Die Lewy-Körperchen-Demenz (LBD), auch Lewy-Body-Demenz oder Lewy-Körper-Demenz genannt, ist eine neurodegenerative Demenzform, die durch Ablagerungen von sogenannten Lewy-Körperchen in bestimmten Teilen des Gehirns verursacht wird. Diese Erkrankung tritt in den meisten Fällen nach dem 60. Lebensjahr auf und kann den Alltag der Betroffenen und deren Angehörige stark beeinflussen. In Deutschland leben schätzungsweise zwischen 90.000 und 180.000 Menschen mit Lewy-Körper-Demenz.
Was sind Lewy-Körperchen?
Lewy-Körperchen sind charakteristische Strukturen, die im Gehirngewebe von Patienten, die zu Lebzeiten an der Parkinson-Krankheit oder einer Demenz vom Lewy-Körperchen-Typ gelitten haben, nachweisbar sind. Es handelt sich hierbei um runde zytoplasmatische Einschlusskörperchen der Nervenzellen. Einer der Hauptbestandteile der Lewy-Körperchen ist ein im menschlichen Gehirn reichlich vorhandenes Protein namens α-Synuclein, das in verschiedenen Formen existiert.
Ein internationales Forschungsteam hat die dreidimensionale Architektur der Lewy-Körperchen entschlüsselt. Sie besitzen konzentrische, ringförmige Schichten, in denen ein Kern aus angesammelten Proteinen und Lipiden von phosphoryliertem α-Synuclein und strukturgebenden zellulären Komponenten umgeben ist.
Ursachen und Risikofaktoren
Wie es zu den Eiweißablagerungen kommt, ist noch nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass genetische Veränderungen eine Rolle spielen können. Eine Korrelation mit Genmutationen wie der Genvariante ApoE4, die auch Parkinson und Alzheimer auslöst, konnte festgestellt werden. Es ist also möglich, durch Vererbung an der Lewy-Körper-Demenz zu erkranken. Gesicherte Risikofaktoren sind nicht bekannt. Vermutlich führen verschiedene Ursachen zur Erkrankung.
Symptome der Lewy-Körperchen-Demenz
Die Symptome der Lewy-Körperchen-Demenz sind denen der Alzheimer- und der Parkinson-Krankheit ähnlich. Betroffen sind zunächst die Alltagsfähigkeiten, die mit dem Planen, Organisieren und Orientieren zusammenhängen. Insbesondere Aufmerksamkeit und Konzentration sind gestört. Charakteristisch dabei ist, dass die geistige Leistungsfähigkeit im Tagesverlauf sehr stark schwanken kann.
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Zu den Hauptsymptomen gehören:
- Kognitive Fluktuationen: Rasch schwankende Gedächtnis- und Stimmungsschwankungen.
- Visuelle Halluzinationen: Häufig treten Halluzinationen und Wahnvorstellungen auf. In der Regel sind diese Sinnestäuschungen optischer Natur und die Betroffenen sehen Menschen, Tiere oder Dinge, die nicht da sind.
- Parkinsonismus: Motorische Einschränkungen wie Schüttelbewegungen oder Steifheit bzw. parkinsonähnliche Bewegungsstörungen mit Stürzen oder auch Bewusstlosigkeit.
- REM-Schlaf-Verhaltensstörung: Die Betroffenen leben ihre Träume regelrecht aus, was sich durch unruhigen Schlaf, vermehrte Bewegungen und Sprechen im Schlaf bemerkbar macht.
- ** vegetative Dysfunktion:** Störungen des autonomen Nervensystems sind bei Demenz mit Lewy-Körpern wesentlich häufiger als bei Alzheimer-Demenz. Oftmals führen diese mit Schwindel einhergehenden orthostatischen Dysregulationen zu synkopalen Ereignissen und können Ursache für vermehrte Stürze sein, wie sie bei der Demenz mit Lewy-Körpern und Parkinson-Krankheit mit Demenz oft auftreten. Auch die Urin-Inkontinenz kommt bei der Demenz mit Lewy-Körpern häufiger vor als bei der Alzheimer-Demenz.
Im fortgeschrittenen Verlauf der Erkrankung verlieren die Betroffenen zunehmend ihre Alltagskompetenz. Die Sprachfähigkeit nimmt ab, Schluckstörungen treten auf. Stürze und kurzzeitige Bewusstlosigkeit häufen sich, die Betroffenen werden immobil und schließlich bettlägerig.
Verlauf der Erkrankung
Die Erkrankung Lewy-Körperchen-Demenz lässt sich in verschiedene Etappen innerhalb des Krankheitsverlaufs unterteilen, wobei sich jede Erkrankung individuell gestaltet:
- Zunächst herrschen die visuellen Beeinträchtigungen vor und es kommt zu häufigen Halluzinationen und Wahnvorstellungen.
- Nach etwa einem Jahr verstärken sich die parkinsonähnlichen Bewegungsstörungen mit Stürzen oder auch Bewusstlosigkeit. Außerdem können die Betroffenen an Inkontinenz leiden.
- Zuletzt treten zusätzlich die psychischen Beeinträchtigungen auf und es kommt zu schnellen Stimmungsschwankungen, Verhaltensänderungen und Aufmerksamkeitsstörungen. Anfangs beeinflussen diese den Alltag und die Organisationsfähigkeiten der Patientinnen und Patienten, später kommen die für die Alzheimererkrankung typischen Gedächtnisstörungen hinzu.
Die Symptome verschlechtern sich zunehmend und viele der Betroffenen werden bettlägerig. Die Lebenserwartung bei der Lewy-Körperchen-Demenz liegt im Durchschnitt bei sieben bis acht Jahren nach Diagnosestellung.
Diagnose
Da die Lewy-Body-Demenz mit ihren Symptomen anderen Krankheiten wie der Parkinson- oder Alzheimererkrankung ähnelt, ist eine ausführliche Diagnose erforderlich. Diese erfolgt hauptsächlich anhand der klinischen Symptome. Die Lewy-Körperchen an den Nervenzellen im Gehirn können zu Lebzeiten kaum untersucht werden, da hier bildgebende Verfahren nicht greifen.
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Die Diagnose einer Lewy-Körperchen-Demenz ist schwierig, da viele Symptome denen von Alzheimer oder Parkinson ähneln. Trotzdem gibt es heute gute Möglichkeiten, die Erkrankung bereits zu Lebzeiten mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erkennen.
Zur Diagnose werden drei Kriterien überprüft:
- Gedächtnisprobleme, die häufigen Schwankungen unterworfen sind
- Wiederholt auftretende Halluzinationen
- Motorische Störungen
Zeigt ein Patient bzw. eine Patientin zwei der drei Kriterien, gehen Ärztinnen und Ärzte von dem Krankheitsbild Lewy-Körperchen-Demenz aus.
Differentialdiagnose
Es ist wichtig, die Lewy-Körperchen-Demenz von anderen Demenzformen, insbesondere der Alzheimer-Krankheit und der Parkinson-Demenz, zu unterscheiden. Die beiden Demenzen unterscheiden sich vor allem in zwei Punkten:
- Bei der Lewy-Körperchen-Demenz treten die geistigen und motorischen Einschränkungen in der Regel gleichzeitig auf.
- Bei der Parkinson-Demenz entwickeln sich die kognitiven Störungen typischerweise erst zehn bis 15 Jahre nach Auftreten der ersten motorischen Einschränkungen.
Diagnostische Verfahren
- Klinische Untersuchung: Erhebung der Krankengeschichte und neurologische Untersuchung.
- Neuropsychologische Tests: Tests zur Überprüfung der geistigen Leistungsfähigkeit, insbesondere der Aufmerksamkeit, der Gedächtnisleistung und der visuokonstruktiven Fähigkeiten (z.B. Uhrentest).
- Bildgebende Verfahren: MRT und CT schließen andere Erkrankungen aus, weisen aber nicht direkt auf Lewy-Körperchen hin. FDG-PET und DaT-SPECT sind spezielle bildgebende Verfahren, die dabei helfen, eine Lewy-Body-Demenz von anderen Demenzformen zu unterscheiden. Die FDG-PET zeigt LBD-typische Veränderungen im Hinterkopfbereich. Mit dem DaT-SPECT lassen sich LBD-typische Nervenschädigungen gut erkennen.
- Schlaflaboruntersuchung (Polysomnographie): Bei Verdacht auf REM-Schlaf-Verhaltensstörung.
- Elektroenzephalographie (EEG): Zum Ausschluss eines epileptischen Geschehens und zur Beurteilung der Hirnaktivität.
- Liquoranalyse: Zur Abgrenzung von der Alzheimer-Demenz.
Therapie
Wie für andere Demenzerkrankungen wie Alzheimer gibt es derzeit keine Behandlungsmöglichkeiten, die zur vollständigen Heilung der Lewy-Body-Demenz führen würden. Die Behandlung zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern.
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Medikamentöse Behandlung
Bei der medikamentösen Behandlung können Antidementiva und Cholinesterasehemmer eingesetzt werden. Diese sollen die geistige Leistungsfähigkeit und Verwirrtheit verbessern sowie die visuellen Beeinträchtigungen lindern und das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen. Die Alzheimer-Medikamente Rivastigmin oder Donepezil können zur Behandlung der Demenz eingesetzt werden.
Die motorischen Symptome können mit dem Parkinson-Medikament Levodopa in niedriger Dosierung verbessert werden. Allerdings ist die Wirkung ist bei der Lewy-Körperchen-Demenz allerdings in der Regel geringer als bei der Parkinson-Krankheit. Als Nebenwirkung können sich Halluzinationen und Wahnvorstellungen verstärken.
Psychotische Störungen können mit Quetiapin behandelt werden. Dabei ist zu beachten, dass sich die motorische Symptome verschlechtern können.
Medikamente bringen jedoch ihre Tücken mit sich: Während solche, die auch bei Parkinson eingesetzt werden, die motorischen Einschränkungen verbessern können, verstärken diese häufig die Halluzinationen und Wahnvorstellungen. Selbes gilt bei Medikamenten, die Psychosen verringern sollen, dafür die Motorik bei Patientinnen und Patienten mit der Lewy-Körper-Demenz verschlechtern. Da nicht alle Patientinnen und Patienten auf Medikamente ansprechen, spielt die nichtmedikamentöse Therapie eine besonders wichtige Rolle, um die geistigen und motorischen Fähigkeiten zu erhalten und das allgemeine Wohlbefinden sowie die Lebensqualität zu erhöhen.
Nicht-medikamentöse Therapie
Da die medikamentöse Behandlung schwierig ist, kommt der nicht-medikamentösen Therapie bei der Lewy-Körperchen-Demenz eine große Bedeutung zu. Die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten kann verbessert, die geistigen Fähigkeiten möglichst lange erhalten und herausforderndes Verhalten gemildert werden. Die Maßnahmen richten sich nach den individuellen Beschwerden. Es ist wichtig, Menschen mit Lewy-Körper-Demenz vor Stress, Lärm oder Reizüberflutung zu schützen.
- Ergotherapie: Hilft, die Alltagskompetenzen zu erhalten und zu verbessern.
- Physiotherapie: Verbessert die motorischen Fähigkeiten und das Gleichgewicht.
- Logopädie: Behandelt Sprach- und Schluckstörungen.
- Psychotherapie: Kann bei Depressionen, Angstzuständen und Halluzinationen helfen.
- Musik- und Kunsttherapie: Fördert die Kreativität und das Wohlbefinden.
- Angehörigenberatung: Unterstützt die Angehörigen im Umgang mit der Erkrankung.
Unterstützung und Entlastung für Angehörige
Die Pflege und Betreuung von Menschen mit Lewy-Körperchen-Demenz ist eine große Herausforderung für die Angehörigen. Es ist wichtig, dass sich Angehörige gut über das Krankheitsbild informieren und sich Unterstützung suchen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Entlastung, wie z.B. Tagespflege, Kurzzeitpflege oder ambulante Pflegedienste. Menschen mit Lewy-Body-Demenz haben unter Umständen Anspruch auf einen Pflegegrad - und damit auf verschiedene Leistungen der Pflegekasse, die den Pflegealltag erleichtern sollen. Im fortgeschrittenen Stadium nehmen die Symptome deutlich zu. Menschen mit anerkanntem Pflegegrad, die zuhause gepflegt werden, haben Anspruch auf sogenannte Pflegehilfsmittel zum Verbrauch im Wert von bis zu 42 Euro monatlich. Dazu zählen unter anderem Einmalhandschuhe, Mundschutz und Desinfektionstücher.
Fazit
Die Lewy-Körperchen-Demenz ist eine komplexe neurodegenerative Erkrankung, die mit einer Vielzahl von Symptomen einhergeht. Eine frühzeitige Diagnose und eine umfassende Behandlung sind wichtig, um die Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen zu verbessern. Obwohl die Erkrankung derzeit nicht heilbar ist, gibt es verschiedene Möglichkeiten, die Symptome zu lindern und den Krankheitsverlauf zu verlangsamen.
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