Meningitis ACWY Impfstoff: Umfassende Informationen

Meningokokken können schwere, invasive Erkrankungen wie eine bakterielle Hirnhautentzündung (Meningitis) oder eine Blutvergiftung (Sepsis) verursachen. Zum Schutz werden verschiedene Impfungen empfohlen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über den Meningitis ACWY Impfstoff, einschließlich seiner Entwicklung, Verfügbarkeit, Empfehlungen und potenziellen Nebenwirkungen.

Entwicklung und Verfügbarkeit von Meningokokken-Impfstoffen

Die ersten Impfstoffe gegen Meningokokken wurden in den 1940er Jahren (Ganzkeimvakzinen) entwickelt. Wegen der zeitgleichen Verfügbarkeit der ersten Antibiotika (Sulfonamide, Penicillin) fanden sie aber wenig Beachtung. Nachdem in den 1960er Jahren erste Sulfonamid-resistente Meningokokken auftraten, fand die Impfstoffentwicklung neues Interesse. Zwischenzeitlich hatte man die Kapselpolysaccharide als einen wesentlichen Virulenzfaktor der Meningokokken identifiziert und konnte Polysaccharidimpfstoffe bestehend aus den Serogruppen A und C, später auch W und Y, entwickeln.

Während das Polysaccharid der Gruppe A schon im Säuglingsalter immunogenen Charakter aufweist, findet eine nennenswerte Antikörperbildung gegen Gruppe C erst ab dem Alter von 18 Monaten statt. Seit 2010 steht für Personen ab dem Alter von 11 Jahren (aktuell: ab Alter 2 Jahre) ein quadrivalenter Meningokokken-Konjugatimpfstoff (A, C, W und Y) zur Verfügung, seit 2012 ein weiterer bereits ab dem Alter von 6 Wochen und seit 2022 ein drittes Produkt ab dem Alter von 12 Monaten. Alle drei weisen im Vergleich zur nicht mehr verfügbaren Polysaccharid-Impfung eine bessere Immunogenität auf.

In Deutschland sind Meningokokken-Gruppe-C-Konjugatimpfstoffe unter Verwendung des avirulenten Diphtherietoxoids CRM197 bzw. Tetanustoxoid als Trägerprotein verfügbar. Das Kapselpolysaccharid der Serogruppe B ist nicht ausreichend immunogen, was die Entwicklung einer B-Meningokokken-Konjugatvakzine verhindert hat. Verschiedene neue Impfstoffe, welche auf Proteinen der Zellwand von B-Meningokokken beruhen, haben sich in klinischen Studien als vielversprechend erwiesen, und ein erstes Produkt wurde Ende 2013 in der EU zugelassen.

Unterschiede zwischen Polysaccharid- und Konjugatimpfstoffen

Die ersten Meningokokken-Impfstoffe, die entwickelt wurden, bestanden im Wesentlichen aus den Zuckerbausteinen der Bakterienhülle - entsprechend werden sie als Polysaccharid-Impfstoffe bezeichnet. Polysaccharid-Impfstoffe haben allerdings den Nachteil, dass sie bei Säuglingen und Kleinkindern nicht gut wirksam sind. Ursache dafür ist, dass das unreife Immunsystem von Kindern in diesem Alter noch nicht effektiv auf die reinen Polysaccharide, aus denen diese Impfstoffe bestehen, reagiert. Daher wurden zum Ende des letzten Jahrtausends so genannte Konjugatimpfstoffe entwickelt. Für diese Impfstoffe werden die Zuckerbausteine der Bakterienhülle chemisch an ein Trägereiweiß gebunden (konjugiert).

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Moderne Konjugatimpfstoffe weisen im Gegensatz zu herkömmlichen Polysaccharid-Impfstoffen eine Reihe von Vorteilen auf:

  • Schützen besser: Konjugatimpfstoffe besitzen eine höhere Immunogenität, d.h. nach der Impfung werden mehr Antikörper gegen die Erreger gebildet.
  • Schützen länger: Nach der Impfung mit einem Konjugatimpfstoff bildet das Immunsystem ein Immungedächtnis aus.
  • Führen in allen Altersgruppen zu einer robusten Immunantwort: Im Gegensatz zu Polysaccharid-Impfstoffen, die bei Säuglingen und Kleinkindern nicht gut wirksam sind.
  • Ermöglichen Auffrischung des Impfschutzes: Dank des Immungedächtnisses kann die Impfung mit einem Konjugatimpfstoff auch aufgefrischt werden.
  • Reduzieren Anzahl der Bakterienträger: Im Gegensatz zu den Polysaccharid-Impfstoffen führt eine Impfung mit einem Konjugatimpfstoff dazu, dass keine Meningokokken mehr unerkannt im Nasen-Rachenraum siedeln können.
  • Tragen zum Aufbau einer Herdenimmunität bei: Bei Verwendung von Konjugatimpfstoffen wird der Aufbau einer so genannten Herdenimmunität möglich.

Impfempfehlungen in Deutschland

In Deutschland werden folgende Meningokokkenimpfungen allgemein empfohlen:

  • Meningokokken-C-Impfung: Seit 2006 ist die Meningokokken-C-Impfung mit einem Meningokokken-C-Konjugatimpfstoff für Patienten ab 12 Monate < 18 Jahre empfohlen.
  • Meningokokken-B-Impfung: Seit 2024 empfiehlt die STIKO die Meningokokken-B-Impfung mit dem Protein-basierten Vierkomponenten-Impfstoff für Säuglinge ab 2 Monaten. Die Impfung soll bei Kleinkindern bis zum 5. Geburtstag nachgeholt werden.
  • Quadrivalenter Konjugatimpfstoff (A, C, W und Y): Zudem empfiehlt die STIKO ab dem Alter von 6 Wochen bei Vorliegen von Risikofaktoren (siehe unten) die Impfung mit quadrivalentem (Serogruppen A, C, W und Y) Konjugatimpfstoff. Diese Indikationsimpfung gilt auch, wenn zuvor schon mit einem monovalenten Gruppe C-Konjugatimpfstoff oder dem quadrivalenten Polysaccharidimpfstoff geimpft wurde.

Indikationen für die Impfung mit quadrivalentem Konjugatimpfstoff

Die Impfung mit dem quadrivalenten Konjugatimpfstoff wird bei folgenden Personengruppen empfohlen:

  • Personen, die gesundheitlich gefährdet sind: mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten mit T- und/oder B-zellulärer Restfunktion, insbesondere Komplement-/Properdindefekte, Hypogammaglobulinämie; Asplenie; Eculizumab-Therapie (monoklonaler Antikörper gegen die terminale Komplementkomponente C5).
  • Personen, die einem erhöhten Risiko gegenüber Infektionen mit den in der Vakzine enthaltenen Serogruppen ausgesetzt sind (Reisende in Endemiegebiete bzw. Personen, die sich in einem Endemiegebiet aufhalten).
  • Enge Kontaktpersonen von Indexpatienten mit Meningokokken-Meningitis durch eine der in der Vakzine enthaltenen Serogruppen.
  • Bei Ausbrüchen oder regionalen Häufungen auf Empfehlung der Gesundheitsbehörden.
  • Schüler und Studenten vor Langzeit-Aufenthalten in Ländern mit allgemein empfohlener Impfung für diese Altersgruppen (z.B. USA, Kanada).
  • Gefährdetes Laborpersonal.

Verfügbare Impfstoffe in Deutschland

In Deutschland sind folgende Meningokokkenimpfstoffe zugelassen:

  • Der Protein-basierte Vierkomponenten-Impfstoff 4CMenB (Bexsero) ist ab 2 Monaten zugelassen.
  • Der bivalente fHbp Impfstoff (Trumenba) ist ab 10 Jahren zugelassen.
  • Meningokokken Gruppe C Konjugatimpfstoffe sind für Säuglinge ab dem Alter von 2 Monaten zugelassen.
  • Meningokokken Gruppe A,C,W,Y-Konjugatimpfstoffe sind, je nach Hersteller, ab dem Alter von ≥6 Wochen, bzw. ab dem Alter von ≥12 Monaten, bzw. ab dem Alter von ≥2 Jahren zugelassen.

Impfschemata

Die Impfschemata variieren je nach Alter und verwendetem Impfstoff. Es ist wichtig, die Fachinformation des jeweiligen Impfstoffs zu beachten.

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Meningokokken B (4CMenB):

  • Alter 2-5 Monate: 2 Dosen im Abstand von 2 Monaten, 3. Dosis im Alter von 12-15 Monaten (frühestens 6 Monate nach der 2.)
  • Alter 6-11 Monate: 2 Dosen im Abstand von 2 Monaten, 3. Dosis im 2. Lebensjahr frühestens 2 Monate nach der 2.
  • Alter 12-23 Monate: 2 Dosen im Abstand von 2 Monaten, 3. Dosis 12-23 Monate nach der 2.
  • Alter 2 Jahre und älter: 2 Dosen im Abstand von 1 Monat, Notwendigkeit einer 3. Dosis noch nicht bekannt

Meningokokken Bivalenter fHbp Impfstoff:

  • > 10 Jahre: 2 Dosen (je 0,5 ml i.m.) 0-6 Monate oder 3 Dosen (je 0,5 ml i.m.) 0-1-5 Monate.

Meningokokken Gruppe C Konjugatimpfstoffe:

  • Empfohlen ist die Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe C mit 1 Impfstoffdosis für alle Kinder im Alter von 12 Monaten. Eine fehlende Impfung sollte bis zum 18. Geburtstag nachgeholt werden.

Meningokokken Gruppe A,C,W,Y-Konjugatimpfstoffe:

  • Impfschemata je nach Fachinformation.

Zusätzliche Empfehlungen

  • Insbesondere bei Koadministration von 4CMenB wird eine gewichtsadaptierte prophylaktische Paracetamol-Gabe in den ersten 24 Std. empfohlen.
  • Die Impfserie sollte zum frühestmöglichen Zeitpunkt begonnen werden und nach dem empfohlenen Impfschema erfolgen.
  • Nachholimpfungen sollen spätestens bis zum 5. Geburtstag erfolgen.
  • Eine fehlende Meningokokken-C-Impfung sollte bis zum 18. Geburtstag nachgeholt werden.

Mögliche Impfreaktionen und Nebenwirkungen

Meningokokken-Gruppe-C-Konjugatimpfstoffe: Lokale und systemische Nebenwirkungen sind ähnlich häufig wie nach anderen inaktivierten ("Tot-") Impfstoffen und meistens von geringer Schwere und kurzer Dauer. Die Impfstoffe sind in der Regel gut verträglich. Nach mehr als 50 Millionen verkauften Impfstoffdosen in Großbritannien sind keine schwerwiegenden Nebenwirkungen bekannt geworden. Bei einer Zwischenanalyse von berichteten unerwünschten Ereignissen wurden Fieberkrämpfe mit 1 auf 60.000 und anaphylaktoide Reaktionen mit 1 auf 500.000 Impfdosen errechnet.

Wie bei jeder Impfung können jedoch Nebenwirkungen auftreten, die je nach verwendetem Impfstoff etwas verschieden und unterschiedlich häufig sind. Durch die Anregung der körpereigenen Abwehr können für kurze Zeit vorübergehende Impfreaktionen auftreten, die in der Regel nach wenigen Tagen ohne Folgen wieder abklingen. Dazu zählen Rötungen, Schwellungen und Schmerzen an der Impfstelle, Fieber, Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie allgemeines Unwohlsein. Schwere Nebenwirkungen sind sehr selten. Beispielsweise kann es bei Säuglingen und jungen Kleinkindern zu einem Fieberkrampf kommen, der in der Regel jedoch ohne Folgen bleibt. Auch allergische Reaktionen sind möglich.

Serokonversionsraten

Je nach Impfstoff, Alters- und Serogruppe liegen die Serokonversionsraten der quadrivalenten Meningokokken-Konjugatimpfstoffe für bakterizide spezifische IgG-Antikörper (Titer >1:8, hSBA, d.h. humanes Serum als Komplement) zwischen 69% und 98%.

Meningokokken-Erkrankungen: Hintergrundinformationen

Meningokokken-Erkrankungen werden durch Bakterien der Art Neisseria meningitidis verursacht. Aufgrund unterschiedlicher Oberflächenstrukturen der Bakterien werden 12 verschiedene Untergruppen unterschieden, sogenannte Serogruppen. Schwere (invasive) Erkrankungen werden meist durch die Serogruppen A, B, C, W, X und Y verursacht, wobei die verschiedenen Erreger weltweit unterschiedlich häufig vorkommen. In Deutschland erkranken im Jahr bis zu 4 Menschen pro 1 Million Einwohner. Die meisten Erkrankungen werden durch Meningokokken der Serogruppe B (rund 62 Prozent) und seltener durch die Serogruppen C, W und Y (jeweils 9 bis 16 Prozent) verursacht. Andere Serogruppen treten in Deutschland nur sehr selten auf.

Ansteckung und Symptome

Meningokokken können den Nasen-Rachen-Raum besiedeln. Bei engem Kontakt können sie zum Beispiel über Speichel oder Nasensekret übertragen werden. Da Meningokokken außerhalb des Körpers rasch absterben, kommt es bei Begegnungen ohne engen Kontakt in der Regel nicht zu einer Ansteckung.

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Meningokokken-Erkrankungen können in jedem Alter auftreten. Am häufigsten sind Kinder im ersten und zweiten Lebensjahr, aber auch Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren betroffen. Eine Ansteckung kann vor allem zu einer Entzündung der Hirnhäute (Meningokokken-Meningitis) oder zu einer bakteriellen Blutvergiftung (Meningokokken-Sepsis) führen. In manchen Fällen treten beide Erkrankungen gleichzeitig auf.

Von der Ansteckung bis zum Ausbruch einer Erkrankung dauert es in der Regel 3 bis 4 Tage, die Zeitspanne kann jedoch zwischen 2 und 10 Tagen liegen. Zunächst treten kurzzeitig grippeähnliche Symptome auf. In der Folge setzen plötzlich Kopfschmerzen, Fieber, Schüttelfrost und Schwindel mit schwerstem Krankheitsgefühl ein. Bei einem großen Teil der Erkrankten treten zusätzlich Hautveränderungen auf. Bei einer Meningitis kommen unter anderem Erbrechen und Nackensteifigkeit hinzu. Eine Sepsis kann sich durch Blutdruckabfall bemerkbar machen und bis zum Organversagen fortschreiten.

Bei Säuglingen und Kleinkindern sind die Symptome häufig schwieriger zu deuten. Anzeichen einer Meningokokken-Erkrankung können bei Kindern Fieber, schrilles Schreien, Reizbarkeit oder auch Schläfrigkeit sein. Bei Anzeichen einer Meningokokken-Erkrankung sollte sofort eine Arztpraxis oder das nächstgelegene Krankenhaus aufgesucht werden.

Folgen und Behandlung

Eine Meningokokken-Meningitis führt bei 10 bis 20 Prozent der Betroffenen zu Komplikationen wie Krampfanfällen oder Taubheit und bei Kindern auch zu Entwicklungsstörungen. Etwa einer von 100 der Erkrankten verstirbt. Bei einer Sepsis kann es zu Gewebeschädigungen bis hin zum Absterben einzelner Gliedmaßen kommen, so dass eine Amputation nötig werden kann. Rund 13 Prozent der Erkrankten mit septischem Verlauf versterben. Bei einer schweren Form des septischen Schocks, dem sogenannten Waterhouse-Friderichsen-Syndrom, verstirbt rund ein Drittel der Betroffenen.

Meningokokken-Erkrankungen müssen schnellstmöglich im Krankenhaus behandelt werden, da sie fast immer schwer verlaufen und häufig Komplikationen nach sich ziehen. Meningokokken-Erkrankungen werden mit Antibiotika behandelt.

Meningokokken als Reiseimpfung

Wer bei Einreise einen Impfnachweis gegen Meningokokken ACWY benötigt, sollte darauf achten, dass diese Impfung im Impfpass in englischer Sprache vermerkt wird („conjugate vaccine“).

Als Reiseimpfung wird in der Regel der Meningokokken-ACWY-Konjugat-Impfstoff verwendet. Auch die Impfung gegen Meningokokken B kann - nicht nur als Standardimpfung für Säuglinge und Kleinkinder - zusätzlich als Impfung speziell für Reisende erforderlich sein.

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