Meditation und ihre Auswirkungen auf das Gehirn: Eine umfassende Untersuchung

Meditation erfreut sich wachsender Beliebtheit, da der Alltagsstress zunimmt und insbesondere die Pandemie viele Menschen belastet. Meditationsangebote scheinen da wie gerufen. Doch Meditation ist mehr als nur ein Wellness- und Wohlfühlprogramm; sie erfordert langes und regelmäßiges Üben, bis sich positive Effekte einstellen. Studien bestätigen die vielfältigen positiven Auswirkungen der Meditation, doch der Meditationsforschung fehlt bisher eine umfassende Theorie.

Was passiert im Gehirn während der Meditation?

Wenn Menschen mit dem Meditieren beginnen, verändert sich ihre Gehirnaktivität. Milliarden von Neuronen verarbeiten Informationen und filtern Unwichtiges heraus. Meditation als Selbstregulationstechnik kann diese Fähigkeiten verbessern. Ein Forschungsteam des Leibniz-Instituts für Neurobiologie (LIN) Magdeburg hat in den elektrophysiologischen Wellen des Gehirns nach Spuren der Meditation gesucht und herausgefunden, dass bereits die erste Meditationsübung den Grundstein für eine verbesserte Informationsverarbeitung legt.

Die Forschenden untersuchten, ob Achtsamkeitstraining neuronale Netzwerke auf einen kritischen Zustand einstellt. Hierfür nutzten sie die hohe zeitliche Auflösung der Hirnaktivität mittels Magnetenzephalographie (MEG). Sie führten eine frequenzspezifische Analyse der Kritikalität im MEG durch, während sich die Probanden durch Achtsamkeitsmeditation in einem definierten kognitiven Zustand befanden.

Achtsame, fokussierte Aufmerksamkeit als Schlüssel

Meditation erfordert achtsame, fokussierte Aufmerksamkeit. Wenn sich Meditations-Neulinge ausschließlich auf ihre Atmung konzentrieren, wird die neuronale Aktivität über weite Teile der Hirnrinde hinweg optimal koordiniert - ein neuronaler Schlüssel zur Achtsamkeit. Im Gegensatz zum Ruhezustand erfordert achtsame, fokussierte Aufmerksamkeit, das Wandern der Gedanken zu bemerken, zu unterdrücken und sich immer wieder neu auf den Atem zu konzentrieren. Dies bedeutet ständige Überwachung und exekutive Kontrolle, besonders für Anfänger.

Die Wissenschaftler verglichen eine Gruppe von Probanden, die Achtsamkeitsmeditation praktizierten, mit einer Gruppe im Ruhezustand. Die Meditations-Neulinge erhielten eine einfache Achtsamkeits-Atemübung. Dabei zeigte sich, dass hochfrequente Aktivität des Gehirns im Vergleich zum Ruhezustand Kritikalität aufweist, wobei der frontale Kortex neuronale Aktivitätskaskaden auslöst und diese Aktivitäten durch andere kortikale Regionen leitet als im Ruhezustand. Die Studie zeigte, dass Meditation lokale funktionelle Veränderungen des Gehirns verursacht, was die damit verbundene Verbesserung der Informationsverarbeitung erklärt.

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Metta-Meditation: Freundlichkeit und Mitgefühl kultivieren

Auch die Metta-Meditation erfordert langes und regelmäßiges Üben. „Metta“ ist ein Sanskrit-Wort, das Freundlichkeit, Liebe, Sympathie oder aktives Interesse am anderen Menschen bedeutet. Prof. Ulrich Stangier, Psychologe und Psychotherapeut an der Goethe-Universität Frankfurt, erforscht diese buddhistische Meditationsform. In einer Therapiestudie von 2017 bis 2019 untersuchte er mit seinem Team die Wirkung der Metta-Meditation bei Menschen mit chronischer Depression, von denen viele schwere Traumata aus der Kindheit mitbrachten.

In der Gruppentherapie konzentrierten sich die Teilnehmer über ein Jahr lang auf Sätze wie „Möge ich mich friedvoll und glücklich fühlen“ oder „Möge ich frei sein von Kummer und Sorgen“. Die Frankfurter Studie ist die erste ihrer Art im deutschsprachigen Raum und zeigte im Vergleich zu anderen Therapiestudien mit chronisch-depressiven Patienten deutliche Erfolge. Gemessen wurden der Grad der Depressivität und die empfundene Lebensqualität per Selbstauskunft. Der Fokus auf Wohlwollen und die Konzentration auf positive Aspekte erwiesen sich als große Stärke der Therapie.

Veränderungen im Gehirn durch Achtsamkeitsmeditation

Auch das Gehirn von Menschen, die Achtsamkeitsmeditation praktizieren, verändert sich. Forscher der Harvard Medical School konnten zeigen, dass sich die Funktionsweise der Hirnregionen, die mit Emotionsverarbeitung zu tun haben, verändert. Dazu gehören der präfrontale Kortex und die Amygdala.

Eine US-amerikanische Publikation aus dem Jahr 2016 zeigt, dass Meditieren den Gehirnalterungsprozess verlangsamt. Das Gehirnalter von Meditierenden im Alter von 50 Jahren wird aufgrund von anatomischen Bildern auf 42,5 Jahre geschätzt.

Risiken und Nebenwirkungen der Meditation

Der Weg zu mehr Gleichmut oder Achtsamkeit im Alltag kann manchmal auch schmerzhaft sein oder zu Stress führen. In einer Studie über Risiken und negative Wirkungen von Meditation befragte Ulrich Ott von der Universität Gießen über 100 buddhistisch Meditierende in Deutschland. Diese berichteten sowohl von positiven als auch von negativen Emotionen. Meditation kann alte Gefühle zum Vorschein bringen oder neue Ängste auslösen, weil die bisherige Erfahrung von Wirklichkeit ins Wanken gerät. Daher ist die Führung durch erfahrene Lehrende wichtig, und manchmal ist auch eine Therapie ratsam.

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Die Auswirkungen der Meditation auf Gehirn, Psyche und Körper

Meditation wirkt sich auf vielfältige Weise auf Gehirn, Psyche und Körper aus:

  • Mehr Mitgefühl und Emotionsregulierung: Meditation hilft, einfühlsamer zu werden und Emotionen besser zu regulieren.
  • Stressreduktion und Stärkung des Immunsystems: Meditation reduziert Stress und stärkt das Immunsystem.
  • Wirkungen bis in die Zellebene: Meditation kann Veränderungen bis auf die Zellebene bewirken.

Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass Meditation kein Heilmittel ist, sondern die Gesundheit stärkt. Sie ist keine Therapie zur Heilung von Krebs oder chronischen Erkrankungen.

Wie Meditation das Gehirn umbaut

Meditation verändert das Gehirn vor allem im Bereich des Hippocampus, wie die Psychologin und Hirnforscherin Dr. Britta Hölzel herausgefunden hat. Das Nervengewebe erholt sich durch Meditation von Stress. Regelmäßiges Meditieren hilft, gelassener zu werden, den Geist zu beruhigen und im Hier und Jetzt zu leben. Stress, Depressionen, Angststörungen und sogar Schmerzen lassen sich durch Meditation besser bewältigen.

Die Rolle der Amygdala im Stressgeschehen

Die Amygdala spielt eine Schlüsselrolle im Stressgeschehen. Sie fungiert als Alarmglocke und überprüft alle ankommenden Reize auf ihre Bedrohlichkeit. Im Zuge dieser Aktivierung wird der Körper mit Stresshormonen überflutet. Meditation kann die Dichte der grauen Substanz der Amygdala verringern, wodurch die Amygdala weniger anfällig für Stress wird.

Die wachsende Bedeutung der Meditationsforschung

Die Forschung zu den Auswirkungen des Meditierens hat in den letzten 15 Jahren stark zugenommen. Ein wichtiger Grund dafür ist, dass einige Meditationstechniken aus ihren traditionellen spirituellen und religiösen Kontexten herausgelöst und in zahlreiche psychotherapeutische Ansätze eingebunden wurden. Diese säkularen Meditationstechniken, bekannt als "Achtsamkeitsmeditation", werden in vielen Kliniken zur Behandlung psychischer Probleme eingesetzt, was zu einer großen Anzahl von Evaluationsstudien geführt hat.

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Vielfalt der Meditationstechniken

Meditation ist ein Sammelname für unterschiedliche Techniken, die wichtige Bestandteile in allen Weltreligionen waren und sind. Beispiele hierfür sind:

  • Atembeobachtung: Konzentration auf das Heben und Senken der Bauchdecke oder auf den Sinneseindruck des Atems an der Nasenöffnung.
  • Körper- und Gefühlswahrnehmung: Beobachtung von Körperempfindungen, Sinneseindrücken, Gefühlen und Gedanken, ohne daran haften zu bleiben.
  • Beeinflussung von Atem und Energiezentren: Verlangsamung des Atems oder Konzentration auf "Energiezentren" (Chakren).
  • Body-Scan: Systematische Erkundung und Entspannung des ganzen Körpers.
  • Mantra-Wiederholung: Wiederholung von Silben, Wörtern oder Sätzen.
  • Kultivierung positiver Gefühle: Systematische Kultivierung von Liebender Güte, Mitgefühl oder Mitfreude.
  • Meditationsverfahren in Bewegung: Verschiedene Techniken, die Bewegung integrieren.

Achtsamkeitsmeditation: Ein vielseitiger Ansatz

Die bekannteste Form der Achtsamkeitsmeditation, das MBSR-Programm (Mindfulness Based Stress Reduction), beinhaltet das Achten auf den Atem, Liebende-Güte-Meditation, Gehmeditation, Yoga-Übungen und das aufmerksame Essen einer Rosine. Achtsamkeitsmeditation ist weder eine genau definierte Technik noch ein Synonym für Meditation.

Forschungsergebnisse zu den Auswirkungen von Meditation

Eine umfassende Metaanalyse zur Wirkung von Meditation bei Gesunden fand ausgeprägte positive Auswirkungen in nahezu allen untersuchten Aspekten. Die Wirkung auf Gefühlsaspekte war stärker als die auf kognitive Aspekte. Am stärksten wirkte sich Meditation auf die Verbesserung zwischenmenschlicher Beziehungen aus. Metaanalysen zu den therapeutischen Wirkungen von Meditation zeigen ein ähnlich positives Bild, wobei die Effekte bei Gesunden stärker ausgeprägt sind als bei Patienten.

Die Ergebnisse aus Metaanalysen legen nahe, dass sich die Gehirnstrukturen erfahrener Meditierender in charakteristischer Weise von denen Nichtmeditierender unterscheiden und dass sich spezifische Arten von Meditation langfristig unterschiedlich auf die gehirnphysiologischen Vorgänge bei der Verarbeitung von Reizen auswirken.

Theorien zur Wirkung von Meditation

Es gibt einige erfolgversprechende Versuche, Meditationstheorien aus hinduistischen oder buddhistischen Ansätzen zu extrahieren. Ein zentraler Wirkmechanismus besteht darin, dass Meditieren dazu führt, eingefahrene emotionale und kognitive Reaktionstendenzen wieder zu "verlernen". Durch Meditieren können wir lernen, alle Bestandteile der Assoziationskette wahrzunehmen, was langfristig die Häufigkeit und auch die Stärke negativer Emotionen merklich reduzieren kann.

Praktische Tipps für Meditationsanfänger

Viele Menschen suchen sich einen ruhigen Ort und konzentrieren sich auf ihre Atmung und ihren Körper. Wenn Gedanken kommen, lässt man sie gehen und konzentriert sich wieder auf den Atem. Studien haben gezeigt, dass sich bereits nach acht Wochen Meditation mit täglich 45 Minuten Übungsdauer die graue Substanz des Hippocampus verdichtet.

Peter Sedlmeier, ein Meditationsforscher, empfiehlt, die Meditation immer zur selben Zeit zu praktizieren, um eine Gewöhnung zu erzielen. Er selbst meditiert seit 25 Jahren täglich 25 Minuten Zen-Meditation.

Veränderungen im Gehirn durch Meditation

Eine aktuelle Studie zeigt, dass sich bereits nach zehn Minuten Meditation bestimmte Gehirnwellen verändern. Die Aktivität in der Amygdala und dem Hippocampus verändert sich, und spezielle Gehirnwellen (Beta- und Gammawellen) werden beeinflusst. Diese Wellen sind eng mit unserer Stimmung verbunden und werden bei Menschen mit Depressionen oder Angststörungen oft verändert beobachtet.

Die Rolle der Körperhaltung

Ulrich Ott betont die Bedeutung der Körperhaltung beim Meditieren. In der Regel wird in einer aufrechten Sitzhaltung geübt, um wach zu bleiben. Durch die Aufrichtung bleibt man wacher.

Veränderungen im Gehirn von Meditierenden

Ulrich Ott erklärt, dass bei der Meditation Regionen im Gehirn aktiviert werden, die die Aufmerksamkeit ausrichten und halten (zentrales exekutives Netzwerk). Außerdem wird eine Region im vorderen Bereich des Gehirns aktiv, der sogenannte anteriore zinguläre Cortex, der für das Ausblenden von Störungen und das Überwachen zuständig ist. Die "Landkarten" im Gehirn, die die Körperoberfläche und die inneren Organe repräsentieren, differenzieren sich mit zunehmender Übung feiner aus. Auch Regionen, die beim Mitfühlen aktiv sind, werden gestärkt.

Meditation als Werkzeug der Selbstregulation

Ulrich Ott sieht Meditation als ein wichtiges Werkzeug der Selbstregulation. Mit Meditation kann man sich körperlich entspannen, die Aufmerksamkeit fokussieren oder weit stellen und die Emotionen in positiver Weise beeinflussen.

Der Einfluss von Meditation auf Emotionen

Beim Meditieren entspannt man sich und kann seine Emotionen beruhigen. Auch während der Meditation können Emotionen auftauchen, wenn man seine Körperempfindungen wahrnimmt. Wenn man sie mit Gelassenheit wahrnimmt, nehmen sie wieder ab. Man lernt, gelassener mit seinen Gefühlen umzugehen.

Akzeptanz als Schlüssel zur Veränderung

Akzeptanz ist ein zentraler Aspekt in den meisten Meditationsformen. Bei der Achtsamkeitsmeditation richtet man die Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment und akzeptiert alle Empfindungen so, wie sie sind. Dies kann erstaunlich positive Wirkungen haben, insbesondere bei chronischen Schmerzen.

Empfehlungen für Meditationsanfänger

Ulrich Ott empfiehlt Anfängern, zunächst einen MBSR-Kurs zu machen, um erste Erfahrungen mit Meditation und sanften Yoga-Übungen zu sammeln.

Mögliche Risiken und Kontraindikationen

Psychisch labile Menschen können von Meditation profitieren, aber es ist wichtig zu beachten, dass Meditation nicht alles heilen kann. Bei langen Meditationszeiten kann es bei entsprechend veranlagten Menschen zu Halluzinationen und zu anderen psychotischen Symptomen kommen. Meditation ist relativ kontraindiziert bei Belastungsreaktionen nach einem schweren Trauma.

Meditation und die Wahrnehmung der Selbstverursachung

Studien haben gezeigt, dass eine intensive Meditationspraxis die für die Wahrnehmung der Selbstverursachung notwendigen kognitiven Prozesse fördert. Eine aktuelle Studie untersucht das visuomotorische Bewegungsverhalten und die subjektive Wahrnehmung der Selbstverursachung sowie die kortikalen Korrelate dieser Prozesse bei Lang- und Kurzzeitmeditierenden.

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