Magnetfeldtherapie bei Polyneuropathie: Aktuelle Studien und Forschung

Die Magnetfeldtherapie ist ein alternativ- und komplementärmedizinisches Verfahren, das bei verschiedenen Beschwerden eingesetzt wird. Im Fokus dieser Betrachtung stehen aktuelle Studien und Forschungsergebnisse zur Anwendung der Magnetfeldtherapie, insbesondere bei Polyneuropathie.

Grundlagen der Magnetfeldtherapie

Magnetismus fasziniert die Menschen seit der Antike. Schon damals sollen Gelehrte Magnete als Heilsteine eingesetzt haben. Auch heute noch glauben viele an die heilende Kraft von Magnetfeldern. Anders als in der Antike stehen Ärzten heute verschiedene technische Geräte zur Verfügung, die entweder statische (gleichbleibende) oder pulsierende Magnetfelder erzeugen.

Magnetfelder entstehen an Magneten und immer dann, wenn elektrischer Strom fließt. Das physikalische Prinzip der Therapie ist also dasselbe wie bei den Magnetfeldern, die in der Nähe von Hochspannungsleitungen entstehen. Auch in Magnetresonanztomographen (MRT) bauen sich Magnetfelder auf, die jedoch um ein Vielfaches stärker sind als die Magnetfelder in den Geräten zur Therapie.

Anwendungsbereiche der Magnetfeldtherapie

Magnetfelder werden zur Linderung unterschiedlichster Beschwerden eingesetzt, darunter auch Kreuzschmerzen. Ein probates Mittel gegen Kreuzschmerzen wäre in der Tat hochwillkommen, schließlich geben in Befragungen 50 % der 50- bis 60-Jährigen an, in der vergangenen Woche an Kreuzschmerzen gelitten zu haben. Die Nationale Versorgungsleitlinie Kreuzschmerz führt auch 18 nicht-medikamentöse Verfahren an, die zur Behandlung von unspezifischen Kreuzschmerzen eingesetzt werden, darunter die Magnetfeldtherapie.

Studien zur Magnetfeldtherapie bei Kreuzschmerzen

Das wissenschaftliche Team des IGeL-Monitors fand für seine Analyse und Bewertung nur drei Studien, die eine statische Magnetfeldtherapie mit einer Scheintherapie verglichen haben. Davon konnte nur eine Studie einen Vorteil der Therapie erkennen. Die Aussagekraft dieser Studie wird jedoch durch ihre schlechte Qualität geschwächt. Es kann beispielsweise nicht ausgeschlossen werden, dass die Patienten ahnten, zu welcher Gruppe sie gehörten. Die Schmerzwahrnehmung kann verzerrt werden, wenn man ahnt, ob man die eigentliche Therapie oder nur eine Scheintherapie erhält. Dies kann das Ergebnis der Studie beeinflussen, in der die Schmerzwahrnehmung abgefragt wurde. Das positive Ergebnis dieser einen Studie wird außerdem dadurch in Frage gestellt, dass die anderen beiden Studien, die ebenfalls keine gute Qualität aufwiesen, keine spezifischen Effekte ermitteln konnten. Insgesamt kommt der IGeL-Monitor zu dem Schluss, dass von einer statischen Magnetfeldtherapie zur Behandlung von Kreuzschmerzen weder ein Nutzen noch ein Schaden zu erwarten ist.

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Magnetfeldtherapie bei Tendinopathien und Bursitis

Entzündliche Veränderungen an Sehnenansätzen und Schleimbeuteln sind häufige Erkrankungen, die oft eine langfristige Behandlung mit Schmerzmitteln, Physiotherapie und Ruhigstellung nach sich ziehen. Um eine weitere Therapieoption anzubieten, wird die Wirkung hochenergetischer Magnetfelder auf die entzündeten Körperregionen untersucht. Dabei wird die Druckschmerzschwelle mithilfe eines Algometers erhoben, welches die Schmerzen durch Druck der Messplatte auf die entzündete Region in Newton angibt. Zusätzlich wird ein Entzündungsmarker im Blut bestimmt, um einen antientzündlichen Effekt der Anwendung nachzuweisen.

Tendinopathien sind Erkrankungen, die oft eine langfristige Behandlung mit Schmerzmitteln, Physiotherapie, Orthesen und Schonung nach sich ziehen. Dabei ist die Rezidivneigung nach Belastung und damit einhergehende Einschränkungen zum Teil über mehrere Jahre eine Belastung für die Patienten. Niedrigenergetische Magnetfeldtherapie (PEMF) ist dabei ein bereits diskutiertes Therapieverfahren, u.a. in der S2k-Leitlinie für Epicondyliten. Die Wirksamkeit ist umstritten, da die Studien diskrepante Ergebnisse aufzeigen und einige eine Wirkung über den Placeboeffekt hinaus nicht belegen konnten. Studien zu Hochenergiemagnetfeldtherapien liegen jedoch bisher nicht vor.

Studie zur Hochenergiemagnetfeldtherapie bei Tendinopathien und Bursitis

Zielsetzung einer Studie ist der Nachweis der Wirksamkeit einer Hochenergiemagnetfeldtherapie in einem einfach-verblindeten, placebokontrollierten Studienprotokoll im Hinblick auf den primären Endpunkt Druckschmerzschwelle und auf den sekundären Endpunkt, Veränderungen der Serum Konzentration des Hitzeschockproteins (HSP 70) als direktem mechanistischen Hinweis auf eine anti-inflammatorische Wirkung auf Zell/DNA-Ebene.

Patienten mit einer diagnostizierten Ansatztendinopathie/Bursitis erhalten einmalig eine 10-minütige Anwendung einer hochenergie (0,78T) Magnetfeldtherapie oder eine 10-minütige Placebo-Anwendung ohne Applikation eines Magnetfeldes.

Als primärer Endpunkt wird die Druckschmerzschwelle (pain pressure threshold: Algometrie) zu 5 Messzeitpunkten (t0: direkt vor, t1: unmittelbar nach, t2: 1 Stunde nach, t3: 1 Tag nach, t4: 1 Woche nach der Intervention) bestimmt. Die Serum-Konzentration von HSP-70 wird zu 4 Messzeitpunkten (t0: direkt vor, t2: 1 Stunde nach, t3: 1 Tag nach, t4: 1 Woche nach der Intervention) bestimmt.

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EMF-Anwendungen am Menschen zu nichtmedizinischen Zwecken

In den letzten Jahren hat neben der Anwendung von Ultraschallgeräten und Lasern sowie anderen optischen Strahlungsquellen (z.B. Eingesetzt werden solche Geräte z.B. Daher hat das BMU die SSK gebeten, die Risiken der gezielten Anwendung von EMF zu nichtmedizinischen Zwecken am Menschen zu bewerten. Zu dieser Thematik wurde bereits eine Studie im Auftrag des BfS durchgeführt (Dürrenberger et al. 2018). Mit der "Verordnung zum Schutz vor schädlichen Wirkungen nichtionisierender Strahlung bei der Anwendung am Menschen" ( NiSV 2018, Artikel 4) sind zu dieser Thematik bereits Regelungen erfolgt, die Ende 2020 in Kraft treten. Die hier vorliegende Empfehlung umfasst die Bewertung der gängigen Gerätearten bzw.

Bewertung von Risiken bei EMF-Anwendungen

Die Bewertung der Risiken, die mit den EMF verbunden sind, erfolgt in erster Linie aufgrund des Kenntnisstands über deren gesundheitliche Auswirkungen. Hier werden neben wissenschaftlich nachgewiesenen akuten Auswirkungen auch einige Hinweise auf mögliche Langzeitwirkungen wie z.B. Diese Hinweise werden als ein Zusatzkriterium für die Bewertung des gesundheitlichen Risikos genutzt. und jeweils als niedrig, mittel bzw. Bei mittlerem und hohem Risiko werden entsprechende Maßnahmen bzw. Diese Abstufung wird auch für die Einschätzung der Relevanz von nicht quantifizierbaren Zusatzkriterien für das gesundheitliche Risiko gewählt (insbesondere für Art der Zielpersonen, Anwendungsbereich, Dauer der Anwendung, Hinweise auf mögliche Langzeitwirkungen). Die Zusatzkriterien sollen die umfassende und differenzierte Beurteilung von Anwendungen erleichtern.

Aufgrund der Diversität der Geräte und Anwendungen konnten nicht sämtliche Gerätevarianten und EMF-Anwendungen am Menschen in die folgenden Empfehlungen einbezogen werden, sondern sind nur beispielhaft als Aufzählung aufgeführt. Anwendungen mit potenziell hohem gesundheitlichem Risiko sind der Medizin vorzubehalten, wie z.B. Hyperthermie, Thermoablation, Elektroporationsbasierte Krebstherapien, Krebstherapie mit tumorspezifischen Frequenzen, Tumor Treating Fields (TTF), MRT, TMS, Neurostimulation des ZNS gegen Schmerzen sowie Lipolyse. Anwendungen mit potenziell mittlerem gesundheitlichem Risiko, wie z.B. Die Anwendung dieser Verfahren bei Personen mit aktiven Implantaten ist kontraindiziert. Von den oben genannten Anwendungen ist im privaten Bereich wegen der inhärenten unerwünschten Gesundheitswirkungen abzuraten. Unerwünschte gesundheitliche Wirkungen nach häufigen und/oder langandauernden Anwendungen sind systematisch zu erfassen und zu erforschen.

Bewertung der EMF-Exposition

Für eine Bewertung möglicher Risiken bei EMF-Anwendungen werden die von der ICNIRP empfohlenen Basisgrenzwerte ("basic restrictions") für die Allgemeinbevölkerung herangezogen. Die von der ICNIRP empfohlenen Grenzwerte basieren auf frequenzabhängigen Wirkschwellen für biologische Wirkungen (Nerven- und Muskelreizung und/oder Erwärmung), die in umfassenden Recherchen der Fachliteratur entnommen und durch die ICNIRP ebenfalls bzgl. Oberhalb der Basisgrenzwerte lassen sich gesundheitliche Auswirkungen nicht ausschließen. Die Reduktionsfaktoren sind so bemessen, dass nach derzeitigem Wissensstand unter den Basisgrenzwerten auch bei besonders empfindlichen Personen keine biologischen Effekte auftreten. Die Exposition liegt oberhalb von Basisgrenzwerten, aber unterhalb von Wirkschwellen für biologische Wirkungen und stellt somit kein generelles Gesundheitsrisiko für die Allgemeinbevölkerung dar. Dennoch kann ein Gesundheitsrisiko für besonders empfindliche Personen (z.B. solche mit gestörter Thermoregulation, ältere Menschen, Kranke, Kinder) nicht ausgeschlossen werden. Die Exposition liegt oberhalb von Wirkschwellen für biologische Wirkungen, damit ist von einem gesundheitlichen Risiko auch für die Allgemeinbevölkerung auszugehen. Da die Wirkschwellen individuell sehr unterschiedlich sein können, kann eine quantitative Grenze zwischen den in den Buchstaben a und b angegebenen Bereichen nur größenordnungsmäßig gezogen werden.

Risikobewertung und Qualifikation des Anwenders

Je höher die erforderliche Qualifikation ist, desto höher ist im Umkehrschluss das gesundheitliche Risiko bei einem nicht fachkundigen Anwender.

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  • hoch: Für die Anwendung ist ein approbierter Arzt notwendig.
  • mittel: Für die Anwendung sind eine Ausbildung in einem anwendungsbezogenen Gesundheitsfachberuf und eine geräte- und anwendungsbezogene Fachkunde notwendig.
  • niedrig: Für die Anwendung ist eine anwendungsbezogene Einweisung notwendig.

Langzeitanwendungen und Unsicherheiten

Die ICNIRP-Grenzwertempfehlungen sind nicht an eine definierte Einwirkdauer gekoppelt (von einer 6-Minuten-Mittelungsfrist zur Beurteilung einer thermischen SAR-Exposition abgesehen). Über mögliche Langzeitanwendungen und wiederholte Anwendungen liegen wenig gesicherte wissenschaftliche Daten vor. Deswegen sollten bei langandauernden Expositionen im nichtmedizinischen Bereich unbedingt auch die schwachen Hinweise auf mögliche Langzeitauswirkungen der EMF in Betracht gezogen werden, wie z.B.

Bei EMF-Anwendungen am Menschen im nichtmedizinischen Bereich bestehen weitere Unsicherheiten - z.B. Anwendungen im Medizinbereich unterliegen strengen Auflagen wie z.B. Abgesehen davon ist eine direkte medizinische Überwachung gegeben und die Anwendungen werden nach vordefinierten Protokollen durchgeführt. Das alles ist bei nichtmedizinischen Anwendungen nicht gegeben.

Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV)

EMF können elektronische Medizinprodukte wie Herzschrittmacher stören. Dies bedeutet ein gesundheitliches Risiko, das zu berücksichtigen ist.

  • hoch: Ein Gesundheitsrisiko durch EMV ist nachgewiesen oder aufgrund der EMF-Expositionseigenschaften zu erwarten.
  • mittel: Ein Gesundheitsrisiko durch EMV ist nicht auszuschließen.
  • niedrig: Kein Gesundheitsrisiko durch EMV zu erwarten.

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