Bluttests zur Früherkennung des Alzheimer-Risikos: Genauigkeit und Fortschritte

Im Alter auftretende Gedächtnisprobleme sind weit verbreitet, doch wenn eine Demenz zugrunde liegt, ist eine frühzeitige Behandlung entscheidend. Die Alzheimer-Krankheit, die häufigste Form der Demenz, betrifft Millionen von Menschen weltweit. Um die Krankheit frühzeitig und genau zu diagnostizieren, arbeiten Forscher kontinuierlich an innovativen Methoden. Ein vielversprechender Ansatz sind Bluttests, die das Potenzial haben, die Diagnose und Behandlung von Demenz grundlegend zu verändern.

Die Bedeutung der Früherkennung

Eine frühzeitige Diagnose der Alzheimer-Krankheit ist aus mehreren Gründen von entscheidender Bedeutung. Je früher die Krankheit erkannt und behandelt wird, desto höher sind die Chancen, ihr Fortschreiten zu verlangsamen. Zudem ermöglicht eine frühe Diagnose den Betroffenen, wichtige Entscheidungen für ihre Zukunft zu treffen und therapeutische sowie präventive Maßnahmen frühzeitig zu beginnen.

Innovative Bluttests zur Alzheimer-Früherkennung

In den letzten Jahren wurden bedeutende Fortschritte bei der Entwicklung von Bluttests zur Früherkennung des Alzheimer-Risikos erzielt. Diese Tests zielen darauf ab, bestimmte Biomarker im Blut zu identifizieren, die auf die Alzheimer-Krankheit hinweisen.

Messung des Tau-Protein 217

Einem Forscherteam aus Schweden ist ein entscheidender Schritt mit der Entwicklung eines innovativen Bluttests gelungen, der das Tau-Protein 217 misst. Dieses Protein gilt als Indikator für die Alzheimer-Erkrankung. Die Forscher konnten zeigen, dass der Bluttest bei der Diagnose der Krankheit mindestens so zuverlässig ist wie eine Untersuchung der Flüssigkeit im Gehirn und Rückenmarks. Zudem hat sich der Test in der tatsächlichen, routinemäßigen Anwendung im Gesundheitswesen bewährt.

Laut Professor Sebastian Palmqvist von der Universität Lund kann der Bluttest mit einer Genauigkeit von 90 Prozent feststellen, ob eine Person mit Gedächtnisverlust an Alzheimer leidet. Dieser Test könnte die Behandlung von Demenz künftig verändern, da eine frühe Diagnose von entscheidender Bedeutung ist, um das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen.

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Automatisierter Bluttest zur Risikoabschätzung

Forschende am Hospital del Mar Research Institute und des Barcelonaβeta Brain Research Center (BBRC) haben in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Universität Göteborg und der Universität Lund einen vollautomatisierten Bluttest entwickelt, mit dem sich das Alzheimer-Risiko bei Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungssymptomen durch den Nachweis des phosphorylierten Tau217 (p-Tau217) positiv bestimmen lässt.

Die Messung von p-tau217 zeigte eine hohe diagnostische Genauigkeit (AUC 0,93 bis 0,96). In der sekundären Versorgung lag die Sensitivität bei 89 bis 91 Prozent und die positive prädiktive Genauigkeit bei 89 bis 95 Prozent. Auch in der primären Versorgung war die Testgenauigkeit mit 85 Prozent hoch.

Immuno-Infrarot-Sensor zur Erkennung fehlgefalteter Aβ-Peptide

Ein Team um Biophysik-Professor Dr. Klaus Gerwert und Julia Stockmann vom Bochumer Forschungszentrum für Proteindiagnostik (Prodi) hat einen Immuno-Infrarot-Sensor entwickelt, der die Fehlfaltung des für Alzheimer relevanten Amyloid-beta (Aβ)-Peptids erkennt. Dieser Test kann ein erhöhtes Alzheimer-Risiko bereits Jahre vor dem Auftreten von Symptomen erkennen.

In einer Studie mit Personen mit subjektiven kognitiven Beeinträchtigungen (SCD) detektierte der Immuno-Infrarot-Sensor bei 22 Probanden fehlgefaltete Aβ-Peptide, was auf ein erhöhtes Alzheimer-Risiko hindeutete. All diese Personen erkrankten im Lauf der folgenden sechs Jahre. Demnach haben SCD-Probanden mit leichter Fehlfaltung ein 11-fach höheres Risiko und SCD-Probanden mit starker Fehlfaltung ein 19-fach höheres Risiko, in den folgenden sechs Jahren an Alzheimer zu erkranken, als Probanden ohne fehlgefaltetes Aβ-Peptid.

Aß42/ß40-Test zur Früherkennung

Der weltweit erste zugelassene Bluttest zur Alzheimer-Früherkennung, der Aß42/ß40-Test, ist in Österreich exklusiv bei labors.at verfügbar. Dieser Test bestimmt das Verhältnis von β-Amyloid 1-42/1-40 im Blut. Studien haben gezeigt, dass ein niedrigeres β-Amyloid 1-42/1-40-Verhältnis im Plasma mit einer höheren Amyloid-Belastung im Gehirn, einem stärkeren kognitiven Abbau und somit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung einer Alzheimer-Demenz einhergeht.

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Precivity AD-Bloodtest

Der Precivity AD-Bloodtest des US-amerikanischen Unternehmens C2N-Diagnostics hat sowohl eine Marktzulassung für die USA als auch für die EU erhalten. Dieser Test misst das Verhältnis der Amyloid-Beta-Varianten 40 zu 42 im Blut, berücksichtigt das Alter der getesteten Person und eine genetische Komponente (ApoE4). Die Genauigkeit des Tests liegt bei 86% im Vergleich mit der Positronen-Emissions-Tomografie (PET).

Elecsys Amyloid Plasma Panel und pTau181-Test

Roche hat das Elecsys Amyloid Plasma Panel (Kombination von pTau181 und ApoE4) für Alzheimer entwickelt. Die Ergebnisse zeigten, dass der Test die Amyloid-Pathologie - ein Merkmal der Alzheimer-Krankheit - in einer breiten Bevölkerung mit unterschiedlichen kognitiven Beeinträchtigungen genau ausschließen konnte. Der Roche's pTau181-Plasma Biomarker zeigte als Einzeltest eine ähnliche Leistung.

Vorteile von Bluttests zur Alzheimer-Früherkennung

Bluttests zur Alzheimer-Früherkennung bieten eine Reihe von Vorteilen gegenüber etablierten Verfahren wie der Liquoruntersuchung oder bildgebenden Verfahren:

  • Einfache und nicht-invasive Durchführung: Die Blutentnahme ist unkompliziert und weniger belastend für Patienten als alternative Verfahren wie die Liquorpunktion.
  • Schnelle Ergebnisse: Der Test kann in kurzer Zeit durchgeführt werden, was eine zeitnahe Diagnose ermöglicht.
  • Kostengünstig: Der Bluttest ist kostengünstiger als andere diagnostische Verfahren wie die Amyloid-PET.
  • Hohe Sensitivität und Spezifität: Die Tests ermöglichen eine zuverlässige Bestimmung relevanter Biomarker und somit eine präzise Risikobeurteilung.
  • Frühere Erkennung: Einige Tests können Veränderungen im Gehirn bereits Jahre vor dem Auftreten von Symptomen erkennen.

Herausforderungen und Einschränkungen

Trotz der vielversprechenden Ergebnisse gibt es auch Herausforderungen und Einschränkungen bei der Verwendung von Bluttests zur Alzheimer-Früherkennung:

  • Noch nicht flächendeckend verfügbar: Aktuell gibt es in Deutschland keinen allgemein verfügbaren Bluttest zur Alzheimer-Diagnose. Die hier beschriebenen Verfahren befinden sich noch in der Forschung oder werden nur in spezialisierten Zentren eingesetzt.
  • Ergänzende Diagnostik: Bluttests zur Alzheimer-Diagnostik werden ergänzend zu etablierten Verfahren wie der Liquoruntersuchung oder bildgebenden Verfahren eingesetzt.
  • Einschränkungen bei älteren Patienten: Bei Patienten über 80 Jahren kann die Genauigkeit einiger Tests sinken.
  • Psychische Belastung: Die Früherkennung ermöglicht zwar, dass therapeutische und präventive Maßnahmen früher begonnen und wichtige Entscheidungen für die eigene Zukunft getroffen werden können. Die Kehrseite ist aber, dass man länger mit dem Wissen um eine zukünftige Erkrankung leben muss, und das Wissen um die Diagnose natürlich das Leben verändert.

Die Zukunft der Alzheimer-Diagnostik

Die Entwicklung von Bluttests zur Alzheimer-Früherkennung ist ein vielversprechender Ansatz, um die Diagnose und Behandlung der Krankheit zu verbessern. Mit der Weiterentwicklung dieser Tests und der Festlegung klarer klinischer Richtlinien für ihren Einsatz im Gesundheitswesen könnten sie in Zukunft eine wichtige Rolle bei der Früherkennung und Prävention von Alzheimer spielen.

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Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass Bluttests zur Alzheimer-Diagnostik nur von ausgewiesenen Expertinnen und Experten der Biomarker-Diagnostik durchgeführt werden dürfen. Zudem sollten die Ergebnisse immer im Zusammenhang mit anderen klinischen Befunden und Untersuchungen interpretiert werden.

Warnsignale für Alzheimer

Nicht immer bedeuten Gedächtnisprobleme, dass jemand an Alzheimer erkrankt ist. Es gibt jedoch bestimmte Warnsignale, auf die man achten sollte:

  1. Gedächtnislücken, die den Alltag beeinflussen
  2. Schwierigkeiten beim Planen und Problemlösen
  3. Probleme mit gewohnten Tätigkeiten
  4. Räumliche und zeitliche Orientierungsprobleme
  5. Wahrnehmungsstörungen
  6. Sprachschwächen
  7. Verlegen von Gegenständen an ungewöhnliche Orte
  8. Eingeschränktes Urteilsvermögen
  9. Verlust von Eigeninitiative und Rückzug aus dem sozialen Leben
  10. Persönlichkeitsveränderungen

Wenn eines dieser Anzeichen wiederholt auftritt, sollte unbedingt ein Arzt oder eine Ärztin aufgesucht werden, um die Ursache der Vergesslichkeit abzuklären.

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