Epilepsie ist eine neurologische Erkrankung, die durch wiederkehrende epileptische Anfälle gekennzeichnet ist. Diese Anfälle entstehen durch eine vorübergehende Störung der Gehirnfunktion, die durch plötzliche, unkontrollierte elektrische Entladungen von Nervenzellen verursacht wird. Die Anfälle können sich auf unterschiedliche Weise äußern, von kaum merklichen geistigen Abwesenheiten bis hin zu schweren Krampfanfällen mit Bewusstseinsverlust. Während viele Menschen mit Epilepsie durch Medikamente anfallsfrei werden, erleben andere mehrere Anfälle an einem Tag. Dieser Artikel beleuchtet die möglichen Ursachen für solche gehäuften Anfälle und gibt Einblicke in Diagnose und Behandlung.
Was ist Epilepsie?
Epilepsie umfasst eine Vielzahl von chronischen Erkrankungen des zentralen Nervensystems, die durch eine Überaktivität der Nervenzellen im Gehirn entstehen. Diese Überaktivität kann anfallsartige Funktionsstörungen auslösen, die sich in unterschiedlicher Form äußern. Es gibt generalisierte Anfälle, bei denen das gesamte Gehirn betroffen ist, und fokale Anfälle, die nur in einem Teil des Gehirns entstehen.
Ein einzelner epileptischer Anfall dauert in der Regel nicht länger als zwei Minuten. Ein Anfall, der länger als fünf Minuten anhält, wird als Status epilepticus bezeichnet. Auch wenn sich zwei oder mehr Anfälle kurz hintereinander ereignen, ohne dass sich der Betroffene dazwischen erholen kann, spricht man von einem Status epilepticus.
Wichtig ist, dass einzelne epileptische Anfälle auch bei Menschen ohne Epilepsie auftreten können. Diese sogenannten Gelegenheitsanfälle können durch akute Erkrankungen, Verletzungen oder Fieberkrämpfe bei Kindern ausgelöst werden. Von Epilepsie spricht man erst, wenn mindestens zwei epileptische Anfälle ohne erkennbaren Grund im Abstand von mehr als 24 Stunden aufgetreten sind oder nach einem ersten Anfall ohne bekannten Auslöser eine hohe Wahrscheinlichkeit für weitere Anfälle innerhalb der nächsten zehn Jahre besteht.
Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen der Epilepsie sind vielfältig und oft nicht vollständig geklärt. In vielen Fällen spielt eine erbliche Veranlagung eine Rolle. Veränderungen im Erbmaterial (Genmutationen) können ebenfalls ursächlich sein. Manche Anfälle können als Folge von Unfällen (posttraumatisch) oder als Reflexantwort auftreten. Veränderungen in der Gehirnstruktur, wie z. B. eine fokale kortikale Dysplasie, können ebenfalls Anfälle verursachen.
Lesen Sie auch: Epileptische Anfälle und Medikamente: Ein Überblick
Es ist wichtig, die genaue Ursache zu diagnostizieren, da diese die Basis für eine erfolgreiche Therapie bildet. Epilepsien können sehr viele verschiedene Ursachen haben.
Auslöser von epileptischen Anfällen
Epileptische Anfälle können aus heiterem Himmel auftreten. In vielen Fällen sind aber auch bestimmte Trigger bekannt, die einen Anfall auslösen können. Diese Auslöser können sich im individuellen Fall unterscheiden. Zu den häufigsten Triggern gehören:
- Schlafmangel
- Unregelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus
- Starke körperliche oder seelische Belastung (Stress)
- Hohes Fieber
- Alkohol und Alkoholentzug
- Drogen oder Schlafmittelentzug
- Selten flackerndes Licht (Computerspiele, Stroboskopbeleuchtung in Clubs)
Mehrere Anfälle an einem Tag: Mögliche Ursachen
Das Auftreten mehrerer epileptischer Anfälle an einem Tag kann verschiedene Ursachen haben. Einige der häufigsten sind:
Unzureichende Medikamenteneinstellung:
- Die medikamentöse Therapie mit Antiepileptika ist die erste Wahl bei der Behandlung von Epilepsie. Ziel ist es, die Anfälle durch eine geeignete Medikamenteneinstellung zu kontrollieren. Wenn die Medikamente jedoch nicht richtig eingestellt sind, können weiterhin Anfälle auftreten. Dies kann verschiedene Gründe haben:
- Falsche Dosierung: Die Dosis des Medikaments ist zu niedrig, um die Anfälle wirksam zu unterdrücken.
- Falsches Medikament: Das gewählte Medikament ist für die Art der Epilepsie nicht geeignet.
- Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten: Andere Medikamente, die der Patient einnimmt, können die Wirkung der Antiepileptika beeinträchtigen.
- Unregelmäßige Einnahme: Die Medikamente werden nicht regelmäßig oder nicht nach Anweisung des Arztes eingenommen.
Triggerfaktoren:
Lesen Sie auch: Genetische Ursachen von Anfällen
- Bestimmte Triggerfaktoren können die Wahrscheinlichkeit von Anfällen erhöhen. Wenn ein Patient an einem Tag mehreren dieser Triggerfaktoren ausgesetzt ist, kann dies zu gehäuften Anfällen führen. Beispiele für solche Triggerfaktoren sind:
- Schlafmangel: Unzureichender Schlaf kann die Anfallsschwelle senken.
- Stress: Sowohl körperlicher als auch seelischer Stress können Anfälle auslösen.
- Alkohol- oder Drogenkonsum: Diese Substanzen können die Gehirnfunktion beeinträchtigen und Anfälle provozieren.
- Fieber oder Infektionen: Infektionen können das Gehirn reizen und Anfälle auslösen.
- Hormonelle Veränderungen: Bei Frauen können hormonelle Schwankungen während des Menstruationszyklus oder der Schwangerschaft Anfälle beeinflussen.
- Lichtreize: Flackerndes Licht oder bestimmte Muster können bei manchen Menschen Anfälle auslösen (photosensitive Epilepsie).
Veränderungen im Lebensstil:
- Bestimmte Veränderungen im Lebensstil können sich auf die Anfallskontrolle auswirken. Dazu gehören:
- Ernährungsumstellung: Eine plötzliche oder drastische Änderung der Ernährung kann den Stoffwechsel beeinflussen und Anfälle auslösen.
- Reisen: Zeitumstellungen, Schlafmangel und Stress während Reisen können Anfälle begünstigen.
- Neue Medikamente: Die Einnahme neuer Medikamente kann Wechselwirkungen mit Antiepileptika verursachen und die Anfallskontrolle beeinträchtigen.
Fortschreiten der Erkrankung:
- In manchen Fällen kann das Auftreten mehrerer Anfälle an einem Tag ein Zeichen für ein Fortschreiten der Epilepsie sein. Dies kann bedeuten, dass sich die Ursache der Epilepsie verändert hat oder dass die Erkrankung resistenter gegen die bisherige Behandlung geworden ist.
Status epilepticus:
- Ein Status epilepticus ist einNotfall, bei dem ein Anfall länger als fünf Minuten andauert oder mehrere Anfälle kurz hintereinander auftreten, ohne dass der Betroffene dazwischen das Bewusstsein wiedererlangt. Ein Status epilepticus kann verschiedene Ursachen haben, darunter:
- Unterbrechung der Medikamenteneinnahme: Das plötzliche Absetzen von Antiepileptika kann einen Status epilepticus auslösen.
- Hirnschäden: Verletzungen, Schlaganfälle oder Infektionen des Gehirns können einen Status epilepticus verursachen.
- Stoffwechselstörungen: Ungleichgewichte im Stoffwechsel können ebenfalls einen Status epilepticus auslösen.
Diagnose
Um die Ursache für mehrere epileptische Anfälle an einem Tag zu ermitteln, sind verschiedene diagnostische Maßnahmen erforderlich. Dazu gehören:
Anamnese:
Lesen Sie auch: Wirksame Medikamente zur Behandlung epileptischer Anfälle
- Eine ausführliche Anamnese ist der erste Schritt zur Diagnose. Der Arzt wird Fragen zu den Anfällen stellen, einschließlich:
- Art der Anfälle: Wie äußern sich die Anfälle?
- Häufigkeit der Anfälle: Wie oft treten die Anfälle auf?
- Auslöser: Gibt es bestimmte Auslöser für die Anfälle?
- Medikamenteneinnahme: Welche Medikamente werden eingenommen und in welcher Dosierung?
- Vorerkrankungen: Gibt es andere Erkrankungen, die die Anfälle beeinflussen könnten?
- Familienanamnese: Gibt es in der Familie Fälle von Epilepsie?
- Da häufig Teile des Anfalls oder der ganze Anfall nicht bewusst miterlebt werden, ist eine möglichst gute Fremdbeschreibung - z.B. durch Angehörige, Freunde, Arbeitskollegen - unverzichtbar. Hilfreich kann auch die Aufzeichnung einer kurzen Videosequenz mit dem Handy sein. Wenn nötig, kann die Anfallsbeschreibung auch durch eine Videobeobachtung in einer spezialisierten Klinik - z.B. einem Epilepsiezentrum - im Rahmen eines stationären Aufenthalts ergänzt werden.
Neurologische Untersuchung:
- Eine neurologische Untersuchung dient dazu, neurologische Defizite festzustellen, die auf eine bestimmte Ursache der Epilepsie hindeuten könnten.
Elektroenzephalogramm (EEG):
- Das EEG ist eine wichtige Untersuchung zur Diagnose von Epilepsie. Dabei werden die Hirnströme gemessen, um abnormale elektrische Aktivität im Gehirn festzustellen. Es gibt verschiedene Arten von EEGs:
- Routine-EEG: Eine kurze EEG-Aufzeichnung, die in der Regel etwa 20-30 Minuten dauert.
- Langzeit-EEG: Eine längere EEG-Aufzeichnung, die über mehrere Stunden oder sogar Tage durchgeführt wird, um Anfälle oder abnormale Aktivität zu erfassen, die bei einem Routine-EEG möglicherweise nicht sichtbar sind.
- Video-EEG: Eine Kombination aus EEG- und Videoaufzeichnung, um das Verhalten des Patienten während eines Anfalls zu dokumentieren und die Art des Anfalls zu bestimmen.
Bildgebende Verfahren:
- Bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) können helfen, strukturelle Veränderungen im Gehirn festzustellen, die Anfälle verursachen könnten.
Blutuntersuchungen:
- Blutuntersuchungen können durchgeführt werden, um Stoffwechselstörungen, Infektionen oder andere Erkrankungen festzustellen, die Anfälle auslösen könnten.
Genetische Tests:
- In manchen Fällen können genetische Tests durchgeführt werden, um genetische Mutationen festzustellen, die mit Epilepsie in Verbindung stehen.
Behandlung
Die Behandlung von Epilepsie zielt darauf ab, die Anfälle zu kontrollieren und die Lebensqualität des Patienten zu verbessern. Die Behandlungsmöglichkeiten umfassen:
Medikamentöse Therapie:
- Antiepileptika sind die wichtigste Behandlungsmethode bei Epilepsie. Es gibt viele verschiedene Antiepileptika, und die Wahl des Medikaments hängt von der Art der Epilepsie, dem Alter des Patienten, anderen Erkrankungen und möglichen Nebenwirkungen ab.
- Es ist wichtig, die Medikamente regelmäßig und nach Anweisung des Arztes einzunehmen. Eine unregelmäßige Einnahme kann zu vermehrten Anfällen führen.
Chirurgische Eingriffe:
- In manchen Fällen kann eine Operation eine Option sein, um die Anfälle zu kontrollieren. Dies kommt in Frage, wenn die Anfälle von einem bestimmten Bereich des Gehirns ausgehen, der entfernt werden kann, ohne wichtige Funktionen zu beeinträchtigen.
Vagusnervstimulation:
- Die Vagusnervstimulation (VNS) ist eine weitere Behandlungsmöglichkeit für Epilepsie. Dabei wird ein kleines Gerät unter die Haut im Brustbereich implantiert, das elektrische Impulse an den Vagusnerv sendet. Diese Impulse können helfen, die Anfallshäufigkeit zu reduzieren.
Ketogene Diät:
- Die ketogene Diät ist eine spezielle Diät, die reich an Fett und arm an Kohlenhydraten ist. Diese Diät kann bei manchen Menschen mit Epilepsie helfen, die Anfälle zu kontrollieren.
Verhaltensänderungen und Selbstmanagement:
- Neben den medizinischen Behandlungen können auch bestimmte Verhaltensänderungen und Selbstmanagementstrategien helfen, die Anfälle zu kontrollieren. Dazu gehören:
- Schlafhygiene: Ausreichend Schlaf und ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus sind wichtig, um Anfälle zu vermeiden.
- Stressmanagement: Stress kann Anfälle auslösen, daher ist es wichtig, Stress abzubauen und Entspannungstechniken zu erlernen.
- Vermeidung von Triggern: Wenn bestimmte Trigger bekannt sind, sollten diese vermieden werden.
- Regelmäßige Mahlzeiten: Unregelmäßige Mahlzeiten können den Blutzuckerspiegel beeinflussen und Anfälle auslösen.
- Alkohol- und Drogenverzicht: Alkohol und Drogen können die Gehirnfunktion beeinträchtigen und Anfälle provozieren.
Umgang mit einem epileptischen Anfall
Wenn man Zeuge eines epileptischen Anfalls bei einer anderen Person wird, ist es sehr wichtig, ruhig und besonnen zu bleiben. Vor allem sollte man überlegen, wie man die Person vor Verletzungen schützt. Alles andere hängt von der Stärke und der Art der Anfälle ab.
Bei einem großen generalisierten Anfall verkrampft der ganze Körper und die Person verliert das Bewusstsein. In diesen Fällen sollte man:
- Den Notruf 112 wählen und professionelle Hilfe rufen, da ein epileptischer Anfall verschiedene Ursachen haben kann und das Symptom eines lebensbedrohlichen Notfalls sein kann.
- Für Sicherheit sorgen, indem man z. B. gefährliche Gegenstände beiseite räumt.
- Den Kopf des Betroffenen abpolstern.
- Seine/ihre Brille abnehmen.
- Enge Kleidung am Hals lockern, um die Atmung zu erleichtern.
- Menschen, die in der Situation nicht helfen können, bitten, weiterzugehen.
- Nach dem Anfall bei der Person bleiben und Unterstützung anbieten.
- Wenn die Person nach dem Anfall erschöpft ist und einschläft, sie in die stabile Seitenlage bringen.
Was man in keinem Fall tun sollte:
- Die/den Betroffene/n festhalten oder zu Boden drücken.
- Der betroffenen Person etwas in den Mund schieben - auch wenn sie sich in die Zunge beißt.