Neuritis vestibularis: Kortison Dosierung und Therapieansätze

Schwindel ist ein weit verbreitetes Symptom mit einer hohen Lebenszeitprävalenz und vielfältigen Ursachen. Dieser Artikel beleuchtet die Neuritis vestibularis, eine spezifische Form des Schwindels, und erörtert die Rolle der Kortison-Dosierung sowie anderer Therapieansätze.

Einführung in den Schwindel und seine Ursachen

Schwindel ist ein häufiges Symptom in der klinischen Neurologie, das in etwa 5 % der Fälle als Hauptgrund für die Inanspruchnahme einer interdisziplinären Notaufnahme genannt wird. Schwindel ist keine homogene Krankheitsentität, sondern ein Sammelbegriff für unterschiedliche Syndrome. Diesen liegt eine gestörte Interaktion der multisensorischen Sinnessysteme (visuell, vestibulär, propriozeptiv) zugrunde, die für die dynamische Raumorientierung verantwortlich sind. Eine gestörte Interaktion dieser Systeme führt zu einem Mismatch zwischen der Wahrnehmung und der Motorik.

Etwa die Hälfte der Schwindelfälle haben vestibuläre Ursachen. Diese können in der Regel durch eine sorgfältige Anamnese und Untersuchung von nicht-vestibulären Schwindelursachen unterschieden werden. Die internationale Klassifikation der Bárány-Gesellschaft unterscheidet vier Kategorien von Schwindelsyndromen.

Formen des Schwindels

Schwindel kann sich in verschiedenen Formen manifestieren:

  • Vertigo: Schwindel mit Bewegungsillusion, die als Drehbewegung (Drehschwindel), Schwankbewegung (Schwankschwindel) oder Liftbewegung (Liftschwindel) wahrgenommen wird. Vertigo hat in 95 % der Fälle neurootologische Ursachen, wobei ≥60 % peripher-vestibulär und 20-35 % zentral-vestibulär bedingt sind.
  • Dizziness: Hier sind die Übergänge zwischen Vertigo und Dizziness fließend und verhindern eine saubere Differenzierung.
  • Benommenheitsschwindel: Diesem liegen in 45 % internistische Ursachen zugrunde, in 33 % otologische Ursachen und in 7 % psychiatrische Ursachen.

Akutes vestibuläres Syndrom (AVS)

Akut auftretender Schwindel wird als akutes vestibuläres Syndrom (AVS) bezeichnet und äußert sich durch folgende Symptom-Tetrade:

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  1. Vertigo: aufgrund der thalamokortikalen Afferenzen zur Bewegungs- und Raumwahrnehmung.
  2. Spontannystagmus (SPN): Nystagmus in der Geradeaus-Blickposition im Dunkeln, vermittelt über den vestibulookulären Reflex (VOR).
  3. Fallneigung/Gang- und Stand-Ataxie: über die vestibulospinalen Bahnen.
  4. Übelkeit/Erbrechen: über die Verbindungen der Vestibulariskerne zu den vegetativen Zentren der Area postrema in der Medulla oblongata.

Diagnostisches Vorgehen bei Schwindel

Aktuelle Publikationen schlagen das TiTrATE-Schema („Triage, Timing, Triggers, And Targeted Exams“) und das ATTEST-Schema (Associated symptoms, Timing, Trigger, Examination Signs, Test) vor:

  1. Triage: Identifizierung gefährlicher oder anderer Ursachen aufgrund von Begleitsymptomen und Vorerkrankungen.
  2. Timing: Klärung der zeitlichen Manifestationsform (akut, chronisch, attackenartig).
  3. Trigger: Frage nach den Auslösern des Schwindels.
  4. Targeted Exam: Klinische Untersuchung von Augenbewegungen und vestibulären Funktionen.
  5. Test: Falls erforderlich, Bildgebung, Neurophysiologie, Labor.

Attackenschwindel (akutes transientes vestibuläres Syndrom, ATVS)

Aus der Dauer des Schwindels (Timing) und den Triggern (Auslöser oder spontan) ergibt sich die Differenzialdiagnose des Attackenschwindels, der auch als „akutes transientes vestibuläres Syndrom“ (ATVS) bezeichnet wird.

Die Dauer des Schwindels kann wichtige Hinweise liefern:

  • 1-10 s: Vestibularisparoxysmie
  • 10-30(-60) s: Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel
  • 1-5 min: Phobischer Attackenschwindel
  • 1-60 min (max. 24 h): Transitorisch-ischämische Attacken
  • 5-60 min, maximal 2-3 Tage: Vestibuläre Migräne
  • 0,5-3(-12) h: Morbus Menière

Neuritis vestibularis im Detail

Die Neuritis vestibularis ist eine Entzündung des Nervus vestibularis, der für das Gleichgewicht zuständig ist.

Symptome der Neuritis vestibularis

Klassischerweise äußert sich die Neuritis vestibularis durch:

  • Akuten Drehschwindel mit dem Gefühl, dass sich die Umgebung dreht
  • Fallneigung zur betroffenen Seite
  • Übelkeit, oft begleitet von Erbrechen
  • Unwillkürliche Augenbewegungen (Nystagmus)

Das Gehör ist bei der Neuritis vestibularis in der Regel nicht beeinträchtigt. Die akute Symptomatik dauert selten länger als ein paar Tage, manchmal bis zu einigen Wochen.

Ursachen und Häufigkeit

Die genaue Ursache der Neuritis vestibularis ist nicht bekannt. Es wird vermutet, dass die Erkrankung durch die Reaktivierung eines Virus (Herpes-simplex-Virus) ausgelöst wird, was zu einer Entzündung des Gleichgewichtsnervs führt.

International treten etwa 13,6 Fälle pro 100.000 Einwohner auf. Die Neuritis vestibularis ist die dritthäufigste Ursache für Drehschwindel nach dem gutartigen Lagerungsschwindel und Morbus Menière.

Diagnostik

Die Diagnose basiert auf der Schilderung der typischen Symptome, der Beobachtung von Nystagmus und dem Ausschluss anderer Ursachen für Schwindel, insbesondere eines Schlaganfalls. Eine neurologische Untersuchung, eine Untersuchung der Gehörgänge und des Trommelfells sowie ein Hörtest sind wichtige Bestandteile der Diagnostik.

Behandlung der Neuritis vestibularis

Die Behandlungsziele sind Symptomlinderung, Verkürzung des Krankheitsverlaufs und Verhinderung von bleibenden Folgen.

  • Medikamentöse Therapie: In den ersten Tagen können Antiemetika und Antivertiginosa in Kombination mit Kortison sinnvoll sein.
  • Rehabilitation: Frühzeitiger Beginn eines Rehabilitationsprogramms mit Mobilisierung, Schulung der Gleichgewichtsfunktion und Training der Blickfixierung.

Kortison Dosierung bei Neuritis vestibularis

Eine prospektive, randomisierte, placebokontrollierte Studie zeigte, dass eine Monotherapie mit Methylprednisolon zu einer signifikanten Verbesserung der Erholung der peripheren vestibulären Funktion führte. Allerdings wird in einer Cochrane-Analyse aus Mangel an Studien keine allgemeine Behandlungsempfehlung für Kortikosteroide gegeben.

Eine Studie verabreichte Dexamethason in absteigender Dosierung, sieben Tage i.v., danach oral.

Weitere Therapieansätze

Eine Physiotherapie mit dynamischen Übungen zur Gleichgewichtsregulation und Blickstabilisation ist ebenfalls wichtig, um die zentrale Kompensation des peripheren Vestibularisausfalls zu verbessern.

Prognose

Die Prognose ist im Allgemeinen sehr gut, die meisten Patienten erlangen ihren normalen Gleichgewichtssinn zurück. Die Mehrzahl der Patienten hat 1-2 Tage starke Beschwerden mit anschließender allmählicher Besserung. Der akute Verlauf dauert selten länger als ein paar Tage, manchmal bis zu einigen Wochen. In einigen Fällen können mäßiger Schwindel, Gleichgewichtsstörungen und Müdigkeit über mehrere Monate andauern.

Differenzialdiagnose

Wichtig ist die Abgrenzung zu anderen Schwindelursachen, insbesondere zur zentralen „Pseudoneuritis vestibularis“, die durch lakunäre Hirninfarkte oder Multiple-Sklerose-Plaques verursacht werden kann.

Benigner peripherer paroxysmaler Lagerungsschwindel (BPPV)

Der BPPV ist die häufigste Schwindelform im höheren Alter. Er entsteht durch Otokonien (Calcitkristalle), die sich frei im Bogengang bewegen. Leitsymptom sind Sekunden dauernde Drehschwindelattacken, die durch Kopf- oder Körperlageänderung ausgelöst werden.

Diagnose des BPPV

Diagnostisch beweisend ist ein Lagerungsnystagmus, der bei Kopflagerung in der Ebene des betroffenen Bogengangs auftritt.

Therapie des BPPV

Die Therapie erfolgt durch Befreiungsmanöver nach Sémont oder Repositionsmanöver nach Epley. Bei starker Übelkeit können vor Beginn der Befreiungsmanöver Antivertiginosa verabreicht werden.

Verlauf des BPPV

Wird der BPPV nicht therapiert, persistiert er bei etwa 30 % der Patienten. Die Rezidivrate nach erfolgreicher Therapie liegt bei etwa 50 %.

Weitere Schwindelformen

Neben der Neuritis vestibularis und dem BPPV gibt es weitere wichtige Schwindelformen:

  • Morbus Menière: Hier ist die offensichtlich wirksamste medikamentöse Therapie eine prophylaktische Hochdosis-Langzeittherapie mit Betahistin.
  • Vestibularisparoxysmie: Carbamazepin kann auch im Langzeitverlauf die Attacken reduzieren.
  • Zentrale Schwindelsyndrome: Aminopyridine (Kaliumkanalblocker) können bei Downbeat-Nystagmus, Upbeat-Nystagmus, zentralem Lagenystagmus, episodischer Ataxie Typ 2 sowie Gangstörungen bei zerebellären Ataxien eingesetzt werden.

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