Der Löwenmähnenpilz (Hericium erinaceus), auch bekannt als Igel-Stachelbart oder Affenkopfpilz, ist ein bemerkenswerter Speisepilz, der aufgrund seines ungewöhnlichen Aussehens und seiner potenziellen gesundheitlichen Vorteile zunehmend an Bedeutung gewinnt. Seine Anwendung in der traditionellen chinesischen Medizin reicht Jahrtausende zurück, und aktuelle Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass er tatsächlich eine positive Wirkung auf das Nervensystem und die kognitiven Funktionen haben könnte.
Beschreibung und Vorkommen
Der Löwenmähnenpilz verdankt seinen Namen seinem einzigartigen Erscheinungsbild: Sein Hut ist in zahlreiche weißliche Fasern aufgeteilt, die an eine Löwenmähne erinnern. In Frankreich wird er aufgrund seines Aussehens auch „Pom-pom blanc“ (weißer Bommel) genannt. Er kommt in gemäßigten Breiten vor, auch in Europa, und wächst meist auf abgestorbenen oder geschwächten Stämmen von Laubbäumen wie Eichen oder Buchen. Der essbare Pilz wird vor allem in Asien kultiviert und für den Verzehr gezüchtet.
Traditionelle Verwendung und moderne Forschung
In der traditionellen chinesischen Medizin wird der Löwenmähnenpilz seit langem als Heilmittel eingesetzt, unter anderem gegen Krebs, Magenbeschwerden, Nervenleiden und Demenz. Moderne Forschung hat begonnen, diese traditionellen Anwendungen zu untermauern, insbesondere im Hinblick auf die Wirkung des Pilzes auf das Nervensystem.
Neurotrophe Eigenschaften und Nervenwachstumsfaktor (NGF)
Eine Studie hat gezeigt, dass Hericium erinaceus Wirkstoffe besitzt, die das Wachstum von Nervenzellen verbessern und das Gedächtnis stärken können. Mithilfe hochauflösender Mikroskopie wurde festgestellt, dass die Wirkstoffe des Pilzes die Größe der Wachstumszapfen erhöhen, die für die Verbindungen zwischen Neuronen wichtig sind. Diese Entdeckung könnte für die Behandlung und den Schutz vor neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer von Bedeutung sein.
Die im Löwenmähnenpilz enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe Hericenon und Erinacin scheinen eine wesentliche Rolle für die positive Wirkung auf das Nervensystem und die kognitive Leistungsfähigkeit zu spielen. Dabei ist der Nervenwachstumsfaktor (NGF) von besonderer Bedeutung.
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Studien zur kognitiven Funktion
Einige Studien an Menschen haben gezeigt, dass die Einnahme von Löwenmähnenpilz die kognitive Leistungsfähigkeit verbessern kann. Es wurde beobachtet, dass die kognitive Leistungsfähigkeit mit der Dauer der Einnahme anstieg, nach Beendigung der Einnahme jedoch wieder absank. Dies deutet darauf hin, dass eine regelmäßige Einnahme notwendig sein könnte, um eine dauerhaft bessere Gehirnleistung zu erzielen.
Tierstudien haben ebenfalls vielversprechende Ergebnisse gezeigt. So konnten Löwenmähnenextrakte die Symptome des Gedächtnisverlusts bei Mäusen reduzieren und neuronale Schäden verhindern, die durch Alzheimer-Plaques verursacht werden.
Weitere potenzielle Anwendungsbereiche
Neben den vielversprechenden Ergebnissen im Bereich der Demenzforschung gibt es Hinweise darauf, dass der Löwenmähnenpilz auch bei anderen Erkrankungen von Nutzen sein könnte:
- Depressionen und Angstzustände: Eine Studie an Frauen in den Wechseljahren zeigte, dass der tägliche Verzehr von Löwenmähnenpilz zu weniger depressiven Symptomen und Angstgefühlen führte. Auch eine italienische Studie aus dem Jahr 2019 deutet auf eine Verbesserung von Angstzuständen, Depressionen und Schlafstörungen hin.
- Hörverlust: Eine taiwanesische Studie aus dem Jahr 2022 ergab, dass die antioxidative Wirkung des Löwenmähnenpilzes den Hörverlust bei Menschen zwischen 50 und 79 Jahren verbessern kann.
- Verdauungssystem: Mehrere Studien belegen, dass sich die Löwenmähne positiv auf das Verdauungssystem auswirken kann, beispielsweise bei der Vorbeugung von Magengeschwüren und der Verbesserung der Symptome bei Colitis ulcerosa.
- Darmflora: Studien deuten darauf hin, dass der Löwenmähnenpilz die Artenvielfalt der Bakterien in der Darmflora erhöhen und die Häufigkeit von Bakterien, die kurzkettige Fettsäuren produzieren, fördern kann.
- Herzgesundheit: Der Extrakt der Löwenmähne kann sich positiv auf Risikofaktoren für Herzerkrankungen auswirken und dazu beitragen, die Oxidation des LDL-Cholesterins im Blutkreislauf zu verhindern.
- Blutzuckerspiegel: Die Löwenmähne kann die Aktivität des Enzyms Alpha-Glucosidase blockieren und so den Blutzuckerspiegel senken.
Dosierung und Einnahme
Es gibt keine Standarddosierung für die Löwenmähne, die für alle Menschen geeignet ist. Die Dosierung ist abhängig von Faktoren wie Alter, Gesundheitszustand und anderen Medikamenten, die eingenommen werden. Einige Forscher empfehlen, zur Verbesserung der kognitiven Funktion 3-5 g des getrockneten Fruchtkörpers pro Tag einzunehmen.
Der Löwenmähnenpilz kann auf verschiedene Arten eingenommen werden:
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- Frisch: Der Geschmack des Pilzes wird als hummerähnlich beschrieben, weshalb er als Fleischersatz verwendet werden kann. Er eignet sich auch als Zutat für Risotto, Pasta oder Suppen.
- Pulver: In Form von Pulver kann die Löwenmähne in heißes Wasser, Tee, Kaffee, Smoothies oder Goldene Milch gemischt werden.
- Kapseln: Es gibt Kapseln, die entweder Pulver aus dem Fruchtkörper, Pulver aus dem Myzel oder eine Mischung aus beiden Pulverarten enthalten. Auch Kapseln mit Pilzextrakt sind erhältlich.
Kritik und Einschränkungen
Es ist wichtig zu beachten, dass viele der Behauptungen über die gesundheitlichen Vorteile des Löwenmähnenpilzes auf Extrapolationen aus Zellkulturen und Tierstudien beruhen. Klinische Studien am Menschen sind oft klein und weisen methodische Einschränkungen auf. Daher ist es wichtig, die Ergebnisse dieser Studien mit Vorsicht zu interpretieren.
Einige Experten warnen davor, dass viele der Behauptungen über Heilpilze "ohne wissenschaftliche Grundlage sind und auf wenig mehr als Quacksalberei hinauslaufen". Es ist jedoch unbestritten, dass Pilze eine Vielzahl von chemischen Verbindungen produzieren, von denen einige potenziell nützliche Eigenschaften haben könnten.
Rechtliche Aspekte
In Deutschland sind Vitalpilze nicht als Arzneimittel zugelassen. Die Verbraucherzentrale bezeichnet den Begriff "Vitalpilze" als reinen Marketingbegriff. Nach britischem Recht darf die Lebensmittelkennzeichnung einem Lebensmittel nicht die Eigenschaft zuschreiben, eine menschliche Krankheit zu verhüten, zu behandeln oder zu heilen. Solche Behauptungen fallen unter die Arzneimittelvorschriften und bedürfen einer Zulassung durch die zuständigen Behörden.
Anbau und Bezugsquellen
Frische Löwenmähne ist in Deutschland nicht immer leicht erhältlich und wird meist nur in Spezialitätengeschäften oder online angeboten. Mit etwas Geduld kann der Pilz aber auch selbst gezüchtet werden. Das Pilzmyzel ist online erhältlich und wird in einem Block aus Substrat geliefert.
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