Die Entscheidung, ob eine Impfung gegen Meningokokken B sinnvoll ist, beschäftigt viele Eltern. Seit Januar 2024 wird die Impfung gegen Meningokokken Typ B offiziell von der Ständigen Impfkommission (STIKO) für Säuglinge empfohlen. Zuvor wurde sie nur Menschen mit bestimmten Grunderkrankungen, beruflich besonders gefährdeten Personen und Reisenden in Hochrisikogebiete angeraten. Dieser Artikel beleuchtet die Hintergründe, Risiken und Vorteile dieser Impfung, um Eltern eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu bieten.
Was sind Meningokokken und warum sind sie gefährlich?
Meningokokken sind Bakterien, die weltweit vorkommen. Etwa jeder zehnte Mensch trägt Meningokokken unbemerkt im Nasen-Rachen-Raum. Sie werden durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch übertragen, beispielsweise beim Niesen, Husten oder Sprechen. Es gibt zwölf verschiedene Meningokokken-Gruppen, wobei der Meningokokken Typ B in Deutschland am häufigsten vorkommt und etwa 60 Prozent der Fälle hierzulande verursacht.
Meningokokken können verschiedene Erkrankungen auslösen, darunter Mittelohr- oder Lungenentzündung, aber auch schwerwiegende Infektionen wie Hirnhautentzündung (Meningitis) oder Blutvergiftung (Sepsis). Besonders gefährdet sind Säuglinge und Kleinkinder, da ihr Immunsystem noch nicht vollständig entwickelt ist. Im Gegensatz zu beispielsweise Masern gibt es bei Meningokokken keinen natürlichen Nestschutz, den die Mutter vor der Geburt über die Plazenta oder nach der Geburt durch Stillen übertragen könnte.
Die Wahrscheinlichkeit, sich mit Meningokokken anzustecken, ist in Deutschland insgesamt sehr gering. Das Robert Koch-Institut (RKI) nennt eine Meningokokken-Fallzahl von weniger als 0,4 pro 100.000 Einwohner in Deutschland (Stand September 2025). Trotz dieser geringen Wahrscheinlichkeit ist die Erkrankung potenziell lebensbedrohlich und kann schwerwiegende Folgen haben.
Symptome und Behandlung einer Hirnhautentzündung
Das Tückische an Meningokokken-Erkrankungen ist, dass die Beschwerden anfangs oft mit denen einer Grippe verwechselt und daher nicht ernst genommen werden. Bei Säuglingen und Kleinkindern können folgende Symptome auftreten:
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- Fieber
- Erbrechen
- Reizbarkeit oder Schläfrigkeit
- Krämpfe
- Aufschreien
- Vorgewölbte Fontanelle
Ältere Kinder klagen zum Beispiel über Kopfschmerzen oder Nackensteifigkeit und fühlen sich meist sehr krank. Schließlich können Lichtempfindlichkeit, eine vorgewölbte Fontanelle oben am Kopf oder Krämpfe auftreten. Kinder- und Jugendärztin Dr. Tanja Brunnert beschreibt Warnhinweise wie Berührungsempfindlichkeit, Jammern, Überstrecken des Kopfes und Erbrechen. In solchen Fällen sollte unverzüglich ein Arzt aufgesucht werden.
Eine Hirnhautentzündung wird mit Antibiotika behandelt. Allerdings können trotz Behandlung bei jedem fünften Betroffenen Folgeschäden auftreten.
Die Meningokokken-B-Impfung: Empfehlung und Durchführung
Eine Impfung gegen Meningokokken Typ B gibt es seit 2013. Die STIKO empfahl sie zunächst nur Risikogruppen. Seit Januar 2024 besteht die allgemeine Impf-Empfehlung für Säuglinge. Da schwere Meningokokken-Infektionen gerade bei jüngeren Kindern vorkommen, sollte die Meningokokken-B-Impfung möglichst früh, ab dem Alter von zwei Monaten, erfolgen. Für die Grundimmunisierung erhalten Kinder drei Impfdosen im Alter von zwei, vier und zwölf Monaten. Für Kleinkinder sieht die Empfehlung bis zum fünften Geburtstag eine Nachholimpfung vor. Die Impfung kann sowohl einzeln als auch zusammen mit anderen Impfungen verabreicht werden. Versäumte Impfungen gegen Meningokokken B sollen bis zum 5. Geburtstag nachgeholt werden.
Eltern sollten sich von ihrer Kinderärztin oder ihrem Kinderarzt zu allen STIKO empfohlenen Meningokokken-Impfungen beraten lassen. Eine individuelle Impfberatung kann nur deine Kinderärztin oder dein Kinderarzt vornehmen.
Mögliche Nebenwirkungen der Impfung
Einige Eltern machen sich Sorgen, dass das Kind schwere Nebenwirkungen durch die Impfungen erleidet. Kinderärztin Henriette Rudolph klärt auf: „Bei der Impfung gegen Meningokokken B kommt es häufiger zu hohem Fieber und Reizbarkeit. Auch Magen-Darm-Beschwerden, wie Durchfall, treten etwas häufiger auf.“ Der Körper reagiert auf den Impfstoff. „Dies sind aber alles Beschwerden, die man mit gängigen Mitteln lindern kann“, so Rudolph.
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Zur Fiebersenkung oder Linderung der Beschwerden solle vor allem Paracetamol benutzt werden, da es in Studien untersucht wurde und die Impfantwort nicht stört. Vor allem bei gleichzeitiger Impfung mit dem Sechsfach- und dem Pneumokokkenimpfstoff treten laut Studien häufiger schmerzhafte, fieberhafte Reaktionen auf. Die STIKO empfiehlt daher, vorbeugend Zäpfchen mit Paracetamol bei oder kurz nach der Impfung zu geben. Sprechen Sie die Kinderärztin oder den Kinderarzt gegebenenfalls darauf an.
Nebenwirkungen, die die Kinder erfahren, sind Folgen der Immunreaktion des Körpers und können bei jedem Menschen individuell ausfallen. „Insgesamt sind diese Nebenwirkungen etwas stärker ausgeprägt als beispielsweise bei der Sechsfach-Impfung, die in einem ähnlichen Alter verabreicht wird“, sagt Henriette Rudolph.
Viele Eltern sorgen sich, wenn nach einer Impfung Rötungen, Schwellungen und Schmerzen an der Einstichstelle auftreten oder ihr Kind mit Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen oder Unwohlsein reagiert. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Impfreaktion - diese zeigt an, dass sich das Immunsystem mit der Impfung auseinandersetzt, um den Schutz vor der Erkrankung aufzubauen.
Gründe für die spätere Empfehlung der STIKO
Es gibt mehrere Gründe, warum eine allgemeine Impf-Empfehlung gegen Meningokokken B erst 2024 kam:
- Seltenheit der Erkrankung: Eine Meningokokken-B-Infektion ist insgesamt eine seltene Erkrankung in Deutschland. Obwohl der Erreger der häufigste Meningokokken-Typ hierzulande ist, ist die Anzahl der gefährlichen Infektionen pro Jahr gering und derzeit sogar rückläufig. In den fünf Jahren vor der Corona-Pandemie erkrankten laut RKI jährlich etwa 3,5 von 100.000 Säuglingen.
- Unvollständige wissenschaftliche Daten: Daten etwa zur Langzeitwirksamkeit standen noch aus.
- Herdenschutz fraglich: Es war bisher noch nicht geklärt, ob und wie der Impfstoff dafür eingesetzt werden kann, einen Herdenschutz zu erzeugen. Mittlerweile wurde festgestellt, dass die Impfung nicht vor einer symptomlosen Besiedlung der Nasen-Rachen-Schleimhaut mit Meningokokken schützt. Herdenschutz bedeutet, dass durch die Impfung der Mehrheit einer Personengruppe die Übertragung und Ansteckung von nicht geimpften Personen verringert wird.
STIKO-Empfehlungen sind Vorschläge, die von einer Gruppe unabhängiger Fachleute getätigt werden. Empfiehlt die STIKO eine Impfung für eine bestimmte Personengruppe, übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen üblicherweise die Kosten, wenn sich diese Menschen dann impfen lassen. Seit Januar 2024 empfiehlt die STIKO standardmäßig die Impfung gegen Meningokokken B und Meningokokken C für Säuglinge und Kleinkinder. Dementsprechend werden die Kosten für diese Impfungen von den Krankenkassen übernommen (Pflichtleistung). Meningokokken-B-Impfung: Bis zum 5. Geburtstag, Meningokokken-C-Impfung bis zum 18. Geburtstag.
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Das gilt auch für Personen, in deren Wohngemeinschaft ein Krankheits- oder Verdachtsfall aufgetreten ist. Betroffene müssen die Gemeinschaftseinrichtung über die Erkrankung sowie über den Verdacht informieren. Nach der Genesung können Betroffene die Gemeinschaftseinrichtungen wieder besuchen.
Fazit: Abwägung von Nutzen und Risiken
Die Entscheidung für oder gegen die Meningokokken-B-Impfung ist eine individuelle Entscheidung, die in Absprache mit dem Kinderarzt getroffen werden sollte. Obwohl die Erkrankung selten ist, kann sie schwerwiegende Folgen haben. Die Impfung bietet einen wirksamen Schutz, ist aber mit möglichen Nebenwirkungen verbunden. Die STIKO-Empfehlung und die Kostenübernahme durch die Krankenkassen erleichtern den Zugang zu dieser wichtigen Präventionsmaßnahme.
Es ist medizinisch nicht sinnvoll, ohne Symptome auf eine Meningokokken-Besiedelung im Nasen-Rachen-Raum zu testen. Beim ersten Verdacht auf eine Meningokokken-Erkrankung gilt: sofort zum Arzt oder ins Krankenhaus!
Zusammenfassend lässt sich sagen:
- Meningokokken-B-Infektionen sind selten, aber gefährlich, insbesondere für Säuglinge und Kleinkinder.
- Die Impfung bietet einen guten Schutz vor Meningokokken B.
- Mögliche Nebenwirkungen sind in der Regel mild und gut behandelbar.
- Die STIKO empfiehlt die Impfung für Säuglinge und Kleinkinder, die Kosten werden von den Krankenkassen übernommen.
- Eine individuelle Beratung beim Kinderarzt ist ratsam, um die beste Entscheidung für Ihr Kind zu treffen.