Die Diagnose Morbus Parkinson kann für Betroffene und Angehörige ein Schock sein. Viele Patienten möchten ihr Leben so normal wie möglich weiterführen und mobil bleiben. Das Autofahren spielt dabei eine wichtige Rolle. Doch ist Autofahren mit Parkinson überhaupt erlaubt? Und was gilt es zu beachten?
Fahrtauglichkeit bei Parkinson: Eine komplexe Frage
Ob ein Mensch mit Parkinson Auto fahren darf, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Grundsätzlich gilt: Wer unter einer extrapyramidalen Erkrankung leidet, die zu einer herabgesetzten Leistungs- und Belastungsfähigkeit führt, ist nicht in der Lage, den Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 (LKW, Busse, Fahrzeuge zur Fahrgastbeförderung) gerecht zu werden. Für Pkw und andere Fahrzeuge bis 3,5 t sowie Motorräder ist die Fahreignung nur in leichten Fällen der Erkrankung oder bei erfolgreicher Therapie gegeben.
Die Beurteilung der Fahrtauglichkeit ist komplex und muss individuell erfolgen. Es gibt keine allgemeingültigen Richtlinien. Dabei spielen sowohl die Ausprägung der Krankheit als auch die Auswirkungen der Medikation eine Rolle.
Rechtliche Grundlagen und Pflichten
Der Gesetzgeber hat für Morbus Parkinson Einschränkungen der Fahrtauglichkeit ausgesprochen. Die Fahrerlaubnisverordnung (FeV) legt jedem Verkehrsteilnehmer eine gesetzliche Selbstprüfungspflicht auf. Nach § 2 FeV muss jeder selbst Vorsorge für eine sichere Teilnahme am Straßenverkehr tragen. Laut Straßenverkehrsgesetz (StVG) darf nur derjenige ein Fahrzeug steuern, der die notwendigen körperlichen und psychischen Voraussetzungen erfüllt.
Jeder Verkehrsteilnehmer, insbesondere auch jeder Patient, hat die Pflicht, seine Eignung zur Teilnahme am Straßenverkehr zu prüfen und bei Unsicherheit ärztlichen Sachverstand einzuholen. Bestehen Zweifel an der eigenen Fahreignung, sollte dies gegenüber dem Arzt unbedingt thematisiert werden.
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Was beeinträchtigt die Fahrtauglichkeit bei Parkinson?
Morbus Parkinson kann zu körperlichen, psychischen und kognitiven Beeinträchtigungen führen, die das Autofahren gefährlich machen können. Zu den wichtigsten Symptomen und Risikofaktoren zählen:
- Motorische Beeinträchtigungen: Tremor (Zittern), Rigor (Muskelsteifigkeit), Bradykinese (Bewegungsverlangsamung) und Dyskinesien (unwillkürliche Bewegungen) können die Bedienung des Fahrzeugs erschweren.
- Kognitive Einschränkungen: Aufmerksamkeitsstörungen, Gedächtnisprobleme und verlangsamtes Denken können die Reaktionsfähigkeit und Entscheidungsfindung im Straßenverkehr beeinträchtigen.
- Sehstörungen: Doppelbilder, Verschwommensehen und Einschränkungen des Gesichtsfelds können die Wahrnehmung im Straßenverkehr erschweren.
- Medikamente: Einige Parkinson-Medikamente können Müdigkeit, Schwindel,Halluzinationen, Schlafattacken, Verlust der Impulskontrolle oder aggressives Verhalten verursachen und die Fahrtüchtigkeit einschränken.
- Weitere Faktoren: Alter, Begleiterkrankungen und der allgemeine Gesundheitszustand spielen ebenfalls eine Rolle.
Warnsignale und Verhaltensänderungen
Angehörige und Mitfahrer können wichtige Hinweise auf eine eingeschränkte Fahrtauglichkeit geben. Mögliche Warnsignale sind:
- Unangemessene Geschwindigkeit (zu schnell oder zu langsam)
- Schwierigkeiten, die Spur zu halten
- Missachtung von Geboten, Schildern und Ampeln
- Verlangsamte Reaktionen (z.B. verspätetes Bremsen)
- Überforderung bei unerwarteten Situationen
- Fahrfehler und Unfälle
- Lackschäden
Ein guter Indikator für die Einschränkungen der Fahrtauglichkeit ist der Beifahrer, der kritische Situationen oftmals besser und früher wahrnimmt als der Betroffene selbst. Ein deutliches Warnsignal ist, wenn Angehörige nicht mehr als Beifahrer mitfahren wollen.
Was tun bei Unsicherheit?
Wenn Unsicherheit über die eigene Fahrtauglichkeit besteht, gibt es verschiedene Möglichkeiten, dies abzuklären:
- Gespräch mit dem Arzt: Der behandelnde Arzt ist der erste Ansprechpartner und kann eine erste Einschätzung geben. Er unterliegt der Schweigepflicht und darf die Diagnose nicht an die Behörden melden. Allerdings ist der behandelnde Arzt verpflichtet, Patienten über mögliche Einschränkungen sowohl der Fahreignung als auch der Fahrfähigkeit durch Krankheit und Therapie aufzuklären.
- Fahrprobe: Eine Fahrprobe bei einer Fahrschule, die auf Menschen mit Behinderungen ausgerichtet ist, oder beim TÜV kann eine objektive Beurteilung der Fahrfähigkeit ermöglichen. Über das Ergebnis herrscht Schweigepflicht.
- Verkehrsmedizinisches Gutachten: Ein verkehrsmedizinisches Gutachten bei einem Experten kann detaillierte Informationen über die Funktionsfähigkeit von Armen und Beinen, das Gleichgewicht, die visuelle Wahrnehmungsfähigkeit sowie Aufmerksamkeit und Belastbarkeit liefern.
- Neuropsychologische Untersuchung: Eine neuropsychologische Untersuchung kann kognitive Defizite aufdecken, die die Fahrtauglichkeit beeinträchtigen.
Ärztliche Beratung und Aufklärung
Der Arzt spielt eine zentrale Rolle bei der Beurteilung der Fahrtauglichkeit von Parkinson-Patienten. Er ist verpflichtet, den Patienten über die möglichen Auswirkungen der Erkrankung und der Medikamente auf die Fahrtüchtigkeit aufzuklären. Die Aufklärung soll in einem persönlichen Gespräch erfolgen und in der Patientenakte dokumentiert werden. Das Überreichen eines Informationsblattes zur Eigenlektüre reicht nicht aus.
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Der Arzt sollte gezielt nach fahrrelevanten Defiziten fragen (Tagesmüdigkeit, Schlafattacken, Impulskontrollstörungen, Halluzinationen) und darauf hin untersuchen (motorische Defizite, Sehstörungen, visuo-konstruktive Probleme, kognitive Defizite, verlangsamte Reaktionen).
Tiefenhirnstimulation und Fahrtauglichkeit
Nach einer tiefen Hirnstimulation besteht automatisch ein Fahrverbot für die Dauer von drei Monaten. Ob danach erneute Fahrtüchtigkeit besteht, richtet sich nach dem Gesundheitszustand des Patienten. Eine Untersuchung von Patienten mit THS im Nucleus subthalamicus zeigte sogar bessere Leistungen im Fahrsimulator bei operierten versus rein medikamentös behandelten Parkinson-Patienten und unter Stimulation versus Medikation mit L-Dopa.
Verhalten im Straßenverkehr und Konsequenzen bei Fahruntüchtigkeit
Patienten und Angehörige müssen wissen, dass das Führen eines Kraftfahrzeugs im Zustand der Fahruntüchtigkeit einen Strafbestand darstellen kann. Gemäß § 315 c Absatz 1 Ziffer 1b StGB (Gefährdung des Straßenverkehrs) wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bestraft, wer infolge geistiger oder körperlicher Mängel nicht in der Lage ist, ein Fahrzeug sicher zu führen.
Wer trotz deutlicher Einschränkung der Leistungsfähigkeit Auto fährt, verliert bei einem selbstverschuldeten Unfall nicht nur den Führerschein, sondern auch seinen Versicherungsschutz und kann strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Auch im Fall eines unverschuldeten Unfalls kann der Patient in eine Bringschuld geraten, wenn der Unfallgegner Zweifel an der Fahreignung äußert und die Polizei diese Einschätzung teilt.
Tipps für sicheres Autofahren mit Parkinson
Wenn das Autofahren trotz Parkinson weiterhin möglich ist, sollten folgende Tipps beachtet werden:
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- Regelmäßige ärztliche Kontrollen: Die Fahrtauglichkeit sollte regelmäßig vom Arzt überprüft werden.
- Medikamenteneinnahme: Die Medikamente sollten regelmäßig und nach Anweisung des Arztes eingenommen werden.
- Fahrten planen: Fahrten sollten gut geplant und Stress vermieden werden.
- Pausen einlegen: Regelmäßige Pausen können Müdigkeit und Konzentrationsproblemen entgegenwirken.
- Technische Hilfsmittel: Technische Hilfsmittel wie Automatikgetriebe oder spezielle Bedienelemente können das Autofahren erleichtern.
- Selbstbeobachtung: Betroffene sollten sich selbstkritisch beobachten und ihre Grenzen erkennen.
Förderung von Umbauten
Berufstätige Parkinson-Patienten, welche in einem leichten Stadium der Erkrankung sind und ihr Fahrzeug zum Erreichen des Arbeitsplatzes benötigen, haben Anspruch auf Förderung, sollte ein Umbau erforderlich sein (z.B. von Fuß- auf Handbremse). Die Kraftfahrzeughilfeverordnung informiert im Detail, welche Leistungen bezuschusst werden.
Reisen mit Parkinson
Die Parkinson-Krankheit ist kein Hindernis für einen Urlaub, eine Reise sollte aber gut geplant, übermäßige Hektik und Anstrengung sollten vermieden werden. Medikamente müssen ausreichend mitgeführt werden und die medizinische Versorgung vor Ort muss geklärt sein.
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