Alkoholbedingte Demenz und Lebenserwartung: Ein umfassender Überblick

Die Auswirkungen von Alkoholkonsum auf die Gesundheit sind ein viel diskutiertes Thema. Während einige Studien einen moderaten Konsum mit gewissen Vorteilen in Verbindung bringen, warnen andere vor den erheblichen Risiken, insbesondere im Hinblick auf Demenz und Lebenserwartung. Dieser Artikel beleuchtet den Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum, Demenz und Lebenserwartung, wobei ein besonderer Fokus auf die alkoholbedingte Demenz und das Wernicke-Korsakow-Syndrom gelegt wird.

Alkohol als Risikofaktor für Demenz

Ein lebenslanger, anhaltend hoher Alkoholkonsum fördert die dementielle Entwicklung. Studien haben gezeigt, dass übermäßiger Alkoholgenuss ein wichtiger Risikofaktor für eine früh beginnende Demenz sein kann. Bei Männern unter 65 Jahren, die an Demenz leiden, haben etwa zwei Drittel ein Alkoholproblem. Alkoholabhängigkeit ist auch unabhängig vom Alter der stärkste modifizierbare Risikofaktor für Demenz.

Eine britisch-amerikanische Studie mit einem multimodalen Methodenansatz untersuchte den Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Demenz. Genetische Analysen ergaben, dass das Demenz-Risiko mit zunehmendem Alkoholkonsum linear ansteigt.

Moderate Mengen Alkohol erhöhen das Demenzrisiko

Die Ergebnisse von 2 großen Kohortenstudien mit über einer halben Million Teilnehmenden wurden im Fachmagazin BMJ Evidence Based Medicine publiziert. Das Team um Anya Topiwala vom Big Data Institute an der Universität Oxford hat die Daten des US Million Veteran Programme und der UK Biobank ausgewertet. In beiden Studien waren zusammen 559.559 Teilnehmende im Alter von 56 bis 72 Jahren nach ihrem Alkoholkonsum befragt worden. In einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 4 Jahren in der US-Kohorte und von 12 Jahren in der britischen Kohorte sind 14.540 an einer Demenz erkrankt und 48.034 gestorben. Jeder Anstieg des wöchentlichen Konsums um eine Standardabweichung erhöhte das Demenzrisiko um 15 %. Ein zweifacher Anstieg der AUD-Prävalenz war mit einem Anstieg des Demenzrisikos um 16 % assoziiert. Diese Ergebnisse deuten auf eine präventive Wirkung eines mäßigen Alkoholkonsums hin.

Die Rolle der Genetik

Eine Mendelsche Randomisierung kommt jedoch zu einem anderen Ergebnis. Bei dieser Untersuchung bildet nicht der angegebene Konsum die Grundlage der Berechnungen, sondern die mit dem Konsum verbundenen genetischen Varianten. Aus den SNP lässt sich ein genetischer Risikoscore ermitteln. Er war in allen 3 Fällen mit einem erhöhten Demenzrisiko assoziiert - ohne Hinweis auf eine protektive Wirkung bei einem geringen Konsum oder wenigstens einem Schwellenwert für einen unbedenklichen Konsum. Topiwala ermittelt eine lineare Beziehung zwischen Alkoholkonsum und Demenzrisiko.

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Reverse Kausalität

Der Widerspruch zwischen der ersten konventionellen Analyse und der Mendelschen Randomisierung löst sich auf, wenn der Konsum in den Jahren vor der Demenz betrachtet wurde. Je näher die Diagnose rückte, desto weniger Alkohol tranken die Personen. Diese Abnahme kann in epidemiologischen Studien fälschlicherweise als präventive Wirkung gedeutet werden, was auch als reverse Kausalität bezeichnet wird.

Das Wernicke-Korsakow-Syndrom: Eine spezielle Form der alkoholbedingten Demenz

Das Wernicke-Korsakow-Syndrom ist eine schwerwiegende neurologische Erkrankung, die eng mit chronischem Alkoholmissbrauch verbunden ist. Der Begriff umfasst sowohl die akute Wernicke-Enzephalopathie als auch das nachfolgende Korsakow-Syndrom.

Ursachen und Risikofaktoren

Hauptursache des Kosakow-Syndroms ist ein schwerer Vitamin-B1-Mangel, ausgelöst durch einen chronischen und starken Alkoholmissbrauch. Chronischer Alkoholismus beeinträchtigt die Fähigkeit des Körpers, Thiamin aus der Nahrung aufzunehmen, da Alkohol die Thiaminabsorption im Darm hemmt und den Transport des Vitamins ins Blut beeinträchtigt. Darüber hinaus führt Alkoholismus häufig zu einer ungesunden Ernährung, die arm an thiaminreichen Lebensmitteln ist. Gleichzeitig erhöht der Stoffwechsel von Alkohol den Thiaminbedarf, da dieses Vitamin für die Verstoffwechselung von Kohlenhydraten unerlässlich ist.

Das Wernicke-Korsakow-Syndrom kann auch durch andere Ursachen ausgelöst werden, die den Vitaminstoffwechsel beeinträchtigen oder zu einer Mangelversorgung mit Vitamin B1 führen können. Dazu zählen schwere Essstörungen, chronischer Durchfall, Nierenerkrankungen, einige Krebserkrankungen sowie eine Chemotherapie.

Symptome

Die Wernicke-Enzephalopathie ist die akute Phase und ein medizinischer Notfall. Sie ist gekennzeichnet durch Symptome wie Augenmuskelstörungen (Ophthalmoplegie), Ataxie (Bewegungsstörungen) und Verwirrtheit.

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Das Korsakow-Syndrom ist eine chronische neuropsychiatrische Störung, die hauptsächlich durch einen schweren Thiaminmangel (Vitamin B1) verursacht wird. Es ist gekennzeichnet durch schwere Gedächtnisstörungen. Neue Informationen, die nach der Hirnschädigung hinzukommen, können sich Betroffene nur schlecht merken. So wissen sie beispielsweise nicht mehr, was sie vor fünf Minuten gegessen oder wen sie letzte Woche getroffen haben. Die Merkfähigkeit kann so sehr gestört sein, dass sich Betroffene selbst an Ereignisse, die erst Sekunden zurückliegen, nicht erinnern können. An manche Ereignisse aus der Vergangenheit können sie sich dagegen oft problemlos erinnern. Die Betroffenen sind jedoch nicht immer in der Lage, das Geschehene in einen Zusammenhang zu bringen und zeitlich richtig einzuordnen. Dies führt zu erheblichen Problemen im Alltag. Patienten neigen dazu, Gedächtnislücken mit erfundenen Geschichten zu füllen.

Zusätzlich zu diesen Symptomen wirkt sich ein Korsakow-Syndrom auf die Persönlichkeit betroffener Menschen aus.

Diagnose

Die Diagnose des Korsakow-Syndroms basiert häufig auf den typischen Symptomen in Kombination mit verschiedenen Untersuchungen. Chronischer Alkoholmissbrauch ist ein entscheidender Hinweis auf das Korsakow-Syndrom. Es wird untersucht, inwieweit das Gedächtnis der betroffenen Person beeinträchtigt ist. Viele Betroffene leiden unter Folgeerkrankungen des Alkoholmissbrauchs, wie z.B. einer Leberzirrhose.

Um andere Erkrankungen wie bösartige Wucherungen im Kopf, Schlaganfälle, Virusinfektionen des Gehirns und Hirnschäden anderer Ursache auszuschließen, führt der Arzt in vielen Fällen Blutuntersuchungen, Aufnahmen des Schädelbereichs (Computertomografie, CT und/oder Magnetresonanztomografie, MRT), Hirnstrommessung (EEG) und Untersuchung der Rückenmarksflüssigkeit (Liquordiagnostik) durch.

Behandlung

Bei der Wernicke-Enzephalopathie besteht die Behandlung in der sofortigen hochdosierten Gabe von Vitamin B1. Wenn der Thiaminmangel frühzeitig ausgeglichen wird, kann die Entwicklung zum Korsakow-Syndrom möglicherweise verhindert werden.

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Ist das Korsakow-Syndrom voll ausgeprägt, geht es in der Therapie vor allem darum, die Symptome zu lindern. Dies kann durch neuropsychologisches Training und psychotherapeutische Maßnahmen geschehen. Eine konsequente Alkoholabstinenz und die Behandlung der Grunderkrankung, die zum Thiaminmangel geführt hat, sind ebenfalls entscheidend.

Prognose und Lebenserwartung

Die Prognose des Wernicke-Korsakow-Syndroms hängt stark davon ab, wie schnell eine Behandlung eingeleitet wird. Bei frühzeitiger Diagnose bestehen gute Heilungschancen für die Wernicke-Enzephalopathie. Das Korsakow-Syndrom ist dagegen meist dauerhaft (chronisch) und bildet sich häufig nicht vollständig zurück.

Die Lebenserwartung von erkrankten Personen hängt insbesondere der bereits eingetretenen Schädigungen des Gehirns ab. Selbst bei optimaler therapeutischer Betreuung liegt die Sterblichkeit der Betroffenen in der Langzeitprognose zwischen 15 Prozent und 20 Prozent.

Alkohol und Demenz im Pflegeheim

Wenn demente Menschen Alkohol trinken, kann dies zu einer erhöhten Reizbarkeit, Unruhe, Aggressivität und Verwirrung führen. Es ist wichtig zu beachten, dass nicht alle dementen Menschen, die Alkohol trinken, aggressiv werden, aber das Risiko dafür kann höher sein als bei nicht-dementen Menschen. Pflegeheime brauchen eine Entscheidung, wie sie mit dem Thema Alkohol in der Einrichtung umgehen. So können Führungskräfte entscheiden, dass in der Einrichtung offiziell nur alkoholfreies Bier angeboten wird.

Prävention

Der Verzicht auf übermäßigen Alkoholkonsum ist die wirksamste Maßnahme zur Vorbeugung des Korsakow-Syndroms. Menschen, die bereits einen problematischen Alkoholkonsum haben, können ihr persönliches Risiko massiv senken, indem Sie sich in ärztliche Behandlung begeben. Eine gesunde und ausgewogene Ernährung trägt ebenfalls ihren Teil zur Prävention bei.

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