Meningitis Kontaktperson Quarantäne: Ein umfassender Leitfaden

Einführung

Invasive Meningokokken-Erkrankungen sind ernstzunehmende Infektionen, die durch das Bakterium Neisseria meningitidis (Meningokokken) verursacht werden. Diese Erkrankungen können sich schnell entwickeln und lebensbedrohlich sein. Daher ist es wichtig, die Übertragungswege, Symptome und Präventionsmaßnahmen zu kennen. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über Meningokokken-Erkrankungen, insbesondere im Hinblick auf Quarantänemaßnahmen für Kontaktpersonen und die Bedeutung von Impfungen. Die Herausgabe der RKI-Ratgeber erfolgt durch das Robert Koch-Institut (RKI) auf der Grundlage des § 4 Infektionsschutzgesetz (IfSG). Zielgruppe der RKI-Ratgeber sind Fachkreise, u.a. Ärztinnen und Ärzte, medizinisches Fachpersonal und der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD). Informationen zu wichtigen Infektionskrankheiten sollen aktuell und konzentriert der Orientierung dienen.

Was sind Meningokokken-Erkrankungen?

Invasive Meningokokken-Erkrankungen werden durch Neisseria meningitidis (Meningokokken) verursacht. Eine invasive Infektion durch Meningokokken liegt vor, wenn aus Blut, Liquor, hämorrhagischen Hautinfiltraten oder anderen normalerweise sterilen klinischen Materialien direkt oder indirekt Meningokokken nachgewiesen werden oder das spezifische klinische Bild (Purpura fulminans, inkl. Waterhouse-Friderichsen-Syndrom) erfüllt ist (siehe Klinische Symptomatik). Meningokokken sind gramnegative Diplokokken, die sich im Nasen-Rachen-Raum des Menschen ansiedeln und dort bei etwa 10% der Bevölkerung ohne klinische Symptome nachweisbar sind. Bei den meisten Isolaten, die bei Trägern untersucht wurden, handelt es sich um apathogene, nichtinvasive Meningokokken.

Meningokokken sind Bakterien, die sich im Nasen-Rachen-Raum ansiedeln können. Viele Menschen tragen diese Bakterien, ohne Symptome zu entwickeln. Allerdings können Meningokokken in manchen Fällen schwere Krankheiten wie Hirnhautentzündung (Meningitis) oder Sepsis (Blutvergiftung) verursachen. Invasive Meningokokken-Erkrankungen verlaufen vor allem als Meningitis und/oder Sepsis. Septische Verläufe werden bei über zwei Drittel der in Deutschland gemeldeten Erkrankungen berichtet. Diese gehen in 10 bis 15% der Fälle mit einer besonders schweren Form des septischen Schocks, als Waterhouse-Friderichsen-Syndrom, einher, gekennzeichnet durch Einblutungen in die Nebennieren und eine sehr hohe Letalität (s.u.). Mischformen können ebenfalls auftreten. Seltener treten im Rahmen von invasiven Erkrankungen auch Pneumonien, Myokarditis, Endokarditis, Perikarditis, Arthritis oder Osteomyelitis auf.

Aufgrund der Zusammensetzung der Kapselpolysaccharide werden insgesamt 12 Serogruppen unterschieden (A, B, C, E, H, I, K, L, W, X, Y, Z). Invasive Meningokokken-Erkrankungen werden in den allermeisten Fällen durch Erreger der Serogruppen A, B, C, W, X und Y verursacht, in Deutschland derzeit fast ausschließlich durch B,C,W und Y. Neben der Bestimmung der Serogruppe kann durch die molekulare Feintypisierung die Diversität der zirkulierenden Meningokokken genauer abgebildet werden. Die molekulare Typisierungsformel lautet Serogruppe: PorA-Sequenztyp: FetA-Sequenztyp: klonaler Komplex (cc) (z.B. B: P1.7-2,4:F1-5:cc41/44). Die Feintypisierung wird vom Nationalen Referenzzentrum (NRZ) für Meningokokken und Haemophilus influenzae seit 2019 auf Basis der Ganzgenomsequenzierung (whole genome sequencing; WGS) durchgeführt.

Verbreitung und Inzidenz

Invasive Meningokokken-Erkrankungen treten weltweit auf. Große saisonale Epidemien, bedingt in erster Linie durch Meningokokken der Serogruppe A, aber auch C, W und X, traten in den vergangenen Jahrzehnten überwiegend im Meningitisgürtel der Subsaharazone und in Asien auf. Infolge der breiten Anwendung eines Meningokokken-A-Impfstoffs im Meningitis-Gürtel seit 2010 treten nunmehr vor allem Ausbrüche durch die Serogruppen C, W und X auf. In den letzten Jahren lag die Inzidenz invasiver Meningokokken-Erkrankungen in Europa, auf dem amerikanischen Kontinent sowie in Neuseeland und Australien im Allgemeinen meist ≤ 2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner; Fälle traten vor allem als Einzelerkrankungen oder selten in Form von kleineren Häufungen auf. In den meisten dieser Länder war lange Zeit die Serogruppe B für die Mehrzahl der Erkrankungen verantwortlich. In den letzten Jahren kam es zu einer Zunahme von Erkrankungen durch die Serogruppen Y (USA, Europa) und insbesondere W (Europa, Lateinamerika, Australien und Neuseeland).

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In Deutschland wurde seit 2004 ein Rückgang der Inzidenz beobachtet. Gegenwärtig liegt die bundesweite jährliche Inzidenz bei unter 0,4 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner. Die Mehrzahl der Erkrankungen wird durch Erreger der Serogruppe B (ca. 60%) und seltener der Serogruppen C, W und Y (jeweils ca. 10 bis 15%) verursacht, während andere Serogruppen äußerst selten beobachtet werden. Der Anteil der Erkrankungen durch Erreger der Serogruppe C hat sich vor allem bei Kleinkindern verringert, seitdem im Jahr 2006 für alle Kinder im ersten Lebensjahr eine Impfung mit einem monovalenten Meningokokken-C-Konjugatimpfstoff empfohlen wurde. Bei der Geburtskohorte von 2016 lag die Meningokokken-C-Impfquote im Alter von 2 bzw. 3 Jahren bei 78% bzw. 83%. Bei Schulanfängern im Jahr 2018 lag sie bei 90% (Rieck T et al. 2020). Eine invasive Meningokokken-Erkrankung kann in jedem Lebensalter auftreten, jedoch findet man im Wesentlichen zwei Morbiditätsgipfel. Die höchsten Inzidenzen werden im 1. und 2. Lebensjahr beobachtet, mit einem zweiten, kleineren Inzidenzgipfel bei 15- bis 19-jährigen Jugendlichen.

Übertragung von Meningokokken

Da die Erreger gewöhnlich außerhalb des Körpers rasch absterben, ist für eine Infektion ein enger Kontakt mit Übertragung von oropharyngealen Sekreten von einem Keimträger oder einem Erkrankten erforderlich. Die Erreger werden durch Tröpfcheninfektion übertragen, beispielsweise beim Husten, Niesen, Küssen oder durch gemeinsame Nutzung von Essgeschirr. Da Meningokokken außerhalb des Körpers schnell absterben, ist ein enger Kontakt für eine Übertragung notwendig.

Symptome und Krankheitsverlauf

Bei invasiven Meningokokken-Infektionen kommt es häufig nach einem kurzen Prodromalstadium mit Symptomen eines Infekts der oberen Atemwege zu plötzlich auftretenden allgemeinen Krankheitszeichen wie Kopfschmerzen, Fieber, Schüttelfrost und Schwindel mit schwerstem Krankheitsgefühl. Innerhalb weniger Stunden kann sich ein schweres, lebensbedrohliches Krankheitsbild entwickeln. Petechiale Exantheme oder großflächigere Hauteinblutungen sind charakteristisch und vor allem bei septischen Verläufen ausgeprägt. Zusätzlich kann ein makulopapulöses Exanthem auftreten. Bei einer Meningitis kommen Erbrechen und Nackensteifigkeit hinzu, Kernig- und Brudzinski-Zeichen sind positiv. Weiterhin können neurologische Symptome wie Reizbarkeit, Schläfrigkeit, Stupor bis zum Koma sowie Krampfanfälle oder Hirnnervenlähmungen auftreten. Bei Säuglingen und Kleinkindern sind die Symptome oft weniger charakteristisch. Es können Fieber, Erbrechen, Reizbarkeit oder auch Schläfrigkeit, Krämpfe, Aufschreien sowie eine vorgewölbte oder harte Fontanelle auftreten. Die Nackensteifigkeit kann dagegen fehlen. Erste Beschwerden zeigen sich 2 bis 10 Tage nach Ansteckung, in der Regel nach 3 bis 4 Tagen.

Die Erkrankung beginnt häufig plötzlich mit allgemeinen Krankheitszeichen wie Kopfschmerzen, Fieber, Schüttelfrost und Schwindel mit schwerstem Krankheitsgefühl. Innerhalb weniger Stunden kann ein lebensbedrohlicher Zustand eintreten. Meningokokken verursachen vor allem zwei Krankheitsbilder, die einzeln oder zusammen auftreten können:

  • Hirnhautentzündung (Meningitis): Fieber, Kopfschmerzen, Lichtempfindlichkeit und eine getrübte Bewusstseinslage, wie zum Beispiel eine starke Schläfrigkeit oder Benommenheit, sind gängige Beschwerden einer Hirnhautentzündung. Ein typisches Zeichen ist die schmerzhafte Nackensteifigkeit, oft kombiniert mit morgendlichem Erbrechen oder Zeichen eines Kreislaufversagens sowie mitunter Krampfanfällen.
  • Sepsis (Blutvergiftung, Blutstrominfektion): Bei der Meningokokken-Sepsis werden die Bakterien mit dem Blut im gesamten Körper verbreitet. Dabei wird die Blutgerinnung gestört. In der Folge entstehen flächenhafte Einblutungen der Haut. Bei einer besonders schweren Form der Sepsis kommt es infolge von lebensbedrohlichen Einblutungen in die Nebennieren zu einem Kreislaufschock. Eine Sepsis kann bis zum Versagen mehrerer Organe fortschreiten. Es handelt sich um einen medizinischen Notfall, der sofort behandelt werden muss. Warnzeichen können neben Fieber und starkem Krankheitsgefühl auch ein beschleunigter Puls, Kurzatmigkeit und Verwirrtheit sein.

Diagnose und Behandlung

Für die Labordiagnostik ist in erster Linie die Untersuchung von Liquor und Blut von Bedeutung. Bei einer stationären Aufnahme wegen des Verdachtes einer invasiven Meningokokken-Infektion sollte daher umgehend eine Liquorpunktion durchgeführt und Blutkulturen angelegt werden. Zudem sollten bei antherapierten Patienten Rachenabstriche entnommen werden. Das Rachenisolat kann ggf. bei negativer Blut- oder Liquorkultur sowie bei begonnener Antibiotika-Therapie wichtige Hinweise auf den krankheitsauslösenden Stamm liefern. Zusätzlich kann ein Antigennachweis im Nativliquor, z.B. durch Latexagglutination, durchgeführt werden. Diese Methode hat jedoch eine nur wenig über die der Mikroskopie hinausgehende Sensitivität. Gelegentlich wird fälschlicherweise die Serogruppe A von solchen Untersuchungen abgeleitet. Hierbei ist zu beachten, dass polyvalente Seren zum Einsatz kommen. Weiterhin kann bei negativem Ergebnis der Anzucht eine PCR zum Nachweis der Meningokokken-DNA im Liquor und im Blut (vorzugsweise EDTA-Blut) veranlasst werden. Sie besitzt eine hohe Sensitivität und Spezifität. Es ist daher dringend empfohlen, vor allem unmittelbar nach Aufnahme eines vorbehandelten Patienten EDTA-Blut und ggf. Liquor zur molekularen Untersuchung und Feintypisierung zu asservieren. Diese Untersuchung wird in Deutschland kostenlos vom NRZ für Meningokokken und H. influenzae angeboten. Laboratorien, die primäre Diagnostik durchführen, sind aufgefordert, jedes Isolat oder - falls eine Anzüchtung nicht angestrebt wird oder erfolglos bleibt - Nativmaterial an das NRZ zu schicken, damit eine eventuell ausstehende Serogruppenbestimmung sowie eine weitere Feintypisierung des Erregers vorgenommen werden kann. Hinweise zum Probentransport finden sich auf der Internetseite des NRZ für Meningokokken und H. influenzae. Die genannte Spezialdiagnostik ist zur frühzeitigen Erkennung von Ausbrüchen und für den europäischen und internationalen Datenaustausch wichtig. Die Feintypisierung liefert zudem wertvolle Daten für die Evaluation der seit 2006 geltenden Impfempfehlung der Ständigen Impfkommission (STIKO). Das NRZ untersucht ca. 80% der an das RKI gemeldeten Fälle; allerdings liegen hier deutliche regionale Unterschiede vor. Nur durch eine möglichst vollständige Untersuchung der Stämme von auftretenden Meningokokken-Fällen aus allen Teilen Deutschlands am NRZ kann eine repräsentative Laborsurveillance gewährleistet werden.

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Da sich innerhalb weniger Stunden ein schweres, lebensbedrohliches Krankheitsbild entwickeln kann, sollte bei begründetem klinischem Verdacht auf eine invasive Meningokokken-Erkrankung umgehend mit einer empirischen Antibiotikatherapie mit Cephalosporinen der Gruppe 3 (außer bei anamnestisch bekannter Penicillinallergie mit systemischer Reaktion) begonnen werden (z.B. Cefotaxim oder Ceftriaxon). Aufgrund der zur Verfügung stehenden sensitiven molekularen diagnostischen Methoden ist es unter Umständen gerechtfertigt, vor der Materialentnahme die Antibiose einzuleiten (s.o.). Beim Auftreten von Komplikationen sind weitere therapeutische Maßnahmen unter intensivmedizinischen Bedingungen erforderlich, wie z.B.

Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung mit Antibiotika sind entscheidend. Bei Verdacht auf eine Meningokokken-Erkrankung sollte sofort ein Arzt aufgesucht und eine stationäre Behandlung begonnen werden.

Quarantäne und Maßnahmen für Kontaktpersonen

Patientinnen und Patienten müssen bis zu 24 Stunden nach Beginn einer spezifischen Therapie isoliert werden und gelten danach nicht mehr als infektiös. In dieser Zeit sind vom betreuenden Pflegepersonal und von den behandelnden Ärzten besondere Barrieremaßnahmen zu beachten. Gemäß KRINKO-Empfehlung "Infektionsprävention im Rahmen der Pflege und Behandlung von Patienten mit übertragbaren Krankheiten" wird hierfür eine Einzelunterbringung im Isolierzimmer, und für das Personal die Verwendung von Schutzhandschuhen, das Tragen eines Schutzkittels, und das Tragen eines medizinischen Mund-Nasen-Schutzes (MNS) oder ggf. eines höherwertigeren Atemschutzes, sowie die strikte Einhaltung der Basishygiene empfohlen.

Gemäß § 34 Abs. 1 Nr. In Gemeinschaftseinrichtungen Betreute, die an einer Meningokokken-Infektion erkrankt oder dessen verdächtig sind, dürfen die dem Betrieb der Gemeinschaftseinrichtung dienenden Räume nicht betreten, Einrichtungen der Gemeinschaftseinrichtung nicht benutzen und an Veranstaltungen der Gemeinschaftseinrichtung nicht teilnehmen. Die Einschränkung der Tätigkeit bzw. des Besuchs der Gemeinschaftseinrichtung dauert fort, bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung der Krankheit nicht mehr zu befürchten ist. Das ärztliche Urteil kann das Urteil der behandelnden Ärztin/des behandelnden Arztes oder einer Ärztin/eines Arztes des zuständigen Gesundheitsamtes sein. Das ärztliche Urteil kann mündlich erfolgen. Gemäß § 34 Abs. 3 IfSG gelten die oben aufgeführten Regelungen aus Abs. 1 auch für Personen, die mit den an diesen Krankheiten erkrankten Personen bzw. mit Personen, bei denen der Verdacht auf diese Krankheit besteht, in einer Wohngemeinschaft zusammenleben. Dies gilt nur, wenn die Erkrankung bzw. der Krankheitsverdacht von einer Ärztin oder einem Arzt festgestellt worden ist. Eine Wiederzulassung ist 24 Stunden nach Beginn einer Chemoprophylaxe möglich. Ohne Chemoprophylaxe ist eine Wiederzulassung frühestens 10 Tage nach einem Kontakt angezeigt.

Verhalten in Gemeinschaftseinrichtungen

In Gemeinschaftseinrichtungen gemäß § 33 IfSG (u.a. Schulen, Kindergärten) gelten besondere Regelungen. Betreute, die an einer Meningokokken-Infektion erkrankt oder dessen verdächtig sind, dürfen die Räume der Einrichtung nicht betreten, Einrichtungen nicht benutzen und nicht an Veranstaltungen teilnehmen. Dies gilt, bis nach ärztlichem Urteil eine Weiterverbreitung der Krankheit nicht mehr zu befürchten ist. Diese Regelungen gelten auch für Personen, die mit Erkrankten oder Verdachtsfällen in einer Wohngemeinschaft leben, sofern die Erkrankung oder der Verdacht von einem Arzt festgestellt wurde.

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Maßnahmen für enge Kontaktpersonen

Enge Kontaktpersonen von Erkrankten sollen vorbeugend Antibiotika erhalten. Damit sollte möglichst zeitnah begonnen werden, spätestens jedoch bis zum 10. Tag nach dem Kontakt zur erkrankten Person. Ungeimpften engen Kontaktpersonen wird eine Impfung empfohlen, wenn bei der erkrankten Person Meningokokken festgestellt wurden, gegen die man sich impfen lassen kann. Sind enge Kontaktpersonen, in deren Wohngemeinschaft der Erkrankungsfall auftrat, 24 Stunden nach Beginn einer vorsorglichen Antibiotika-Gabe beschwerdefrei, dürfen sie Gemeinschaftseinrichtungen wieder besuchen beziehungsweise dort tätig sein. Beachten Sie die Anweisungen und Empfehlungen des zuständigen Gesundheitsamtes.

Die postexpositionelle Prophylaxe (PEP) dient der Vermeidung des Auftretens weiterer Erkrankungen (sog. sekundärer Krankheitsfälle). Beim Auftreten einer invasiven Meningokokken-Erkrankung muss die Ausbreitung des Bakteriums verhindert werden. Eine postexpositionelle Prophylaxe (PEP) sollte bei nachgewiesener invasiver Meningokokken-Erkrankung oder Meningokokken-Konjunktivitis durchgeführt werden. Die Erkrankung ist nachgewiesen, wenn zu einem passenden klinischen Krankheitsbild auch der mikrobiologische Nachweis von N. meningitidis aus entsprechend entnommenem Patientenmaterial vorliegt. Darüber hinaus kann im Falle einer wahrscheinlichen invasiven Meningokokken-Erkrankung bei entsprechendem Kontakt eine PEP empfohlen werden. Hierbei spricht die klinische Diagnose am ehesten für eine invasive Infektion mit N. meningitidis, ohne dass ein Labornachweis vorliegt. Ist die Indikation einer PEP gegeben, sollte sie so schnell wie möglich durchgeführt werden. Der Kreis derjenigen Personen, die eine PEP erhalten sollten, ist durch das RKI in der Empfehlung der STIKO klar definiert. Der Kreis der Empfänger einer PEP ist durch die STIKO in der aktuellen Impfempfehlung definiert. Diese können nachgelesen werden auf den Internetseiten www.rki.de/impfempfehlung der STIKO beim RKI. Die PEP sollte auf Personen beschränkt werden, die mit Sekreten des Mund /Nasenbereichs, bzw. der Atemwege in Berührung gekommen sein könnten. Hierzu zählen beispielsweise Sexualpartner, evtl. enge Freunde, feste Banknachbarn in der Schule. Prophylaxemaßnahmen sollten nicht undifferenziert auf Schüler einer ganzen Schulklasse ausgedehnt werden. Die Empfehlung der STIKO definiert den Kreis der Kontaktpersonen eindeutig nach dem Risiko des direkten Kontakts mit oropharyngealen Sekreten. Wer nicht direkt diesem Risiko ausgesetzt ist, für den ist keine Prophylaxe empfohlen.

Als Kontaktzeitraum ist der Zeitraum 7 Tage vor Erkrankungsbeginn bis 24 h nach Einleitung einer adäquaten Therapie des Patienten relevant. Personen, die in dieser Zeit einen engen Kontakt mit dem Patienten hatten, sollten eine entsprechende Chemoprophylaxe schnellstmöglich durchführen.

Chemoprophylaxe

Postexpositionsprophylaxe zur Vorbeugung einer Meningokokkenerkrankung: Chemoprophylaxe nach Exposition: Für Jugendliche ab 60 kg und Erwachsene: 2 x 600 mg Rifampicin/Tag für 2 Tage. Für Erwachsene ist außerdem Ciprofloxacin (einmalige Dosis 500 mg p. o.) für die Chemoprophylaxe zugelassen. Weiterhin ist eine Prophylaxe mit Ceftriaxon (nur i. m. Applikation) mit einer einmaligen Gabe von 125 mg bei Kindern unter 12 Jahren und 250 mg bei Kontaktpersonen über 12 Jahren möglich. Bei Schwangeren ist Ceftriaxon das Mittel der Wahl. Das darin enthaltene Lidocain gilt in dieser einmaligen Dosierung trotz des generellen Hinweises der Roten Liste auf eine Kontraindikation von Lidocain als unbedenklich in der Schwangerschaft (Schaefer C, et al. 2006). Alle drei Präparate führen mit hoher Sicherheit zur Eradikation von Meningokokken im Nasopharynx (Zalmanovici Trestioreanu A, et al. 2011).

Gemäß der aktuellen Empfehlung der STIKO www.rki.de/impfempfehlungen gilt: Mittel der Wahl für Kinder ist Rifampicin. Es wird bei Säuglingen, Kindern und Jugendlichen bis 60 kg über 2 Tage in einer Dosierung von 2 x 10 mg/kg KG/Tag gegeben (maximale ED 600 mg). Jugendliche ab 60 kg und Erwachsene erhalten 2 x 600 mg/Tag für 2 Tage. Bei Neugeborenen im 1. Lebensmonat beträgt die Dosis 2 x 5 mg/kg KG/Tag ebenfalls für 2 Tage. Weiterhin ist eine Prophylaxe mit Ceftriaxon (i. m. Applikation) mit einer einmaligen Gabe von 125 mg bei Kindern unter 12 Jahren und 250 mg bei Kontaktpersonen über 12 Jahren möglich. Bei Schwangeren ist Ceftriaxon das Mittel der Wahl. Das darin enthaltene Lidocain gilt in dieser einmaligen Dosierung trotz des generellen Hinweises der Roten Liste auf eine Kontraindikation von Lidocain als unbedenklich in der Schwangerschaft. Alle drei Präparate führen mit hoher Sicherheit zur Eradikation von Meningokokken im Nasopharynx. Alternativ ist die Gabe von Azithromycin möglich (einmalig 500 mg p.o.). Bei Patienten, die eine Therapie mit Penicillin G oder Cephalosporinen der 1. Generation erhalten haben, wird ebenfalls eine Chemotherapie wie o.a. Zu Ciprofloxacin ist zubeachten, dass seit Oktober 2018 eine Warnung zur Arzneimittelsicherheit gilt: Aufgrund des Risikos für Aortenaneurysmen und -dissektionen sollten Fluorchinolone nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung und Berücksichtigung anderer Therapiemöglichkeiten angewendet werden. Zum Einsatz von Fluorchinolonen einschließlich Ciprofloxacin gibt es eine Arzneimittelwarnung ("Rote Hand Brief").

Impfung nach Exposition

Trotz der Chemotherapie wurde ein erhöhtes Risiko für enge Kontaktpersonen beobachtet, welches im Jahr nach dem Kontakt noch ca. 100-fach über der Hintergrundinzidenz lag. Daher sollte bei engen Kontaktpersonen zusätzlich eine postexpositionelle Meningokokken-Impfung erfolgen, sofern ein Impfstoff verfügbar ist, welcher der Meningokokken-Serogruppe des Indexfalles entspricht. Folgende Impfstoffe sind u.a. zugelassen: quadrivalenter Konjugatimpfstoff zum Schutz gegen Meningokokken der Serogruppe C sowie gegen die selteneren Serogruppen A, W und Y ab dem Alter von zwei Jahren. Seit Dezember 2013 gibt es einen neuen Meningokokken-B-Impfstoff, dessen Verabreichung gemäß Fachinformation und nach sorgfältiger individueller Nutzen-Risiko-Abwägung sinnvoll sein kann. Seit 14.09.2015 empfiehlt die Ständige Impfkommission des Robert Koch Institutes die Anwendung dieses Meningokokken-B-Impfstoffes bei Personen mit erhöhtem Risiko. Gemeint sind Personen, die engen Kontakt zu Erkrankten (invasive Meningokokken-B-Infektion) haben, insbesondere Haushaltskontaktpersonen, aber auch vergleichbar beruflich gefährdete Personen, sowie besonders gesundheitlich gefährdete Personen, z. B. solche mit Asplenie oder Komplementdefekten.

Prävention durch Impfung

Impfung Es gibt verschiedene Meningokokken-Typen (Serogruppen), die weltweit unterschiedlich verbreitet sind. In Deutschland wird die Mehrzahl der Erkrankungen bei Kindern durch Meningokokken der Serogruppe B verursacht, bei Erwachsenen ähnlich häufig auch durch Serogruppe Y. Seltener sind die Serogruppen C und W. Es stehen verschiedene Impfstoffe zur Verfügung, die gegen unterschiedliche Meningokokken-Typen schützen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt:

  • die Impfung gegen Meningokokken B für alle Kinder mit je einer Impfstoffdose im Alter von 2, 4 und 12 Monaten; fehlende Impfstoffdosen sollen so bald wie möglich und spätestens bis zum 5. Geburtstag nachgeholt werden;
  • die Impfung gegen Meningokokken C für alle Kinder mit einer Impfstoffdose im Alter von 12 Monaten; wurde die Impfung versäumt, sollte sie baldmöglichst und spätestens bis zum 18. Geburtstag nachgeholt werden;
  • für Risikogruppen die Impfung mit Meningokokken-ACWY-Kombinationsimpfstoff sowie MeningokokkenB-Impfstoff; dazu zählen Personen mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung aufgrund einer angeborenen oder erworbenen Immunschwäche (zum Beispiel bei fehlender Milz) sowie gefährdetes Laborpersonal;
  • für Reisende in Länder mit vielen Meningokokken-Erkrankungen, vor allem bei engem Kontakt zur Bevölkerung, sowie vor Pilgerreisen nach Mekka die Meningokokken-ACWY-Impfung;
  • für Mitarbeitende im Katastrophendienst und je nach Gefährdung für Mitarbeitende in der Entwicklungshilfe und für medizinisches Personal zusätzlich zur Meningokokken-ACWY-Impfung auch die Impfung gegen Meningokokken B;
  • vor Langzeitaufenthalten insbesondere für Kinder und Jugendliche sowie für Personen in Studium oder Ausbildung die Impfung gegen Meningokokken ACWY und/oder Meningokokken B entsprechend den Empfehlungen der Zielländer.

Die Impfung ist die wirksamste Maßnahme, um sich vor einer Meningokokken-Erkrankung zu schützen. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt Impfungen gegen verschiedene Meningokokken-Serogruppen für Säuglinge, Kinder, Jugendliche und Risikogruppen. Es stehen Impfstoffe gegen die Serogruppen A, B, C, W und Y zur Verfügung.

Empfehlungen der STIKO

Ausführliche Informationen hinsichtlich der empfohlenen Impfstoffe und -schemata sind in den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) abrufbar. Die monovalente Meningokokken-C-Konjugatimpfung wird in Deutschland von der STIKO seit Juli 2006 für alle Kinder im Alter von 12 Monaten empfohlen. Versäumte Impfungen sollten spätestens bis zum 18. Geburtstag nachgeholt werden. Des Weiteren empfiehlt die STIKO seit 2024 allen Säuglingen ab dem Alter von 2 Monaten die Impfung gegen Meningokokken der Serogruppe B mit dem Impfstoff Bexsero. Die Impfung soll bis zum 5. Geburtstag nachgeholt werden. Zudem empfiehlt die STIKO für Personen mit einem erhöhten Risiko für invasive Meningokokken-Erkrankungen eine Impfung mit einem altersgerecht zugelassenen Meningokokken-ACWY-Konjugatimpfstoff sowie mit einem Meningokokken-B-Impfstoff.

Personen mit angeborenen oder erworbenen Immundefekten mit T- und/oder B-zellulärer Restfunktion, insbesondere Komplement-/Properdindefekte, Therapie mit C5-Komplement-Inhibitoren (z.B. Eculizumab oder Ravulizumab), Hypogammaglobulinämie, AsplenieGefährdetes Laborpersonal (bei Exposition gegenüber N. meningitidis-haltigen Aerosolen)Haushaltskontaktpersonen eines Erkrankten mit einer impfpräventablen invasiven Meningokokken-Infektion, so bald wie möglich nach dem Kontakt (zusätzlich zur Chemoprophylaxe), sofern nicht bereits ein Impfschutz gegen die entsprechende Serogruppe besteht (siehe unter "Umgang mit Kontaktpersonen")Reisende in Länder mit epidemischem Vorkommen, besonders bei engem Kontakt zur einheimischen Bevölkerung (z.B.

Meldepflicht

Eine durch Meningokokken ausgelöste Hirnhautentzündung, ist meldepflichtig nach dem Infektionsschutzgesetz.

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