Meningokokken-Impfung: Sinnvoll oder nicht? Eine umfassende Betrachtung

Meningokokken sind Bakterien, die schwere, invasive Erkrankungen wie bakterielle Hirnhautentzündung (Meningitis) oder Blutvergiftung (Sepsis) verursachen können. Zum Schutz vor diesen potenziell lebensbedrohlichen Infektionen werden verschiedene Impfungen empfohlen. Die Frage, ob eine Meningokokken-Impfung sinnvoll ist, wird im Folgenden umfassend beleuchtet.

Was sind Meningokokken?

Meningokokken sind bakterielle Erreger (Neisseria meningitidis), die über die Schleimhäute des Nasen-Rachen-Raums in die Blutbahn und die Hirn- und Rückenmarkshäute (Meningen) des Menschen gelangen können. Es gibt zwölf verschiedene Serogruppen, von denen die Serogruppen A, B, C, W, X und Y am häufigsten schwere Erkrankungen verursachen. In Deutschland sind Meningokokken der Serogruppe B am häufigsten (ca. 60 %), gefolgt von den Serogruppen C, W und Y.

Wie erfolgt die Ansteckung?

Meningokokken werden von Mensch zu Mensch durch engen Kontakt mit dem Sekret des Nasen-Rachen-Raums übertragen, beispielsweise über Speichel oder Nasensekret beim Husten, Niesen oder Sprechen. Da die Bakterien außerhalb des Körpers rasch absterben, ist eine Ansteckung bei Begegnungen ohne engen Kontakt unwahrscheinlich. Etwa jeder zehnte Mensch trägt Meningokokken unbemerkt im Nasen-Rachen-Raum.

Wer ist besonders gefährdet?

Meningokokken-Erkrankungen können in jedem Alter auftreten, am häufigsten sind jedoch Kinder im ersten und zweiten Lebensjahr sowie Jugendliche zwischen 15 und 19 Jahren betroffen. Im Gegensatz zu beispielsweise Masern gibt es bei Meningokokken keinen natürlichen Nestschutz, den die Mutter vor der Geburt über die Plazenta oder nach der Geburt durch Stillen übertragen könnte.

Symptome und Krankheitsverlauf

Von der Ansteckung bis zum Ausbruch der Erkrankung dauert es in der Regel drei bis vier Tage, wobei die Zeitspanne zwischen zwei und zehn Tagen liegen kann. Zunächst treten kurzzeitig grippeähnliche Symptome wie Fieber, Reizbarkeit, Benommenheit und Nahrungsverweigerung auf. In der Folge setzen plötzlich Kopfschmerzen, Fieber, Schüttelfrost und Schwindel mit schwerstem Krankheitsgefühl ein. Bei einem großen Teil der Erkrankten treten zusätzlich Hautveränderungen auf. Bei einer Meningitis kommen unter anderem Erbrechen und Nackensteifigkeit hinzu. Eine Sepsis kann sich durch Blutdruckabfall bemerkbar machen und bis zum Organversagen fortschreiten.

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Bei Säuglingen und Kleinkindern sind die Symptome häufig schwieriger zu deuten. Anzeichen einer Meningokokken-Erkrankung können bei Kindern Fieber, schrilles Schreien, Reizbarkeit oder auch Schläfrigkeit sein.

Mögliche Folgen einer Meningokokken-Erkrankung

Eine Meningokokken-Meningitis führt bei 10 bis 20 Prozent der Betroffenen zu Komplikationen wie Krampfanfällen oder Taubheit und bei Kindern auch zu Entwicklungsstörungen. Etwa einer von 100 der Erkrankten verstirbt. Bei einer Sepsis kann es zu Gewebeschädigungen bis hin zum Absterben einzelner Gliedmaßen kommen, so dass eine Amputation nötig werden kann. Rund 13 Prozent der Erkrankten mit septischem Verlauf versterben. Bei einer schweren Form des septischen Schocks, dem sogenannten Waterhouse-Friderichsen-Syndrom, verstirbt rund ein Drittel der Betroffenen. Trotz Behandlung treten bei jedem fünften Kind Spätfolgen auf.

Behandlung von Meningokokken-Erkrankungen

Meningokokken-Erkrankungen müssen schnellstmöglich im Krankenhaus behandelt werden, da sie fast immer schwer verlaufen und häufig Komplikationen nach sich ziehen. Meningokokken-Erkrankungen werden mit Antibiotika behandelt.

Impfempfehlungen der STIKO

Aufgrund der Schwere von Meningokokken-Erkrankungen, der häufigen Komplikationen und der hohen Sterblichkeit empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) verschiedene Impfungen gegen Meningokokken:

  • Impfung gegen Meningokokken B: Allen Säuglingen ab dem Alter von 2 Monaten wird die Impfung gegen Meningokokken B empfohlen. Die Impfserie soll möglichst frühzeitig begonnen werden und im Alter von 2, 4 und 12 Monaten verabreicht werden. Versäumte Impfungen sollen so bald wie möglich und spätestens bis zum 5. Geburtstag nachgeholt werden. Im Alter von 12 bis 23 Monaten besteht die Impfserie aus 2 Impfstoffdosen in einem Mindestabstand von 2 Monaten und einer 3. Impfstoffdosis 12 bis 23 Monate nach der 2. Impfung. Personen ab dem Alter von 2 Jahren erhalten nur 2 Impfstoffdosen in einem Mindestabstand von 1 Monat. Eine Änderung des Impfschemas für Frühgeborene ist nicht notwendig. Die Impfung gegen Meningokokken B soll an einem Termin mit den anderen von der STIKO empfohlenen Impfungen erfolgen. Zur Vermeidung von Fieber oder Schmerzen nach der Impfung wird eine vorbeugende Gabe von Paracetamol empfohlen, die zeitgleich mit der Impfung gegen Meningokokken B oder kurz danach begonnen werden sollte.
  • Impfung gegen Meningokokken C: Allen Kindern wird zu Beginn des 2. Lebensjahres zudem eine einmalige Impfung gegen Meningokokken C empfohlen. Versäumte Impfungen gegen Meningokokken C sollen so bald wie möglich und spätestens bis zum 18. Geburtstag nachgeholt werden.
  • Impfung gegen Meningokokken A, C, W und Y: Personen aller Altersgruppen, bei denen ein erhöhtes Risiko für eine Meningokokken-Erkrankung besteht, wird die Impfung mit einem Meningokokken-Kombinationsimpfstoff gegen die Serogruppen A, C, W und Y empfohlen. Außerdem sollten sie gegen Meningokokken B geimpft werden, wenn dies im Säuglings- oder Kleinkindalter noch nicht erfolgt ist. Zu den Risikogruppen zählen Personen mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung aufgrund einer angeborenen oder erworbenen Immunschwäche (zum Beispiel bei fehlender Milz) sowie gefährdetes Laborpersonal. Ungeimpfte Haushaltsmitglieder von Erkrankten sowie Personen mit engem haushaltsähnlichem Kontakt sollten sich (zusätzlich zur Gabe von Antibiotika) so bald wie möglich impfen lassen, falls die Infektion beim Erkrankten durch Meningokokken A, C, W, Y oder B verursacht wurde. Bei gehäuftem Auftreten von Meningokokken-Erkrankungen oder Ausbrüchen können von den Gesundheitsbehörden Impfungen für Personen im Umfeld empfohlen werden. Darüber hinaus können Impfungen gegen Meningokokken ACWY und/oder Meningokokken B als Reiseimpfungen sinnvoll sein.

Mögliche Impfreaktionen und Nebenwirkungen

Die Impfung ist in der Regel gut verträglich. Wie bei jeder Impfung können jedoch Nebenwirkungen auftreten, die je nach verwendetem Impfstoff etwas verschieden und unterschiedlich häufig sind. Durch die Anregung der körpereigenen Abwehr können für kurze Zeit vorübergehende Impfreaktionen auftreten, die in der Regel nach wenigen Tagen ohne Folgen wieder abklingen. Dazu zählen Rötungen, Schwellungen und Schmerzen an der Impfstelle, Fieber, Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie allgemeines Unwohlsein. Schwere Nebenwirkungen sind sehr selten. Beispielsweise kann es bei Säuglingen und jungen Kleinkindern zu einem Fieberkrampf kommen, der in der Regel jedoch ohne Folgen bleibt. Auch allergische Reaktionen sind möglich.

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Bei der Impfung gegen Meningokokken B kommt es häufiger zu hohem Fieber und Reizbarkeit. Auch Magen-Darm-Beschwerden, wie Durchfall, treten etwas häufiger auf. Vor allem bei gleichzeitiger Impfung mit dem Sechsfach- und dem Pneumokokkenimpfstoff treten laut Studien häufiger schmerzhafte, fieberhafte Reaktionen auf. Die STIKO empfiehlt daher, vorbeugend Zäpfchen mit Paracetamol bei oder kurz nach der Impfung zu geben. Nebenwirkungen, die die Kinder erfahren, sind Folgen der Immunreaktion des Körpers und können bei jedem Menschen individuell ausfallen. Insgesamt sind diese Nebenwirkungen etwas stärker ausgeprägt als beispielsweise bei der Sechsfach-Impfung, die in einem ähnlichen Alter verabreicht wird.

Warum wird die Impfung erst seit 2024 empfohlen?

Es gibt mehrere Gründe, warum eine allgemeine Impf-Empfehlung gegen Meningokokken B erst 2024 kam:

  • Eine Meningokokken-B-Infektion ist insgesamt eine seltene Erkrankung in Deutschland.
  • Die wissenschaftlichen Daten zur Meningokokken-B-Impfung waren vorher unvollständig. Daten etwa zur Langzeitwirksamkeit standen noch aus.
  • Herdenschutz fraglich: Es war bisher noch nicht geklärt, ob und wie der Impfstoff dafür eingesetzt werden kann, einen Herdenschutz zu erzeugen. Mittlerweile wurde festgestellt, dass die Impfung nicht vor einer symptomlosen Besiedlung der Nasen-Rachen-Schleimhaut mit Meningokokken schützt.

Meningokokken-Impfung als Reiseimpfung

Bei Reisen nach Saudi-Arabien und in einzelne Länder im sogenannten „Meningitisgürtel“ besteht eine Nachweispflicht über die Impfung gegen Meningokokken. Als Reiseimpfung wird in der Regel der Meningokokken-ACWY-Konjugat-Impfstoff verwendet. Auch die Impfung gegen Meningokokken B kann - nicht nur als Standardimpfung für Säuglinge und Kleinkinder - zusätzlich als Impfung speziell für Reisende erforderlich sein.

Kostenübernahme durch die Krankenkassen

Seit Januar 2024 empfiehlt die STIKO standardmäßig die Impfung gegen Meningokokken B und Meningokokken C für Säuglinge und Kleinkinder. Dementsprechend werden die Kosten für diese Impfungen von den Krankenkassen übernommen (Pflichtleistung).

Impfen ja oder nein?

Die Meningokokken-Erkrankung wird durch Bakterien verursacht und ist eine sehr gefürchtete Infektionserkrankung, vor allem des Gehirns bzw. der Gehirnhäute (Meningitis). Der Verlauf ist besonders bei Säuglingen sehr rasch - innerhalb von Stunden sind die Kinder schwerst krank! Die Erkrankung hat eine hohe Sterblichkeitsrate und hinterlässt bei vielen Überlebenden schwere Langzeitschäden.

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Zusammenfassung

Impfungen gegen Meningokokken (B) vermitteln vor allem einen effektiven Individualschutz, vermindern schwere, lebensbedrohende Infektionen und deren Komplikationen vor allem bei der mit Abstand meistgefährdeten Gruppe (Säuglinge) und unterbrechen Infektionsketten. Sie sind sicher. Zusammen mit der Vierfachimpfung gegen die Typen A, C, W, Y statt der Einfachimpfung gegen MenC im 12. Lebensmonat könnte aktuell gegen die allermeisten der gefährlichen Meningokokken-Erkrankungen geimpft werden.

Es gibt jedoch auch unklare Punkte und Fragen für die Zukunft: Der Herdenschutz scheint vorhanden, aber die Daten sind unsicher. Wie lange hält der Impfschutz? Laut den britischen Daten mindestens 3 Jahre. Sind Booster-Impfungen (genau wie Tetanus oder Keuchhusten) nötig - vor allem um eine Herdenimmunität zu erreichen?

Die individuelle Impfberatung ist generell etwas anderes, als eine nationale Impfempfehlung auszusprechen. Diese berücksichtigt weniger das einzelne Schicksal, sondern achtet mehr auf die gesellschaftliche Bedeutung. Bei der Entscheidung der STIKO ist bzw. war entscheidend, dass der Impfstoff im Wesentlichen den Geimpften schützt, aber nicht alle anderen. Eine nachgewiesene Herdenimmunität wäre einer offiziellen Empfehlung sicherlich dienlich.

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