Hirnmetastasen sind Tumorabsiedlungen im Gehirn, die von Krebserkrankungen anderer Organe stammen. Sie stellen eine gefürchtete Komplikation bei Krebspatienten dar und sind oft mit einer eingeschränkten Lebenserwartung verbunden. Dieser Artikel bietet einen umfassenden Überblick über Hirnmetastasen, einschließlich ihrer Entstehung, Symptome, Diagnose, Behandlungsmöglichkeiten und Prognose.
Was sind Hirnmetastasen?
Als Metastasen werden Absiedelungen von Krebszellen bezeichnet, die an anderen Stellen als dem Ursprungsort auftreten. Hirnmetastasen sind Absiedelungen in Gehirn, Hirnhäuten oder Rückenmark. Sie entstehen durch den Transport von Krebszellen über das Blut. Im Gehirn siedeln sich diese Zellen an, vermehren sich und bilden Metastasen. Diese können das Nervengewebe schädigen und den Druck im Gehirn erhöhen, was zu verschiedenen Symptomen führt.
Hirnmetastasen sind häufiger als Tumore, die direkt aus den Nervenzellen des Gehirns entstehen. Bei bestimmten Krebsarten kommt es mit einer Wahrscheinlichkeit von 20-40 % zu Metastasen im Gehirn, falls der Tumor schon gestreut hat (Lungenkrebs, schwarzer Hautkrebs, Brustkrebs und Nierenkrebs).
Ursachen und Häufigkeit
Hirnmetastasen entstehen, wenn Krebszellen von einem Primärtumor in einem anderen Organ über die Blutbahn oder das Lymphsystem ins Gehirn gelangen und dort Tochtergeschwülste bilden. Grundsätzlich kann jede Krebsart Metastasen im Gehirn bilden. Zu den häufigsten Primärtumoren, die zu Hirnmetastasen führen, gehören:
- Lungenkrebs (Bronchialkarzinom): bei Männern die häufigste Ursache
- Brustkrebs (Mammakarzinom): bei Frauen die häufigste Ursache
- Schwarzer Hautkrebs (malignes Melanom): an zweiter Position bei beiden Geschlechtern
- Nierenzellkarzinom
Diese Tumore machen zusammen bis zu 80 % der Hirnmetastasen aus. In 10 - 20 % der Fälle ist der Primärtumor nicht bekannt.
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Hirnmetastasen treten bei 20 bis 30 % aller Karzinompatienten mit systemischer Metastasierung auf. Sie sind damit häufiger als primäre Hirntumoren. Die steigende Anzahl diagnostizierter Hirnmetastasen ist auf das verlängerte Überleben von Krebspatienten und die Verbesserung der Diagnosetechniken zurückzuführen.
Symptome
Die Symptome von Hirnmetastasen sind vielfältig und hängen von der Anzahl, Größe und Lage der Metastasen im Gehirn ab. Nicht alle Betroffenen bemerken überhaupt erste Warnzeichen. Manchmal werden Metastasen im Gehirn bei Nachsorgeuntersuchungen gefunden. Mögliche Symptome sind:
- Kopfschmerzen (ca. 50 %): oft anhaltend und ungewöhnlich stark
- Neurologische Ausfallerscheinungen (ca. 50 %): z.B. Lähmungserscheinungen, Sprachstörungen, Sehstörungen, Gleichgewichtsstörungen
- Psychische Veränderungen (ca. 30 %): z.B. Wesensveränderungen, Gedächtnisstörungen, Verwirrtheit
- Epileptische Anfälle (ca. 15-20 %)
- Hirndruckzeichen: z.B. Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Benommenheit bis hin zu Bewusstseinsstörungen
- Müdigkeit
Die Symptome können sich langsam einschleichen oder plötzlich akut auftreten, ähnlich wie bei einem Schlaganfall.
Diagnose
Bei Verdacht auf Hirnmetastasen werden in der Regel folgende Untersuchungen durchgeführt:
- MRT (Magnetresonanztomografie) des Gehirns mit Kontrastmittel: Die MRT ist die empfindlichste Bildgebungsmethode und ermöglicht eine genaue Darstellung des Gehirns und der Metastasen.
- CT (Computertomografie) des Gehirns: Die CT ist weniger empfindlich als die MRT, kann aber als Methode der zweiten Wahl eingesetzt werden, falls keine MRT möglich ist.
- Biopsie (Probeentnahme): Bei unklarem Ursprungskrebs wird eine Biopsie durchgeführt, um das Gewebe histologisch zu untersuchen und den Primärtumor zu bestimmen.
- Weitere Untersuchungen: In seltenen Fällen können eine CT der Schädelbasis, eine Untersuchung der Liquorflüssigkeit oder eine PET-Untersuchung erforderlich sein.
Ein komplettes aktuelles Staging sollte in jedem Fall durchgeführt werden. Nur so lässt sich die Tumorausbreitung diagnostisch genau erfassen. Hinzu kommen individuell verschiedene Überprüfungen der Funktion Ihres Nervensystems, darunter Tests hinsichtlich der Muskelkraft, der Reflexe oder des Gleichgewichts. Außerdem Seh- und Hörtests oder eine Überprüfung der kognitiven Fähigkeiten.
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Behandlung
Die Behandlung von Hirnmetastasen ist sehr individuell und hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter:
- Art des Primärtumors
- Anzahl, Lage und Größe der Metastasen
- Allgemeinzustand des Patienten
- Vorliegen weiterer Metastasen im Körper
- Therapiewunsch des Patienten
Die Ziele der Behandlung sind:
- Linderung der Symptome
- Verzögerung des Tumorwachstums
- Verlängerung der Lebenszeit
- In seltenen Fällen: Entfernung der Metastasen und des Krebses
Folgende Behandlungsmethoden stehen zur Verfügung:
Operation
Bei einzelnen, gut zugänglichen Metastasen kann eine Operation in Erwägung gezogen werden, um die Metastase zu entfernen und den Hirndruck zu reduzieren. Eine Operation ist vor allem bei einzelnen Metastasen sinnvoll oder falls noch kein Ursprungskrebs gefunden wurde. Auch bei großer Metastase mit Druck aufs Gehirn wird die Operation oft eingesetzt. Nicht empfohlen ist die Operation beim kleinzelligen Lungenkrebs oder Lymphknotenkrebs. Die Risiken der Operation sind z. B. Infektionen oder Blutungen.
Die Neuronavigation ist eine computergestützte Methode, mit deren Hilfe präoperativ über Magnetresonanztomographie (MRT) oder Computertomographie (CT) gewonnene Daten als „virtuelle Welt“ in die „physikalische intraoperative Welt“ übertragen werden können. Durch diese Methode ist es möglich, tief gelegene oder multiple Raumforderungen zielgerichtet aufzusuchen, d.h. den Zugangsweg sicher zu planen und so eine operationsbedingte iatrogene Schädigung zu vermeiden.
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Strahlentherapie
Die Strahlentherapie ist eine wichtige Behandlungsoption bei Hirnmetastasen. Sie kann als alleinige Therapie oder in Kombination mit einer Operation eingesetzt werden. Es gibt verschiedene Formen der Strahlentherapie:
- Ganzhirnbestrahlung: Bei multiplen Metastasen wird oft das gesamte Gehirn bestrahlt, um alle Tumorzellen zu erfassen.
- Stereotaktische Radiochirurgie: Bei wenigen, kleinen Metastasen kann eine hochpräzise Bestrahlung (z.B. mit dem Gamma-Knife oder Cyberknife) eingesetzt werden, um die Metastasen gezielt zu zerstören und das umliegende Gewebe zu schonen. Sie ist empfohlen bei wenigen Metastasen, die eher kleiner sind und einer Operation nicht leicht zugänglich. Als Komplikation kann es im weiteren Verlauf zu einem Untergang von Nervenzellen kommen, der sog. Strahlennekrose.
Die Ganzhirnbestrahlung war lange Zeit als alleinige Therapie oder in Kombination mit der Operation eine gängige Methode bei sehr vielen Hirnmetastasen. Das hat sich durch die zunehmenden wissenschaftlichen Erkenntnisse und eine entsprechend große Datendichte durch neue internationale Studien geändert: Heute wird in modernen Behandlungskonzepten oft nach einer kompletten chirurgischen Entfernung - und auch nach einer Radiochirurgie - auf die sich anschließende Ganzhirnbestrahlung verzichtet.
Medikamentöse Therapie
Die medikamentöse Therapie spielt eine zunehmende Rolle bei der Behandlung von Hirnmetastasen. Es gibt verschiedene Optionen:
- Chemotherapie: Die Chemotherapie wirkt im gesamten Körper und wird je nach Ursprungskrebs mit unterschiedlichen Substanzen empfohlen. Die Wirkung im Gehirn ist meist begrenzt, da viele Stoffe schlecht ins Gehirn gelangen. Manche Medikamente der Chemotherapie wie Methotrexat können direkt in den Liquor (Hirnflüssigkeit) gegeben werden.
- Zielgerichtete Therapien: Diese Medikamente greifen spezifische Eigenschaften der Tumorzellen an und können bei bestimmten Krebsarten sehr wirksam sein. Zielgerichtete Therapie spielen allerdings eine zunehmende Rolle bei Hirnmetastasen, z.B.
- Immuntherapie: Die Immuntherapie aktiviert das Immunsystem, um die Krebszellen zu bekämpfen.
Symptomlindernde Therapie
Die Linderung der Symptome ist ein wichtiger Bestandteil der Behandlung von Hirnmetastasen. Es gibt verschiedene Medikamente, die zur Linderung von Beschwerden eingesetzt werden können:
- Kortikosteroide: Kortison wird eingesetzt, um Schwellungen und Hirndruck zu reduzieren.
- Schmerzmittel: Schmerzmittel können bei Kopfschmerzen und anderen Schmerzen eingesetzt werden.
- Antiepileptika: Antiepileptika wirken gegen Krampfanfälle.
- Beruhigungsmittel: Beruhigungsmittel können bei Angstzuständen und Unruhe eingesetzt werden.
Prognose
Die Prognose bei Hirnmetastasen ist abhängig vom Ursprungskrebs, der Anzahl der Metastasen, dem Allgemeinzustand des Patienten und der Wirksamkeit der Behandlung. Im Allgemeinen ist die Prognose eher ungünstig, da Hirnmetastasen oft ein Zeichen für eine fortgeschrittene Krebserkrankung sind. Die durchschnittliche Lebenserwartung ohne Behandlung beträgt nur wenige Wochen. Mit geeigneten Therapien kann die Lebenszeit jedoch um einige Monate verlängert und die Lebensqualität verbessert werden.
Für einen besseren Verlauf spricht eine gute Kontrolle der Ursprungskrebserkrankung, eine einzelne Metastase, spätes Auftreten lange nach der ersten Krebsdiagnose, guter Allgemeinzustand und bestimmte Krebsarten wie Brustkrebs oder Keimzellkrebs.
Verlaufskontrollen und Nachsorge
Regelmäßige Verlaufskontrollen sind wichtig, um das Wachstum der Metastasen zu überwachen und die Therapie anzupassen. Die Kontrollen sollten bei verschiedenen Spezialisten erfolgen, darunter Onkologen, Neurologen und Neuropsychologen. Regelmäßig muss mit MRT oder CT das Gehirn kontrolliert werden. Eventuell sollte unterstützend ein palliativmedizinischer Dienst hinzugezogen werden, zum Beispiel, um die Schmerztherapie zu optimieren.
Leben mit Hirnmetastasen
Die Diagnose Hirnmetastasen ist für die Betroffenen und ihre Angehörigen eine große Belastung. Es ist wichtig, sich professionelle Hilfe und Unterstützung zu suchen, um mit der Situation umzugehen. Es gibt verschiedene Anlaufstellen, die psychologische und sozialrechtliche Beratung anbieten, sowie Selbsthilfegruppen, in denen sich Betroffene austauschen können.
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