Phasen der Rehabilitation nach Schlaganfall

Ein Schlaganfall kann das Leben eines Menschen einschneidend verändern. Neben der Akutversorgung, die darauf abzielt, die Ursachen zu behandeln und weitere Schädigungen des Gehirns zu verhindern, spielt die Rehabilitation eine entscheidende Rolle bei der Wiederherstellung von Fähigkeiten und der Verbesserung der Lebensqualität. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Phasen der Rehabilitation nach einem Schlaganfall und die damit verbundenen Ziele und Maßnahmen.

Das Krankheitsfolgenmodell der WHO

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) entwickelte 1980 das Krankheitsfolgenmodell, das eine anerkannte Grundlage für das Verständnis der Rehabilitation darstellt. Dieses Modell unterscheidet zwischen:

  • Schädigungen: Einschränkungen körperlicher Funktionen wie Kraftminderung (Lähmung), Gefühlsstörungen (Sensibilitätsstörungen), Sprach- und Sprechstörungen (Aphasie, Dysarthrie), Schädigungen des Sehens oder Hörens (z.B. Gesichtsfeldeinschränkung), Hirnleistungsminderungen (z.B. Störungen des Erinnerungsvermögens und der Aufmerksamkeit) sowie psychische Veränderungen (z.B. depressive Reaktion).
  • Einschränkungen bei Aktivitäten des täglichen Lebens: Diese resultieren aus den genannten Funktionseinschränkungen. Beispiele sind Mobilitätseinschränkungen (z.B. Gehvermögen, Treppensteigen) durch Lähmungen oder Kommunikationsschwierigkeiten durch Sprach- oder Sprechstörungen.
  • Einschränkungen bezüglich der Partizipation (Teilhabe am sozialen Leben): Schwierigkeiten, sich in den bisherigen sozialen und beruflichen Lebensbereichen wieder zurechtzufinden, sind eine Folge der eingeschränkten Körperfunktionen und der daraus resultierenden Aktivitätsstörungen.

Ziel der medizinischen Rehabilitation ist es, Schlaganfallbetroffenen die Rückkehr in ihr soziales und ggf. auch berufliches Umfeld zu ermöglichen. Die Behandlung zielt darauf ab, körperliche Funktionseinschränkungen (Schädigungen) durch Training und Medikamente zu reduzieren und die Alltagskompetenz zu fördern. Dies umfasst die Fähigkeit, sich selbst zu waschen, anzuziehen und Mahlzeiten zuzubereiten. Dies kann durch Verbesserung der körperlichen Funktionen oder durch das Erlernen von Strategien, mit Einschränkungen umzugehen, und durch den Einsatz von Hilfsmitteln erreicht werden.

Phasen der neurologischen Rehabilitation

Die neurologische Rehabilitation ist in verschiedene Phasen unterteilt, die sich nach dem Schweregrad der Erkrankungsfolgen und dem Hilfebedarf des Patienten richten. Nicht alle Betroffenen müssen jede Phase durchlaufen, und das Auslassen oder Überspringen einzelner Stufen ist möglich. Die Reihenfolge der Phasen kann ebenfalls variieren, abhängig vom individuellen Zustand des Patienten.

Phase A: Akutversorgung

Diese Phase umfasst die Erstbehandlung und Diagnostik unmittelbar nach dem Schlaganfall. Die Patientinnen und Patienten werden abhängig von ihrem gesundheitlichen Zustand auf einer Stroke Unit, einer Intensiv- oder Normalstation eines Krankenhauses behandelt.

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Phase B: Neurologische Frührehabilitation

Die neurologische Frührehabilitationsmaßnahmen der Phase B kommen infrage für Patienten mit schwersten neurologischen Krankheitsbildern, die überwiegend bettlägerig sind, auch Patienten mit gestörter Bewußtseinslage. In dieser Phase werden Patienten mit schwersten neurologischen Krankheitsbildern behandelt, die oft bettlägerig sind und Bewusstseinsstörungen aufweisen. Ziel ist es, Komplikationen zu vermeiden und erste sensorische und motorische Funktionen zu fördern. Die Behandlung umfasst aktivierende Pflege, Frühmobilisation und die Entwöhnung von der künstlichen Beatmung (Weaning).

Phase C: Weiterführende Rehabilitation

In der neurologischen Früh-Rehabilitation der Phase C werden Patienten mit neurologischen Krankheitsbildern behandelt, die zumindest sitzmobilisiert sind und keiner intensivmedizinischen Überwachung mehr bedürfen. Ziel ist hier insbesondere die Selbständigkeit bei den basalen Aktivitäten des täglichen Lebens (z.B. In Phase C sind die Patienten sitzmobilisiert und benötigen keine intensivmedizinische Überwachung mehr. Sie können aktiv an der Therapie mitarbeiten und lernen, wieder mobil zu werden. Wesentlich ist hierfür die unterstützte Wiedererlangung von grundlegenden Funktionen des Gehirns wie Antrieb, Orientierung, Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistungen. Eine verbesserte Kommunikationsfähigkeit wird angestrebt.

Phase D: Anschlussrehabilitation (AHB/AR)

Die neurologische Rehabilitation der Phase D (Anschlussrehabilitation / Anschlussheilbehandlung) ist für Patienten vorgesehen, die zumindest bei Benutzung von Hilfsmitteln bereits wieder bei den basalen Verrichtungen des täglichen Lebens selbständig geworden sind. Ziel ist hier das Erreichen von Alltagskompetenz in solchem Maße, dass eine weitgehend selbständige Lebensführung bzw. In Phase D sind die Patienten weitgehend selbstständig in den grundlegenden Alltagsverrichtungen. Ziel ist es, die Alltagskompetenz so weit wiederherzustellen, dass eine selbstständige Lebensführung möglich ist. Patient*innen werden darauf vorbereitet, in ihren Alltag und ggf. den Beruf zurückzukehren. Wenn nötig, werden individuelle Hilfsmittel (z. B. Rollator, Gehstock) angepasst und trainiert.

Phase E: Nachsorge und berufliche Rehabilitation

Die Phase der Nachsorge und beruflichen Reha ermöglicht den Übergang von der medizinischen Rehabilitation zurück zur Erwerbstätigkeit. Dabei bietet sie speziell Unterstützung und Begleitung, um den Erfolg der medizinischen Rehabilitation langfristig zu sichern. In Phase E steht besonders im Fokus, wie Menschen wieder am Arbeitsleben teilnehmen können. Dazu können beispielsweise auch Umschulungen gehören. Hier geht es um die berufliche Wiedereingliederung und die Sicherung des Behandlungserfolgs.

Phase F: Langzeitpflege

Patient*innen, die trotz intensiver Behandlung und Rehabilitation dauerhaft pflegerisch unterstützt und betreut werden müssen (z. B. nach einem schweren Schädel-Hirn-Trauma) befinden sich in Phase F. Hier liegt der Behandlungsschwerpunkt auf der aktivierenden Langzeitpflege. Diese Phase richtet sich an Patientinnen und Patienten, die trotz intensiver Behandlung und Rehabilitation langfristig einen hohen Pflegebedarf haben. Der Schwerpunkt liegt auf aktivierender Langzeitpflege.

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Therapieansätze in der neurologischen Rehabilitation

Die neurologische Reha ist ein spezialisierter medizinischer Fachbereich, der sich auf die Behandlung von Patient*innen nach Erkrankungen oder Verletzungen des Gehirns, des Nervensystems oder des Rückenmarks konzentriert. In der neurologischen Rehabilitation arbeitet ein multiprofessionelles Team aus Ärzten, Therapeuten, Pflegekräften und Sozialarbeitern zusammen. Die Behandlung ist multimodal und umfasst verschiedene Therapieansätze:

  • Medizinische Betreuung: Regelmäßige Untersuchungen und Anpassung der Medikamente.
  • Physiotherapie: Verbesserung der Mobilität, Koordination und Muskelkraft. Es werden Körperhaltung, Koordination, Körperwahrnehmung und der Gleichgewichtssinn verbessert.
  • Ergotherapie: Training von Alltagsfähigkeiten und Feinmotorik. Sie verbessern Bewegungsabläufe oder erlernen sie mit Hilfe eines qualifizierten therapeutischen Teams neu.
  • Logopädie: Behandlung von Sprach- und Sprechstörungen sowie Schluckstörungen. Wenn Sie nach einem Schlaganfall an Sprach- und Sprechstörungen leiden, hilft Ihnen ein logopädisches Team, durch spezielle Übungen in computergestützten Einzeltherapien oder Gruppentherapien, Ihre Sprachfähigkeiten wiederherzustellen oder zu erhalten. Auch Schluckstörungen werden in der Logopädie behandelt.
  • Kognitives Training: Förderung von Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Problemlösungsfähigkeiten. Kognitives Training fördert Gedächtnis, Aufmerksamkeit und Problemlösungsfähigkeiten durch gezielte Übungen.
  • Psychologische Betreuung: Unterstützung bei der Bewältigung emotionaler Herausforderungen. In der Reha werden Sie durch geschultes Personal bei der Bewältigung emotionaler Herausforderungen, die mit neurologischen Erkrankungen einhergehen können, unterstützt.
  • Sozialdienst: Beratung und Unterstützung bei sozialen und finanziellen Fragen. Der Sozialdienst berät und unterstützt Sie bei sozialen und finanziellen Fragen sowie der Organisation der häuslichen Pflege.

Zusätzlich können spezielle Therapieverfahren wie Propriozeptive Neuromuskuläre Fazilitation (PNF), Bobath-Konzept, Therapie nach dem Affolter-Konzept, Übungen nach Perfetti, Forced-Use-Therapie, Spiegeltherapie und Neuropsychologische Therapie eingesetzt werden.

Dauer und Verlauf der Rehabilitation

Die Dauer einer Schlaganfall-Rehabilitation ist abhängig von vielerlei Faktoren wie Ort der Schädigung, Schweregrad der Symptome, dem Auftreten von Neglect (Aufmerksamkeitsstörung), von Begleiterkrankungen und Risikofaktoren wie Hypertonus, starkes Übergewicht, zerebrale Mikroangiopathie, Parkinson, Normaldruckhydrozephalus, besonders aber auch von dem sozialen Netzwerk des Patienten, d.h. der Unterstützung durch sein Umfeld und der Vorbildung. Eine Verlängerung ist möglich, wenn sie medizinisch notwendig ist. Der Antrag auf Verlängerung wird normalerweise von der Reha-Einrichtung gestellt und zeitnah vom Kostenträger geprüft, sodass die Reha nahtlos in der nächsten Phase fortgesetzt werden kann. Der Verlauf der Rehabilitation ist individuell und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Wichtig ist, dass die Behandlung so früh wie möglich nach dem Schlaganfall beginnt, um die Neuroplastizität des Gehirns optimal zu nutzen.

Voraussetzungen für eine neurologische Reha

Um eine neurologische Reha in Anspruch nehmen zu können, müssen bestimmte Bedingungen erfüllt sein:

  • Diagnose einer neurologischen Erkrankung oder Verletzung: Die Erkrankung oder Verletzung muss eindeutig diagnostiziert sein und die Notwendigkeit einer Reha sollte durch eine ärztliche Verordnung oder ein ärztliches Attest bestätigt werden.
  • Medizinische Notwendigkeit: Sie benötigen eine ärztliche Empfehlung. Ihr behandelnder Arzt/Ihre behandelnde Ärztin im Krankenhaus oder ambulanten Umfeld wird sie eingehend untersuchen und beurteilen, ob eine neurologische Reha sinnvoll und medizinisch notwendig ist.
  • Rehabilitationsfähigkeit: Je nach Diagnose sollten Sie in der Lage sein, aktiv an einem Rehabilitationsprogramm teilzunehmen, was stabile Vitalfunktionen, ausreichende kognitive Fähigkeiten und physische Belastbarkeit voraussetzt.
  • Positive Rehabilitationsprognose: Die Erfolgsaussichten der Rehabilitation sollten positiv und die Ziele in einem realistischen Zeitrahmen erreichbar sein.
  • Abschluss einer akuten Behandlungsphase: Vor Beginn der Rehabilitation sollte die akute Phase der Erkrankung oder des postoperativen Zustands abgeschlossen sein, z. B. bei einem Symptomschub einer Multiplen Sklerose oder eine Früh-Reha nach einem Schlaganfall.

Ambulante vs. stationäre Rehabilitation

Je nach Belastbarkeit, Mobilität und den individuellen Bedürfnissen, kann die neurologische Reha sowohl ambulant als auch stationär erfolgen. Eine stationäre Reha ist besonders dann sinnvoll, wenn eine intensive und kontinuierliche ärztliche Überwachung notwendig ist. Manchmal spricht für eine stationäre Reha auch, dass Betroffene von den häuslichen Verpflichtungen entlastet werden oder dass ein Ortswechsel positive Folgen für die Heilung hat. Können Sie auch mit neurologischen oder kognitiven Funktionseinschränkungen die tägliche Anfahrt zur Reha-Klinik bewältigen und sind abends, nachts und am Wochenende zu Hause ausreichend versorgt, dann spricht nichts gegen eine ambulante neurologische Reha-Maßnahme.

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