Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die das Gehirn und das Rückenmark betrifft. Die Erkrankung ist durch eine Vielzahl von Symptomen gekennzeichnet, die von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein können. Obwohl es keine Heilung für MS gibt, gibt es eine Reihe von Behandlungen, die helfen können, die Symptome zu lindern und den Krankheitsverlauf zu verlangsamen. Neben den konventionellen medizinischen Behandlungen suchen viele Menschen mit MS nach alternativen und komplementären Therapien (KAT), um ihre Lebensqualität zu verbessern. Dieser Artikel gibt einen Überblick über verschiedene alternative Behandlungen bei MS, basierend auf den Erkenntnissen von Experten und Forschungsergebnissen.
Was ist Multiple Sklerose?
Multiple Sklerose ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise die Myelinscheiden angreift, die die Nervenfasern im Gehirn und Rückenmark umhüllen. Diese Schädigung der Myelinscheiden führt zu einer gestörten Signalübertragung zwischen Gehirn und Körper, was zu einer Vielzahl von neurologischen Symptomen führt.
Ursachen und Auslöser
Die genauen Ursachen von MS sind noch nicht vollständig geklärt, aber es wird angenommen, dass eine Kombination aus genetischen und Umweltfaktoren eine Rolle spielt. Zu den möglichen Auslösern gehören Virusinfektionen, Veränderungen der Nervenoberflächeneigenschaften und Schwermetallbelastungen. Auch psychosoziale Faktoren und Stress können den Krankheitsverlauf beeinflussen.
Symptome
Die Symptome von MS sind vielfältig und können von Mensch zu Mensch unterschiedlich sein. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- Sehstörungen (z. B. unscharfes Sehen, Doppelbilder)
- Motorische Störungen (z. B. Gangstörungen, Schwäche der Beine, Lähmungserscheinungen, Zittern)
- Sensibilitätsstörungen (z. B. Kribbeln, Ameisenlaufen, Taubheitsgefühl, Schmerzen)
- Gleichgewichtsstörungen
- Allgemeine Symptome (z. B. Müdigkeit, Erschöpfung)
- Darmentleerungsstörungen
- Sprachstörungen
- Schluckstörungen
- Schwindel
Konventionelle medizinische Behandlung
Die konventionelle medizinische Behandlung von MS konzentriert sich auf die Linderung der Symptome, die Reduzierung der Entzündungsreaktionen und die Verlangsamung des Krankheitsverlaufs. Die Behandlung umfasst in der Regel:
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- Schubtherapie: Hochdosiertes Cortison (Corticosteroide wie Methylprednisolon) zur Entzündungshemmung während eines akuten Schubs.
- Immunprophylaktische Therapie: Beta-Interferone, Glatirameracetat, Teriflunomid und Dimethylfumarat, um die Anzahl und Schwere von Schüben zu reduzieren.
- Eskalationstherapie: Natalizumab und Fingolimod für Patienten mit hochaktivem Verlauf oder unzureichendem Ansprechen auf die Basisimmuntherapeutika.
- Symptomatische Therapie: Medikamente zur Behandlung spezifischer Symptome wie Spastik, Schmerzen, Müdigkeit und Blasenfunktionsstörungen.
Komplementäre und alternative Therapien (KAT)
Viele Menschen mit MS suchen nach KAT als Ergänzung zur konventionellen medizinischen Behandlung, um ihre Lebensqualität zu verbessern und ihre Symptome besser zu bewältigen. Es ist wichtig zu beachten, dass die Wirksamkeit vieler KAT nicht wissenschaftlich belegt ist und dass einige Therapien potenziell schädlich sein können. Daher ist es wichtig, vor Beginn einer KAT-Behandlung mit einem Arzt zu sprechen.
Definition von KAT
KAT werden definiert als Therapien, die außerhalb des üblichen Rahmens der konventionellen Medizin liegen. Sie können als alternativ eingesetzt werden, d.h. als Ersatz für konventionelle Verfahren, oder als komplementär, d.h. als Ergänzung zur konventionellen Medizin.
Häufigkeit und Bedeutung von KAT bei MS
KAT sind bei Menschen mit MS weit verbreitet. Studien zeigen, dass mehr als die Hälfte aller MS-Patienten im Laufe ihrer Erkrankung KAT anwenden. Zu den häufigsten Gründen für die Anwendung von KAT gehören der Wunsch, nichts unversucht zu lassen, die Eigeninitiative und Kontrolle über die Erkrankung zu erlangen und das allgemeine Wohlbefinden zu verbessern.
Überblick über verschiedene KAT
Es gibt eine Vielzahl von KAT, die von Menschen mit MS angewendet werden. Zu den gängigsten gehören:
- Ernährungstherapie: Eine gesunde, ausgewogene Ernährung mit viel Gemüse und Obst ist wichtig für Menschen mit MS. Einige spezielle Diäten, wie die vegane oder ketogene Diät, werden ebenfalls diskutiert, aber ihre Wirksamkeit ist noch nicht ausreichend belegt. Es ist wichtig, sich vor Beginn einer speziellen Diät von einem Arzt oder Ernährungsberater beraten zu lassen, um Mangelzustände zu vermeiden.
- Nahrungsergänzungsmittel: Viele Menschen mit MS nehmen Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamine (z. B. Vitamin D, B-Vitamine), Mineralstoffe (z. B. Selen, Zink) und ungesättigte Fettsäuren ein. Die Wirksamkeit dieser Nahrungsergänzungsmittel ist jedoch oft nicht ausreichend belegt, und einige können bei langfristiger Anwendung negative Auswirkungen haben.
- Pflanzliche Arzneimittel: Einige pflanzliche Arzneimittel, wie Ginseng, Cannabis und Weihrauch, haben in Studien ermutigende Ergebnisse bei der Linderung von MS-Symptomen gezeigt. Cannabis kann beispielsweise Spastik und Schmerzen lindern, während Weihrauch entzündungshemmende Eigenschaften haben kann. Es ist wichtig, sich vor der Anwendung pflanzlicher Arzneimittel über mögliche Nebenwirkungen und Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten zu informieren.
- Sport und Bewegung: Regelmäßige körperliche Aktivität ist für Menschen mit MS von großem Nutzen. Sie kann die Beweglichkeit erhalten, die Müdigkeit reduzieren, Fehlbelastungen korrigieren und die Gangstörung verbessern. Geeignete Sportarten sind beispielsweise Physiotherapie, Ergotherapie, Yoga, Tai-Chi und Feldenkrais.
- Entspannungstechniken: Stress kann MS-Symptome verschlimmern und Schübe auslösen. Entspannungstechniken wie Achtsamkeitsbasierte Stressreduktion (MBSR), Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung und Qigong können helfen, Stress abzubauen und das Wohlbefinden zu verbessern.
- Akupunktur: Akupunktur ist eine traditionelle chinesische Behandlungsmethode, bei der feine Nadeln in bestimmte Punkte des Körpers gestochen werden. Sie kann bei der Linderung von chronischen Schmerzen, Darmfunktionsstörungen und Fatigue helfen und die Lebensqualität verbessern.
- Manuelle Therapien: Feldenkrais-Methode, Cranio-Sacrale-Therapie.
- Hypnose, Meditation, Bioresonanz, Visualisierung und Qi Gong wurden mit Veränderungen im Gehirn und der Immunfunktion bei Erkrankungen wie MS in Verbindung gebracht.
Therapien, von denen abgeraten werden sollte
Einige KAT sind potenziell gefährlich und sollten von Menschen mit MS vermieden werden. Dazu gehören:
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- Immunaugmentation: Die Verstärkung der Immunreaktion kann bei MS schädlich sein, da die Erkrankung bereits durch eine Überaktivierung des Immunsystems gekennzeichnet ist.
- Frischzellentherapie: Bei dieser Therapie werden Zellen von Kalbsföten oder jungen Kälbern gespritzt. Sie ist nicht wissenschaftlich belegt und birgt das Risiko von Infektionen und allergischen Reaktionen.
- Behandlung mit Schlangen- oder Bienengift: Diese Behandlungen können schwere Allergien auslösen und sind nicht wirksam bei MS.
- Intrathekale Stammzellentherapie: Bei dieser Therapie werden dem Patienten eigene Stammzellen in den Rückenmarkskanal gespritzt. Sie ist experimentell und birgt das Risiko von Komplikationen, einschließlich des Todes.
- Amalgamsanierung: Die Entfernung von Amalgamfüllungen wird nicht empfohlen, da es keine wissenschaftlichen Beweise dafür gibt, dass sie MS-Symptome verbessert.
Kosten und Risiken von KAT
Die Kosten für KAT können erheblich sein, und viele Therapien werden nicht von den Krankenkassen übernommen. Es ist wichtig, sich vor Beginn einer KAT-Behandlung über die Kosten zu informieren und zu prüfen, ob die Krankenkasse einen Teil der Kosten übernimmt.
Darüber hinaus ist es wichtig, sich über die potenziellen Risiken von KAT zu informieren. Einige Therapien können Nebenwirkungen haben oder mit konventionellen medizinischen Behandlungen interagieren. Es ist wichtig, alle KAT-Behandlungen mit einem Arzt zu besprechen, um sicherzustellen, dass sie sicher und geeignet sind.
Neue Entwicklungen in der MS-Therapie
Die Forschung zur MS-Therapie entwickelt sich stetig weiter. In den letzten Jahren wurden mehrere neue Medikamente und Therapieansätze entwickelt, die das Potenzial haben, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen und die Lebensqualität von Menschen mit MS zu verbessern.
Tolebrutinib
Tolebrutinib ist ein neuer Wirkstoff, der in klinischen Studien vielversprechende Ergebnisse bei der Behandlung von schubförmiger und chronisch fortschreitender MS gezeigt hat. Studien haben gezeigt, dass Tolebrutinib nicht nur Schübe reduzieren, sondern möglicherweise auch das Fortschreiten der Behinderung verlangsamen kann, und das unabhängig von sichtbarer Entzündung.
Zelltherapie
Ein weiterer vielversprechender Therapieansatz ist die Zelltherapie, bei der das Immunsystem der Betroffenen dazu gebracht werden soll, seine Angriffe auf die Myelinscheide der Nervenzellen einzustellen. In einer ersten klinischen Studie mit einer innovativen Zelltherapie konnten positive Effekte auf den Krankheitsverlauf beobachtet werden.
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