Psilocybin, der psychoaktive Inhaltsstoff in halluzinogenen Pilzen, auch bekannt als "Magic Mushrooms", hat in den letzten Jahren zunehmend Aufmerksamkeit in der medizinischen Forschung erlangt. Insbesondere wird untersucht, wie Psilocybin bei der Behandlung von psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Zwangsstörungen und Suchterkrankungen eingesetzt werden kann. Studien deuten darauf hin, dass Psilocybin eine rasche und anhaltende antidepressive Wirkung haben kann, was neue Hoffnung in der Behandlung von psychischen Erkrankungen weckt.
Psilocybin: Ein Inhaltsstoff mit Potenzial
Die Forschung konzentriert sich auf psychedelische Wirkstoffe wie Psilocybin, da herkömmliche Antidepressiva oft nur eine begrenzte Wirksamkeit zeigen, erhebliche Nebenwirkungen verursachen und hohe Rückfallquoten aufweisen. Ein Review aus dem Jahr 2020, veröffentlicht im Fachjournal „Acta Psychiatrica Scandinavica“, deutet auf eine gute Wirksamkeit von Psilocybin bei Depressionen, Zwangsstörungen und Suchterkrankungen hin. Eine Studie aus dem April 2021 veranschaulichte, dass der Pilzinhaltsstoff vergleichbar gut antidepressiv wirkt wie Escitalopram, ein selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI).
Wie wirkt Psilocybin im Gehirn?
Die antidepressive Wirkung von Psilocybin war lange Zeit ein Rätsel. Jüngste Forschungsergebnisse, veröffentlicht im Fachjournal „Nature Medicine“, haben jedoch erstaunliche Einblicke in den möglichen Wirkmechanismus von Psilocybin gegeben. Richard E. Daws vom Imperial College London und sein Team analysierten MRT-Bilder des Gehirns von Patienten, die in zwei unabhängigen klinischen Studien mit Psilocybin behandelt wurden, und verglichen sie teilweise mit denen von Escitalopram-Patienten.
Die Ergebnisse zeigten, dass Psilocybin die funktionelle Konnektivität des Gehirns erhöht. Dies bedeutet, dass verschiedene Bereiche des Gehirns besser zusammenarbeiten und Informationen effektiver verarbeiten. Vereinfacht ausgedrückt: Psilocybin führt zu einer Auflösung der üblichen neuronalen Netzwerke und zur Knüpfung neuer Verbindungen. Interessanterweise korrelierte die Zunahme der funktionellen Konnektivität mit der klinischen Verbesserung der Depression.
Eine zweite Studie bestätigte diese Ergebnisse und zeigte, dass Psilocybin eine rasche Depressionsverbesserung bewirkt, die signifikant stärker war als unter Escitalopram. Die Wissenschaftler erklären, dass dies auf eine bessere Wirksamkeit der Psilocybin-Therapie im Vergleich zu Escitalopram hinweist.
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Die Rolle der Gehirn-Modularität und Flexibilität
Die Studien beobachteten auch Effekte auf die Gehirn-Modularität. Diese nahm ab und stand in Verbindung mit der veränderten Schwere der Depression - jedoch nur in der Psilocybin-Gruppe und nicht bei Patienten, die Escitalopram erhalten hatten. Zudem stand die Reaktion der Patienten auf Psilocybin in Verbindung mit der Flexibilität der neuronalen Netzwerke. Eine erhöhte dynamische Flexibilität durch Psilocybin korrelierte mit einer stärkeren Depressionsverbesserung. Unter Escitalopram ließ sich hingegen kein signifikanter Zusammenhang zwischen einer erhöhten dynamischen Flexibilität und einer Depressionsverbesserung feststellen.
Es wird vermutet, dass Psilocybin zu neuen Verknüpfungen von Nervenzellen im Gehirn führt und Verbindungen zu anderen Regionen geschwächt werden, was den Patienten ermöglicht, bestimmte Probleme anders zu bewerten und ihre Sichtweise zu ändern.
Expertenmeinungen und weitere Forschung
Prof. Dr. Matthias Liechti vom Universitätsspital Basel (Schweiz) ordnet die Studienergebnisse so ein, dass die erhöhte funktionelle Verbindung einer beschriebenen subjektiven erhöhten Flexibilität und emotionalen Entspannung entsprechen könnte. Er betont jedoch, dass die akute subjektive angenehme Wirkung von Psilocybin sehr gut mit dem therapeutischen Effekt korreliert.
Privatdozentin Dr. Katrin Preller von der Universität Zürich (Schweiz) wünscht sich weitere Forschung und einen Biomarker, der schon vor der Behandlung vorhersagen lässt, ob ein Patient von der Therapie profitieren kann.
Aktuell läuft eine klinische Studie zur Wirksamkeit von Psilocybin an der Berliner Charité, die untersucht, wie sicher und wirksam Psilocybin bei Menschen mit therapieresistenten Depressionen ist.
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Die Wirkung von Psilocybin auf Wahrnehmung und Emotionen
Psilocybin aktiviert das Serotoninsystem im Gehirn und verändert dadurch die Wahrnehmung. Es wird im Körper zum aktiven Psilocin umgewandelt, das an Serotonin-Rezeptoren auf erregenden und hemmenden Nervenzellen bindet, insbesondere im cingulären und präfrontalen Cortex sowie im Thalamus.
Psilocin führt zu einer reduzierten funktionellen Verknüpfung der beeinflussten Hirnregionen, was sich auch in einer Abnahme der Durchblutung zeigt. Es löst Halluzinationen aus, ebenso wie eine verstärkte Innenschau und ein gedehntes Zeitempfinden.
Die Effekte von Psilocin können mit denen von LSD verglichen werden: Es kommt zu einer Veränderung der Wahrnehmung, insbesondere der akustischen und optischen. Halluzinationen und Synästhesien sind möglich. Konsumenten nehmen Wirkungen auf das eigene Empfinden wahr, die bisweilen als spirituelle Erfahrungen, bisweilen aber auch als psychotische Reaktion erlebt werden können. Ob die Eindrücke als erfreulich oder unerfreulich wahrgenommen werden, hängt von der psychologischen Ausgangslage des Konsumenten ab. Nicht zuletzt wird das Zeitgefühl erheblich gestört, Minuten werden zu Stunden.
Risiken und Nebenwirkungen
Obwohl Psilocybin nicht körperlich abhängig macht, kann die Einnahme unter unkontrollierten Bedingungen zu Angstattacken, Panikzuständen und sogenannten Horrortrips führen. Mögliche körperliche Nebenwirkungen sind erweiterte Pupillen, schnellere Atmung, erhöhte Herzfrequenz, erhöhter Blutdruck, Erbrechen, Magenschmerzen, Kopfschmerzen und erhöhte Körpertemperatur.
Fallberichte und Befragungen zeigen, dass auch unter scheinbar guten Bedingungen erfahrene Konsumierende in psychische Ausnahmesituationen geraten können, die von starker Angst geprägt sind. In seltenen Fällen ereignen sich durch das Verkennen der Realität auch Unfälle, die tödlich enden können.
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