Schwindel ist ein Symptom, keine Krankheit, und kann vielfältige Ursachen haben. Es ist wichtig, einen Arzt aufzusuchen, um organische Ursachen auszuschließen. Drehschwindel, bei dem sich alles um einen herum dreht, kann von Übelkeit, Erbrechen und Ohrgeräuschen begleitet sein. Er entsteht, wenn die Informationen von Sehapparat und Gleichgewichtsorgan nicht mit den im Gehirn gespeicherten Informationen übereinstimmen.
Statistisch gesehen entwickelt jeder vierte Mensch im Laufe seines Lebens mindestens einmal krankhaften Schwindel. Rund 25 % der Patienten in der Neurologie klagen über Schwindelgefühle. Schwindelanfälle können plötzlich auftreten und unterschiedlich lange andauern. Sie können durch bestimmte Bewegungen, körperliche Belastungen oder Stresssituationen ausgelöst oder verstärkt werden. In den meisten Fällen verschwindet der Schwindel von selbst, aber manche Menschen leiden tage- oder monatelang unter den Beschwerden. Dauerschwindel liegt vor, wenn das Drehen und Wanken nicht aufhört und der Schwindel chronisch wird. Die sorgfältige Erhebung des Krankheitsverlaufs sowie neurologische Untersuchungen und Untersuchungen der Augen und Ohren sind wichtig, da Patienten ihre Schwindelgefühle sehr unterschiedlich beschreiben.
Schwindel entsteht durch eine Funktionsstörung im Bereich des Gleichgewichtsorgans im Innenohr, des Gleichgewichtsnervs (Nervus vestibularis), der Hirnareale, die das Gleichgewichtsgefühl verarbeiten (z. B. im Hirnstamm und Kleinhirn), sowie der Nervenbahnen für die Körperwahrnehmung und der Augen.
Ursachen von Schwindel
Die Ursachen für Schwindel können vielfältig sein:
- Herz-Kreislauf-Probleme
- Durchblutungsstörungen
- Hirninfarkte (Schlaganfall)
- Infektionen und andere Entzündungen
- Autoimmunerkrankungen wie Multiple Sklerose (MS)
- Tumore
- Nebenwirkungen von Alkohol, Medikamenten (Schlaf- und Beruhigungsmittel, Antiepileptika, Antidepressiva, Antibiotika oder Diuretika) oder Drogen
- Schädel-Hirn-Trauma
- Migräneformen, die mit starkem Schwindel einhergehen
- Psychische Ursachen (psychogener Schwindel/funktioneller Schwindel)
Angst- und Panikstörungen können Schwindelattacken verursachen. Die Sinnesreize oder Situationen, die eine Schwindelattacke auslösen, können sich verselbständigen und sich auf weitere Lebensbereiche ausdehnen. Typisch für Angsterkrankungen ist ein Teufelskreis mit einer vorherrschenden „Angst vor der Angst“. Betroffene beschreiben häufig das Schwindelgefühl als Ursache der Panik, obwohl Angst eigentlich die Schwindelanfälle auslöst. Es kommt nach und nach zu einem Vermeidungsverhalten von allen Situationen, die zu einem Schwindelgefühl führen könnten. Das Haus wird nicht mehr verlassen, soziale Kontakte eingeschränkt und bestimmte Orte und Aktivitäten werden von vorneherein vermieden. Typisch ist die extrem ausgeprägte Angst vor Stürzen, woraus sich eine übersteigerte Wahrnehmung von Körperschwankungen und eine vermehrte Haltungskontrolle entwickelt.
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Neuritis Vestibularis im Detail
Definition
Die Neuritis vestibularis, auch Neuropathia vestibularis oder akute unilaterale Vestibulopathie genannt, ist eine Entzündung des Nervus vestibularis, des Gleichgewichtsnervs, der das Gleichgewichtsorgan im Innenohr mit dem Gehirn verbindet. Die Erkrankung führt zu einem plötzlichen Ausfall eines Gleichgewichtsorgans.
Ursachen
Die genaue Ursache der Neuritis vestibularis ist noch nicht vollständig geklärt. Es wird vermutet, dass eine Reaktivierung einer latenten Infektion mit dem Herpes-simplex-Virus Typ 1 (HSV-1) eine Rolle spielt. Auch Durchblutungsstörungen und Autoimmunerkrankungen werden als mögliche Ursachen diskutiert. Durch die Entzündung schwillt der Nerv an und kann an die knöcherne Begrenzung des ihn umgebenden Tunnels stoßen.
Symptome
Typische Symptome einer Neuritis vestibularis sind:
- Plötzlich einsetzender, heftiger Drehschwindel, der auch in Ruhe nicht aufhört
- Fallneigung zur betroffenen Seite
- Übelkeit und Erbrechen
- Augenzittern (Nystagmus)
- Gangunsicherheit
- Scheinbewegungen der Umwelt (Oszillopsien)
Das Hörvermögen ist bei einer Neuritis vestibularis in der Regel nicht beeinträchtigt. Die Symptome können einige Tage bis Wochen anhalten und sich bei Bewegung verstärken. Rasche Bewegungen und Lagerungsveränderungen verstärken das Schwindelgefühl. Die Beschwerden bleiben auch in Ruhe bestehen.
Diagnose
Die Diagnose einer Neuritis vestibularis basiert auf der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und verschiedenen Tests:
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- Anamnese: Der Arzt erfragt die genauen Beschwerden und den zeitlichen Verlauf.
- Körperliche Untersuchung: Der Arzt untersucht das Gleichgewicht, die Koordination und die Augenbewegungen.
- Frenzelbrille: Mit einer Frenzelbrille werden die Augenbewegungen beobachtet, um einen Nystagmus festzustellen.
- Kopfimpulstest: Dieser Test überprüft die Funktion des vestibulo-okulären Reflexes (VOR).
- Kalorische Prüfung: Diese Untersuchung testet die Funktion der einzelnen Bogengänge im Innenohr.
- Audiometrie: Ein Hörtest wird durchgeführt, um eine Beteiligung des Gehörs auszuschließen.
- Bildgebung: In einigen Fällen kann eine MRT-Untersuchung des Schädels erforderlich sein, um andere Ursachen für den Schwindel auszuschließen.
Es ist wichtig, andere Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen auszuschließen, wie z. B. gutartigen Lagerungsschwindel, Morbus Menière, Schlaganfall, Multiple Sklerose oder Akustikusneurinom.
Therapie
Die Therapie der Neuritis vestibularis zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Kompensation des Gleichgewichtsausfalls zu fördern. Sie basiert auf drei Säulen:
- Symptomatische Therapie:
- Antivertiginosa: Medikamente gegen Schwindel und Übelkeit können in den ersten Tagen helfen, die akuten Beschwerden zu lindern. Sie sollten jedoch nicht über einen längeren Zeitraum eingenommen werden, da sie die zentrale Kompensation verzögern können.
- Antiemetika: Medikamente gegen Übelkeit und Erbrechen.
- Kausale Therapie:
- Glukokortikosteroide (Kortison): Studien haben gezeigt, dass eine frühzeitige Behandlung mit Kortison die Erholung der peripheren vestibulären Funktion verbessern kann.
- Vestibuläre Rehabilitation:
- Gleichgewichtstraining: Gezielte Übungen helfen dem Gehirn, den Ausfall des Gleichgewichtsorgans zu kompensieren und das Gleichgewicht wiederherzustellen. Das Training umfasst Übungen zur Verbesserung der Blickstabilisation, der Körperhaltung und der Koordination.
- Physiotherapie: Die angemessene und entspannte Körperwahrnehmung kann durch Physiotherapie, Entspannungs- und Achtsamkeitsverfahren und Schulung der körperlichen Kompensationsmechanismen bei einem „sekundär gestörten“ Gleichgewichtssystem trainiert werden.
Prognose
Die Prognose der Neuritis vestibularis ist im Allgemeinen gut. Die meisten Patienten erholen sich innerhalb von Wochen bis Monaten vollständig. In einigen Fällen kann es jedoch zu bleibenden Gleichgewichtsstörungen kommen. Eine frühzeitige Diagnose und Therapie können den Heilungsprozess beschleunigen und das Risiko von Komplikationen verringern.
Komplikationen
Mögliche Komplikationen einer Neuritis vestibularis sind:
- Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel (BPLS): Bei einigen Patienten kann sich nach einer Neuritis vestibularis ein BPLS entwickeln.
- Phobischer Schwankschwindel: In seltenen Fällen kann sich ein chronischer, psychisch bedingter Schwindel entwickeln.
- Rezidive: Ein erneutes Auftreten der Neuritis vestibularis ist selten.
Was Sie selbst tun können
- Ruhe: Vermeiden Sie Stress und sorgen Sie für ausreichend Schlaf.
- Flüssigkeitszufuhr: Trinken Sie ausreichend, um eine Dehydration zu vermeiden.
- Gleichgewichtstraining: Führen Sie regelmäßig Gleichgewichtsübungen durch, um die Kompensation des Gleichgewichtsausfalls zu fördern.
- Vermeiden Sie Alkohol und Nikotin: Diese Substanzen können die Symptome verschlimmern.
- Unterstützung: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Therapeuten über Ihre Beschwerden und suchen Sie Unterstützung bei Familie und Freunden.
Weitere Schwindelformen
Neben der Neuritis vestibularis gibt es noch weitere Schwindelformen, die unterschiedliche Ursachen und Symptome haben:
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- Gutartiger Lagerungsschwindel (BPLS): Kurze Drehschwindelattacken, die durch bestimmte Kopfbewegungen ausgelöst werden.
- Morbus Menière: Anfälle von Drehschwindel, Hörverlust und Tinnitus.
- Vestibuläre Migräne: Schwindelattacken in Verbindung mit Migräne.
- Psychogener Schwindel: Schwindel, der durch psychische Faktoren wie Angst oder Stress verursacht wird.
- Zentraler Schwindel: Schwindel, der durch Erkrankungen des Gehirns verursacht wird, wie z. B. Schlaganfall oder Multiple Sklerose.
Wann sollte man zum Arzt gehen?
Es ist ratsam, einen Arzt aufzusuchen, wenn:
- Schwindel plötzlich und heftig auftritt.
- Schwindel von anderen Symptomen wie Lähmungen, Sprach- oder Sehstörungen, starken Kopfschmerzen, Brustschmerzen oder Bewusstseinsverlust begleitet wird.
- Schwindel häufig auftritt, lange anhält oder die Lebensqualität einschränkt.
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