Lokalisationsbezogene symptomatische Epilepsie: Ursachen, Diagnose und Behandlung

Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederholte epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch eine übermäßige elektrische Entladung von Nervenzellen im Gehirn. Die Ursachen für Epilepsie sind vielfältig und können in verschiedene Kategorien eingeteilt werden. Eine wichtige Unterscheidung besteht zwischen generalisierten und fokalen Epilepsien. Bei generalisierten Epilepsien sind beide Gehirnhälften von Anfang an betroffen, während sich bei fokalen Epilepsien die Anfallsaktivität auf eine bestimmte Region des Gehirns beschränkt. Diese fokalen Epilepsien werden auch als lokalisationsbezogene, partielle oder Herdepilepsien bezeichnet. Dieser Artikel konzentriert sich auf die Ursachen, Diagnose und Behandlung der lokalisationsbezogenen symptomatischen Epilepsie.

Epidemiologie der Epilepsie

Mindestens 10 % aller Menschen haben eine sogenannte erhöhte Anfallsbereitschaft, die sich teilweise im EEG nachweisen lässt. Etwa 10 % aller Menschen erleiden mindestens einmal in ihrem Leben unter besonderen Umständen bzw. Einwirkungen einen epileptischen Anfall, der sich ohne diese nicht wiederholt. Von derartigen Gelegenheitsanfällen oder akuten symptomatischen Anfällen ist eine aktive Epilepsie zu unterscheiden. Darunter leiden in Deutschland 0,5-1 % der Bevölkerung. Die Inzidenz (Häufigkeit des Neuauftretens) von Epilepsien ist abhängig vom Lebensalter. Pro Jahr tritt bei etwa 60 von 100.000 Kindern eine Epilepsie neu auf, mit einer Spannbreite von 43-82/100.000. Dabei sind Fieberkrämpfe und einzelne unprovozierte Anfälle nicht mit eingerechnet. Im Erwachsenenalter sinkt die Inzidenz zunächst auf etwa 30-50/100.000 im Jahr ab und steigt im hohen Lebensalter ab 60 Jahren auf bis zu 140/100.000 im Jahr an. Rechnet man bis zum 74. Lebensjahr alle Epilepsien zusammen, kommt man auf eine Häufigkeit von etwa 3,4 Prozent. Die Prävalenz aktiver Epilepsien liegt im Kindesalter wiederum altersabhängig bei 3-6/1000 Kindern. Im frühen Kindesalter überwiegen dabei die Epilepsien mit generalisierten Anfällen (generalisierte Epilepsien), während im Erwachsenenalter Epilepsien mit fokalen Anfällen dominieren, die sich teilweise zu generalisierten Anfällen entwickeln können.

Ursachen der lokalisationsbezogenen symptomatischen Epilepsie

Die lokalisationsbezogene symptomatische Epilepsie wird durch eine identifizierbare Hirnerkrankung verursacht. Im Gegensatz dazu stand früher die sogenannte genuine Epilepsie, bei der keine organischen oder metabolischen Ursachen gefunden wurden. Mit der Weiterentwicklung der bildgebenden Verfahren und der Labordiagnostik tritt die Diagnose einer genuinen Epilepsie jedoch zahlenmäßig zurück.

Mögliche Ursachen für eine lokalisationsbezogene symptomatische Epilepsie sind:

  • Fokale kortikale Dysplasie (FCD): Eine räumlich umschriebene Störung der Gehirnentwicklung, die eine der häufigsten Ursachen für pharmakoresistente Epilepsie darstellt.

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  • Strukturelle Schäden: Narben oder Schädigungen des Hirngewebes durch Unfälle, Hirnhautentzündungen, Tumore oder Schlaganfälle.

  • Autoimmunerkrankungen des Gehirns: Entzündliche Prozesse, die das Gehirn betreffen.

  • Stoffwechselerkrankungen: Hyperparathyreoidismus mit Anstieg der Calciumkonzentration im Blut oder Hämochromatose mit Eisenablagerungen im Gehirn.

  • Vaskuläre Enzephalopathie: Im Rahmen einer Arteriosklerose.

  • Infektionen: Hirnhautentzündungen, die zu chronischen Veränderungen im Gehirn führen.

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Pathophysiologie der Epilepsie

Obwohl die Entstehung von Epilepsien in den letzten Jahrzehnten besser verstanden wurde, sind die Zusammenhänge noch nicht vollständig geklärt. Grundsätzlich tragen eine Übererregbarkeit von Nervenzellen und eine abnorme gleichzeitige elektrische Aktivität von größeren Nervenzellverbänden zum Auftreten epileptischer Anfälle bei. Es wird angenommen, dass ein Ungleichgewicht von Erregung und Hemmung in diesen neuronalen Netzen epileptische Anfälle entstehen lässt.

Verstärkte Erregung oder verminderte Hemmung können durch Veränderungen in den Membraneigenschaften der Nervenzellen oder in der Erregungsübertragung von Nervenzelle zu Nervenzelle durch Neurotransmitter verursacht werden. Defekte in den Ionenkanälen für Natrium- und Calciumionen können ebenfalls zur Entstehung und Ausbreitung von Anfallsentladungen beitragen.

Die erregenden Neurotransmitter Glutamat und Aspartat öffnen über eine Bindung an NMDA- oder AMPA-Rezeptoren Ionenkanäle. Gamma-Aminobuttersäure (GABA) wirkt als hemmender Überträgerstoff und stellt sozusagen den Gegenspieler dar. Defekte in der Biosynthese, gesteigerter Abbau oder Hemmung der GABA-Rezeptoren können ebenfalls zum Anfallsgeschehen beitragen.

Diagnose der lokalisationsbezogenen symptomatischen Epilepsie

Die Diagnose einer Epilepsie basiert auf verschiedenen Bausteinen:

  • Anamnese: Erhebung der Krankengeschichte sowohl mit Hilfe der Betroffenen als auch der Angehörigen oder Dritter, die Anfälle beobachtet haben (Fremdanamnese). Dabei werden die Art und Häufigkeit der Anfälle, mögliche Auslöser und Begleitsymptome erfragt.

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  • Elektroenzephalogramm (EEG): Ableitung der „Hirnstromkurve“, um die elektrische Aktivität des Gehirns zu messen. Im EEG können epilepsietypische Potenziale (ETP) nachgewiesen werden, die die Diagnose einer Epilepsie unterstützen. Allerdings können ETP auch bei Menschen ohne Epilepsie vorkommen, und das Fehlen von ETP schließt eine Epilepsie nicht aus. Die Sensitivität des EEGs kann durch wiederholte Untersuchungen und spezielle Ableitetechniken (z. B. Schlafentzugs-EEG, Langzeit-EEG) erhöht werden.

  • Bildgebende Untersuchungen: In aller Regel gehören bildgebende Untersuchungen wie die Magnetresonanztomographie (MRT) zur Routinediagnostik, um strukturelle Ursachen für die Epilepsie zu identifizieren. Bei speziellen Fragestellungen können auch weitere Verfahren wie die Positronenemissionstomographie (PET) oder die Single-Photon-Emissionscomputertomographie (SPECT) zum Einsatz kommen.

  • Klinische Analyse: Eine klinische Analyse ist ausschlaggebend für das Feststellen einer Epilepsie.

Klassifikation der Anfallsformen

Epileptische Anfälle können sehr unterschiedlich ablaufen. Die Internationale Liga gegen Epilepsie (ILAE) hat eine Klassifikation der Anfallsformen entwickelt, die 2017 aktualisiert wurde. Grundsätzlich wird zwischen fokalen und generalisierten Anfällen unterschieden.

  • Fokale Anfälle: Gehen von einem bestimmten Bereich des Gehirns aus und betreffen in der Regel nur eine Gehirnhälfte. Fokale Anfälle können mit oder ohne Bewusstseinsstörung einhergehen. Die Symptome hängen vom Ursprungsort des Anfalls im Gehirn ab. Beispiele für fokale Anfälle sind vegetative Anfälle, Anfälle mit motorischen Symptomen (z. B. Zuckungen, Verkrampfungen) oder Anfälle mit sensorischen Symptomen (z. B. Halluzinationen, Kribbeln).

  • Generalisierte Anfälle: Betreffen von Anfang an beide Gehirnhälften. Bei generalisierten Anfällen ist das Bewusstsein in der Regel beeinträchtigt. Beispiele für generalisierte Anfälle sind Absencen (kurze Bewusstseinsstörungen), myoklonische Anfälle (Muskelzuckungen), tonisch-klonische Anfälle (Krampfanfälle mit Anspannung und Zuckungen der Muskulatur) und atonische Anfälle (Verlust der Muskelspannung).

Behandlung der lokalisationsbezogenen symptomatischen Epilepsie

Die Behandlung der lokalisationsbezogenen symptomatischen Epilepsie zielt darauf ab, die Anfälle zu kontrollieren und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Die wichtigsten Behandlungsmethoden sind:

  • Medikamentöse Therapie: Anfallsunterdrückende Medikamente (Antikonvulsiva) sind die erste Wahl bei der Behandlung von Epilepsie. Es gibt eine Vielzahl von Antikonvulsiva mit unterschiedlichen Wirkmechanismen und Nebenwirkungsprofilen. Die Auswahl des geeigneten Medikaments erfolgt individuell unter Berücksichtigung der Anfallsform, des Alters, der Begleiterkrankungen und der Verträglichkeit. In der Regel wird mit einem einzelnen Medikament begonnen (Monotherapie). Wenn damit keine ausreichende Anfallskontrolle erreicht wird, kann eine Kombination von mehreren Medikamenten (Polytherapie) erforderlich sein.

  • Epilepsiechirurgie: Bei therapieresistenten fokalen Epilepsien, bei denen die Anfälle trotz optimaler medikamentöser Behandlung nicht kontrolliert werden können, kann eine Operation in Erwägung gezogen werden. Ziel der Epilepsiechirurgie ist es, den epileptogenen Fokus (den Bereich im Gehirn, von dem die Anfälle ausgehen) zu entfernen oder zu isolieren. Vor einer Operation ist eine umfassende prächirurgische Diagnostik erforderlich, um den epileptogenen Fokus genau zu lokalisieren und die Risiken des Eingriffs abzuschätzen.

  • Weitere Therapieverfahren: In bestimmten Fällen können auch andere Therapieverfahren wie die Vagusnervstimulation (VNS), die Tiefe Hirnstimulation (THS) oder die ketogene Diät in Erwägung gezogen werden.

Begleitende Maßnahmen

Neben der medikamentösen und operativen Behandlung spielen auch begleitende Maßnahmen eine wichtige Rolle bei der Behandlung von Epilepsie. Dazu gehören:

  • Aufklärung und Beratung: Die Betroffenen und ihre Angehörigen sollten umfassend über die Erkrankung, die Behandlungsmöglichkeiten und die Auswirkungen auf das Alltagsleben aufgeklärt werden.

  • Psychosoziale Unterstützung: Eine Epilepsie kann erhebliche Auswirkungen auf die psychische Gesundheit und das soziale Leben der Betroffenen haben. Eine psychosoziale Unterstützung kann helfen, Ängste, Depressionen und soziale Isolation zu bewältigen.

  • Anpassung des Lebensstils: Bestimmte Faktoren können epileptische Anfälle auslösen oder begünstigen. Dazu gehören Schlafmangel, Stress, Alkohol und flackerndes Licht. Eine Anpassung des Lebensstils kann helfen, diese Auslöser zu vermeiden.

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