Die Parkinson-Krankheit ist eine fortschreitende neurodegenerative Erkrankung, von der weltweit Millionen Menschen betroffen sind. Obwohl etablierte Therapieoptionen die Symptome deutlich verbessern können, gibt es derzeit keine Heilung. Die Forschung konzentriert sich daher intensiv darauf, krankheitsmodifizierende Therapieansätze zu entwickeln und die Frage zu beantworten, ob Parkinson in Zukunft heilbar sein wird.
Aktuelle Therapieansätze und ihre Grenzen
Verlangsamte Bewegung, Zittern und steife Muskeln sind typische Symptome der Parkinson-Erkrankung. Diese Symptome werden durch den Verlust des Botenstoffs Dopamin verursacht, der für die Übermittlung von Hirnsignalen unerlässlich ist. Die medikamentöse Therapie zielt darauf ab, das fehlende Dopamin zu ersetzen oder seine Wirkung im Gehirn zu verstärken.
Eine gängige Behandlungsmethode ist die Gabe von Levodopa, einer Vorstufe von Dopamin, die im Gehirn in Dopamin umgewandelt wird. Andere Medikamente, wie Dopaminagonisten, ahmen die Wirkung von Dopamin nach oder verhindern dessen Abbau. Mittels tiefer Hirnstimulation können elektrische Impulse die Wirkung des Dopamins nachahmen, wie Forschende der Charité - Universitätsmedizin Berlin jetzt zeigen konnten. In der Fachzeitschrift Brain* beschreiben sie den Einfluss des Botenstoffes auf Hirnnetzwerke, die die Absicht einer Bewegung weiterleiten. Ziel ist es, die tiefe Hirnstimulation weiterzuentwickeln.
Trotz dieser Fortschritte können die bestehenden Therapien den Krankheitsverlauf nicht aufhalten oder verlangsamen. Im Laufe der Zeit lässt die Wirkung der Medikamente nach, und es können Nebenwirkungen auftreten. Für einige Patienten kommt in dieser Situation eine tiefe Hirnstimulation infrage.
Gescheiterte Antikörpertherapien: Was wurde gelernt?
Im Jahr 2022 wurden drei randomisierte, placebokontrollierte, doppelblinde, internationale multizentrische Phase-2-Studien veröffentlicht, die kausale Therapieansätze bei dem idiopathischen Parkinson-Syndrom (IPS) untersucht haben. Zwei internationale Konsortien mit Beteiligung mehrerer Zentren aus Deutschland verfolgten dabei einen Ansatz zur Infusionstherapie mit Antikörpern, die gegen das aggregierte Protein Alpha-Synuclein gerichtet sind. Alpha-Synuclein wird bei der Parkinson-Krankheit im Übermaß produziert und lagert sich bei Parkinson-Patienten in Form von sogenannten Lewy-Körperchen in den Nervenzellen ab.
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In einer Studie wurde die Wirkung des Antikörpers Cinpanemab in verschiedenen Dosierungen untersucht, jedoch wurden über einen Beobachtungszeitraum von 52 Wochen keine Verbesserungen der relevanten klinischen Parameter im Vergleich zu Placebo festgestellt. Auch in einer anderen Studie mit Prasinezumab wurden keine klinisch relevanten Verbesserungen unter verschiedenen Dosierungen im Vergleich zur Scheinbehandlung beobachtet.
Die Gründe für das Scheitern dieser Studien sind vielfältig. Es könnte sein, dass die untersuchten Dosierungen und die Dauer der Behandlung zu gering waren, um messbare Effekte im zentralen Nervensystem (ZNS) zu erzielen. Es ist auch möglich, dass aggregiertes Alpha-Synuclein als Angriffspunkt weniger geeignet ist, da die Antikörper zu spät in die Krankheitskaskade eingriffen und deshalb keine Effekte sichtbar waren.
Trotz der Enttäuschung haben diese Studien wichtige Erkenntnisse für künftige Forschungsarbeiten geliefert. Die Forschung profitiert auch von Enttäuschungen.
Eisenstoffwechsel als therapeutisches Ziel
Neben aggregiertem Alpha-Synuclein lagert sich bei IPS auch Eisen im Gehirn ab. Ein übermäßiger Eisengehalt kann den Verlust von Dopamin-produzierenden Nervenzellen begünstigen. In präklinischen Studien haben Eisenchelatoren, die den Abbau von überschüssigem Eisen fördern, die toxische Wirkung von Eisen verhindert und das Absterben von Neuronen begrenzt.
In einer Phase-2-Studie wurde der Eisenchelator Deferipron bei Parkinson-Patienten ohne begleitende Therapie mit Dopaminergika eingesetzt. Die Studie zeigte jedoch, dass die Behandlung mit Deferipron eine Verschlechterung der Parkinson-Symptome bewirkte. Mit bildgebenden Verfahren konnte zumindest nachgewiesen werden, dass der Eisengehalt im Gehirn tatsächlich reduziert wurde.
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Als mögliche Erklärung für den ungünstigen klinischen Effekt wird angeführt, dass Eisen in frühen Stadien der Parkinson-Krankheit besonders nötig für die Aufrechterhaltung der residualen Dopaminsynthese ist. Eisen ist ein wichtiger Kofaktor für das Schlüsselenzym Tyrosinhydroxylase, das den ersten Schritt der Dopaminsynthese katalysiert.
Eine wichtige Erkenntnis der Studie ist, dass künftige Therapiestrategien mit Deferipron die simultane Gabe von Dopaminergika und evtl. Antioxidantien berücksichtigen müssen.
Hoffnungsträger Immuntherapie: Antikörper gegen Alpha-Synuclein
Am weitesten sei man bei den Immuntherapien, speziell bei Antikörpertherapien, erklärt Levin. Hier gebe es "erste Ergebnisse, die auf eine Verlangsamung des Krankheitsverlaufs hindeuten".
Trotz der bisherigen Rückschläge bleibt die Immuntherapie ein vielversprechender Ansatz. Anfang 2024 hat eine Subgruppen-Analyse der PASADENA-Studie angedeutet, dass der alpha-Synuclein-Antikörper Prasinezumab für Betroffene mit schnellerem Krankheitsverlauf in der Frühphase der Erkrankung Vorteile bietet. Aktuelle Analysen aus der Open-Label-Extensionsphase der PASADENA-Studie deuteten darauf hin, dass eine längere Gabe von Prasinezumab über vier Jahre hinweg das Fortschreiten der Erkrankung bei allen behandelten Patientinnen und Patienten verlangsamen könnte.
Die PADOVA-Studie untersucht nun die Effekte von Prasinezumab als Zusatztherapie zur bestehenden symptomatischen Therapie bei Patientinnen und Patienten im frühen Stadium der Parkinson-Krankheit. Die Ergebnisse aus PADOVA werden wichtige Einblicke in eine schon symptomatisch behandelte Patientenpopulation liefern.
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Stammzelltherapie und Gentherapie: Zukunftsperspektiven
Weitere vielversprechende Forschungsansätze zur Heilung von Parkinson sind die Stammzelltherapie und die Gentherapie.
Im Bereich der Stammzelltherapie wird versucht, Dopamin produzierende Neuronen aus Stammzellen zu züchten und durch Zelltransplantation abgestorbene Nervenzellen zu ersetzen. Erste Ergebnisse sind vielversprechend, aber das Verfahren ist noch nicht in einer Phase, die eine Heilung von Parkinson in Aussicht stellt.
Im Bereich der Gentherapie werden verschiedene Möglichkeiten geprüft, zum Beispiel Gene für bestimmte Enzyme in das Gehirn zu injizieren, die die Nervenzellen anregen, Dopamin zu produzieren. Ein anderer Ansatz ist, Dopamin produzierende Nervenzellen im Gehirn wieder wachsen zu lassen oder lebende Nervenzellen genetisch direkt zu verändern und in Dopamin produzierende Zellen umzuwandeln.
Mit Blick auf die Zukunft ist Einiges in Bewegung. Das führt auch zu vielen Fragen von Seiten der Patienten, sagt Neurologin Bettina Müller. Einige seien gut informiert, die meisten aber müsse sie vertrösten, dass es aktuell noch keine Heilung gebe. Die Forschung ist aber in schnellen Schritten auf dem Weg, neue Therapien zu etablieren. Und ich denke, dass das möglich sein wird!
Prävention und Lebensstil
Im Bereich der Prävention gibt es nun eine neue Erkenntnis: Schlaf soll vorbeugend gegen Parkinson wirken. Schlaf ist ein entscheidender Faktor als Prävention für neurodegenerative Erkrankungen. Durchschnittlich werden 7 bis 8 Stunden Schlaf empfohlen - und dieses Präventionspotenzial sollten wir nutzen.
Es gibt vielfältige Hinweise aus der Forschung, dass schon heute Menschen mit Parkinson durch Änderungen des Lebensstils zu einem günstigeren Verlauf der Erkrankung beitragen können: Sport, bewusste Bewegung im Alltag, stabile soziale Kontakte, intellektuelle Herausforderungen im Alltag und eine gesunde Ernährung sind wichtige „schützende“ Faktoren, die durch gezielte Therapieprogramme ergänzt werden können.