Mount Everest: Höhenlage, Schlaganfallrisiko und Gesundheitsgefahren

Der Mount Everest, mit seinen 8.848 Metern der höchste Berg der Welt, zieht Bergsteiger aus aller Welt an. Doch die extreme Höhe birgt erhebliche Gesundheitsrisiken, die von akuter Höhenkrankheit bis hin zu lebensbedrohlichen Zuständen wie Höhenhirn- und Lungenödem reichen können. Die Überfüllung auf dem Everest in den vergangenen Wochen hat zu dem Tod von mindestens elf Menschen geführt. Bergsteiger müssen ihren Körpern Zeit geben, um sich und ihre Lungen an die Bedingungen im Himalaya-Gebirge zu gewöhnen, bevor sie versuchen, den Everest zu erklimmen.

Die Todeszone: Eine Herausforderung für den menschlichen Körper

Ab einer Höhe von etwa 7.000 bis 8.000 Metern beginnt die sogenannte Todeszone. Hier ist der menschliche Körper nicht mehr in der Lage, sich zu regenerieren. Ein längerer Aufenthalt in dieser Zone ist schier unmöglich und kann zu schweren gesundheitlichen Schäden oder sogar zum Tod führen. In der Todeszone kommt im Verhältnis zur Bodennähe nur noch ein Drittel der Sauerstoffmenge im Körper an. Das Hämoglobin im Blut nimmt immer weniger Sauerstoff auf - auf Dauer reicht das zum Überleben nicht aus. Der Mangel an Sauerstoff und Wasser beeinträchtigt die Denkfähigkeit, die Bergsteiger treffen dann die falschen, eventuell tödlichen Entscheidungen. Normalerweise versuchen Bergsteiger den Gipfelauf- und abstieg in nur einem Tag aufgeregter Aktivität zu erledigen, um so wenig Zeit wie möglich in der Todeszone zu verbringen, bevor sie in sicherere Höhenlagen zurückkehren. Um den Gipfel erfolgreich zu besteigen, muss alles richtig laufen.

Sauerstoffmangel: Hypoxie und ihre Folgen

Einer der größten Risikofaktoren in 8.000 Metern Höhe ist die sogenannte Hypoxie, zu wenig Sauerstofftransport zu Organen wie eurem Gehirn. Auf Höhe des Meeresspiegels enthält die Luft ungefähr 21 Prozent Sauerstoff. Allerdings verringert sich in der Höhe mit sinkendem Luftdruck auch der Sauerstoff-Teildruck. Dadurch gelangt weniger davon in den Körper. Und darauf muss er reagieren: Die Atemfrequenz wird erhöht und der Puls gesteigert, um ausreichend Sauerstoff in die Gewebezellen zu transportieren. Gleichzeitig akklimatisiert sich der Körper: Die Anzahl der roten Blutkörperchen, die Sauerstoff huckepack durch den Körper tragen, nimmt zu. Sind genug davon gebildet, kann die Herzfrequenz wieder absinken, und der Körper verbraucht weniger Energie.

Wenn euer Gehirn nicht genug Sauerstoff bekommt, kann es anfangen, zu schwellen, was Höhenhirnödeme (HACE, vom Englischen „high altitude cerebral edema“) auslöst, quasi HAPE im Gehirn. Ein Gehirn unter Sauerstoffmangel bedeutet, dass Bergsteiger manchmal vergessen, wo sie sind. Sie sind in einem Wahn, den manche Experten als eine Form einer Höhen-Psychose ansehen. Ein beeinträchtigtes Urteilsvermögen und Atmennot sind nicht die einzigen Dinge, um die sich Höhenbergsteiger sorgen müssen.

Höhenkrankheit: Symptome und Risiken

Mit zunehmender Höhe steigt das Risiko, dass der Körper rebelliert. Bereits ab 1200 Meter Höhe reagiert er auf die Höhe, indem er Atmung und Puls beschleunigt. Geht es schnell - per Flugzeug oder Seilbahn - in die Höhe, sind ab 1500 Metern einige Hirnfunktionen beeinträchtigt, wie neue Untersuchungen zeigen. Bei einem gemächlichen Aufstieg sind die Abweichungen aber zu vernachlässigen. Zwischen 2500 und 3500 Metern wird langsames Aufsteigen deutlich wichtiger. Viel mehr als 500 Höhenmeter pro Tag sollten es nicht sein. Neuere Forschungen haben ergeben, dass der Körper schon ab 2500 Meter Höhe Probleme machen kann, und ab 2800 Meter wird die Hälfte der Bergsteiger höhenkrank.

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Ist die Akklimatisation unzureichend, kann die akute Höhenkrankheit auftreten. Kopfschmerzen, Probleme mit der Koordination und dauerhafte Kurzatmigkeit sind die Folgen. Wer mit diesen Symptomen nicht 500 oder 1000 Meter absteigt, riskiert ein Lungenödem: Durch den veränderten Luftdruck drückt Wasser in die feinen Lungenbläschen und erschwert die Atmung. Es kann weniger Sauerstoff aufgenommen werden. Recht eindeutig ist das Höhenlungenödem daran zu erkennen, dass viele Bergsteiger unter Husten leiden, die Atmung rasselnd klingt und die Leistungsfähigkeit plötzlich nachlässt.

Ein schneller Check mit dem Stethoskop kann ein Klicken hörbar machen, das darauf schließen lässt, dass Flüssigkeit in den Lungen umherfließt - ein Zustand namens Höhenlungenödem (HAPE, vom Englischen „high altitude pulmonary edema“). Symptome sind Müdigkeit, ein Gefühl von drohendem Ersticken bei Nacht, Schwäche und ein anhaltendes Aushusten von weißer, wässriger oder schaumiger Flüssigkeit.

Höhenhirnödem (HACE): Wenn das Gehirn leidet

Über komplizierte Vorgänge infolge des Sauerstoffmangels kann es zu einer Hirnschwellung kommen. Es beginnt mit rasenden Kopfschmerzen, die Koordination ist stark beeinträchtigt, es kommt zu Halluzinationen und Bewusstlosigkeit. Unfälle und Stürze sind oft die Folge. Medikamente wie Dexamethason können die Einlagerung von Flüssigkeit im Gehirn bremsen. Trotzdem muss der Bergsteiger, der hier schon ein Patient ist, möglichst schnell absteigen.

Akklimatisation: Der Schlüssel zur Höhenanpassung

Bergsteiger müssen ihren Körpern Zeit geben, um sich und ihre Lungen an die Bedingungen im Himalaya-Gebirge zu gewöhnen, bevor sie versuchen, den Everest zu erklimmen. Expeditionen machen normalerweise mindestens drei Trips vom Basislager des Mount Everest aus (das höher liegt als fast jeder Berg in Europa mit etwa 5.400 Metern). Um den Körper an die Höhe anzupassen, ist eine schrittweise Akklimatisation unerlässlich. Bereits ab 1200 Meter Höhe reagiert der Körper auf die Höhe, indem er Atmung und Puls beschleunigt. Zwischen 2500 und 3500 Metern wird langsames Aufsteigen deutlich wichtiger. Viel mehr als 500 Höhenmeter pro Tag sollten es nicht sein. Neuere Forschungen haben ergeben, dass der Körper schon ab 2500 Meter Höhe Probleme machen kann, und ab 2800 Meter wird die Hälfte der Bergsteiger höhenkrank.

Beim Aufstieg in diesen Höhen ist zu beachten, dass Bergsteiger nach einem Aufstieg am Tage ihr Gepäck am Nachtlager ablegen, danach eine halbe Stunde weiter in die Höhe marschieren und sich erst danach wieder auf dem tiefer gelegenen Schlafplatz zur Ruhe legen. Das erhöht das Tempo der Anpassung und sorgt für bessere Nachtruhe.

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Weitere Risiken in der Höhe

Neben dem Sauerstoffmangel und der Höhenkrankheit gibt es weitere Faktoren, die den Körper in der Höhe belasten. Die Kälte setzt Menschen in diesen Höhen zu und verstärkt zudem noch die Symptome des Sauerstoffmangels. Das Blut ist durch die zahlreichen Blutkörperchen eingedickt, erreicht also nur noch eingeschränkt die feinen Haargefäße in Fingern und Zehen. Kalte Luft ist zudem trocken, beim Atmen gibt der Körper daher viel Flüssigkeit ab. Durch das Atmen über den Mund, in großen Höhen wegen meist verstopfter Nase ohnehin üblich, gibt der Körper viel Kohlendioxid ab. Dadurch wird das Blut basisch, die Niere sorgt für Nachschub an Basen und erhöht damit den Harndrang - und es geht noch mehr Flüssigkeit verloren.

Wer ist besonders gefährdet?

Vor allem jüngeren Bergsteigern drohen schmerzhafte Veränderungen im Gehirn oder gar ein Hirnödem. „Die Schwellung im Gehirn ist begrenzt durch die Schädeldecke. Je kleiner der Raum dazwischen ist, desto eher kommt es zu Komplikationen. Bei Älteren ist das Gehirnvolumen kleiner als bei Jüngeren, es lässt also mehr Platz für die Schwellung. Daher können Ältere die Höhe oft besser ertragen“, sagt Mende. Die grundsätzliche Langsamkeit der Älteren ist ebenso hilfreich wie die laut Mende „defensivere Art“ von Frauen beim Bergsteigen, die oft „besser in die Höhe kommen als Männer“. Da jüngere Männer mit guter Kondition körperlich dazu in der Lage sind, steigen sie häufig deutlich schneller nach oben. So lassen die „Himmelsstürmer“, wie Mende sie nennt, ihrem Körper zu wenig Zeit, um sich zu akklimatisieren.

Vorbereitung und Vorbeugung

Ob das eintritt und ein Bergsteiger überhaupt zu Höhenkrankheit neigt, können Ärzte vorab nicht verlässlich feststellen. Durch Untersuchungen des Augenhintergrunds, zum Beispiel per Ultraschall, lässt sich ein Zusammenhang zwischen Höhenkrankheit und einem vergrößerten Sehnerv herstellen. Die Studien dazu sind aber noch nicht abgeschlossen. „Die Bedingungen in der Höhe lassen sich im Vorfeld nur bedingt simulieren“, so Mende. „Hinweise geben kurzfristige Aufenthalte in Höhen zwischen 3000 und 4000 Metern oder die Nutzung von Zelten mit verringertem Sauerstoffgehalt. Damit werden Höhen von etwa 6000 Metern simuliert.“ Hilfreich ist es, seinen Körper mit Ausdauertraining auf die Tour vorzubereiten. Und man braucht Geduld: „Für die Besteigung eines hohen Berges sollte man sich mindestens anderthalb Monate Zeit nehmen. Es ist ratsam, vorher schon in geringere Höhen aufzusteigen und beim Weg zum Gipfel ausreichend Zeit für eine gründliche Akklimatisation einzuplanen“, so Intensivmediziner Mende.

Paracetamol dient offenbar ebenso gut als Prophylaxe einer akuten Höhenkrankheit wie Ibuprofen. Dies zeigt eine in Nepal durchgeführte Studie. Zum Schutz vor der akuten Höhenkrankheit sollten sie bis zu ihrer Ankunft in Lobuche (4940 m) dreimal täglich entweder 1 g Paracetamol oder 600 mg Ibuprofen einnehmen.

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