Die Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, von der in Deutschland schätzungsweise 400.000 bis 800.000 Menschen betroffen sind. Sie kann in jedem Lebensalter auftreten und ist durch wiederholte, plötzliche Funktionsstörungen des Gehirns gekennzeichnet. Die Diagnose Epilepsie wird in der Regel gestellt, wenn mindestens zwei epileptische Anfälle aufgetreten sind oder wenn nach einem ersten unprovozierten Anfall ein deutlich erhöhtes Risiko für weitere Anfälle besteht (mehr als 60%).
Epilepsie: Ein vielfältiges Krankheitsbild
Epilepsie ist ein sehr vielfältiges Krankheitsbild. Bei einigen Patientinnen und Patienten treten starke Anfälle auf, bei denen sie das Bewusstsein verlieren, zu Boden stürzen und sich der gesamte Körper zusammenkrampft und zuckt. Dies sind sogenannte generalisierte Anfälle, die beide Hirnhälften betreffen. Bei fokalen Anfällen treten die epileptischen Anfälle in bestimmten Hirnregionen auf.
Neue Behandlungsansätze mittels Künstlicher Intelligenz
Für rund 250.000 Epilepsiepatienten in Deutschland sind Medikamente nicht oder nicht ausreichend wirksam. Hier eröffnen sich nun neue Möglichkeiten. Ende September wurde der weltweit erste minimalinvasive Hirnschrittmacher für Epilepsiepatienten zugelassen, der die Anfallshäufigkeit und -stärke deutlich reduzieren kann. Die europäischen Zulassungsstudien wurden am Epilepsiezentrum des Universitätsklinikums Freiburg geleitet.
Brain-MEP-Projekt: Künstliche Intelligenz erkennt und unterdrückt Anfälle
Im Rahmen des Projekts Brain-MEP untersucht ein Forschungsteam unter der Leitung von Prof. Dr. Andreas Schulze-Bonhage, Leiter des Epilepsiezentrums der Klinik für Neurochirurgie des Universitätsklinikums Freiburg, wie mittels Künstlicher Intelligenz bereits erste Anfallssignale erkannt und durch gezielte Stimulation unterbrochen werden können, sodass es gar nicht erst zu einem Anfall kommt. Die Studie läuft voraussichtlich bis Frühjahr 2024.
Funktionsweise des Hirnschrittmachers
Der Hirnschrittmacher kann das Leben von vielen Epilepsiepatienten fundamental verändern. Er ermöglicht die erfolgreiche Therapie von Menschen, die teils Jahrzehnte unter einer nicht behandelbaren Epilepsie gelitten haben. Die dünne Membran des Stimulators wird unter der Kopfhaut platziert und verringert das Anfallsgeschehen durch leichte elektrische Impulse, die der Schrittmacher an das Gehirn abgibt.
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Personalisierung der Therapie durch Künstliche Intelligenz
Die Stimulation soll sehr schnell erfolgen, wenn ein Anfall beginnt. Dabei soll über ein sogenanntes Closed-Loop-System die Hirnaktivität anhand eines eingebauten Elektroenzephalogramms (EEG) dauerhaft gemessen werden. Mittels Künstlicher Intelligenz sollen dann typische Signale zu Beginn eines Anfalls identifiziert werden und eine geeignete Stimulation auslösen.
Vorteile des minimalinvasiven Eingriffs
Der Hirnschrittmacher wurde in bisherigen Studien bei Menschen eingesetzt, bei denen jahrelange medikamentöse Therapieversuche nicht ausreichend wirkten und bei denen ein epilepsiechirurgischer Eingriff ins Gehirn nicht in Frage kam. Das System wird unter der Kopfhaut platziert, ohne dass ein Öffnen des Schädelknochens notwendig ist, was das Risiko eines solchen Eingriffs im Vergleich zu einer offenen Gehirn-Operation weiter reduziert.
Mögliche zukünftige Anwendungen
Was zunächst für Epilepsie-Patienten entwickelt wird, könnte künftig auch bei weiteren neurologischen Erkrankungen eingesetzt werden, bei denen es heute nur unzureichende Behandlungen gibt, etwa für die Rehabilitationsunterstützung nach einem Schlaganfall, die Behandlung von schweren Depressionen oder von abgegrenzten, chronischen Schmerzen.
Epilepsie und Intelligenzminderung
Menschen mit Intelligenzminderung erkranken im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung häufiger an Epilepsie. Während die Prävalenz von Epilepsie in der Gesamtbevölkerung bei etwa 0,7 % liegt, ist sie bei Menschen mit Intelligenzminderung bis zu 20-fach höher. Mit zunehmender Ausprägung der geistigen Behinderung und zusätzlicher motorischer Störung steigt die Prävalenz weiter an, sodass bei etwa der Hälfte aller Menschen mit geistiger Behinderung und Zerebralparese eine Epilepsie zu finden ist.
Diagnostische und therapeutische Besonderheiten bei Menschen mit Intelligenzminderung
Für die Behandlung von an Epilepsie erkrankten Menschen gelten zwar grundsätzlich die gleichen Prinzipien, gleichgültig ob sie zusätzlich intelligenzgemindert sind oder nicht. Trotzdem bringt die Therapie von Menschen mit geistiger Behinderung einige Besonderheiten mit sich, auf die es zu achten gilt. Menschen mit Intelligenzminderung vertragen Antiepileptika anders, manchmal auch schlechter. Ein gutes Beispiel dafür ist Levetiracetam, das in dieser Gruppe von Betroffenen deutlich häufiger zu Verhaltensauffälligkeiten führt.
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Bedeutung einer genauen Anfallsdiagnose
Auch bei geistig behinderten Menschen bildet eine möglichst genaue Diagnose der Anfälle und des Epilepsiesyndroms die Grundlage für eine erfolgreiche Therapie. Gerade bei der Erhebung der Anamnese und Anfallsbeschreibung ist man in besonderem Maße auf Informationen von anderen Personen (z.B. Angehörige, Betreuer) sowie gegebenenfalls weitere Quellen (z.B. Videoaufnahmen, Anfallskalender) angewiesen.
Differenzialdiagnostische Herausforderungen
Bei schwer mehrfachbehinderten Patienten bereitet nicht selten die Differenzialdiagnose zwischen epileptischen und nichtepileptischen anfallsartigen Störungen (z.B. Verhaltensstereotypien, autistisches Verhalten, Hyperkinesen, extrapyramidale Dyskinesien, dissoziative Anfälle, Muskelspasmen, Tics, Synkopen) erhebliche Schwierigkeiten, auch bei Patienten, bei denen eine Epilepsie gesichert ist. Fast immer ist hier eine Videoaufzeichnung hilfreich.
Bildgebende Diagnostik
Bei jeder Epilepsie-Erstdiagnose, bei der eine symptomatische Genese zu vermuten ist, ist eine bildgebende Untersuchung erforderlich, heutzutage ein kraniales Kernspintomogramm (cMRT), das oft nur in Narkose möglich ist, um sowohl Ätiologie der Epilepsie, aber auch der Behinderung zu klären.
Nichtmedikamentöse Maßnahmen
Zur Behandlung der Epilepsie gehören auch und gerade bei geistig behinderten Patienten nichtmedikamentöse Maßnahmen (z.B. Tagesstrukturierung, Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus) sowie Maßnahmen, die anfallsbedingten Schaden verhüten sollen. Dies betrifft besonders den Umgang mit Sturzgefahr im Rahmen von Anfällen.
Pharmakologische Therapie
Die pharmakologische Therapie der Anfälle unterscheidet sich prinzipiell nicht von der Behandlung von Patienten ohne Intelligenzminderung. Es ist also eine Monotherapie mit dem Ziel der Anfallsfreiheit anzustreben. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass dies erfolgreich möglich ist und eine Kombinationstherapie bei geistig behinderten Patienten nicht häufiger notwendig ist. Es kommt im Gegenteil nicht selten bereits durch das Absetzen einer Substanz aus einer Kombinationstherapie zu einer Verbesserung der Anfallskontrolle, während sich Nebenwirkungen regelhaft und zum Teil in ungeahntem Maße bessern.
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Substanzauswahl
Bei der Substanzauswahl ist zu bedenken, dass einige Antiepileptika bei Patienten mit geistiger Behinderung erfahrungsgemäß ein erhöhtes Risiko insbesondere psychiatrischer Nebenwirkungen bergen, wobei diese häufiger in Kombinationstherapie zu beobachten sind und selbstverständlich keine Kontraindikation darstellen, sondern zu vermehrter Aufmerksamkeit beim Einsatz der jeweiligen Substanz Anlass geben sollten. Keine antiepileptische Substanz sollte prinzipiell ausgeschlossen werden.
Applikationsformen
Einigen Patienten, insbesondere mit schweren Mehrfachbehinderungen, ist es nicht möglich, Tabletten oder Kapseln zu schlucken. Hier muss frühzeitig an andere Applikationsformen gedacht werden, vor allem Tropfen oder Säfte, auch wenn diese zum Teil deutlich teurer sind. Retard-Tabletten lassen sich in der Regel in Wasser auflösen.
Aufdosierung und Überdosierung
Beim Aufdosieren eines Antiepileptikums ist daran zu erinnern, dass zum einen die Überdosierungsgrenze bei geistig oder körperlich behinderten Menschen aufgrund ihrer Hirnschädigung schon bei Serumkonzentrationen erreicht sein kann, die man bei der Behandlung nichtbehinderter Patienten als in der Regel noch gut verträglich erlebt hat. Zum anderen kann sich eine beginnende Überdosierung durch eine unspezifisch erscheinende Zunahme einer vorbestehenden motorischen Störung, eine zunehmende Verlangsamung oder auch eine Änderung des Verhaltens bemerkbar machen, ohne dass die sonst üblichen ZNS-Symptome wie Ataxie, Blickrichtungsnystagmus, Müdigkeit nachzuweisen wären.
Osteoporose-Risiko
Patienten mit geistiger und insbesondere zusätzlicher körperlicher Behinderung sind wegen des häufigeren Bewegungsmangels oder einer Immobilisierung und oft verminderter Sonnenexposition besonders gefährdet, eine Antiepileptika-induzierte Osteoporose zu entwickeln.
Kosmetische Nebenwirkungen
Kosmetisch störende Nebenwirkungen wie etwa einen Hirsutismus oder eine Adipositas können einen Patienten, der nicht selten durch seine Behinderung bereits stigmatisiert ist, zusätzlich sehr belasten, auch wenn er es nicht immer angemessen zu äußern vermag.
Verhaltensauffälligkeiten und kognitive Einschränkungen
Bei einer zunehmenden Verhaltensauffälligkeit oder kognitiven Einschränkung unter der Aufdosierung eines Antiepileptikums ist differenzialdiagnostisch auch ein non-konvulsiver Status epilepticus zu erwägen, der nicht notwendigerweise mit der bei dem Patienten bekannten Anfallssymptomatik einhergehen muss.
Psychiatrische Komorbidität
Psychiatrische Komorbidität ist bei Menschen mit Epilepsien häufig, besonders depressive Störungen. Besondere Probleme bei geistig behinderten Menschen sind deren Verhaltensstörungen und deren Entwicklung zu psychotischen Symptomen, oft in Verbindung mit Anfällen.
Auswirkungen von Anfällen und Medikamenten auf die Intelligenz
Wiederkehrende epileptische Anfälle können die intellektuellen Leistungen beeinträchtigen. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass sich mit manchen antiepileptischen Medikamenten die intellektuelle Leistungsfähigkeit von Kindern deutlich verbessern, ja sogar normalisieren lässt.
Forschungsansätze zur Verbesserung der Lebensqualität
Krampfanfälle zu beseitigen ist sicher das erste Ziel bei der Behandlung von Epilepsien. Aber ebenso wichtig für die Lebensqualität von Patienten ist es, ihre intellektuelle Fähigkeit positiv zu beeinflussen bzw. zu erhalten. Denn wiederkehrende epileptische Anfälle verlangsamen die Verarbeitung von Reizen im Gehirn und beeinflussen negativ den Intelligenzquotienten der Patienten.
Medikamenteneinfluss auf die Reizverarbeitung im Gehirn
In einer Untersuchung an 56 Kindern mit erstmals diagnostizierter Epilepsie und einer Kontrollgruppe von 49 gesunden Kindern konnte gezeigt werden, dass von den drei am häufigsten eingesetzten Medikamenten zumindest zwei positiv auf die Leistungsfähigkeit der Patienten wirken: Carbamazepin verbessert die Geschwindigkeit der Verarbeitung von Reizen im Gehirn, Sultiam normalisiert sie. Dieses Medikament bewirkt sogar, daß eine zuvor deutlich herabgesetzte intellektuelle Leistungsfähigkeit unter der Therapie auf annähernd normale Werte angehoben wird. Bei Valproat waren keine deutlichen Änderungen zu erkennen.
Epilepsie im Kindes- und Jugendalter
Bei vielen Kindern und Jugendlichen lässt sich eine Epilepsie gut behandeln. Manchmal legt sich die Erkrankung nach einigen Jahren ganz, dann treten keine Anfälle mehr auf. Es gibt aber auch Epilepsien, die ein Leben lang bleiben und kaum auf Medikamente ansprechen.
Vielfalt der Anfallsformen
Epileptische Anfälle können sich ganz unterschiedlich zeigen: Manche dauern nur Sekunden und machen sich kaum bemerkbar, andere lösen starke Krämpfe aus, zum Teil am ganzen Körper. Bei Kindern werden die Symptome anfangs oft falsch gedeutet: zum Beispiel eine kurze „Abwesenheit“ als Tagtraum oder leichte Zuckungen als Schluckauf.
Häufigkeit und Auswirkungen
Etwa 0,5 % aller Kinder und Jugendlichen haben eine Epilepsie. Leichtere Formen sind kaum einschränkend. Dagegen kann eine Epilepsie mit häufigen Anfällen ein Kind und seine Familie stark belasten. Dann ist neben der medizinischen Behandlung auch eine Unterstützung im Alltag sehr wichtig.
Spezielle Epilepsieformen im Kindes- und Jugendalter
Es gibt spezielle Epilepsiearten, die im Kindes- und Jugendalter auftreten und danach nicht mehr. Dazu gehören:
- Absence-Epilepsie: Dabei ist das Kind während eines Anfalls für wenige Sekunden abwesend. Es wird blass, hat einen starren Blick und reagiert nicht auf Ansprache. Zusätzlich kann es mit den Lidern zucken, die Augen verdrehen oder den Kopf nach hinten legen. Solche kurzen Abwesenheiten (Absencen) können bis zu hundert Mal am Tag auftreten.
- Rolando-Epilepsie: Während des Anfalls zuckt eine Gesichtshälfte, manchmal auch ein Arm oder ein Bein. Es kann auch zu Kribbeln, Taubheitsgefühlen, Sprech- und Schluckstörungen oder vermehrtem Speichelfluss kommen. Dabei ist das Kind in der Regel bei Bewusstsein. Die Anfälle treten meist beim Einschlafen oder Aufwachen auf.
- Juvenile myoklonische Epilepsie: Sie zeigt sich erstmals in der Pubertät. Zu den Anfällen mit Muskelzuckungen und mitunter ausfahrenden Arm- und Schulterbewegungen kommt es meist morgens nach dem Aufwachen. Manchmal knicken auch die Beine ein.
- West-Syndrom: Diese schwere Epilepsieform beginnt fast immer im Säuglingsalter. Während eines Anfalls beugt und streckt sich der ganze Körper des Kindes, die Nacken-, Hals- und Rumpfmuskulatur verkrampft ruckartig. Die Anfälle treten ebenfalls meist kurz nach dem Aufwachen oder beim Einschlafen auf.
Langzeitverlauf und Prognose
Viele Kinder haben eine leichtere Epilepsie, die nach einigen Jahren verschwindet. Diese Kinder entwickeln sich in der Regel normal und ohne Folgeschäden. Zu den leichteren (auch „gutartig“ genannten) Formen gehören die Rolando-Epilepsie und die Absence-Epilepsie. Bei der Rolando-Epilepsie kann sogar oft auf Medikamente verzichtet werden, da die Anfälle meist wenig belastend sind.
Bei anderen Kindern hält die Epilepsie dauerhaft an und ist mitunter sehr ausgeprägt. Manchmal lassen sich die Anfälle mit Medikamenten wirksam unterdrücken. Sie müssen jedoch meist ein Leben lang eingenommen werden. Sehr schwere Epilepsien wie das West-Syndrom können die Entwicklung beeinträchtigen. Es kann auch sein, dass Medikamente dann nicht oder kaum wirken.
Einfluss auf die Entwicklung
Etwa 70 % der Kinder mit Epilepsie sind geistig normal entwickelt und genauso intelligent wie Kinder ohne Epilepsie. Die Epilepsie schränkt ihren Alltag nur wenig ein. Die Medikamente wirken oft gut, manchmal sind auch gar keine notwendig.
Häufige Anfälle können dagegen körperlich und psychisch belasten und zu Konzentrationsstörungen, einem schwachen Selbstwertgefühl und Angst vor dem nächsten Anfall führen.
Behandlungsmöglichkeiten im Kindes- und Jugendalter
Etwa 60 % aller Kinder werden durch die Behandlung mit dem ersten Medikament anfallsfrei. Bei etwa 10 % gelingt dies erst nach dem Wechsel auf ein anderes Medikament. Etwa 30 % aller Kinder haben trotz Medikamentenbehandlung weiter epileptische Anfälle.
Medikamentöse Therapie
Manchmal müssen verschiedene Präparate ausprobiert werden, bis eins davon wirkt. Je mehr Medikamente ausprobiert werden müssen, desto geringer wird aber die Wahrscheinlichkeit, dass eine wirksame Behandlung möglich ist. Es können auch zwei oder mehr Medikamente kombiniert werden. Ob dies Vorteile hat, ist aber unklar.
Wenn ein Kind anfallsfrei ist, wartet man noch eine gewisse Zeit (zum Beispiel zwei Jahre), bis die Medikamente abgesetzt werden. Ob und wann sie abgesetzt werden können, hängt von der Ursache und der Epilepsieform ab.
Ketogene Diät
Bei schwer behandelbaren Epilepsien empfehlen Ärztinnen und Ärzte manchmal eine bestimmte Ernährungsform - die ketogene Diät. Dabei werden nur wenig Kohlenhydrate und stattdessen vor allem Fette aufgenommen. Diese Diät hat zur Folge, dass sich der Stoffwechsel umstellt: Um Energie zu gewinnen, wird Fett statt Zucker abgebaut. Der erhöhte Gehalt an Fettsäuren im Blut soll wiederum die Signalübertragung der Nervenzellen im Gehirn beeinflussen und zu weniger Anfällen führen.
Operation und Vagusnerv-Stimulation
Eine Operation kommt infrage, wenn sich eine belastende Epilepsie nicht gut mit Medikamenten behandeln lässt. Sie ist nur möglich, wenn die Anfälle von einer ganz bestimmten Stelle im Gehirn ausgehen (fokale Epilepsie). Anfälle, die das gesamte Gehirn erfassen (generalisierte Epilepsie), können nicht operativ behandelt werden.
Zudem gibt es die Vagusnerv-Stimulation. Dabei wird eine Elektrode links am Hals eingepflanzt und mit einem kleinen Gerät verbunden, das im Brustbereich unter der Haut eingesetzt wird. Das Gerät sendet über die Elektrode elektrische Impulse an den Vagusnerv und weiter ans Gehirn. Diese Impulse sollen bestimmte Gehirnaktivitäten hemmen und dadurch Anfällen vorbeugen.
Kognitive Beeinträchtigungen bei Epilepsie
Patienten mit Epilepsie leiden häufig an kognitiven Einschränkungen. Zu den wichtigsten Ursachen zählen strukturelle Läsionen, klinische und demografische Faktoren und nicht zuletzt die eingesetzten Antiepileptika. An der Entwicklung und Progression kognitiver Defizite sind intrinsische wie extrinsische Faktoren beteiligt, von denen sich manche bei rechtzeitiger Kenntnis günstig beeinflussen lassen.
Ursachen kognitiver Beeinträchtigungen
Zu den wesentlichen Ursachen für kognitive Beeinträchtigungen zählen morphologische Faktoren (stabile und progressive Gehirnläsionen, Epilepsiechirurgie), klinische und demografische Faktoren (Alter zu Beginn der Epilepsie, Lateralisation und Topografie der epileptogenen Läsion, Erkrankungsdauer, Geschlecht) und funktionelle Faktoren (Medikation, psychiatrische Komorbidität, Anfälle, interiktale epileptiforme Entladungen).
Kognitive Defizite bereits bei Erkrankungsbeginn
Es gibt mehrere Untersuchungen, die der Frage nachgehen, ob bereits bei Erkrankungsbeginn und noch vor Beginn der Therapie bei Epilepsiepatienten kognitive Defizite vorliegen können. In den meisten Studien konnten in unterschiedlichen Domänen, insbesondere in den Bereichen Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Exekutivfunktionen, Beeinträchtigungen identifiziert werden.
Neuropsychologische Testung als Basisdiagnostik
Bei neu diagnostizierten Epilepsien sollte - wenn möglich - eine neuropsychologische Testung als Basisdiagnostik vorgenommen werden. Neuropsychologische Methoden haben in der prächirurgischen Diagnostik einen wesentlichen Stellenwert zur Lokalisationsdiagnostik.
Epilepsie als Netzwerkerkrankung
Die Ergebnisse zeigen, dass es sich auch bei kognitiven Beeinträchtigungen bei Epilepsie letztlich um ausgedehnte Netzwerkprobleme handelt und kognitive Beeinträchtigungen deshalb zumeist mehrere Domänen erfassen.
Einflussfaktoren auf kognitive Beeinträchtigungen
Die kognitiven Beeinträchtigungen korrelieren mit dem Alter, in dem sich die Epilepsie manifestierte. Je früher die Epilepsie auftrat, desto höher war die Wahrscheinlichkeit, Beeinträchtigungen in allen kognitiven Domänen zu haben. Weitere negative prädiktive Faktoren für kognitive Beeinträchtigungen waren die Erkrankungsdauer und die Zahl der eingenommenen Antiepileptika.
Progression kognitiver Defizite
Die Dauer der Epilepsieerkrankung beeinflusst den Full-Scale-IQ maßgeblich. Patienten mit einer niedrigen Schulbildung zeigen einen signifikanten Verlust des IQ bereits früher als Patienten mit einer höheren Schulbildung.
Therapiebedingte kognitive Nebenwirkungen
Generell wird das Auftreten von Nebenwirkungen auch bei einem hypothetischen Therapieerfolg äußerst kritisch gesehen, am wenigsten würden mögliche psychiatrische oder kognitive Nebenwirkungen in Kauf genommen werden.
Antiepileptika und kognitive Leistung
Aufmerksamkeitsstörungen wurden für alle Substanzen mit Ausnahme von Lamotrigin, Levetiracetam, Tiagabin und Vigabatrin beschrieben. Clobazam, Phenobarbital, Topiramat und Zonisamid können zu Beeinträchtigungen der Sprache führen. Hingegen ist ein negativer Einfluss auf das Gedächtnis nur für wenige Wirkstoffe (Carbamazepin, Phenobarbital, Phenytoin, Topiramat und Valproinsäure) beschrieben und wird kontrovers diskutiert.
Was tun bei einem epileptischen Anfall?
- Ruhe bewahren, nicht davonrennen.
- Den Betroffenen gegebenenfalls aus einem Gefahrenbereich entfernen.
- Beengende Kleidungsstücke am Hals lösen.
- Kopf polstern.
- Krampferscheinungen nicht unterdrücken, den Betroffenen nicht aufrichten, verkrampfte Hände nicht öffnen oder festhalten, Kiefer nicht gewaltsam öffnen, keine Gegenstände zwischen die Zähne schieben.
- Keine Unterbrechungsversuche: Nicht schütteln, klopfen oder anschreien.
- Patient nach dem Anfall in stabile Seitenlage bringen, damit eventuell Speichel abfließen kann.
- Nach dem Anfall bzw. Wiedererlangen des normalen Bewusstseins Hilfe und Begleitung anbieten.
- Wichtig ist auch, die Dauer des Anfalls zu registrieren. Zumeist sind Anfälle nach ein bis zwei Minuten vorbei.
Auslösende Umstände für einen epileptischen Anfall
Schlafmangel, Alkoholgenuss, Flackerlicht in der Disco, Stress, Überanstrengung oder fieberhafte Infekte können einen Anfall auslösen. Es kann auch zu Anfällen kommen, wenn Antiepileptika nicht eingenommen oder vergessen wurden.
Epilepsie und geistige Behinderung
Tatsächlich sind geistig behinderte Menschen häufiger epilepsiekrank als andere. Eine Epilepsieerkrankung verursacht aber sehr selten Defizite in Intelligenz oder Gedächtnis. Nur bei wenigen Syndromen kommt es mit Einsetzen der Erkrankung zu einem Entwicklungsknick oder zu einem Entwicklungsrückgang.
Berufswahl und Berufsleben mit Epilepsie
Junge Menschen mit Epilepsie sollten sich bereits frühzeitig - 1 bis 2 Jahre vor Ende der Schulzeit - mit der Berufswahl beschäftigen. Schulabgänger, die nicht anfallsfrei sind, benötigen unbedingt eine spezielle Berufsberatung. Für schwerbehinderte/gleichgestellte Arbeitnehmer gilt ein besonderer Kündigungsschutz. Im Bewerbungsschreiben sollten Sie die Epilepsie generell nicht erwähnen.
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