Neuritis vestibularis: Ursachen, Symptome und Behandlung

Die Neuritis vestibularis, auch bekannt als Entzündung des Gleichgewichtsnervs, ist eine Erkrankung, die durch plötzlichen, heftigen Drehschwindel gekennzeichnet ist. Sie wird oft als sehr unangenehm empfunden und kann die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen.

Definition

Neuritis vestibularis ist eine Entzündung des Nervus vestibularis, der Informationen vom Gleichgewichtsorgan im Innenohr zum Gehirn überträgt. Bei einer Entzündung dieses Nervs werden die Impulse gestört, was dazu führt, dass das Gehirn die Signale nicht mehr korrekt verarbeiten kann. Dies resultiert in einem starken Drehschwindel und Gangunsicherheit.

Ursachen

Die genaue Ursache der Neuritis vestibularis ist noch nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch vermutet, dass die Erkrankung durch die Reaktivierung eines Virus, insbesondere des Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV-1), ausgelöst wird. Dieses Virus kann im Körper vieler Menschen latent vorhanden sein und unter bestimmten Umständen eine Entzündung des Gleichgewichtsnervs verursachen. Andere diskutierte Faktoren sind Durchblutungsstörungen und Autoimmunkrankheiten.

Symptome

Die typischen Symptome einer Neuritis vestibularis sind:

  • Drehschwindel: Ein plötzlich einsetzendes, heftiges Gefühl, dass sich die Umgebung dreht.
  • Fallneigung: Tendenz, in Richtung der betroffenen Seite zu fallen.
  • Übelkeit und Erbrechen: Begleiterscheinungen des Schwindels.
  • Nystagmus: Unwillkürliche Augenbewegungen, bei denen die Augen zur gesunden Seite gleiten und dann ruckartig zurückspringen.

Das Hörvermögen ist bei einer Neuritis vestibularis in der Regel nicht beeinträchtigt. Die akuten Symptome dauern meist nur wenige Tage, können aber auch bis zu einigen Wochen anhalten. Die Intensität des Schwindelgefühls kann durch Lageänderungen und rasche Bewegungen verstärkt werden.

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Häufigkeit

International treten etwa 13,6 Fälle von Neuritis vestibularis pro 100.000 Einwohner auf. Sie ist die dritthäufigste Ursache für Drehschwindel nach dem gutartigen Lagerungsschwindel und Morbus Menière. Die Erkrankung tritt am häufigsten bei Erwachsenen im Alter zwischen 30 und 60 Jahren auf.

Diagnose

Die Diagnose einer Neuritis vestibularis basiert auf der Schilderung der typischen Symptome, einer körperlichen Untersuchung und dem Ausschluss anderer möglicher Ursachen für den Schwindel.

Die diagnostischen Schritte umfassen:

  1. Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte, einschließlich Art, Dauer, modulierende und zusätzliche Faktoren des Schwindels.
  2. Körperliche Untersuchung:
    • Allgemeiner Status des Patienten.
    • Beurteilung der Kreislaufsituation inklusive Blutdruckmessung und Herzauskultation.
    • Untersuchung der Halswirbelsäule.
    • Klinisch-neurologische Untersuchung (Reflexstatus, Sensibilitätsprüfung, Romberg-Stehversuch, Unterberger-Tretversuch, Diadochokinese, Finger-Nase-Versuch, Knie-Hacken-Versuch).
    • HNO-ärztliche Untersuchung (Spiegeluntersuchung, Nystagmus-Untersuchung, Lagerungs-Provokation).
    • Horizontaler Kopfimpulstest zur Überprüfung des vestibulo-okulären Reflexes (VOR).
  3. Frenzelbrillenuntersuchung: Beobachtung der Augenbewegungen zur Erkennung von Nystagmus.
  4. Apparative Untersuchungen:
    • Elektronystagmographie (ENG) mit kalorischer Prüfung, falls der Kopfimpulstest keinen sicheren Befund erbrachte.
    • MRT-Untersuchung des Schädels oder Liquorpunktion bei Verdacht auf eine zentrale Genese des Schwindels (z. B. Hirnstammenzephalitis).
    • Vestibulär evozierte myogene Potentiale (VEMPs) zur Überprüfung der Sakkulusfunktion.

Differentialdiagnosen:

Es ist wichtig, andere Ursachen für Schwindel auszuschließen, insbesondere:

  • Schlaganfall
  • Gutartiger Lagerungsschwindel
  • Morbus Menière
  • Labyrinthitis
  • Akustikusneurinom
  • Hörsturz
  • Multiple Sklerose
  • Migräne
  • Verletzungen
  • Schwindel durch Medikamente

Behandlung

Die Behandlung der Neuritis vestibularis zielt darauf ab, die Symptome zu lindern, den Krankheitsverlauf zu verkürzen und bleibende Folgen zu verhindern.

Die Behandlungsstrategien umfassen:

  1. Symptomatische Therapie:
    • Antiemetika (Medikamente gegen Übelkeit) und Antivertiginosa (Medikamente gegen Schwindel) können in den ersten Tagen zur Linderung der akuten Beschwerden eingesetzt werden. Allerdings sollten diese Medikamente nur kurzzeitig eingenommen werden, da sie die zentrale Kompensation des Vestibularisausfalls verzögern können.
  2. Kausale Therapie:
    • Glukokortikosteroide (Kortison) können die Erholung der peripheren vestibulären Funktion verbessern. Studien haben gezeigt, dass eine Monotherapie mit Methylprednisolon zu einer signifikanten Verbesserung der Erholung führen kann.
  3. Vestibuläre Rehabilitation:
    • Ein frühzeitiges Rehabilitationsprogramm ist entscheidend für die Verbesserung der zentralen vestibulären Kompensation. Dieses Programm umfasst:
      • Mobilisierung mit Schulung der Gleichgewichtsfunktion im Stehen und Gehen auf ebenen und unebenen Flächen.
      • Training der Fähigkeiten zur Blickfixierung.
      • Willkürliche Augenbewegungen und aktive Kopfbewegungen zur Verbesserung der Blickstabilisation und des vestibulookulären Reflexes.

Wichtige Hinweise:

  • Bettruhe ist anfangs angeraten, sollte aber durch rasche Mobilisation mit gezieltem Gleichgewichtstraining abgelöst werden.
  • Vestibuläre Trainingsprogramme sollten individuell angepasst und unter Anleitung eines Physiotherapeuten oder Gleichgewichtstherapeuten durchgeführt werden.
  • Manche Patienten benötigen eine besondere physiotherapeutische oder gleichgewichtstherapeutische Verlaufskontrolle.

Prognose

Die Prognose der Neuritis vestibularis ist im Allgemeinen sehr gut. Die meisten Patienten erlangen ihren normalen Gleichgewichtssinn zurück. Die Beschwerden klingen meist nach etwa ein bis zwei Wochen ab, wobei eine vollständige Restitution der Gleichgewichtsfunktion in 40-50% der Fälle eintritt. 20-30% der Betroffenen erreichen nur eine partielle Restitution. Es kann jedoch 1-2 Monate dauern, bis die Patienten wieder voll arbeitsfähig sind und Beschwerdefreiheit erreicht wird. Rückfälle (Rezidive) sind glücklicherweise selten.

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Komplikationen

Mögliche Komplikationen der Neuritis vestibularis sind:

  • Postinfektiöser BPPV: Etwa 15% der Patienten entwickeln innerhalb von Wochen bis Monaten nach der akuten Neuritis einen gutartigen Lagerungsschwindel auf dem betroffenen Ohr.
  • Phobischer Schwankschwindel: In einigen Fällen kann sich die Neuritis vestibularis zu einem phobischen Schwankschwindel entwickeln.

Bilaterale Vestibulopathie (BVP)

In seltenen Fällen kann es zu einer beidseitigen Funktionsminderung oder einem Ausfall des Nervus vestibularis und/oder des Vestibularorgans kommen, was als bilaterale Vestibulopathie bezeichnet wird. Die Leitsymptome der BVP sind bewegungsabhängiger Schwankschwindel mit Gang- und Standunsicherheit, verstärkt in Dunkelheit und auf unebenem Grund, sowie Wackeln der Umwelt (Oszillopsien) und unscharfes Sehen beim Gehen sowie bei Kopfbewegungen.

Vestibularisparoxysmie

Die Vestibularisparoxysmie ist eine seltene Erkrankung, die durch kurze, wiederkehrende Schwindelanfälle charakterisiert ist. Ursächlich liegt eine Kompression des VIII. Hirnnerven (Nervus vestibulocochlearis) im Bereich des Hirnstamms vor.

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