchungen haben gezeigt, dass sich durch den Einsatz eines Cholinesterasehemmers die Gesamtsymptome wie Gedächtnisstörungen, Störungen der Informationsverarbeitung, der Alltagsfertigkeiten und Verhaltensstörungen vorübergehend nicht weiter verschlechtern bzw. sogar teilweise verbessern. Der Gedächtnisabbau kann mit diesen Wirkstoffen gegenüber einer Nichtbehandlung etwa 1 bis 2 Jahre verzögert werden. Die Pflege der Patienten wird dadurch erheblich erleichtert.

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Cholinesterasehemmer können den Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit leicht verzögern. Manche Menschen mit Demenz können sich dadurch Dinge etwas besser merken. Dies kann auch helfen, Alltagstätigkeiten wie Einkaufen oder Anziehen etwas länger selbst zu bewältigen.

Ob eines der drei Mittel besser wirkt als die anderen, ist bislang unklar. Sie können die Lebensqualität verbessern, psychische Begleitsymptome wie Depressionen oder Angstzustände lindern oder den Zeitpunkt verzögern können, ab dem eine vollstationäre Pflege (Pflege im Heim) nötig wird.

Der Wirkstoff Donepezil wirkt schon in niedriger Dosierung, Galantamin und Rivastigmin dagegen nur in mittlerer oder höherer Dosierung. Alle drei Substanzen können Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen, Schwindel oder Durchfall haben. Sie treten umso häufiger auf, je höher die Dosis ist. So wird - je nach Wirkstoff - etwa 1 bis 3 von 10 Menschen von dem Mittel schlecht oder sie müssen erbrechen. Rivastigmin-Pflaster führen seltener zu Magen-Darm-Problemen als die Tabletten.

Glutamat-Antagonisten

Memantin wird bei mittelschwerer bis schwerer Alzheimer-Demenz verordnet. Diese Substanzen blockieren die Glutamat-Empfangsstellen an den Synapsen (Verbindung zwischen zwei Nervenstellen) und hemmen so die Erregungsweiterleitung an den Nervenzellen, die durch Glutamat reguliert werden. Sie sollen verhindern, dass ein Überschuss des Stoffes Glutamat das Gehirn schädigt. Glutamat ist ein Botenstoff, der Nervensignale weiterleitet. Er trägt dazu bei, dass wir uns Dinge merken können. Man vermutet, dass bei Alzheimer-Erkrankten zu viel Glutamat im Gehirn dazu führt, dass Nervenzellen absterben.

Memantin kann den Abbau geistiger Fähigkeiten bei manchen Menschen mit Demenz etwas verzögern. In Zahlen ausgedrückt: Über einen Zeitraum von sechs Monaten kann Memantin bei ungefähr 1 von 10 Menschen den Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit hinauszögern. Es gibt auch Hinweise, dass mit Memantin alltagspraktische Fähigkeiten wie Zähneputzen, Anziehen oder das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmitteln etwas länger erhalten bleiben. Zudem deuten Studien an, dass es starke Unruhe verringern und die Stimmung verbessern kann.

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Ob Memantin einen Einfluss darauf hat, wie lange Menschen mit Demenz noch zu Hause betreut werden können, ist nicht bekannt. Es gibt auch keine Hinweise darauf, dass die Therapie Angehörigen hilft, etwa indem sie ihre emotionale Belastung oder den Pflegebedarf der Erkrankten verringert.

Memantin ist insgesamt gut verträglich.

Neue Therapieansätze: Antikörper-Medikamente

Ein neuer Ansatz in der medikamentösen Therapie der Alzheimer-Krankheit sind Antikörper-Medikamente, die direkt an einer der möglichen Krankheitsursachen ansetzen: schädliche Proteinablagerungen im Gehirn, sogenannte Amyloid-Plaques. Die Alzheimer Forschung Initiative betont, dass beide Wirkstoffe eine mögliche Krankheitsursache angehen, indem sie krankhafte Proteinablagerungen im Gehirn reduzieren.

Leqembi (Wirkstoff: Lecanemab) war das erste in der EU zugelassene Antikörper-Medikament zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit, kurz darauf wurde auch Kisunla (Wirkstoff: Donanemab) zugelassen. Beide sind seit Herbst 2025 in Deutschland erhältlich.

Lecanemab (Leqembi)

Die Europäische Kommission hat zum 15.04.2025 den Wirkstoff Lecanemab (Leqembi) zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit im frühen Stadium zugelassen. Damit hat es erstmals in Deutschland eine Alzheimer-Behandlung gegeben, die ursächlich an einer der möglichen Krankheitsursachen angreift. Lecanemab ist ein Antikörper-Wirkstoff, der gezielt eine Vorstufe der für Alzheimer typischen Amyloid-beta-Protein-Plaques im Gehirn erkennt und bindet. Dadurch wird das körpereigene Immunsystem aktiviert und baut die Plaques ab beziehungsweise verhindert die Bildung neuer Plaques.

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Lecanemab ist ein Antikörper-Wirkstoff zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit. In den USA wurde dem Wirkstoff am 6. Januar 2023 unter dem Handelsnamen Leqembi eine vorläufige Marktzulassung erteilt. Die vollständige Zulassung durch die US-Arzneimittelbehörde (FDA) folgte am 6. Juli 2023. Am 15. April 2025 wurde es von der EU-Kommission zugelassen.

Leqembi (Wirkstoff: Lecanemab) ist ein neues Medikament zur Behandlung der frühen Alzheimer-Krankheit. Es richtet sich an Menschen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen (MCI) bei Alzheimer oder im Frühstadium der Alzheimer-Krankheit. Seit dem 25. August 2025 ist Leqembi in Österreich erhältlich, in Deutschland ab dem 1. September. Die Zulassung durch die Europäische Kommission erfolgte im April 2025. Leqembi reduziert schädliche Amyloid-beta-Ablagerungen im Gehirn.

Nein, Leqembi kann Alzheimer weder heilen noch den Krankheitsverlauf aufhalten. Ziel der Behandlung ist es, den geistigen Abbau bei Menschen im frühen Krankheitsstadium zu verlangsamen. In der großen Phase-3-Studie CLARITY AD zeigte sich, dass die Erkrankung bei den Teilnehmenden, die Leqembi erhielten, langsamer fortschritt als in der Placebo-Gruppe. Trotz der messbaren Wirksamkeit wird die Wirkung von Leqembi von vielen Expertinnen und Experten eher als moderat eingeschätzt. Es ist fraglich, inwieweit die Wirkung für an Alzheimer erkrankte Menschen spürbar ist und im Alltag einen Unterschied macht. Die Studie hat jedoch gezeigt, dass sich der verzögernde Effekt mit der Dauer der Einnahme zunimmt. Das könnte bedeuten, dass eine Einnahme über den Zeitraum der bisher untersuchten 18 Monate hinaus die Wirksamkeit von Lecanemab noch erhöht.

Wer mit Leqembi behandelt werden kann, muss in jedem Einzelfall genau geprüft werden. Der Wirkstoff kommt nur für Menschen infrage, die sich im frühen Stadium der Erkrankung befinden und bislang nur geringe Einbußen ihrer geistigen Leistungsfähigkeit haben. Dazu zählen vor allem Personen mit einer Alzheimer-Diagnose im Stadium eines Mild Cognitive Impairment (MCI, zu Deutsch „leichte kognitive Störung“) oder im frühen Stadium einer Alzheimer-Demenz.

Die krankhaften Amyloid-beta-Ablagerungen müssen im Gehirn nachgewiesen werden - entweder durch eine Lumbalpunktion oder mittels Amyloid-PET. Auch genetische Voraussetzungen spielen eine Rolle: Erkrankte dürfen höchstens eine Kopie des sogenannten ApoE4-Gens tragen. Personen mit zwei Kopien sind wegen der erhöhten Gefahr für Hirnblutungen von der Behandlung ausgeschlossen. Leqembi eignet sich außerdem nicht für Menschen, die Gerinnungshemmer einnehmen. In Kombination mit dem Medikament steigt das Risiko für eine Hirnblutung deutlich.

Wieviele Menschen für die Behandlung infrage kommen, ist noch unklar: Nach einer Einschätzung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) von Mai 2025 erfüllt etwa 1 von 100 Menschen mit einer Alzheimer-Demenz alle Voraussetzungen für eine Behandlung mit Leqembi, also in etwa 12.000 Erkrankte. Neuere Berechnungen von August 2025 - etwa des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (ZI) - sprechen von bis zu 73.000 Patientinnen und Patienten in Deutschland, was bei 1,2 Millionen Erkrankten etwa 6 Prozent entspricht. Diese Zahl gilt jedoch als optimistische Obergrenze. In der Praxis wird die Zahl deutlich niedriger sein, da die aufwendige Diagnostik, mögliche Ausschlusskriterien und begrenzte ärztliche Kapazitäten berücksichtigt werden müssen. Neben den medizinischen Voraussetzungen ist zusätzlich die Teilnahme an einem EU-weiten Register verpflichtend.

Ja, ein Gentest ist erforderlich. Vor dem Beginn der Behandlung mit Leqembi wird geprüft, ob die Patientin oder der Patient das so genannte ApoE4-Gen besitzt. Menschen mit einer doppelten Kopie dieses Gens (ApoE4-Homozygote) haben ein erhöhtes Risiko für schwere Nebenwirkungen und können deshalb nicht mit Leqembi behandelt werden. Der Gentest macht die Therapie sicherer. Die Behandlung mit Leqembi stellt neue Anforderungen an die ärztliche Versorgung. Es braucht eine frühzeitige Diagnose sowie spezialisierte Einrichtungen mit ausreichender personeller und technischer Ausstattung.

Leqembi wird als Infusion (Tropf) alle zwei Wochen direkt in die Vene verabreicht. Die Behandlung dauert jeweils etwa eine Stunde. Vor Beginn und während der Behandlung sind MRT-Untersuchungen notwendig, um mögliche Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen oder kleine Blutungen im Gehirn frühzeitig zu erkennen. Diese Untersuchungen müssen vor der 5., 7. und 14. Dosis erfolgen. Werden die vorgeschriebenen MRTs nicht durchgeführt, muss die Behandlung beendet werden. Treten Kopfschmerzen, Verwirrtheit oder Übelkeit auf, entscheiden die behandelnden Ärztinnen und Ärzte über weitere Untersuchungen.

Leqembi ist nur für Menschen mit einer Alzheimer-Erkrankung im frühen Stadium zugelassen - also bei leichten kognitiven Beeinträchtigungen (MCI) oder beginnender Demenz. Hinzu kommen mehrere medizinische Voraussetzungen: Es müssen krankhafte Amyloid-beta-Ablagerungen im Gehirn nachgewiesen werden (durch Lumbalpunktion oder Amyloid-PET). Die Patientin oder der Patient darf höchstens eine Kopie des ApoE4-Gens tragen. Wer Gerinnungshemmer einnimmt, darf nicht mit Leqembi behandelt werden.

Nur Patientinnen und Patienten, die alle Voraussetzungen erfüllen, dürfen mit Leqembi behandelt werden. Vor Beginn der Therapie erhalten sie ebenso wie ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte ausführliche Informationen, um mögliche Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen und richtig einzuordnen. Zusätzlich ist die Teilnahme an einem EU-weiten Kontrollprogramm verpflichtend (Controlled Access Program, CAP) Patientinnen und Patienten sowie ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte müssen in ein zentrales Register eingeschrieben werden. Zu Beginn der Therapie erhalten die Erkrankten eine Patientenkarte und ausführliche Aufklärungsunterlagen. Die Behandlung mit Leqembi wird beendet, wenn sich die Alzheimer-Erkrankung deutlich verschlechtert und in ein mittelschweres Stadium übergeht.

In Studien traten bei einem Teil der Teilnehmenden Nebenwirkungen auf - darunter Hirnschwellungen (ARIA-E) und Hirnblutungen (ARIA-H). Diese waren in den meisten Fällen symptomlos, wurden aber engmaschig kontrolliert. Das Risiko für solche Nebenwirkungen hängt stark vom ApoE4-Gen ab: Menschen mit zwei Kopien dieses Gens sind besonders gefährdet und daher von der Behandlung ausgeschlossen. Bei den für die EU-Zulassung relevanten Patientengruppen - also Menschen mit höchstens einer Kopie des ApoE4-Gens - kam es in rund 13 % der Fälle zu Hirnblutungen und in 9 % zu Hirnschwellungen. Weitere mögliche Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen (11 %) und Infusionsreaktionen (26 %). In der Studie wurden drei Todesfälle gemeldet, von denen zwei mit der gleichzeitigen Einnahme von Gerinnungshemmern in Verbindung gebracht wurden.

Leqembi ist seit dem 1. September 2025 in Deutschland erhältlich. Vor der Behandlung gelten besondere Auflagen: Patientinnen und Patienten sowie ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte müssen sich in ein EU-weites Register einschreiben. Zusätzlich erhalten die Erkrankten eine Patientenkarte und ausführliche Aufklärungsunterlagen, die von den Behörden genehmigt wurden.

Ausschlaggebend für die Zulassung waren die Ergebnisse der Phase-3-Studie CLARITY AD, die im November 2022 auf der Alzheimer-Konferenz Clinical Trial on Alzheimer´s Disease (CTAD) vorgestellt wurden. An der CLARITY AD-Studie hatten insgesamt 1.795 Personen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung oder leichter Alzheimer-Demenz teilgenommen. Während des 18-monatigen Untersuchungszeitraums wurde in regelmäßigen Abständen kognitive Fähigkeiten, wie das Gedächtnis, die Orientierung oder die Fähigkeit, Probleme zu lösen, von Fachleuten überprüft. Ergebnis der Studie war, dass die Krankheit bei denjenigen, die Lecanemab erhielten, um 27 Prozent langsamer voranschritt als bei der Kontrollgruppe.

Donanemab (Kisunla)

Gleich zwei Alzheimer-Medikamente wurden im Laufe des Jahres 2025 von der Europäischen Kommission zugelassen: erst Lecanemab, nun auch Donanemab. Die Zulassung von Donanemab sollte auf Erkrankte mit höchstens einer Kopie der Genvariante ApoE4 beschränkt werden. Hintergrund ist, dass Erkrankte mit einer doppelten ApoE4-Kopie ein höheres Risiko auf Nebenwirkungen haben. Im März hatte sich der Ausschuss noch gegen den Wirkstoff ausgesprochen - mit dem Hinweis auf zu große Nebenwirkungen. Daraufhin hatte der Hersteller Lilly eine erneute Prüfung beantragt.

Die Besonderheit: Kisunla wird nur einmal im Monat als Infusion verabreicht und die Behandlung kann beendet werden, sobald die krankheitsrelevanten Proteinablagerungen weitgehend entfernt sind. „Nach Leqembi ist nun auch Kisunla in der EU zugelassen. Für die Forschung ist das ein wichtiger Schritt, für Erkrankte jedoch ein eher kleiner Hoffnungsschimmer. Denn nur ein begrenzter Kreis von Patientinnen und Patienten kommt für die Behandlung infrage, und auch Kisunla kann die Krankheit nicht heilen. Bemerkenswert ist allerdings, dass die Therapie zeitlich begrenzt sein kann - das eröffnet eine neue Perspektive in der Alzheimer-Therapie“, sagt Dr. Welche der beiden neuen Therapien infrage kommt, bleibt immer eine Einzelfallentscheidung, die gemeinsam mit erfahrenen Ärztinnen und Ärzten getroffen werden muss. Ein Vorteil von Kisunla ist, dass es nur einmal monatlich verabreicht wird und die Behandlung beendet werden kann, sobald die krankheitsrelevanten Ablagerungen entfernt sind. Es gibt Hinweise darauf, dass Leqembi bei Frauen schlechter wirkt als bei Männern. Für Kisunla gibt es diese Beobachtung bislang nicht. Menschen mit fortgeschrittener Alzheimer-Erkrankung oder einer anderen Demenz kommen nicht für eine Behandlung infrage. Die Therapie sei aufwändig und es seien diverse Voruntersuchungen nötig, um festzustellen, ob Kisunla überhaupt in Betracht gezogen werden kann. Um mögliche Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen, sind regelmäßige MRT-Untersuchungen erforderlich.

Medikamente gegen Verhaltensstörungen

Etwa 80% der Betroffenen fallen im Verlauf der Erkrankung durch gravierende Verhaltensänderungen auf: Sie beschimpfen z.B. Angehörige, nörgeln ständig, wehren sich aber auch körperlich gegen gut gemeinte Hilfestellungen, z.B. durch Schlagen, Spuken, Kratzen. Sie misstrauen ihren Angehörigen, sie bestehlen zu wollen oder laufen nachts unruhig umher, weil sie nicht wissen, ob Tag oder Nacht ist oder sie sich bedroht fühlen. Diese Verhaltensstörungen sind heute in jedem Stadium gut behandelbar.

Risperidon ist als einziges modernes Neuroleptikum von der Arzneimittelbehörde für die Behandlung von Demenz-begleitenden Verhaltensstörungen wie schwere Aggressionen, Wahnvorstellungen und Halluzinationen, zugelassen. Es kommen auch stimmungsaufhellende Mittel (z.B. Benzodiazepine sind als Beruhigungsmittel generell nicht geeignet. Sie können nicht nur zur Abhängigkeit führen, sondern statt der erwünschten beruhigenden Wirkung so genannte paradoxe Reaktionen auslösen, d.h. der Patient kann unter Umständen mit starker Erregung reagieren.

Zusätzliche Behandlungen

Neben der antidementiven Therapie und der Behandlung von Verhaltensstörungen sollte grundsätzlich eine Behandlung möglicher Grunderkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen sowie körperlicher Begleitbeschwerden wie z.B. eines Blasenkontrollverlusts (Inkontinenz) erfolgen. Um mobil zu bleiben, können Alzheimer-Patienten zusätzlich Physiotherapie erhalten. Sie fördert u.a. die Bewegungskoordination, die Körperwahrnehmung und den Antrieb.

Ginkgo Biloba

Oft werden Präparate wie Vitamin A, C, E und Gingko Biloba in der Behandlung von Alzheimer-Patienten eingesetzt. Ginkgo ist ein pflanzliches Präparat, das aus Blättern des Ginkgo-biloba-Baums gewonnen wird. Dem Mittel werden unterschiedliche Wirkungen zugeschrieben, unter anderem, dass es die Durchblutung verbessert und Nervenzellen schützt. Ginkgo-Präparate können rezeptfrei gekauft werden. Bei Demenz-Erkrankungen kann die Ärztin oder der Arzt sie auch verschreiben. Einzelne Studien geben Hinweise, dass Ginkgo in der höchsten geprüften Dosierung (240 mg pro Tag) wirksam ist. Menschen mit leichter oder mittelschwerer Alzheimer-Demenz konnten dadurch alltägliche Verrichtungen wie Haushaltsarbeiten oder Körperpflege zumindest vorübergehend wieder besser bewältigen. Die Studien weisen auch darauf hin, dass Ginkgo in hoher Dosierung die Gedächtnisleistung verbessern und psychische Beschwerden lindern könnte. Allerdings ist unklar, wie groß dieser Effekt ist. Ginkgo ist insgesamt recht gut verträglich. Manche Menschen brechen jedoch die Einnahme wegen Nebenwirkungen ab. Möglich sind beispielsweise Magenbeschwerden oder Kopfschmerzen.

Medikamente in der Entwicklung

Die Entwicklung neuer wirksamer Alzheimer-Medikamente hat bei den Pharmaunternehmen seit vielen Jahren hohe Priorität. In einer 2014 publizierten Untersuchung lag die Misserfolgsquote bei 99,6%. Trotzdem forschen viele Unternehmen an weiteren Medikamenten. Diese Medikamente könnten in einigen Jahren die Zulassung erlangen, wenn sie sich in den Studien bewähren. Eine wichtige Erkenntnis aus den Studien der letzten Jahre ist, dass die Behandlung wohl sehr frühzeitig begonnen werden muss, wenn sie noch wirksam ins Krankheitsgeschehen eingreifen soll, also nicht erst, wenn die Alzheimer-Symptome schon ausgeprägt sind. Das ist möglich geworden, weil sich sowohl Beta-Amyloid als auch Tau-Fibrillen mittlerweile mit nicht-invasiven bildgebenden Verfahren nachweisen lassen.

Das National Institute on Aging and Alzheimer's Association Research Framework empfiehlt deshalb, bei klinischen Studien nur noch mit Patienten zu arbeiten, die die für Alzheimer charakteristischen Gehirnveränderungen aufweisen; die dafür anzuwendende biologische statt symptombezogene Alzheimer-Definition hat das Research Framework 2018 veröffentlicht.

Die Medikamente in Entwicklung greifen an verschiedenen Stellen in den Krankheitsprozess ein.

Übersicht über Medikamente in Phase III-Studien oder in Studien mit Personen mit hohem Alzheimer-Risiko (Stand: 24.06.2025)

UnternehmenWirkstoff des neuen MedikamentsWirkungsweiseStand der Entwicklung
Lilly PharmaSolanezumabhemmt Bildung von Plaques durch Bindung an lösliches Beta-AmyloidPhase III*
Roche / MorphosysGantenerumabfördert Abbau von PlaquesPhase III
Eisai / BiogenElenbecestat (E2609)hemmt die Beta-Sekretase (BACE1) und damit die Bildung von PlaquesPhase III
Cytos Biotechnology / NovartisAmilomotid (CAD-106)therapeutischer Impfstoff gegen Beta-Amyloid-PlaquesPhase III
AZTherapiesNatrium-Cromolyn + Ibuprofenhemmt Polymerisierung von Beta-Amyloid-Peptiden zu PlaquesPhase III
AB ScienceMasitinibhemmt bestimmte KinasenPhase III
TauRx PharmaceuticalsLeuko-Methylthioniniumhemmt die Aggregation von Tau-FibrillenPhase III
CerecinCaprylat-Triglycerid (Tricaprilin)fördert Energieversorgung der NervenzellenPhase III
SK HoldingsSK-PC-B70M (aus der Pflanze Pulsatilla koreana)k. A.Phase III
vTv TherapeuticsAzeliragonwirkt als Antagonist am Rezeptor RAGEPhase III
GrifolsHumanalbuminentzieht dem Gehirn lösliches Beta-Amyloid; dazu wird wiederkehrend ein Teil des Blutplasmas durch Humanalbumin-Lösung (zugelassen zur Behandlung von Blutverlust) ersetztPhase III
Archer PharmaceuticalsNilvadipineentfernt Beta-Amyloid (zugelassen als Kalziumkanal-Antagonist gegen Bluthochdruck)Phase III
Biohaven PharmaceuticalsTrigliluzolAntagonist von Glutamat und bestimmten Dopaminrezeptoren und NatriumkanälenPhase III
BioArctic Neuroscience / Eisai / BiogenBAN-2401 (humanisierter IgG1-Antikörper)gegen lösliche Beta-Amyloid-Protofibrillen gerichtetPhase IIC
CortexymeCOR-388gegen das Bakterium Porphyromonas gingivalis gerichtet, das toxische Virulenzfaktorproteasen (Gingipains) sekretiert und in den Gehirnen von mehr als 90 % der Alzheimer-Patienten gefunden wurdePhase II/IIIA
AgeneBioLevetiracetam (AGB-101)Acetylcholinrezeptor-Agonist; Verlangsamung des Fortschreitens der kognitiven und funktionellen EinschränkungPhase III
Changchun Huayang High-techOctohydroaminoacridinsuccinatAcetylcholinesterase-HemmerPhase III
Avanex Life SciencesAvanex-2-73Agonist und Antagonist des muskarinischen Acetylcholinrezeptors 2; Antagonist des muskarinischen Heterorezeptors 3, Sigma 1-Rezeptor-AgonistPhase IIb/III

*in Erprobung mit Alzheimer-Patienten im präklinischen Stadium der Krankheit oder mit Personen mit erhöhtem Alzheimerrisiko

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