Ein Ganglion, im Volksmund oft als Überbein bekannt, ist eine gutartige Zyste, die von Sehnenscheiden, Sehnen oder der Gelenkkapsel ausgeht. Es handelt sich dabei um eine abgekapselte Struktur, die mit einer gelartigen Flüssigkeit gefüllt ist. Ganglien treten häufig am Handgelenk oder an den Fingergelenken auf, können aber auch an anderen Körperstellen wie Füßen, Knien, Ellenbogen oder Schultern vorkommen. Sie bilden sich typischerweise in der Nähe von Gelenken oder Sehnenscheiden, insbesondere dort, wo diese Strukturen mechanischer Belastung ausgesetzt sind.
Was ist ein Ganglion?
Ein Ganglion ist eine Ausstülpung der weichen Gelenkhäute, die mit Gelenkflüssigkeit gefüllt ist. Es entsteht durch die Aussackung von Gelenk- oder Sehnenhüllen und findet sich häufig an Sehnenscheiden und Gelenkkapseln. Diese Zyste ist mit dem Gelenkspalt verbunden und wird darüber mit Gelenkflüssigkeit gefüllt. Ganglien liegen meist direkt unter der Haut und sind kirschkern- oder erbsengroß, können aber auch so groß wie ein Tischtennisball werden. Es gibt auch okkulte (versteckte) Varianten, die schwer zu erkennen sind.
Der Begriff "Ganglion" stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Schwellung" oder "Knoten". Im 17. Jahrhundert wurde der Begriff in die medizinische Fachsprache übernommen und bezeichnete zunächst allgemein kleine Anschwellungen unter der Haut. Seit dem 19. Jahrhundert wird der Begriff auch in der Neurologie für Nervenknoten verwendet.
Ursachen und Risikofaktoren
Die genauen Ursachen für die Entstehung eines Ganglions sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird vermutet, dass mehrere Faktoren zusammenspielen. Eine Schwächung des Bindegewebes in Gelenkkapseln oder Sehnenscheiden, die oft durch chronische Überlastung, wiederholte Mikroverletzungen oder degenerative Veränderungen entsteht, kann eine Rolle spielen. In der Folge kann sich Gelenkflüssigkeit durch eine kleine Aussackung nach außen drücken und ein Ganglion bilden.
Ein schwaches Bindegewebe begünstigt die Entwicklung von Ganglien. Betroffen sind häufig Frauen, da sie ein schwächeres Bindegewebe und beweglichere Gelenkkapseln haben als Männer. In manchen Fällen wird die Bindegewebsschwäche sogar durch Genmutationen vererbt.
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Eine Überproduktion von Gelenkflüssigkeit, z. B. durch eine chronische Reizung, kann ebenfalls begünstigend wirken. Erhöht sich dadurch der Druck im Gelenkspalt, drückt die Flüssigkeit gegen Schwachstellen der Gelenkinnenhaut. Auch Grunderkrankungen wie rheumatoide Arthritis, Arthrose und Gicht können die Entstehung eines Ganglions begünstigen.
Weitere Risikofaktoren sind:
- Chronische Reizzustände
- Entwicklungsbedingte Veränderungen im Kapsel-Band-Apparat bei Überlastung
- Überschießende Bildung von Hyaluronsäure durch chronisch gereizte Synoviazellen (Zellen der Gelenkkapsel)
- Frühere Verletzungen und Arthrosen
Lokalisationen von Ganglien
Grundsätzlich können Ganglien an allen Gelenken, Sehnenscheiden und Nervenscheiden auftreten. Sie kommen jedoch am häufigsten an der Hand vor, insbesondere an der Außenseite des Handgelenks (dorsales Ganglion). Aber auch an der Handinnenfläche (palmares Ganglion) und an den Grundgelenken der Finger können sich Ganglien bilden.
Weitere häufige Lokalisationen sind:
Handgelenk: Hier tritt das Ganglion meist auf der Streckseite (Oberseite) des Handgelenks auf. Es entsteht oft durch eine chronische Überlastung oder eine Schwäche im Bindegewebe der Gelenkkapsel, aber auch nach Verstauchungen und bei degenerativen Veränderungen im Handgelenk wie Knorpelverschleiß.
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Fuß: Am Fuß, insbesondere am Fußrücken oder am Sprunggelenk, kann sich ebenfalls ein Ganglion bilden. Es entsteht häufig durch mechanische Reize, Fehlstellungen oder degenerative Veränderungen der Gelenke wie Arthrose.
Finger: An den Fingern treten Ganglien in Form von Ringband-, Sehnenscheidenganglien und Mucoidzysten auf.
- Ringbandganglion: Findet sich meist auf Höhe des Grundgelenkes der Finger und wird durch chronische Entzündungen des Sehnengleitgewebes verursacht.
- Sehnenscheidenhygrom: Entsteht ebenfalls durch chronifizierte Entzündungen des Sehnengleitgewebes der Beugesehnen, seltener auch der Strecksehnen.
- Mucoidzyste: Eine Sonderform eines Ganglions an der Streckseite eines Finger- oder Zehenendgelenkes, die durch Fingerendgelenkarthrose verursacht wird.
Knie: Im Bereich des Kniegelenkes treten Ganglien selten auf. Wenn, dann meist in der Kniekehle, wo sie als Poplitealzyste bzw. Baker-Zyste bezeichnet werden. Die Ursache liegt meist im Kniegelenk selbst, z. B. bei degenerativen Veränderungen wie Knorpel- oder Meniskusschäden.
Symptome
Je nachdem, wo sie sitzen und wie groß sie sind, können Ganglien sehr unterschiedliche Beschwerden verursachen. Viele Betroffene haben jedoch keine Symptome und bemerken das Ganglion möglicherweise nicht einmal. In anderen Fällen kann es zu mehr oder weniger unangenehmen Beschwerden kommen, wie z. B.:
- Eine sichtbare, runde oder ovale Schwellung unter der Haut
- Schmerzen oder Druckempfindlichkeit
- Eingeschränkte Beweglichkeit des betroffenen Gelenks
- Kribbeln oder Taubheitsgefühle in den Händen oder Füßen, wenn das Ganglion auf Nerven drückt
- Ausstrahlende Schmerzen bis in den Oberarm
Kleinere Ganglien (Mikroganglien) sind oft extrem schmerzhaft, können aber bisweilen nicht ertastet werden und sind erst im Ultraschall oder Kernspin (MRT) sichtbar.
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Wenn das Ganglion am Fuß sitzt, kann es im Schuh drücken und Probleme beim Gehen bereiten. Im Bereich der Fingerendgelenke kann es durch erhöhten Druck zu Nagelveränderungen kommen.
Diagnose
Meist reicht dem Facharzt die klinische Untersuchung für die Diagnose aus. Der Arzt tastet die verdächtige Schwellung und die umliegenden Bereiche sorgfältig ab. Für ein Ganglion spricht beispielsweise, wenn es prall-elastisch und nicht verschiebbar ist.
Um andere mögliche Ursachen für die Schwellung auszuschließen, können spezielle Untersuchungen bzw. bildgebende Verfahren durchgeführt werden:
- Ultraschall: Hilft bei der Diagnose, da er einen flüssigkeitsgefüllten Hohlraum darstellen kann.
- Magnetresonanztomographie (MRT): Wird im Zweifelsfall veranlasst, um die genaue Lage und Größe des Ganglions zu bestimmen und andere Erkrankungen auszuschließen.
- Feinnadelaspiration: Manchmal erforderlich, um die Flüssigkeit im Ganglion zu untersuchen und die Diagnose zu bestätigen.
- Röntgenaufnahme: Sollte bei Ganglien in höherem Alter die Regel sein, da unter Umständen nicht erkannte frühere Verletzungen und Arthrosen die Ursache sein können.
Behandlung
Prinzipiell können Ganglien sich von selbst zurückbilden. Solange keine Beschwerden bestehen, kann man also einfach abwarten. Konservative Maßnahmen können die Rückbildung unterstützen. Die Dauer bis zur spontanen Rückbildung variiert stark. Ganglien können sich spontan zurückbilden, insbesondere wenn sie „frisch“ und klein sind und bei Kindern auftreten.
Führt das Ganglion jedoch zu Schmerzen oder einer eingeschränkten Beweglichkeit, steht eine Behandlung an. Es gibt verschiedene Behandlungsoptionen, die von konservativen Maßnahmen bis zur operativen Entfernung reichen.
Konservative Therapie
- Beobachtung: Wenn das Ganglion keine Beschwerden verursacht oder nur geringe, kann es zunächst beobachtet werden. Viele Ganglien bilden sich von selbst zurück.
- Ruhigstellung: Das Tragen einer Schiene oder Bandage kann helfen, das Gelenk zu entlasten und die Beschwerden zu lindern.
- Schmerz- und entzündungslindernde Salben: Können zusätzlich aufgetragen werden. Geeignet sind beispielsweise NSAR-haltige Salben oder Arnika- und Beinwellsalben.
- Krankengymnastik: Kann bei leichteren Beschwerden und bei gerade erst entstandenen Ganglien hilfreich sein.
- Abschwellende Maßnahmen: Eisauflagen, Quarkumschläge oder abschwellende Salbenverbände können helfen, die Schwellung zu reduzieren.
- Feinnadelaspiration: Eine weitere Option ist die auch zur Diagnose verwendete Feinnadelaspiration. Dabei wird eine Hohlnadel in das Ganglion eingeführt und die Flüssigkeit abgesaugt. Manchmal wird zusätzlich Kortison in den Hohlraum gegeben, um eine erneute Schwellung zu verhindern. Das gelingt jedoch nicht sicher.
Operative Therapie
Reichen die genannten Methoden nicht aus, steht eine Operation an. Eine strenge Indikation zur Operation besteht nur bei Beschwerden im Sinne von Schmerzen oder Bewegungseinschränkungen. Auch wenn das Ganglion sehr groß ist oder auf Nerven drückt, kann eine Operation sinnvoll sein. An den Endgelenken, bei den sogenannten Mukoidzysten, kann auch die starke Ausdünnung der Haut mit drohender Perforation des Ganglions und einer damit einhergehenden Infektionsgefahr eine prophylaktische Operationsindikation darstellen. Die Indikation zum operativen Eingriff bei rein optischem Stören des Ganglions sollte streng gestellt und mit den möglichen Risiken abgewogen werden.
Technisch kann die Ganglionentfernung durch einen offenen chirurgischen Zugang erfolgen. In manchen Fällen bietet sich alternativ die minimalinvasive, arthroskopische Gelenkspiegelung mit Ganglienentfernung an.
Bei der Operation wird das Ganglion vollständig entfernt, einschließlich des Stiels, der es mit dem Gelenk oder der Sehnenscheide verbindet. Manchmal wird die Operation im Rahmen einer Gelenkspiegelung durchgeführt.
Nachbehandlung
Je nach Ausdehnung der Operation kann eine kurzzeitige Schienenruhigstellung des Handgelenkes oder Fingers erfolgen. Einfache manuelle Tätigkeit ist nach der Wundheilung etwa zwei Wochen nach der Operation, schwere manuelle Tätigkeit nach vier bis sechs Wochen möglich. Das Gelenk sollte in den nächsten Wochen geschont und nicht zu stark belastet werden.
Nach der Entfernung eines Ganglions am Handgelenk wird ca. am 1. Tag ein Verbandwechsel durchgeführt und die Drainage in der Sprechstunde entfernt. Sofort nach der OP kann mit eigenständigen Bewegungsübungen zur freien Fingerstreckung und zum Faustschluss begonnen werden. Die weitere postoperative Behandlung erfolgt beim Hausarzt, falls erforderlich auch beim Orthopäden oder Chirurgen. Nach 1-2 Verbandswechseln erfolgt die Entfernung der Fäden und der Schiene nach 12 - 14 Tagen.
Risiken und Komplikationen
Neben den allgemeinen Operationsrisiken kann es nach einer Ganglionoperation zu narbigen Verklebungen mit Bewegungseinschränkungen kommen. Die gelegentliche Nähe zu sensiblen Hautästen von Nerven kann nach Verletzungen zu einer umschriebenen vorübergehenden Überempfindlichkeit oder Taubheit führen.
Ein Wiederauftreten des Ganglions (Rezidiv) ist auch nach einer Operation möglich. Nach operativer Entfernung eines Ganglions beträgt die Rezidivrate etwa 20-30 %. Nach offener OP beträgt sie 10 bis 30 %. Die Möglichkeit des Wiederauftretens des Ganglions nach konsequenter Operation wird mit etwa fünf Prozent angegeben.
Erfolgsaussichten
Die Erfolgschancen sind bei der operativen Therapie größer als bei anderen Behandlungsmethoden. Insgesamt kann zwar das Wiederauftreten eines Ganglions nicht zu 100 Prozent ausgeschlossen werden, aber in den meisten Fällen ist die Prognose gut, und viele Patienten bleiben nach der Behandlung beschwerdefrei.
Spezielle Formen von Ganglien
Ganglion des Fingerendgliedes (sog. Mukoidzyste)
Diese sehr häufige Form des Ganglions tritt in der Nähe des Fingernagels am Endgelenk auf der Fingerrückseite auf. Oft liegt es so nahe am Nagel, dass es durch den Druck zu einer Furchung des Fingernagels und im weiteren Verlauf sogar zur Verkrüppelung des Nagels kommen kann (selten). Da die Haut über dem Ganglion im Nagelbereich sehr dünn ist, kommt es durch die Spannung zur Verletzung der Haut und zum Austreten eines klaren gelartigen Sekretes ("Gelenkschmiere"). In der Folge heilt das Ganglion scheinbar ab. Leider kommt es jedoch meist innerhalb von ca. 6 Wochen zur erneuten Bildung der Zyste mit Spannungsgefühl und der Prozess beginnt erneut.
Ganglion zwischen den Handwurzelknochen
Stülpen sich die Gelenkhäute nicht nach außen, sondern nach innen, entsteht ein Ganglion zwischen den Handwurzelknochen.
Was man vermeiden sollte
- Veraltete Methoden: Antike Methoden wie die Hammer- oder Bibeltherapie, bei denen das Ganglion mit Gewalt zertrümmert werden soll, sind nicht geeignet und können zu Verletzungen führen.
- Selbstbehandlung: Das Aufstechen von Mucoidzysten sollte vermieden werden, da dies das hohe Risiko einer eitrigen Entzündung des Finger-, Zehenendgelenkes und/oder des Nagelbettes durch Eintritt von Bakterien birgt.
- Massagen: Massagen sollten nur von Physiotherapeut:innen durchgeführt werden, da bei einer Selbstmassage das Ganglion platzen und es durch die ins Gelenk austretende Flüssigkeit zu Entzündungen kommen kann.
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