LKW fahren nach Schlaganfall: Voraussetzungen und Möglichkeiten

Ein Schlaganfall kann das Leben Betroffener und Angehöriger stark verändern. Neben den gesundheitlichen Folgen stellt sich oft die Frage nach der Mobilität. Besonders für LKW-Fahrer ist die Frage, ob sie ihren Beruf nach einem Schlaganfall wieder ausüben können, von großer Bedeutung. Dieser Artikel beleuchtet die Voraussetzungen und Möglichkeiten der LKW-Fahrt nach einem Schlaganfall.

Was ist ein Schlaganfall?

Bei einem Schlaganfall kommt es durch eine plötzliche Durchblutungsstörung oder Hirnblutung zu einem Ausfall von Hirnfunktionen. Dies kann vorübergehende oder dauerhafte Auswirkungen auf die kognitiven und körperlichen Fähigkeiten haben, wie Lähmungen, Gefühlsstörungen, Sprech- oder Sehstörungen, Orientierungsschwierigkeiten, Konzentrationsstörungen und verminderte Reaktionsfähigkeit.

Auswirkungen auf die Fahrtauglichkeit

All diese möglichen Einschränkungen sowie das Risiko eines erneuten Hirninfarkts beeinflussen nach einem Schlaganfall die Fahrtauglichkeit. Die Schwere und Dauer der Schlaganfall-Folgen sind maßgebend dafür, ob man nach einem Schlaganfall wieder Auto fahren kann und darf.

Es ist wichtig zu beachten, dass ein Schlaganfall nicht automatisch ein Fahrverbot bedeutet. Wenn keine motorischen und kognitiven Störungen vorliegen und keine Anzeichen für einen erneuten Schlaganfall bestehen, ist das Autofahren grundsätzlich möglich.

Rechtliche Grundlagen

Nach einem Schlaganfall erlischt die Fahrerlaubnis nicht automatisch. Es gibt keine Meldepflicht für einen Schlaganfall, da die Folgen und Auswirkungen auf die Fahrtauglichkeit bei jeder Person unterschiedlich sind. Allerdings besteht die Pflicht, vorsorglich zu handeln, um sicher am Straßenverkehr teilzunehmen (Fahrerlaubnis-Verordnung). Das bedeutet: Jede Fahrerin / jeder Fahrer ist für die Fahrtüchtigkeit und das Führen eines Fahrzeugs selbst verantwortlich.

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Wer durch körperliche und/oder neurologische Einschränkungen andere Verkehrsteilnehmer gefährdet oder einen Unfall verursacht, dem drohen hohe Geld- oder Freiheitsstrafen. Zudem kann auch der Versicherungsschutz unwirksam werden.

Voraussetzungen für die Fahrtauglichkeit nach einem Schlaganfall

  • Stabiler Gesundheitszustand
  • Keine körperlichen oder kognitiven Einschränkungen, die sich auf das Fahrverhalten auswirken
  • Kein erhöhtes Risiko für einen erneuten Schlaganfall

Überprüfung der Fahrtauglichkeit

Ob man nach einem Schlaganfall wieder fahrtauglich ist, sollte man durch verkehrsmedizinische Fachleute bescheinigen lassen. Dazu gibt es eine amtliche oder eine eigenverantwortliche Vorgehensweise.

Amtliche Prüfung der Fahrtauglichkeit

  1. Meldung bei der Fahrerlaubnisbehörde
  2. Verkehrsmedizinisches / fachärztliches Gutachten zur Fahreignung (z. B. durch eine Neurologin / einen Neurologen mit verkehrsmedizinischer oder rechtsmedizinischer Qualifikation) - inklusive Beurteilung, wie hoch das Risiko eines erneuten Schlaganfalls ist
  3. Nachweis eines neuropsychologischen Tests (Reaktionsfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit, Orientierung, Aufmerksamkeit, Belastbarkeit unter simuliertem Stress, Einschätzung von Gefahrensituationen)
  4. Augenärztliche Untersuchung (Gesichtsfeldausfälle oder Sehstörungen)
  5. Nachweis einer psychologischen Fahrverhaltensprobe / Beobachtungsfahrt zur Begutachtung der Fahrtauglichkeit (Kontrolle des Fahrverhaltens und der Fahrsicherheit durch eine Verkehrspsychologin / einen Verkehrspsychologin bei einer Fahreignungsbegutachtung)

Eigenverantwortliche Prüfung der Fahrtauglichkeit

In Form von Attesten und Bescheinigungen lässt sich die Fahrtauglichkeit ohne amtliche/behördliche Gutachten überprüfen:

  1. Medizinische / fachärztliche Untersuchung
  2. Neuropsychologische Untersuchung
  3. Augenärztliche Untersuchung

Wenn eine Ärztin / ein Arzt eine Fahruntauglichkeit festgestellt hat, ist diese bindend, auch wenn es sich nicht um ein behördliches Fahrverbot handelt. Wer bei mangelnder Fahruntauglichkeit andere Personen gefährdet, macht sich strafbar.

Auch wenn die Fahrtauglichkeit bestätigt wurde und das Autofahren nach einem Schlaganfall erlaubt ist, werden Fahrstunden oder ein spezielles Fahrtraining empfohlen. Je nachdem, wie lange man nicht Auto gefahren ist, hilft Fahrpraxis, zum Beispiel auch auf einem Verkehrsübungsplatz, die Fahrsicherheit wiederzuerlangen.

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Sonderfall Berufskraftfahrer (LKW, Bus, Bahn, Fahrgastbeförderung)

Für Berufskraftfahrerinnen und Berufskraftfahrer (LKW, Bus, Bahn, Fahrgastbeförderung) bestehen gesetzliche Vorschriften. In der Regel dürfen diese Personen nach einem Schlaganfall ihren Beruf nicht mehr ausüben. Nach der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) darf nach einem Schlaganfall kein LKW und kein Bus mehr geführt werden. Die Fahrerlaubnis erlischt in diesem Fall.

Ausnahmen für Fahrlehrer?

Nach der gesetzlichen Regelung in § 11 Absatz 1 des Fahrlehrergesetzes (FahrlG) muss seit 2018 jede Fahrlehrerin und jeder Fahrlehrer für den Fortbestand der Fahrlehrerlaubnis alle fünf Jahre die erforderliche körperliche und geistige Eignung nachweisen. Dies geschieht wie bei Beantragung der Fahrlehrerlaubnis entweder durch Vorlage eines (ärztlichen) Zeugnisses oder eines Gutachtens. Der Nachweis kann aber auch durch die Vorlage eines Lkw- oder Omnibus-Führerscheins erbracht werden, der nach 1998 erteilt worden sein muss und nicht älter als fünf Jahre sein darf oder innerhalb der letzten fünf Jahre verlängert worden sein muss (§ 11 Absatz 2 FahrlG).

Ein Schlaganfall ist eine Durchblutungsstörung im Gehirn und stellt im Sinne der Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung (FeV) eine „kreislaufabhängige Störung der Gehirntätigkeit“ dar (Nr. 6.4 Anlage 4 FeV). Problematisch ist dies insofern, als bei kreislaufabhängigen Störungen der Hirntätigkeit eine Eignung zum Führen von Kfz der Lkw- und Omnibus-Klassen nach einem Schlaganfall nicht mehr gegeben ist.

Zwar ist für die Fahrlehrerlaubnis der Klassen A und B/BE der Besitz eines Lkw- oder Busführerscheins nicht mehr Voraussetzung. Gleichwohl müssen jedoch mindestens die für die Fahrerlaubnisklasse C1 erforderlichen geistigen und körperlichen Voraussetzungen erfüllt sein. Diese Regelung wird von den Erlaubnisbehörden rigoros angewandt. Das bedeutet, dass die Behörde, sobald sie von einem Schlaganfall erfährt, die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens im Hinblick auf die Fahreignung hinsichtlich Pkw, Motorrad etc. verlangen wird. Sofern der Schlaganfall und dessen geistige und körperliche Konsequenzen dort bestätigt werden, kann es sein, dass die Fahreignung hinsichtlich dieser Klassen möglicherweise ganz oder teilweise oder mit Hilfsmitteln erhalten bleibt. Auf die Fahreignung in den C- und D- Klassen und damit die Fahrlehrerlaubnis hat dies jedoch keine Auswirkung. Die Fahreignung in diesen Klassen ist nach einem Schlaganfall gemäß Nr. 6.4 der Anlage 4 zur FeV nicht mehr gegeben. Damit entfällt eine Voraussetzung für die Erteilung der Fahrlehrerlaubnis: die körperliche und geistige Eignung (§§ 2 Abs. 1 Nr. 2 und 11 Abs. 1 FahrlG). Die Folge daraus ist, dass die Fahrlehrerlaubnis von der Behörde widerrufen werden muss (§ 14 Abs. 2 FahrlG).

Ausnahmen sind möglich:

In der Regel übersehen die Behörden die Vorbemerkung Nr. 3 zur Anlage 4 FeV:„3. Die nachstehend vorgenommenen Bewertungen gelten für den Regelfall. Kompensationen durch besondere menschliche Veranlagung, durch Gewöhnung, durch besondere Einstellung oder durch besondere Verhaltenssteuerungen und -umstellungen sind möglich. Ergeben sich im Einzelfall in dieser Hinsicht Zweifel, kann eine medizinisch-psychologische Begutachtung angezeigt sein.“

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Grundsätzlich werden in den Fragestellungen, die die Behörden den Aufträgen zu medizinisch-psychologischen Begutachtungen zugrunde legen, keine solchen Zweifel auch nur ansatzweise in Erwägung gezogen. Darauf muss der Betroffene selbst drängen und sollte sich hierbei unbedingt eines fachlich versierten im Fahrlehrerrecht erfahrenen Rechtsanwaltes bedienen. Denn es kann durchaus sein, dass beim Betroffenen eine Ausnahme vom Regelfall, wie sie in Vorbemerkung Nr. 3 zur Anlage 4 FeV angeführt ist, vorliegt.

Autofahren trotz bleibender Schlaganfall-Folgen

Im Fall von bleibenden körperlichen Schäden (z.B. Lähmungserscheinungen an Arm und Bein) kann ein Fahrzeugumbau die Lösung sein, um nach einem Schlaganfall wieder Auto zu fahren. Es gibt Unternehmen, die darauf spezialisiert sind, Fahrzeuge behindertengerecht umzubauen und Dich hinsichtlich Planung, Umbau und Zulassung beraten.

Gegebenenfalls ist eine neue Fahrprüfung erforderlich, da die Bedienung des Fahrzeugs neu erlernt werden muss. Es besteht die Möglichkeit, dass der Fahrzeugumbau oder die Anschaffung eines Neufahrzeugs durch Rehabilitationsträger (Krankenversicherung, Rentenversicherung, Unfallversicherung etc.) bezuschusst wird.

Beispiel:

Bei einer halbseitigen Lähmung, die zu den häufigsten Folgen eines Schlaganfalls gehört, können an einem Auto Gaspedal, Bremse, Kupplung, Sitz und die Bedienelemente entsprechend angepasst werden. Diese Fahrzeugumbauten ermöglichen Menschen mit körperlichen Beeinträchtigungen, am Straßenverkehr teilzunehmen und trotz Behinderung mobil zu sein.

Zuständigkeiten und Gutachten

Besteht der Verdacht, dass Sie gesundheitlich nicht in der Lage sind Auto zu fahren, können Fahrerlaubnisbehörden ein ärztliches Gutachten anordnen. Ein ärztliches Gutachten muss von Fachärzten oder Fachärztinnen mit verkehrsmedizinischer Qualifikation oder für Rechtmedizin, Ärzten oder Ärztinnen des Gesundheitsamts, Betriebsmediziner oder -medizinerinnen oder einer Begutachtungsstelle für Fahreignung (BfF) durchgeführt werden.

Typische Erkrankungen und Beeinträchtigungen sind z. B.:

  • Mangelndes Seh- oder Hörvermögen
  • Bewegungsbehinderungen
  • Herzinfarkt, Schlaganfall
  • Diabetes (Zuckerkrankheit)
  • Schwere Lungen- und Bronchialerkrankungen
  • Ausgeprägte Tagesschläfrigkeit
  • Psychische Störungen, Suchterkrankungen
  • Einnahme von bestimmten Medikamenten oder Betäubungsmitteln

Die Überprüfung Ihrer gesundheitlichen Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs wird von erfahrenen Ärzten und Ärztinnen durchgeführt, die über spezielle verkehrsmedizinische Kenntnisse verfügen. Auf Basis der Befunde erstellen sie ein objektives und faires ärztliches Gutachten nach Anlage 5 FeV und anderen geltenden fachlichen sowie gesetzlichen Richtlinien. Dieses dient als Entscheidungsgrundlage für Fahrerlaubnisbehörden oder damit Sie sich im positiven Fall beruhigt hinter das Steuer setzen können.

Was tun nach einem Schlaganfall?

  1. Ärztliches Fahrverbot beachten: Attestiert die Ärztin oder der Arzt eine zeitweise Fahruntauglichkeit aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen, müssen sich Verkehrsteilnehmende daran halten.
  2. Fahreignung überprüfen lassen: Eine Überprüfung der Fahreignung umfasst verschiedene Bereiche, darunter den neuropsychologischen und auch einen augenärztlichen Bereich.
  3. Risiko minimieren: Da bei Menschen, die bereits einen Schlaganfall erlitten haben, die Wahrscheinlichkeit für einen zweiten Schlaganfall erhöht ist, sollten Patientinnen und Patienten alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um das erneute Schlaganfallrisiko zu senken. Dazu zählt beispielsweise, alle verordneten Medikamente einzunehmen. Wichtig ist aber auch, die angebotenen Kontrolluntersuchungen und weitere Therapiemaßnahmen zu nutzen.
  4. Beobachtungsfahrt absolvieren: Nach den notwendigen medizinischen Tests kann es notwendig sein, das Fahrverhalten unter realen Bedingungen zu überprüfen. Bei einer solchen Beobachtungsfahrt wird das Fahrverhalten in Anwesenheit einer Verkehrspsychologin oder eines Verkehrspsychologen unter Realbedingungen überprüft.
  5. Fahrzeugumbau in Betracht ziehen: Sollte es motorische Probleme geben, können diese unter Umständen durch eine Umrüstung des Fahrzeugs, etwa mit Lenkhilfen, ausgeglichen werden. Es gibt Zuschüsse für den Erwerb der Fahrerlaubnis, den Fahrzeugumbau oder die Anschaffung eines Neufahrzeugs, welche die Rehabilitationsträger unter bestimmten Voraussetzungen auszahlen.
  6. Fahrtraining absolvieren: Zusätzlich ist ein Fahrtraining notwendig, um sich mit den Umbauten vertraut zu machen, es kann aber auch ohne Umbauten eine zusätzliche Möglichkeit sein, um sich wieder daran zu gewöhnen, Zeit am Steuer zu verbringen.
  7. Aphasie-Ausweis mitführen: Für Menschen, die nach einem Schlaganfall Sprachstörungen aufweisen, empfiehlt es sich, einen Aphasie-Ausweis mit sich zu führen, der bei einer Polizeikontrolle oder einem unverschuldeten Unfall vorgezeigt werden kann.

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