Mein Tanz mit der Demenz: Erfahrungen, Perspektiven und Lebensqualität

Die Diagnose Demenz stellt für viele Betroffene und ihre Angehörigen eine einschneidende Veränderung dar. Doch wie sieht das Leben mit Demenz wirklich aus? Welche Erfahrungen machen Betroffene, und wie können sie trotz der Herausforderungen ein erfülltes und aktives Leben führen? Dieser Artikel beleuchtet verschiedene Aspekte des Lebens mit Demenz, von persönlichen Erfahrungen bis hin zu therapeutischen Ansätzen und gesellschaftlichen Initiativen.

Die Diagnose und ihre Folgen

Für viele Menschen ist die Diagnose Demenz ein Schock. Christine Bryden, eine erfolgreiche Führungskraft im australischen Premierministerium, erhielt die Diagnose mit 46 Jahren. Sie beschreibt diese Erfahrung als einen "Tanz auf einem Vulkan", der sie schockierte, ängstigte, verzweifeln und depressiv werden ließ. Auch für Richard Taylor, der im Jahr 2001 im Alter von 58 Jahren die Diagnose "Demenz, vermutlich vom Alzheimer-Typ" erhielt, war dies ein einschneidendes Ereignis.

Die Diagnose Demenz kann zu einer Vielzahl von Veränderungen führen. Menschen werden nicht nur vergesslich, sondern bekommen auch Probleme mit der Sprache und der Orientierung. Oft verändert sich ihr Verhalten oder ihr ganzes Wesen. Astrid Heller, eine Architektin, die mit 51 Jahren die Diagnose Alzheimer-Demenz erhielt, bemerkte zunächst vor allem Probleme mit dem Kurzzeitgedächtnis.

Viele Betroffene erleben nach der Diagnose eine Zeit der Ungewissheit, Zweifel und Angst. Sie müssen lernen, mit der Krankheit klarzukommen und sich auf ein Leben ohne Erinnerung an die Vergangenheit einzustellen. Ein Betroffener, der früher als Banker in leitender Position tätig war, beschreibt, wie ihm der Abschied aus dem Arbeitsleben sehr schwerfiel.

Die Bedeutung der Selbstvertretung

In den letzten Jahren hat sich immer mehr die Erkenntnis durchgesetzt, dass Menschen mit Demenz selbst zu Wort kommen und ihre Erfahrungen und Bedürfnisse artikulieren müssen. "Es wird viel über Menschen mit Demenz gesprochen, aber wenig mit ihnen", hieß es bereits 2010 auf einer Veranstaltung in Stuttgart.

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Christine Bryden, Helga Rohra, Richard Taylor und Christian Zimmermann sind nur einige Beispiele für Menschen mit Demenz, die sich öffentlich für die Rechte und Interessen von Betroffenen einsetzen. Sie berichten in Magazinen, sprechen auf öffentlichen Veranstaltungen und engagieren sich in Selbsthilfeorganisationen.

Richard Taylor, der sich selbst als Alzheimer-Aktivist bezeichnet, betont, dass niemand außer den Betroffenen selbst wirklich ermessen kann, wie es ist, mit Demenz zu leben. Er fordert dazu auf, Menschen mit Demenz nicht in Schubladen zu stecken und ihnen zuzutrauen, ihr Leben so selbstbestimmt wie möglich zu gestalten.

Positive Erfahrungen und Bewältigungsstrategien

Trotz der Herausforderungen, die mit Demenz einhergehen, ist es möglich, ein positives und erfülltes Leben zu führen. Viele Betroffene entwickeln individuelle Bewältigungsstrategien und finden Wege, ihre Lebensqualität zu verbessern.

Christine Bryden beschreibt in ihrem Buch "Dancing with Dementia", wie sie trotz der Diagnose ein aktives und autonomes Leben führt. Sie engagiert sich als Demenz-Aktivistin, hält Vorträge und unterstützt andere Betroffene. Auch der ehemalige Banker, der die Diagnose Alzheimer erhalten hat, berichtet, wie er beschlossen hat, sich der Krankheit zu stellen. Er trinkt keinen Alkohol mehr, hat das Rauchen aufgegeben und bewegt sich sehr viel. Er versucht, alles alleine zu machen, nutzt sein Handy bei der Organisation vieler Themen und lebt dabei im HIER und JETZT.

Christian Zimmermann, bei dem 2007 eine Alzheimerdemenz diagnostiziert wurde, hat eine zweite Karriere als Kunstinteressierter und künstlerisch Tätiger begonnen. Er möchte anderen von Gehirnalterung betroffenen Menschen ein Beispiel dafür geben, wie man mit der Alzheimerdemenz umgehen und sie in sein Leben integrieren kann.

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Astrid Heller, die als Architektin arbeitet, setzt sich dafür ein, trotz Erkrankung weiter zu arbeiten. Sie möchte nicht auf ihre Krankheit reduziert werden und betont, dass sie auch mit Demenz noch viele Fähigkeiten und Kompetenzen besitzt.

Die Rolle von Musik und Tanz

Musik und Tanz können eine erstaunliche Wirkung auf Menschen mit Demenz haben. Tanzen weckt bei den meisten Menschen glückliche Erinnerungen an die Jugend, an die große Liebe, an fröhliche Feiern. So empfinden auch Menschen mit Demenz. Musik kann beruhigen, anregen, positive und angenehme Erinnerungen wachrufen und den oft verschlossenen, in seine Vergangenheit zurückgezogenen Menschen emotional erreichen.

Tanzcafés bieten Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen die Möglichkeit, bei Musik, Tanz, Kaffee und Kuchen einen angenehmen Nachmittag zu verbringen und zu entspannen. Die Angehörigen können sich mit anderen Betroffenen austauschen und Kraft für die oft nervenaufreibende Pflege schöpfen.

Eine Langzeitstudie, die Einstein Aging Study, hat gezeigt, dass Tanzen das Risiko für Demenzerkrankungen um sensationelle 76 Prozent reduzieren kann. Tanzen fordert und erfreut uns auf vielen Ebenen. Wir bewegen unseren Körper und den eines anderen, wir lernen neue Bewegungsmuster, der soziale Kontakt und die Musik machen uns glücklich.

Angebote und Initiativen für Menschen mit Demenz

Es gibt eine Vielzahl von Angeboten und Initiativen, die Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen unterstützen. Dazu gehören:

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  • Tanzcafés: Tanzcafés wie das Tanzcafé "Vergissmeinnicht" in Pirmasens oder das Schlagercafé "Dreivierteltakt" in Kaiserslautern bieten Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen die Möglichkeit, bei Musik und Tanz einen schönen Nachmittag zu verbringen.
  • Stammtische: Stammtische für Menschen mit Demenz, Angehörige und Freunde bieten eine Plattform für Austausch und gegenseitige Unterstützung.
  • Selbsthilfeorganisationen: Organisationen wie die Alzheimer Gesellschaft bieten Beratung, Unterstützung und Informationen für Betroffene und ihre Angehörigen.
  • Bürgerinstitute: Bürgerinstitute wie das Bürgerinstitut Frankfurt bieten Fortbildungen, Erfahrungsaustausch und Einzelgespräche an.
  • Kompetenzteams: Kompetenzteams wie das von demenz.DAS MAGAZIN bieten Informationen und Unterstützung für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen.

Barrieren und Herausforderungen

Trotz der positiven Entwicklungen gibt es immer noch viele Barrieren und Herausforderungen für Menschen mit Demenz. Dazu gehören:

  • Stigmatisierung: Menschen mit Demenz werden oft stigmatisiert und ausgegrenzt.
  • Vorurteile: Es gibt viele Vorurteile gegenüber Menschen mit Demenz, die dazu führen, dass sie unterschätzt und nicht ernst genommen werden.
  • Mangelnde Unterstützung: Viele Menschen mit Demenz erhalten nicht die Unterstützung, die sie benötigen, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen.
  • Barrierefreiheit: Viele öffentliche Orte und Einrichtungen sind nicht barrierefrei für Menschen mit Demenz.

Forderungen und Wünsche von Betroffenen

Menschen mit Demenz fordern, dass sie ernst genommen, gehört und respektiert werden. Sie wünschen sich, dass sie nicht auf ihre Krankheit reduziert werden und dass ihre Fähigkeiten und Kompetenzen anerkannt werden.

Martina Peters, die 2006 als erste Betroffene auf einem deutschsprachigen Demenz-Kongress sprach, fordert dazu auf, Menschen mit Demenz nicht aus der Gesellschaft auszugrenzen und wie Aussätzige zu behandeln.

Richard Taylor betont, dass Menschen mit Demenz das Recht haben, ihr Leben in vollen Zügen zu leben und ihre Beeinträchtigungen offen anzusprechen, wenn es passend erscheint.

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