Viele Menschen leiden unter morgendlichen Krämpfen in den Beinen, insbesondere in der Wadenmuskulatur. Diese Krämpfe können sehr schmerzhaft sein und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. In diesem Artikel werden die Ursachen, Behandlungsmöglichkeiten und Präventionsmaßnahmen für morgendliche Beinkrämpfe detailliert erläutert, um Betroffenen ein umfassendes Verständnis und praktische Hilfestellungen zu bieten.
Was sind Wadenkrämpfe?
Wadenkrämpfe sind plötzliche, unwillkürliche und schmerzhafte Kontraktionen der Wadenmuskulatur. Diese Kontraktionen können einen Teil des Muskels, den gesamten Muskel oder eine Muskelgruppe betreffen. Die betroffene Muskulatur fühlt sich verhärtet an und ist oft bewegungsunfähig. Wadenkrämpfe treten meist in den Beinen auf, wobei die Wade die häufigste Lokalisation ist.
Es ist wichtig, Wadenkrämpfe von Muskelspasmen zu unterscheiden, die schmerzlose Verkrampfungen der Muskulatur darstellen. Ebenfalls abzugrenzen sind Faszikulationen - sichtbare, unregelmäßige und unwillkürliche Zuckungen von Muskelfaserbündeln ohne Bewegungseffekt, die nicht schmerzhaft, aber oft unangenehm sind.
Wie äußern sich Wadenkrämpfe?
Ein Wadenkrampf kommt meist ohne Vorwarnung, oft in Ruhephasen wie abends im Bett. Der Muskel zieht sich dann äußerst schmerzhaft zusammen und verhärtet sich. Diese Verhärtung lässt sich mit den Händen ertasten. Mitunter kann sich der Fuß und die Zehen des betroffenen Beines nach unten krümmen, was Mediziner als Plantarflexion bezeichnen.
Typischerweise dauert ein Krampf in der Wade einige Sekunden bis mehrere Minuten. Kräftiges Dehnen kann den Krampf lindern. Es ist wichtig, Wadenkrämpfe nicht mit anderen Beschwerden in den Beinen wie dem Restless-Legs-Syndrom zu verwechseln.
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Ursachen von Wadenkrämpfen
Wadenkrämpfe sind im Alltag weit verbreitet. Nicht immer lässt sich eine Ursache für solche „gewöhnlichen“ Krämpfe finden. Ärzte sprechen dann von idiopathischen Wadenkrämpfen. Treten Wadenkrämpfe nur selten auf und legen sich gleich wieder, gibt es meist keinen Grund zur Sorge. Verkrampfen sich die Muskeln jedoch immer wieder, eventuell auch in anderen Körperpartien, kann eine ernsthafte Erkrankung dahinterstecken.
Häufige Auslöser
Wadenkrämpfe entstehen oft, wenn man die Muskeln entweder zu stark oder zu wenig fordert. Zu den typischen Risikofaktoren und Auslösern gehören:
- Flüssigkeitsmangel: Eine unzureichende Flüssigkeitsaufnahme kann zu einem Ungleichgewicht im Elektrolythaushalt führen.
- Unterversorgung mit Mineralstoffen: Ein Mangel an Magnesium, Kalzium und Natrium kann die Muskelaktivität beeinträchtigen.
- Schwangerschaft: Veränderungen im Flüssigkeits- und Mineralstoffhaushalt während der Schwangerschaft können Krämpfe begünstigen.
- Stoffwechselerkrankungen: Diabetes oder eine Unterfunktion der Schilddrüse können Wadenkrämpfe auslösen.
- Chronische Nierenerkrankungen: Insbesondere bei Dialysepatienten können Nierenerkrankungen zu Elektrolytstörungen führen.
- Neurologische Erkrankungen: Parkinson-Krankheit, Amyotrophe Lateralsklerose oder Polyneuropathie können Muskelkrämpfe verursachen.
- Bestimmte Muskelerkrankungen: Primäre Muskelerkrankungen können ebenfalls mit Muskelverkrampfungen einhergehen.
- Leberzirrhose: Diese Erkrankung kann den Elektrolythaushalt beeinflussen.
- Einnahme von Medikamenten: Bestimmte Medikamente gegen Asthma, Blutdrucksenker, entwässernde Medikamente (Diuretika) oder Blutfettsenker (Statine) können Wadenkrämpfe als Nebenwirkung haben.
- Erhöhter Alkoholkonsum: Alkohol kann den Elektrolythaushalt stören und Krämpfe fördern.
Weitere Faktoren
Weitere Faktoren, die bei Wadenkrämpfen eine Rolle spielen können, sind:
- Fehlbelastungen: Gelenkprobleme oder einseitige Körperhaltungen können bestimmte Muskeln fehlbelasten.
- Fußfehlstellungen: Senk- oder Spreizfüße können die Muskeln in den Beinen zusätzlich belasten.
- Ungünstige Schlafposition: Eine überstreckte Fußposition im Schlaf kann Krämpfe begünstigen.
- Schlechtsitzende Schuhe: Schuhe, die nicht richtig passen, können die Durchblutung beeinträchtigen und Krämpfe verursachen.
- Schwimmen in kaltem Wasser: Die Kälte kann Muskelverspannungen und Krämpfe auslösen.
- Lebensalter: Mit zunehmendem Alter verkürzen sich die Muskeln und Muskelmasse wird abgebaut, was Krämpfe wahrscheinlicher macht.
Wann sollte man einen Arzt aufsuchen?
Wadenkrämpfe sind meist ungefährlich, können aber ein Warnzeichen für bestimmte Störungen und Krankheiten sein. Ein Arzt sollte konsultiert werden, wenn:
- Lähmungserscheinungen im Bein auftreten
- Kribbeln und Taubheitsgefühle auftreten
- Häufige oder plötzliche Schmerzen im Bein, Fuß oder in der Leiste auftreten
- Schwellungen an Bein oder Fuß auftreten
- Rückenschmerzen oder Nachtschweiß auftreten
- Muskelkrämpfe in anderen Körperteilen auftreten
- Ein Schwächegefühl in den Muskeln auftritt
- Gang- oder Bewegungsunsicherheiten auftreten
- Müdigkeit und Abgeschlagenheit auftreten
- Hautveränderungen und Fieber auftreten
- Vorerkrankungen wie hoher Blutdruck, Diabetes oder Nierenerkrankungen bestehen
Erste Anlaufstelle bei häufigen Wadenkrämpfen ist die hausärztliche Praxis. Je nach Befund wird der Arzt Sie selbst behandeln oder an einen Facharzt überweisen.
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Diagnose von Wadenkrämpfen
Um die Ursache von Wadenkrämpfen aufzudecken, ist zunächst ein ausführliches Gespräch mit dem Arzt zur Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) erforderlich. Häufige Fragen dabei sind:
- Wo treten die Krämpfe auf?
- Wann und wie oft haben Sie die Krämpfe?
- Wie lange dauert ein einzelner Krampf ungefähr an?
- Gibt es bestimmte Situationen oder Ereignisse, die Ihre Krämpfe möglicherweise auslösen?
- Haben Sie noch andere Symptome (z.B. Muskelschwäche, Taubheitsgefühle, Durchfall, Kälteempfindlichkeit, Gewichtszunahme etc.)?
- Wie steht es mit Ihrem Alkoholkonsum?
- Wenden Sie irgendwelche Medikamente an? Wenn ja, welche?
- Haben Sie irgendwelche Vorerkrankungen?
Eine körperliche Untersuchung gibt dem Arzt Hinweise auf Ihren allgemeinen Gesundheitszustand. Er kann dabei unter Muskeln und Gelenk abtasten und die Muskelreflexe testen. Zudem achtet er auf Auffälligkeiten, die möglicherweise auf die Ursache der Muskelkrämpfe hindeuten (z.B. trockene Haut und Schleimhäute sowie stehende Hautfalten bei Dehydration oder geschwollenes Gesicht, stumpfe Haare und Haarausfall bei Schilddrüsenunterfunktion).
Gegebenenfalls ist auch eine neurologische Untersuchung sinnvoll. Zu den oft angewendeten Untersuchungsmethoden bei der Abklärung von Muskelkrämpfen zählen zum Beispiel:
- Messung der elektrischen Muskelaktivität (Elektromyografie): So lässt sich überprüfen, ob eine Muskelerkrankung oder Nervenstörung vorliegt.
- Messung der Nervenleitfähigkeit (Elektroneurografie): Damit kann der Arzt die Funktionstüchtigkeit peripherer Nerven testen und eventuelle Nervenschäden erkennen.
- Blutuntersuchungen: Diese können zum Beispiel einen Mangel oder Überschuss an Elektrolyten wie Magnesium, Kalzium oder Natrium aufzeigen. Die Nierenwerte geben Hinweise auf eventuelle Erkrankungen des Organs. Eine gestörte Schilddrüsenfunktion, die Muskelkrämpfe verursacht, lässt sich anhand entsprechender Hormonveränderungen im Blut erkennen.
- Bildgebende Verfahren: Mittels Ultraschall lässt sich beispielsweise der Zustand von Nieren und Schilddrüse beurteilen. Die Dopplersonografie dient dazu, Krampfadern genauer abzuklären. Bei Verdacht auf Nervenwurzelschäden kann eine Computertomografie (CT) oder Kernspintomografie (Magnetresonanztomografie, MRT) Klarheit bringen.
- Muskelbiopsie: In einigen Fällen ist auch eine Muskelbiopsie nötig, um eine (vermutete) Ursache von Muskelkrämpfen zu bestätigen oder auszuschließen.
Was hilft gegen Wadenkrämpfe?
Sofortmaßnahmen
Menschen, die einen Krampf bekommen, reagieren instinktiv meist genau richtig:
- Dehnen der Wadenmuskulatur: Ziehen Sie die Fußspitze in Richtung Körper und treten Sie mit der Ferse nach vorne. Hier kann auch eine andere Person unterstützen.
- Abstützen an der Wand: Stellen Sie das betroffene Bein durchgestreckt nach hinten, drücken Sie dabei die Ferse fest auf den Boden und stützen Sie sich mit den Armen an einer Wand ab.
Wer sein Bein auf die eine oder andere Art dehnt, löst damit häufig den Krampf und die Schmerzen vergehen. Bei „gewöhnlichen“, nicht krankhaften Wadenkrämpfen, genügt es in der Regel, die Muskeln zu dehnen. Je nachdem, ob ein Krampf beim Sport oder in der Nacht auftritt, helfen bestimmte Dehnübungen (Stretching), die Beschwerden zu lindern und erneute Wadenkrämpfe zu vermeiden.
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Medikamentöse Behandlung
Bei häufigen, sehr schmerzhaften nächtlichen Wadenkrämpfen kann eventuell eine zeitlich begrenzte und ärztlich kontrollierte Einnahme von Chinin-Präparaten infrage kommen. Voraussetzung dafür ist, dass sich die Beschwerden durch andere Maßnahmen wie Physiotherapie nicht verbessert haben. Die Ärztin oder der Arzt muss außerdem mögliche Erkrankungen und eine bestehende Schwangerschaft ausschließen. Denn wer schwanger ist oder stillt oder zum Beispiel bestimmte Herzrhythmusstörungen hat, darf keine Chinin-Präparate einnehmen.
Weitere Medikamente zur Therapie von Muskelkrämpfen, z.B. durch so genannte Natrium- und Kalziumkanal blockierende Substanzen (Antiepileptika, Medikamente zur Behandlung neuropathischer Schmerzen), können hilfreich sein, bedürfen aber der regelmäßigen Einnahme und Begleitung durch einen Arzt.
Ist es sinnvoll, Magnesium zu nehmen?
Dass Magnesium-Präparate gegen Muskelkrämpfe helfen, ist bisher nicht ausreichend wissenschaftlich belegt. Vermutlich helfen sie nur, wenn ein Magnesiummangel vorliegt. Studien haben gezeigt, dass Magnesium außerhalb der Schwangerschaft keine sichere Wirkung gegenüber Placebo aufweist, so dass hier im Einzelfall entschieden werden muss, ob Magnesium zur Prophylaxe von Muskelkrämpfen überhaupt geeignet und wirksam ist.
Alternative Behandlungen
Es gibt einzelne Studien, die einen Effekt von Gurkenwasser bei Wadenkrämpfen bei Menschen mit Leberzirrhose zeigen. Forscher vermuten, dass sich das Trinken der salzigen und essighaltigen Flüssigkeit positiv auf die Nerven auswirkt und dazu führt, dass sich die Muskeln entkrampfen.
In der Homöopathie kennt man verschiedene Mittel, die bei Muskelkrämpfen entspannend und auch schmerzlindern wirken. Bei der individuellen Behandlung von Wadenkrämpfen werden sowohl die Ursache der Muskelanspannung als auch die Ausprägung der Krämpfe genau berücksichtigt. Gegen Wadenkrämpfe werden bevorzugt folgende homöopathische Mittel empfohlen: Cuprum metallicum, Magnesium phosphoricum, Valeriana officinalis, Thuja.
Nach der Vorstellung der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) sind für eine ausgewogene Muskelfunktion vor allem die beiden Organe Leber und Milz zuständig. Können ernste Erkrankungen als Ursache der Wadenkrämpfe ausgeschlossen werden, kann ein Akupunkteur die Krämpfe meist innerhalb weniger Sitzungen behandeln.
Wie lassen sich Wadenkrämpfe vermeiden?
Allgemeine Prävention
Wer regelmäßig die Wadenmuskulatur dehnt und sich gesund ernährt, tut bereits einiges gegen Muskelkrämpfe. Genauso wichtig ist es, ausreichend zu trinken. Am besten eignen sich stilles Wasser oder Saftschorlen mit etwa einem Drittel Saftanteil. Nicht ideal sind Getränke, die Alkohol, viel Zucker und Kohlensäure enthalten. Beobachten Sie auch, ob Sie viel schwitzen, und kontrollieren Sie Ihre Trinkgewohnheiten.
Weitere Alltags-Tipps, um Wadenkrämpfen vorzubeugen:
- Tragen Sie bequeme Schuhe, die Ihren Füßen guten Halt geben und nicht drücken.
- Bewegen Sie sich regelmäßig. Gezieltes Stretching mehrmals in der Woche hält die Muskeln fit und beugt Verkürzungen vor.
- Vermeiden Sie abrupte Wechsel von Warm zu Kalt. Vor allem im Sommer ist es nicht ratsam, sich überhitzt ins kalte Wasser zu stürzen.
- Setzen Sie magnesiumreiche Lebensmittel auf den täglichen Speiseplan. Reich an Magnesium sind grünes Blattgemüse, Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Nüsse und Samen sowie Fisch und Meeresfrüchte. Geringere Mengen an Magnesium stecken in Bananen, Kartoffeln, Milch- und Milchprodukten und in Fleisch.
Prävention beim Sport
Treibt man viel Sport und wird vermehrt von Krämpfen in den Waden gebremst, empfiehlt es sich, das Trainingsverhalten unter die Lupe zu nehmen. Es kann dann sinnvoll sein:
- Einen Gang runterzuschalten und Pausen einzulegen
- Die Trainingsintensität nur langsam zu steigern
- Ausgleichsübungen einzubauen
- Die Waden gezielt zu dehnen
- Die Trink- und Essgewohnheiten anzupassen: Neben einer ausgewogenen Ernährung ist es wichtig, genügend zu trinken - vor allem, wenn man Durst verspürt.
- Vorsicht ist zudem geboten, wenn man in kaltem Wasser schwimmt. Wadenkrämpfe können dann gefährlich werden.
Wer weniger als 60 Minuten trainiert, braucht meist keine Flüssigkeit während des Sports - solange er oder sie vorher genug getrunken hat. Bei einem Training von mehr als 60 Minuten empfiehlt es sich, zwischendurch zu trinken.
Prävention nach Inaktivität
Wenn Sie längere Zeit körperlich nicht aktiv waren, beginnen Sie langsam, Ihre Muskelkraft wiederaufzubauen. Lassen Sie sich vorab von Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt beraten, um mögliche gesundheitliche Risiken auszuschließen.