Lothar Späth, geboren 1937 in Sigmaringen, war eine prägende Figur der deutschen Politik und Wirtschaft. Seine Karriere, sein Wirken in Baden-Württemberg und seine spätere Erkrankung an Demenz werden in diesem Artikel beleuchtet.
Frühe Jahre und Politischer Aufstieg
Lothar Späth stammte aus einer bürgerlichen Familie. Nach dem Besuch des Robert-Meyer-Gymnasiums in Heilbronn, das er mit der mittleren Reife abschloss, begann er seine Laufbahn in der Kommunalverwaltung. Er arbeitete sich bei der Stadt Bietigheim und der gewerkschaftseigenen Baugesellschaft „Neue Heimat“ nach oben. 1967 wurde er zum Bürgermeister von Bietigheim gewählt. Im gleichen Jahr trat er der CDU bei und wurde bereits 1968 in den baden-württembergischen Landtag gewählt. Von 1972 bis 1978 war er Fraktionsvorsitzender der CDU im baden-württembergischen Landtag. Anfang 1978 wurde Lothar Späth zum Innenminister ernannt.
Bekannt wurde Lothar Späth vor allem in den 70er und 80er Jahren durch seine Tätigkeit in der CDU-Landesregierung von Baden-Württemberg. Von seinen Politiker-Kollegen wurde er vor allem geschätzt für seine oft unorthodoxe Herangehensweise, Probleme mit Pragmatismus und ohne Scheu vor innovativen Strategien lösen zu wollen.
Ministerpräsident von Baden-Württemberg (1978-1991)
Nach dem Rücktritt von Hans Filbinger wegen der „Filbinger-Affäre“ wurde Lothar Späth am 30. August 1978 zum fünften Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg gewählt. Er konnte sich gegen den Stuttgarter Oberbürgermeister Manfred Rommel in der CDU-Landtagsfraktion durchsetzen. Bei drei Landtagswahlen in Baden-Württemberg wurde eine CDU-Alleinregierung unter Lothar Späth bestätigt (in den Jahren 1980, 1984 und 1988).
13 Jahre lang stand Lothar Späth an der Spitze Baden-Württembergs. Der Ministerpräsident setzte auf „High Tech“ und „High Culture“. Am Ende seiner Amtszeit galt er als „Motor des Kulturbetriebs“, der immer wieder die Verantwortung des Staates als Mäzen herausstellte, und als Förderer der Wirtschaft sowie der Forschungs- und Technologiepolitik. Dank großzügiger Landeshilfe baute Daimler in Rastatt ein neues Werk. In Ulm entstand eine Wissenschaftsstadt, in Mannheim das Landesmuseum für Technik und Arbeit. Er initiierte das Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in Karlsruhe und die Künstlerakademie Schloss Solitude in Stuttgart.
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Einer der Eckpunkte der Regierung Späth war das 1985 verabschiedete Landesmediengesetz und damit die Privatisierung und Liberalisierung der Rundfunklandschaft. Auch „nach außen“ ging Späth neue Wege und setzte Akzente in der Europapolitik.
Die "Traumschiff-Affäre" und der Rücktritt
1991 musste er wegen Vorwürfen der Verquickung seines Amtes mit privaten und Parteiinteressen zurücktreten („Traumschiffaffäre“). Am 13. Januar 1991 trat Lothar Späth vom Amt des Ministerpräsidenten zurück; ihm war die Verquickung von privaten Ferienreisen und Amtsgeschäften vorgeworfen worden; die Ermittlungen wegen des Verdachts auf Untreue und Vorteilsnahme wurden später eingestellt. „Ich habe Politik immer unternehmerisch zum Wohl des Landes verstanden“, verteidigte er sich.
Wechsel in die Wirtschaft: Jenoptik
Nach seinem Rücktritt verbrachte Späth viele Jahre in der Wirtschaft. Kurz nach seinem Rückzug aus der Politik wurde Lothar Späth im Juni 1991 Geschäftsführer der Jenoptik GmbH in Jena. Das Traditionsunternehmen aus der ehemaligen DDR wurde unter seiner Führung zum High-Tech-Konzern ausgebaut. Er machte aus dem Unternehmen einen modernen Technologiekonzern, den er 1998 erfolgreich an die Börse brachte. Späth wurde Ehrenbürger von Jena. 2003 trat er als Vorstandsvorsitzender der Jenoptik zurück.
Für seine Verdienste um das Unternehmen erhielt er 1997 die Ehrenbürgerschaft der Stadt Jena. Im selben Jahr moderierte der Politiker eine eigene Sendung auf n-tv. "Späth am Abend" wurde bis 2001 ausgestrahlt.
Die Diagnose Demenz und die letzten Jahre
Bereits im Jahr 2010 wurde bei Lothar Späth eine Demenz diagnostiziert. Trotzdem hatte er bis 2012 noch unterschiedlichen Vorstands- und Aufsichtsratsposten inne. Seit März 2016 lebte Späth in einem Pflegeheim in der Nähe von Stuttgart.
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Erst Anfang März war bekannt geworden, dass es Späth nicht gut geht. Späths Tochter Daniela Späth-Zöllner sagte der "Bild am Sonntag", dass er in einem Pflegeheim untergebracht und gut betreut werde. EU-Kommissar Günther Oettinger, ebenfalls ehemaliger Regierungschef in dem Bundesland, sagte, er habe ihn im vergangenen Jahr im Pflegeheim besucht. Späth erkenne aber "aufgrund seiner schweren Demenzerkrankung auch langjährige Weggefährten kaum noch wieder". Ein kleiner Freundeskreis aus Stuttgart besuche ihn in seinem Heim im Großraum Stuttgart regelmäßig.
Der baden-württembergische CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl am 13. März, Guido Wolf, sagte, er sei traurig, dass Späth "aufgrund seiner schweren Krankheit als Ratgeber nicht mehr an unserer Seite sein" könne.
Im Frühjahr 2014 trennten sich Späth und seine Ehefrau Ursula überraschend. Eine Scheidung sei aber kein Thema, versicherte er. Das Paar hat eine Tochter und einen Sohn.
Tod und Vermächtnis
Am 18. März 2016 ist Lothar Späth mit 78 Jahren in Stuttgart gestorben.
Ruhelos, kreativ und pragmatisch, wie er wahrgenommen wurde, erhielt der gebürtige Sigmaringer Lothar Späth als Visionär und Modernisierer in Politik und Wirtschaft rasch den Spitznamen „Cleverle“. Die Bilanz der Vielzahl von Projekten, die er im Land initiierte, ist trotz mancher Idee, die scheiterte, und trotz manches Plans, der liegen blieb, durchaus positiv.
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Ministerpräsident Winfried Kretschmann würdigte Späth als eine herausragende und prägende Persönlichkeit. „Mit Professor Dr. h. c. Lothar Späth verliert das Land Baden-Württemberg eine herausragende und prägende Persönlichkeit. Er war ein Visionär im besten Sinne, weltoffen, mit Weitblick, mutig und bürgernah“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann zum Tod des ehemaligen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg. „Er hat für Baden-Württemberg die Tür zu Welt geöffnet. Und das nicht nur im wirtschaftlichen Sinne. Er hat auch das Kunstland Baden-Württemberg maßgeblich geprägt“, so Kretschmann.
Späth prägte Baden-Württemberg wie wenig andere. Seine Verdienste um das Land und sein Wirken in der Wirtschaft bleiben unvergessen.