Lewy-Körperchen-Demenz: Erfahrungen von Angehörigen und neue Therapieansätze

Die Lewy-Körperchen-Demenz (LBD) ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, die durch abnormale Ansammlungen von Proteinablagerungen, den sogenannten Lewy-Körperchen, im Gehirn gekennzeichnet ist. Diese Form der Demenz tritt meist erst im höheren Alter auf, in der Regel nach dem 65. Lebensjahr. Aktuellen Schätzungen zufolge sind etwa vier von 1.000 Menschen über 65 Jahre in Deutschland betroffen. Die LBD macht etwa 10 bis 15 Prozent aller Demenzfälle aus und ist damit die zweithäufigste Form der Demenz nach der Alzheimer-Krankheit.

Symptome und Diagnose

Die Symptome der Lewy-Körperchen-Demenz können stark variieren, was die Diagnose erschwert. Typisch sind jedoch starke Schwankungen der geistigen Leistungsfähigkeit, wiederkehrende visuelle Halluzinationen und Parkinson-ähnliche Bewegungsstörungen.

Häufige Symptome

  • Kognitive Schwankungen: Die Betroffenen zeigen im Tagesverlauf oder von einem Tag zum anderen deutliche Unterschiede in ihrer Aufmerksamkeit, ihrem Gedächtnis und ihrer Denkfähigkeit. An manchen Tagen wirken sie fast gesund, während sie an anderen stark beeinträchtigt sind.
  • Visuelle Halluzinationen: Viele Betroffene leiden früh im Verlauf der Erkrankung unter detailreichen visuellen Halluzinationen. Sie sehen beispielsweise Menschen, Tiere oder Gegenstände, die nicht real sind.
  • Parkinson-ähnliche Symptome: Motorische Störungen wie Muskelsteifigkeit (Rigor), verlangsamte Bewegungen (Akinese) und Zittern (Tremor) können auftreten. Auch Gleichgewichtsstörungen und Stürze sind häufig.
  • REM-Schlaf-Verhaltensstörung: Betroffene leben ihre Träume im Schlaf aus, was zu unruhigem Schlaf, vermehrten Bewegungen und Sprechen im Schlaf führen kann.
  • ** vegetative Dysfunktion:** Abfallen des Blutdrucks beim Aufstehen oder längerem Stehen.
  • Weitere Symptome: Depressionen, Angststörungen und das Abfallen des Blutdrucks können Begleiterscheinungen sein.

Schwierigkeiten bei der Diagnose

Die Lewy-Körperchen-Demenz ist oft schwer zu diagnostizieren, da ihre Symptome denen anderer Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson ähneln. Zudem treten nicht immer alle Symptome gleichzeitig auf, und die Symptomatik kann stark schwanken. Eine frühzeitige und korrekte Diagnose ist jedoch entscheidend, um die bestmögliche Behandlung und Betreuung zu gewährleisten.

Diagnostische Verfahren

Die Diagnose der Lewy-Körperchen-Demenz basiert hauptsächlich auf der klinischen Beurteilung der Symptome. Folgende Untersuchungen können dabei helfen:

  • Ausführliche Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte und der aktuellen Symptome.
  • Neurologische Untersuchung: Überprüfung der motorischen Fähigkeiten, der Reflexe und der Koordination.
  • Neuropsychologische Tests: Untersuchung der kognitiven Fähigkeiten wie Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Sprachvermögen. Der Uhrentest, bei dem die Patienten eine Uhr zeichnen sollen, kann Hinweise auf eine LBD geben.
  • Bildgebende Verfahren: MRT- oder CT-Untersuchungen des Kopfes dienen dazu, andere Ursachen für die Symptome auszuschließen, wie beispielsweise einen Hirntumor.
  • Spezielle bildgebende Verfahren: FDG-PET und DaT-SPECT können helfen, eine LBD von anderen Demenzformen zu unterscheiden. Die FDG-PET zeigt LBD-typische Veränderungen im Hinterkopfbereich, während mit dem DaT-SPECT LBD-typische Nervenschädigungen gut erkannt werden können.

Ursachen und Risikofaktoren

Die genauen Ursachen für die Entstehung der Lewy-Körperchen-Demenz sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass eine Kombination aus genetischen und Umweltfaktoren eine Rolle spielt.

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Lewy-Körperchen

Charakteristisch für die LBD sind die sogenannten Lewy-Körperchen, die sich in den Nervenzellen des Gehirns ansammeln. Diese bestehen hauptsächlich aus dem Protein Alpha-Synuclein. Die Lewy-Körperchen beeinträchtigen die Funktion der Nervenzellen und führen zu derenAbsterben.

Genetische Faktoren

In einigen Fällen kann die LBD auf Veränderungen im Erbgut zurückgeführt werden. Hierbei sind die gleichen Gene betroffen, bei denen Mutationen zur Entwicklung des klassischen Morbus Parkinson führen. Dazu gehört vor allem das die Dopaminausschüttung regulierende Protein α-Synuclein.

Weitere Risikofaktoren

  • Alter: Das Risiko, an einer LBD zu erkranken, steigt mit zunehmendem Alter. Die meisten Betroffenen sind über 65 Jahre alt.
  • Geschlecht: Männer sind häufiger betroffen als Frauen.
  • Familiäre Vorbelastung: Menschen, in deren Familie bereits Fälle von Demenz oder Parkinson aufgetreten sind, haben ein erhöhtes Risiko.

Erfahrungen von Angehörigen

Die Pflege und Betreuung von Menschen mit Lewy-Körperchen-Demenz stellt Angehörige vor große Herausforderungen. Die starken Schwankungen der Symptome, die Halluzinationen und die Verhaltensänderungen können sehr belastend sein. Es ist wichtig, dass Angehörige sich frühzeitig informieren, professionelle Hilfe in Anspruch nehmen und sich mit anderen Betroffenen austauschen.

Herausforderungen im Alltag

  • Umgang mit Halluzinationen: Die Halluzinationen können für die Betroffenen sehr real wirken und Angst auslösen. Es ist wichtig, ruhig zu bleiben, die Betroffenen nicht zu korrigieren, sondern ihnen Sicherheit und Geborgenheit zu vermitteln.
  • Bewältigung von Verhaltensänderungen: Menschen mit LBD können unruhig, reizbar oder aggressiv werden. Es ist wichtig, die Ursachen für diese Verhaltensänderungen zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Strukturierte Tagesabläufe, ruhige Kommunikation und klare Routinen können helfen, das Verhalten zu stabilisieren.
  • Unterstützung bei motorischen Problemen: Die Parkinson-ähnlichen Symptome können die Mobilität der Betroffenen einschränken und das Risiko von Stürzen erhöhen. Angehörige sollten für eine sichere Wohnumgebung sorgen und die Betroffenen bei Bedarf unterstützen.
  • Eigene Gesundheit nicht vernachlässigen: Die Pflege eines demenzkranken Menschen ist kräftezehrend. Angehörige sollten darauf achten, ihre eigenen Bedürfnisse nicht zu vernachlässigen und sich regelmäßig Auszeiten zu gönnen.

Hilfreiche Strategien

  • Information und Beratung: Angehörige sollten sich umfassend über die Lewy-Körperchen-Demenz informieren und sich von Ärzten, Therapeuten und Beratungsstellen beraten lassen.
  • Selbsthilfegruppen: Der Austausch mit anderen Betroffenen kann sehr hilfreich sein. In Selbsthilfegruppen können Angehörige ihre Erfahrungen teilen, sich gegenseitig unterstützen und neue Strategien im Umgang mit der Erkrankung entwickeln.
  • Professionelle Unterstützung: Die Unterstützung durch ambulante Pflegedienste, Tagespflegeeinrichtungen oder stationäre Pflegeeinrichtungen kann Angehörige entlasten und die Betreuung der Erkrankten sicherstellen.
  • Juristische Vorsorge: Es ist wichtig, frühzeitig eine Vorsorgevollmacht und eine Patientenverfügung zu erstellen, um sicherzustellen, dass die Wünsche der Betroffenen auch dann berücksichtigt werden, wenn sie nicht mehr in der Lage sind, selbst zu entscheiden.

Der Fall von Herrn M.S.

Der Fall von Herrn M. S., einem 80-jährigen Mann, der an Parkinson und Lewy-Körperchen-Demenz leidet, zeigt eindrücklich, wie neue Therapieansätze und eine liebevolle Betreuung das Leben von Betroffenen und ihren Angehörigen verbessern können.

Diagnose und Verlauf

Bei Herrn M. S. zeigten sich bereits im Jahr 2012 erste Anzeichen von kognitiven und motorischen Einschränkungen. Nach jahrelangen Untersuchungen wurde im Jahr 2018 die Diagnose Lewy-Körperchen-Demenz gestellt, zusätzlich zu seiner bereits bestehenden Parkinson-Erkrankung. Im Jahr 2019 erlitt er eine Herzinsuffizienz und musste sich einer Stent-Implantation unterziehen, die Komplikationen verursachte und ihn in ein Koma fallen ließ. Nach dem Koma verschlechterte sich sein Zustand massiv, er konnte nicht mehr alleine gehen oder sprechen und verlor seine Orientierungsfähigkeit.

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Transkranielle Pulsstimulation (TPS)

Nachdem die Ärzte keine Hoffnung mehr sahen, stieß die Ehefrau von Herrn M. S. zufällig auf einen Bericht über die Transkranielle Pulsstimulation (TPS). Nach anfänglicher Skepsis entschied sie sich, diese Therapieform auszuprobieren. Bereits nach der zweiten Behandlung zeigte Herr M. S. deutliche Verbesserungen. Er wurde aktiver, sprach wieder und verlor seine Agonie.

Erstaunliche Fortschritte

Die Familie bereitete das Auto für die Heimfahrt vor, als sie feststellten, dass Herr M. S. ohne Rollstuhl unterwegs war. Wenige Tage später besuchte er den Geburtstag einer Freundin - zu Fuß und ohne Rollstuhl. Seine Freunde waren fassungslos über seinen Zustand und seine Fähigkeit zu laufen.

Weitere Entwicklung

Auch nach der Initial-Therapie setzte sich die positive Entwicklung von Herrn M. S. fort. Sein Gesamtzustand verbesserte sich weiterhin, und er konnte sein Leben wieder genießen. Der Rollstuhl wurde nicht mehr benötigt. Die Familie S. möchte nun andere Menschen auf diese Therapie aufmerksam machen.

Bedeutung der Betreuung

Trotz des Erfolgs der TPS betont die Familie S., dass die Therapie nicht der einzige Faktor für die Verbesserung des Zustands von Herrn M. S. ist. Seine Ehefrau E. S. begleitet ihn mit viel Liebe und Freude durchs Leben, was einen wesentlichen Beitrag zu seinem Wohlbefinden leistet.

Therapie und Behandlung

Die Lewy-Körperchen-Demenz ist bisher nicht heilbar. Die Behandlung zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.

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Medikamentöse Therapie

  • Cholinesterasehemmer: Medikamente wie Rivastigmin und Donepezil können die kognitiven Symptome verbessern, indem sie den Abbau des Botenstoffs Acetylcholin im Gehirn hemmen. Allerdings ist ihre Wirksamkeit bei LBD umstritten und muss individuell beurteilt werden.
  • Antipsychotika: Bei psychotischen Symptomen wie Halluzinationen können Neuroleptika wie Clozapin und Quetiapin eingesetzt werden. Allerdings ist bei der Anwendung von Neuroleptika bei LBD Vorsicht geboten, da sie die motorischen Symptome verschlimmern können.
  • Antidepressiva: Bei Depressionen können selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) wie Citalopram eingesetzt werden.
  • L-Dopa: Bei Parkinson-ähnlichen Bewegungsstörungen kann ein Therapieversuch mit L-Dopa in niedriger Dosis unternommen werden. Häufig verschlechtern sich darunter jedoch Halluzinationen und Wahnvorstellungen und die Therapie kann nicht fortgesetzt werden. Auch ist die L-Dopa Therapie bei Lewy-Body Demenz in vielen Fällen nicht gut wirksam.

Nicht-medikamentöse Therapie

  • Ergotherapie: Ergotherapie kann helfen, die motorischen Fähigkeiten und die Selbstständigkeit im Alltag zu erhalten.
  • Physiotherapie: Physiotherapie kann die Muskelkraft und die Koordination verbessern und das Sturzrisiko verringern.
  • Logopädie: Logopädie kann bei Sprach- und Schluckstörungen helfen.
  • Psychotherapie: Psychotherapie kann helfen, Depressionen, Angststörungen und andere psychische Probleme zu bewältigen.
  • Musik- und Kunsttherapie: Musik- und Kunsttherapie können die Kreativität und die Lebensfreude fördern.
  • Hirnleistungstraining: Hirnleistungstraining kann helfen, die kognitiven Fähigkeiten zu erhalten und zu verbessern.
  • Verhaltenstherapie: Verhaltenstherapie kann helfen, herausforderndes Verhalten zu reduzieren und den Umgang mit Halluzinationen zu erleichtern.
  • Strukturierte Tagesabläufe und Routinen: Strukturierte Tagesabläufe und Routinen können den Betroffenen Sicherheit und Orientierung geben.
  • Anpassung der Wohnumgebung: Eine sichere und reizarme Wohnumgebung kann das Wohlbefinden der Betroffenen verbessern.

Transkranielle Pulsstimulation (TPS)

Die Transkranielle Pulsstimulation (TPS) ist ein relativ neues Therapieverfahren, bei dem gezielte Stoßwellenimpulse auf bestimmte Bereiche des Gehirns abgegeben werden. Diese Impulse sollen die Durchblutung und den Stoffwechsel im Gehirn anregen und die Nervenzellen aktivieren. Die TPS wird derzeit in Studien untersucht und könnte eine vielversprechende Option für die Behandlung der Lewy-Körperchen-Demenz sein.

Leben mit Lewy-Körperchen-Demenz

Die Lewy-Körperchen-Demenz ist eine komplexe und herausfordernde Erkrankung, die das Leben der Betroffenen und ihrer Angehörigen stark beeinträchtigen kann. Mit einer frühzeitigen Diagnose, einer umfassenden Behandlung und einer liebevollen Betreuung können die Symptome gelindert und die Lebensqualität verbessert werden.

Tipps für den Alltag

  • Schaffen Sie eine sichere und reizarme Umgebung: Reduzieren Sie Lärm und Ablenkungen, sorgen Sie für eine gute Beleuchtung und entfernen Sie Stolperfallen.
  • Etablieren Sie feste Routinen: Feste Essenszeiten, Schlafenszeiten und Aktivitäten können den Betroffenen Sicherheit und Orientierung geben.
  • Kommunizieren Sie klar und einfach: Sprechen Sie langsam und deutlich, verwenden Sie kurze Sätze und vermeiden SieIronie und Sarkasmus.
  • Beziehen Sie die Betroffenen in Aktivitäten ein: Fördern Sie die Selbstständigkeit, indem Sie die Betroffenen in alltägliche Aufgaben einbeziehen, wie z.B. Kochen, Gartenarbeit oder Spaziergänge.
  • Fördern Sie soziale Kontakte: Ermutigen Sie die Betroffenen, Kontakte zu Freunden und Familie aufrechtzuerhalten und an sozialen Aktivitäten teilzunehmen.
  • Nehmen Sie professionelle Hilfe in Anspruch: Scheuen Sie sich nicht, professionelle Hilfe von Ärzten, Therapeuten, Pflegediensten und Beratungsstellen in Anspruch zu nehmen.
  • Sorgen Sie für sich selbst: Achten Sie auf Ihre eigene Gesundheit und nehmen Sie sich regelmäßig Auszeiten, um neue Kraft zu tanken.

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