Markus Reiter: Hirnforschung und ihre Bedeutung für den Alltag

Die Hirnforschung hat sich im 21. Jahrhundert zu einer der wichtigsten Wissenschaften entwickelt. Markus Reiter, ein ausgewiesener Experte auf dem Gebiet der Kommunikation und Medien, zeigt in seinen Publikationen auf, wie die Erkenntnisse der Neurowissenschaften uns im Alltag helfen können, klüger, erfolgreicher und wachsamer gegenüber Manipulationen zu werden.

Wer ist Markus Reiter?

Markus Reiter ist Kommunikationstrainer, Journalist und Medienberater. Mit seinem Büro "Klardeutsch" in Stuttgart unterstützt er Zeitungen, Zeitschriften und Internet-Redaktionen beim Medienwandel.

Reiter studierte Politikwissenschaft, Volkswirtschaftslehre und Geschichte an den Universitäten Bamberg, Edinburgh und der FU Berlin mit dem Abschluss Diplom-Politologe. Nach einem Volontariat bei einer Tageszeitung arbeitete er als freier Mitarbeiter u. a. für das Deutsche Allgemeine Sonntagsblatt, die Neue Zeit und die Berliner Morgenpost. Anschließend war er PR-Berater für Politik in europäischen Projekten. Von 1997 bis 2000 war er zunächst Reporter, dann stellvertretender Chefredakteur von Reader's Digest Deutschland. Von 2000 bis 2002 war er Feuilletonredakteur der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Von Januar 2003 bis September 2006 war Reiter Chefredakteur und Mitglied der Geschäftsleitung einer süddeutschen Kommunikationsagentur.

Markus Reiter ist Dozent in der Aus- und Weiterbildung an mehreren Journalisten-Akademien, darunter die Akademie der Bayerischen Presse, die ARD-ZDF-Medienakademie und die Akademie des Deutschen Buchhandels. Er hat zahlreiche Bücher und Artikel zum Thema Sprache, Kommunikation und Medien veröffentlicht.

Relevanz der Hirnforschung im Alltag

Reiters Ansatz ist es, die oft komplexen Erkenntnisse der Hirnforschung für jedermann verständlich zu machen. Er beleuchtet Fragen wie:

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  • Was hat ein Affe in einem Labor in Parma mit Werbung für teure Autos zu tun?
  • Warum sollten wir bei einem Autounfall niemals einem Zeugen glauben?
  • Warum war Mutter Teresa auch nur eine Egoistin?
  • Können wir unser Gehirn auf natürliche Weise "dopen"?

Diese Fragen verdeutlichen, wie tiefgreifend die Neurowissenschaften in unser tägliches Leben eingreifen.

Das Gehirn als "Foto Shop"?

In einem Interview vergleicht Reiter unser Gehirn mit einem "Foto Shop". Er erklärt, dass unsere Erinnerungen nicht statisch sind, sondern bei jedem Abruf neu zusammengesetzt und durch spätere Erfahrungen ergänzt werden. Das bedeutet, dass wir uns nicht immer korrekt erinnern können, es sei denn, wir zeichnen das Gesagte auf oder filmen es.

Unsere Wahrnehmung ist selektiv, d.h. wir nehmen nicht alles wahr, was auf uns zukommt. Die Informationen werden im Arbeitsgedächtnis gespeichert und von dort in den Hippocampus verlagert. Während des Schlafs konsolidieren sich die Erinnerungen, wobei unwichtige Dinge entsorgt und andere verstärkt werden. Am Ende entsteht eine neue Erinnerung, die bei erneutem Abruf durch neue Erfahrungen, Gesehenes, Gehörtes, Gelesenes oder Vorgestelltes ergänzt wird.

Erinnerung und Identität

Unsere Erinnerungen formen unsere Identität. Durch die Art und Weise, wie wir uns an bestimmte Dinge erinnern, insbesondere im Zusammenhang mit unseren moralischen Werten, schaffen wir unsere Identität. Es gibt Fälle, in denen Menschen beispielsweise verdrängen, dass sie der NSDAP beigetreten sind.

Auch die Memoiren-Literatur ist von dieser Verzerrung betroffen. Politiker und andere Personen der Zeitgeschichte stellen sich in ihren Memoiren oft in einem besonderen Licht dar, sei es absichtlich oder unabsichtlich aufgrund der Verzerrungen unseres Gedächtnisses.

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Ein Beispiel ist Hillary Clinton, die sich angeblich genau daran erinnerte, als Außenministerin in einem Krisengebiet unter Beschuss geraten zu sein. Später stellte sich heraus, dass dies nie der Fall war. Es ist jedoch möglich, dass sie die Situation als extrem gefährlich abgespeichert hatte, was ihre Erinnerung prägte.

Die Rolle der Oral History

Die Oral History hat im 20. Jahrhundert in der Geschichtswissenschaft einen großen Stellenwert erlangt. Allerdings sind die Erinnerungen von Zeitzeugen nicht immer verlässlich. Sie geben eher Aufschluss darüber, wie bestimmte Ereignisse gedeutet werden, als dass sie die Fakten wiedergeben. Dennoch ist es interessant zu sehen, wie sich eine kollektive Erinnerung herstellt, nicht nur für einzelne Personen, sondern auch für ganze Nationen und Gruppen.

Bauchentscheidungen vs. rationales Denken

Reiter betont, dass es nicht sinnvoll ist, sich völlig aus Bauchentscheidungen herauszuhalten. Gerade bei schnellen Entscheidungen können diese hilfreich sein. Bei langfristigen Entscheidungen, die rational abgewogen werden können, sollte man jedoch den präfrontalen Cortex einschalten, den Ort im Gehirn, wo das Nachdenken und Planen verortet ist.

Bei Investmententscheidungen sollte man beispielsweise genau abwägen, was man will. Es ist jedoch wichtig, die Informationsflut zu reduzieren und sich auf die wichtigsten Faktoren zu konzentrieren.

"Schlaue Zellen": Das Neuro-Buch für alle

In seinem Buch "Schlaue Zellen" erklärt Reiter, wie Sprache im Gehirn funktioniert und welche Bedeutung die Hirnforschung für unseren Alltag hat. Er gibt Tipps, wie wir sprechen müssen, um verstanden zu werden.

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Das Buch bietet auf kompakter und amüsante Weise Grundlagenwissen über Neuronen, Synapsen, Hirnareale, Altern, Intelligenz, Täuschung und Fehlschlüsse sowie über Amygdala und Hippocampus. Es enthält Empfehlungen für hirnstärkende Drinks und Tipps, wie man sein Gehirn möglichst lebendig hält.

Reiter macht deutlich, dass wir noch nicht genau wissen, was ein "fittes" Gehirn überhaupt ist. Er gibt aber konkrete Anregungen, wie wir unser Gehirn aktivieren können.

Markus Reiters Bücher (Auswahl)

  • Schlaue Zellen: Das Neuro-Buch für alle, die nicht auf den Kopf gefallen sind, Gütersloh: Gütersloher Verlags-Haus, 2012.
  • Studieren mit Erfolg, Stuttgart: Schäffer-Poeschel, 2012.
  • Lob des Mittelmaßes, München: Oekom, 2011.
  • Schreibtipps für Studierende, Stuttgart: Schäfer-Poeschel, 2011.
  • Dumm 3.0, Gütersloh: Gütersloher Verlags-Haus, 2010.
  • Klardeutsch, 2., erweiterte Auflage, München: Hanser, 2010.
  • Kultur für Banausen, Bergisch Gladbach: Lübbe Ehrenwirth, 2010.
  • Der Relaunch, Konstanz: UVK, 2009.
  • Perfekt schreiben, 3.

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