Seit Jahrtausenden praktizieren Menschen Meditation für ihr spirituelles, emotionales und physisches Wohlbefinden. Doch was bewirkt Meditation wirklich in unserem Gehirn und Körper? Wissenschaftliche Studien liefern faszinierende Einblicke in die transformative Kraft der Meditation.
Wie Meditation das Gehirn umbaut
Neurowissenschaftliche Untersuchungen mithilfe bildgebender Verfahren wie der Magnetresonanztomographie (MRT) zeigen, dass Meditation das Gehirn tatsächlich verändert. Im Gehirn nimmt alles seinen Anfang, und Hirnscans zeigen während der Meditation eine erhöhte Aktivität in Regionen, die unmittelbar mit verminderter Angst und Depression sowie mit erhöhter Schmerztoleranz zusammenhängen. Regelmäßiges Meditieren verändert das Gehirn, ist eines der Forschungsresultate von Britta Hölzel. Meditation hilft, gelassener zu werden, den Geist zu beruhigen und im Hier und Jetzt zu leben. Die Wissenschaftlerin ist überzeugt, dass sich Stress, Depression, Angststörungen und sogar Schmerzen durch Meditation besser bewältigen lassen.
Veränderungen im Hippocampus und der Amygdala
Meditation verändert das Gehirn vor allem im Bereich des Hippocampus, hat die Psychologin und Hirnforscherin Dr. Britta Hölzel herausgefunden. Das Nervengewebe erholt sich durch Meditation von Stress, erklärt sie. Je mehr ein Mensch meditiert, desto geringer ist die Dichte der grauen Substanz der Amygdala, haben die Forscher herausgefunden. Das bedeutet: die Amygdala ist weniger anfällig für Stress. Die Amygdala hat eine Schlüsselrolle im Stressgeschehen: Sie hat die Funktion einer Alarmglocke. In Bruchteilen von Sekunden überprüft sie alle ankommenden Reize auf ihre Bedrohlichkeit. Im Zuge dieser Aktivierung wird der Körper mit Stresshormonen überflutet.
Stärkung des orbitofrontalen Cortex
Wenn man anfängt zu meditieren, lernt man oft als Erstes achtsam zu sein. Es wird auf die Atmung, die Empfindungen im Körper, die Emotionen und die Gedanken geachtet. Gesteuert werden diese emotionalen Lernprozesse vom orbitofrontalen Cortex. Dieser Gehirnteil ist für kurzfristige und langfristige Planung und Steuerung zuständig. Der orbitofrontale Cortex wirkt dem Mandelkern entgegen, indem er Situationen objektiv bewertet und rationale Entscheidungen trifft. Diese Veränderungen werden nicht nur von den Meditierenden wahrgenommen, sondern sind auf Gehirnscans erkennbar, da sich die Dichte des orbitofrontalen Cortex vergrößert. Um den orbitofrontalen Cortex gezielt zu stärken, kann man am Anfang einer Meditation eine Absicht definieren.
Verlangsamung des Alterungsprozesses im Gehirn
Wenn Menschen älter werden, nimmt die Dichte ihrer Großhirnrinde, insbesondere des präfrontalen Cortex, normalerweise ab. Da sich Meditation positiv auf die Dicke der Großhirnrinde auswirkt, kann damit der Alterungsprozess im Gehirn deutlich verlangsamt werden.
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Förderung positiver Gefühle
Um genau zu sein, macht die Mitgefühlsmeditation glücklich. Genau diese Meditation übt Mathieu Ricard - laut Neurowissenschaftlern der im Moment glücklichste Mensch auf dieser Welt - regelmäßig. Bei ihm ist der linke präfrontale Cortex deutlich aktiver als bei allen anderen untersuchten Personen. Genau dieser Frontallappen der linken Hirnhälfte steht, nach gegenwärtigen Erkenntnissen, in Zusammenhang mit positiven Gefühlen, mehr Enthusiasmus und guter Laune - während ein aktiver rechter präfrontaler Cortex mit negativen Emotionen und Ängsten einhergeht.
Meditation und ihre Auswirkungen auf Psyche und Körper
Meditation bewirkt weit mehr als eine kurzfristige Stressreduktion und Kreativitätssteigerung. Durch regelmäßige Meditation verändert sich unser Gehirn (und unseren Körper) nachhaltig positiv. Personen, die meditieren, haben höhere Level von Alpha-Wellen, die nachweislich Gefühle wie negative Stimmung, Anspannung, Traurigkeit und Wut verringern können. Wenn wir auf den gesamten Körper schauen, dann sehen wir nicht nur verringerten Blutdruck, sondern auch eine höhere Variabilität der Herzfrequenz. Meditation wirkt sich nachweislich auch auf die körperliche Gesundheit aus.
Mehr Mitgefühl und Emotionsregulierung
Meditation hilft dir, Ablenkungen besser auszublenden und dich auf eine Sache zu fokussieren. Mit anderen Worten: Meditation verbessert deine Selbstkontrolle. Meditation schafft eine kleine Pause vom Alltag und hilft dir, dich deiner eigenen Gedanken und Gefühle bewusster zu werden: Warum mache ich das eigentlich und was will ich im Leben erreichen? Dich auf ein Ziel zu fokussieren, dass wirklich deinen persönlichen Werten entspricht, ist der Schlüssel zum Erfolg.
Stressreduktion und Stärkung des Immunsystems
Viele Meditationen werden mit einem tiefen Atemzug, gefolgt von einer Körperentspannung, eingeleitet. Der Parasympathikus wird auch als „Ruhenerv“ oder „Erholungsnerv“ bezeichnet. Er dient der Erholung und dem Aufbau körpereigener Reserven. Der Parasympathikus ist der beruhigende Gegenspieler zum Sympathikus, dem auf Leistung, Angriff oder Flucht ausgerichteten Aspekt unseres Nervensystems. Heutzutage leiden viele Menschen unter einer chronischen Überaktivität ihres sympathischen Nervensystems. Darüber hinaus haben viele Studien haben gezeigt, dass durch Meditation die Aktivität der Amygdala (Mandelkern) reduziert wird.
Ebenfalls interessant ist die Auswirkung von Meditation auf die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol. Cortisol wird bei länger anhaltendem Stress ausgeschüttet und unterdrückt das Immunsystem, schädigt das Herzkreislaufsystem, reduziert unsere Fähigkeit kreativ zu denken und wirkt sogar neurotoxisch, d.h. Meditation und die resultierende innere Ruhe führen zu reduzierter Cortisolausschüttung mit positiven Auswirkungen auf das Immunsystem. In diversen Studien wurden diese Zusammenhänge erforscht. Dabei wurden unter anderem Laborparameter herangezogen, die spezifisch für das Immunsystem sind (z.B. Entzündungsproteine, immunreaktive Zellzahlen, Zellalterung und Antikörperreaktion). So wurde festgestellt, dass bei Meditierenden eine Grippeimpfung viel besser anschlägt und effektiver wirkt. Dass Meditation und Aufmerksamkeitstraining das Immunsystem stärkt, ist mittlerweile im Medizinbereich allgemein bekannt.
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Auswirkungen auf die Zellebene
Geht man etwas näher heran, kann man sogar Veränderungen auf der Zellebene sehen. Menschliche Chromosomen besitzen schützende Proteinkomplexe, die Telomere genannt werden. Verkürzte Telomere wurden mit verschiedenen Krankheiten, wie zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankung, Diabetes, Alzheimer und Krebs in Verbindung gebracht. Es wird vermutet, dass psychologisches Eingreifen, besonders die Reduzierung von Stress, einen direkten Einfluss auf das Enzym Telomerase hat.
Meditation als Unterstützung, nicht als Heilmittel
Natürlich ist Meditation kein Ersatz für anderen medizinischen Rat oder einen gesunden Lebensstil. Meditation ist keine Therapie zur Heilung von Krebs oder chronischen Erkrankungen.
Wissenschaftliche Erkenntnisse und Studien
Seit Anfang der 2000er-Jahre boomt auch die Forschung rund um die Auswirkungen der Meditation. Und das Interesse der Wissenschaft ist weiterhin ungebrochen. Ein wichtiger Motor dieser Entwicklung sind die Aktivitäten des Mind and Life Institute, die auf einen Dialog zwischen Vertretern religiöser Traditionen und Wissenschaftlern abzielen. Durch die enge Kooperation des Dalai Lama mit prominenten Hirnforschern - wie beispielsweise Richard Davidson oder Wolf Singer - und jährlichen Konferenzen wurde eine enorme Breitenwirkung erzielt.
In einer Reihe von Längsschnittstudien konnten Hölzel und ihre Kollegen zeigen, dass bereits nach acht Wochen Training mit täglich 45 Minuten Übungsdauer eine signifikante Verdichtung der grauen Substanz im Hippocampus zu beobachten ist - eine Struktur, die umgekehrt bei Dauerstress durch einen hohen Cortisolspiegel im Blut geschädigt werden kann. Die Abnahme der subjektiven Stressbelastung war zudem mit einer Abnahme der Dichte der grauen Substanz in der Amygdala verbunden, die unter anderem eine wichtige Rolle bei der Auslösung von Angstreaktionen spielt. Schließlich konnte die Forschungsgruppe in einer Studie mit Angstpatienten zeigen, wie durch das Meditationstraining die Konnektivität zwischen präfrontalem Cortex und Amygdala verändert wurde, die wiederum in direktem Zusammenhang mit der Schwere der Symptomatik steht Therapie.
Meditation und Depression
Wie mittlerweile viele Studien belegen, kann Meditation ebenso wie Sport bei Depression äußerst wirksam sein und das Risiko von Rückfällen minimieren. Bei einer Depression kann Meditieren unter anderem folgende Effekte haben:
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- Stress reduzieren
- Gedankenkarussell stoppen
- Emotionsregulation verbessern
- Selbstwahrnehmung stärken
- Wohlbefinden langfristig steigern
Meditation im Alltag: Wie man anfängt und was man beachten sollte
Am einfachsten fängt man mit dem Meditieren an, indem man daraus eine kleine Gewohnheit macht. Es ist kein Zufall, dass Meditation ein fester Bestandteil des Alltags vieler erfolgreicher Menschen, darunter Oprah Winfrey und Hugh Jackman ist. Es ist wissenschaftlich belegt, dass nur zehn Minuten Meditation am Tag bereits deine Aufmerksamkeit schärfen, selbst wenn du noch nie zuvor meditiert hast.
Tipps für Anfänger
- Lieber kurz statt lang: Wenn du das Meditieren lernst, sind 5 Minuten Praxis pro Tag völlig ausreichend.
- Der Atem als Anker: Konzentriere dich einfach wieder auf deinen Atem, wenn du mit deinen Gedanken abschweifst.
- Die richtige Position: Wähle einen aufrechten Sitz, um wach zu bleiben und den Atem frei fließen zu lassen.
- Meditation trotz stressigem Alltag: Hole die Praxis später nach, wenn dir etwas dazwischenkommt.
Verschiedene Meditationsformen
Neben der klassischen, bewegungslosen Sitzmeditation existieren auch Verfahren, die mit Bewegungen einhergehen. Hier sind vor allem Taichi, Qigong und die Körperübungen des Yoga weit verbreitet.
Eine weitere Möglichkeit ist die Body-Scan-Meditation, die dabei helfen soll, die Körperakzeptanz und Körperwahrnehmung zu stärken.
Wann und wie lange meditieren?
Morgens ist für die meisten Menschen die beste Zeit, um zu meditieren, weil dein Geist dann noch nicht von den Eindrücken des Tages überladen ist. Abends meditieren bietet allerdings auch eine Menge Vorteile. Eine Abendmeditation eignet sich hervorragend, um die Geschehnisse des Tages noch mal zu reflektieren. Viele Studien zum Thema Meditation finden über Zeiträume von 8 Wochen oder 3 Monate statt. Sie schauen dann auf die Veränderungen, die nach diesem Zeitraum eintreten. Meditation hat einen sofortigen Effekt und gibt dir unmittelbar ein Gefühl innerer Ruhe und Ausgeglichenheit. Nach vier Tagen Meditation lassen nachweislich die Stressgefühle nach, deine Stimmung verbessert sich und die Konzentrationsfähigkeit steigt.
Ist Meditation für jeden geeignet?
Meditation ist kontraindiziert bei Menschen, die schwer traumatisiert wurden z. B. durch einen Unfall, eine Gewalttat oder eine Naturkatastrophe. Meditation ist also nicht für jede Person zu jeder Zeit geeignet. Es gibt keine richtige oder falsche Meditation. Doch oft fällt es Menschen mit viel Stress und wenig Zeit schwer, sich auf die Meditation einzulassen. Wichtig ist auch zu verstehen: Meditation ist keine Pille, mit der du eine bestimmte Wirkungen innerhalb einer bestimmten Zeit erwarten kannst.
Meditation im Trend: Zahlen und Fakten
Neueste Statistiken zeigen, dass Achtsamkeit und Meditation weltweit im Trend liegen. Meditation wird in Deutschland immer salonfähiger. Schätzungen zufolge meditieren weltweit 200 - 500 Mio. Menschen. In Deutschland meditieren laut repräsentativen Umfragen aktuell 5,49 Mio. Menschen (6,6 % der Bevölkerung).
Der Umsatz im Segment der Meditations-Apps wird 2022 weltweit bei etwa 3,33 Mrd. € liegen. Laut Prognose wird im Jahr 2026 ein globales Marktvolumen für Meditations-Apps von 5,32 Mrd. € erreicht. Die beliebteste Meditations-App ist „Calm“. Sie wurde weltweit bereits über 100 Mio. mal heruntergeladen.
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