Multiple Sklerose Ursachen: Ein umfassender Überblick

Multiple Sklerose (MS) ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), die Gehirn und Rückenmark betrifft. Weltweit sind fast drei Millionen Menschen mit MS diagnostiziert, über 280.000 davon in Deutschland. Die Erkrankung tritt zumeist im jungen Erwachsenenalter auf, kann aber auch bei Kindern oder im höheren Erwachsenenalter erstmals auftreten. Frauen sind doppelt so häufig betroffen wie Männer. MS kann zu vorübergehenden oder bleibenden Behinderungen führen, die sich auf Familie, Partnerschaft, Beruf und das eigene seelische Befinden auswirken.

Was ist Multiple Sklerose?

Multiple Sklerose, kurz MS, ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung des zentralen Nervensystems (ZNS), also der Nervenstrukturen im Gehirn und Rückenmark. Bei MS greift das Immunsystem körpereigene Nervenstrukturen an. Das führt zu Entzündungen und teilweise irreparablen neurologischen Schäden. Die Erkrankung ist durch eine Schädigung der Myelinschicht gekennzeichnet, die die Nervenfasern isoliert. Myelin isoliert die Nervenfasern, ähnlich wie eine Kunststoffhülle bei einem Stromkabel. Die isolierten Fasern übertragen Nervensignale rasend schnell vom Gehirn an den Rest des Körpers oder in die umgekehrte Richtung. Wird aber wie bei MS die isolierende Myelinschicht angegriffen und durch Entzündungen geschädigt, kann das zu Störungen in der Signalleitung führen: Die Nervensignale werden langsamer oder im schlimmsten Fall gar nicht mehr weitergeleitet. Die Folge sind unterschiedliche neurologische Symptome, von Kribbeln oder Brennen auf der Haut bis zu Lähmungen. Die Stärke der Symptome kann ganz unterschiedlich ausfallen, es gibt kein typisches Muster von MS-Symptomen. Das Besondere: Sie verläuft bei jeder betroffenen Person unterschiedlich. Symptome wie Sehstörungen, Muskelschwäche und Missempfindungen können auftreten, sich verändern oder zeitweise verschwinden.

Symptome der Multiplen Sklerose

MS-Symptome sind sehr vielfältig und zeigen sich bei jedem betroffenen Menschen anders. Denn je nachdem, an welchen Nerven des Gehirns oder Rückenmarks die Entzündungen an den Nerven sitzen, unterscheiden sich die Art und Schwere der Symptome, die sich zudem im Verlauf der Krankheit verändern können. Das ist ein Grund, weshalb MS die Krankheit der tausend Gesichter genannt wird. Symptome können je nach Verlaufsform schubförmig oder kontinuierlich auftreten und auch ineinander übergehen.

Häufige Symptome sind:

  • Gefühlsstörungen
  • Lähmungen
  • Seh- und Gleichgewichtsstörungen
  • Müdigkeit (Fatigue)
  • Muskelschwäche und verlangsamte Bewegungsabläufe
  • Erhöhte Muskelspannung, Verkrampfung und Steifigkeit der Muskeln (Spastik)
  • Missempfindungen auf der Haut (Ameisenkribbeln) oder Taubheitsgefühle
  • Körperliche oder psychische Erschöpfung, extreme Abgeschlagenheit und anhaltende Müdigkeit (Fatigue-Syndrom)
  • Entzündung des Sehnervs (Optikusneuritis)
  • Unkontrollierte Augenbewegungen (Nystagmus)
  • Blasenstörungen
  • Unsicherheit beim Gehen oder beim Greifen
  • Doppelbilder und "verwaschenes" Sprechen
  • Schmerzen in den Armen und Beinen
  • Sprech- und Schluckstörungen (Dysphagie)
  • Wesensveränderung

Erste Anzeichen, die viele Multiple-Sklerose-Patientinnen und -Patienten bemerken, sind:

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  • Sehstörungen wie trüber Blick, Sehausfall im Zentrum des Blickfelds, Doppelbilder, eingeschränktes Farbensehen, (vorübergehende) Blindheit, Schmerzen bei Augenbewegung
  • Missempfindungen wie Taubheitsgefühl oder Kribbeln
  • Lähmungen
  • Koordinationsstörungen, beispielsweise bei Gleichgewicht, Fein- und Zielmotorik
  • Erschöpfung und Konzentrationsschwierigkeiten

Verlauf der Multiplen Sklerose

Bei Multipler Sklerose können die Symptome in Schüben auftreten oder sich kontinuierlich verschlechtern - beide Verlaufsformen können ineinander übergehen. Zwischendurch sind auch Phasen möglich, in denen Betroffene gar keine Beschwerden bemerken. Der individuelle Verlauf der Erkrankung ist schwer vorherzusagen. Die Mehrheit der Erkrankten ist 15-20 Jahre nach der Diagnose nur wenig oder mäßig betroffen. Bei etwa 20 Prozent liegt ein höherer Behinderungsgrad vor. Auf einen Rollstuhl sind heute nur noch wenige Menschen mit Multipler Sklerose angewiesen.

Fachleute unterscheiden bei der Multiplen Sklerose drei grundlegende Verlaufsformen, die ineinander übergehen können:

  1. Schubförmig remittierende MS (RRMS): Bei den meisten Betroffenen treten die ersten Symptome in Schüben auf und lassen zwischendurch wieder komplett oder teilweise nach. Zu Beginn der Krankheit ist das bei 85 Prozent so und die Betroffenen haben durchschnittlich alle zwei bis drei Jahre einen Schub.
  2. Sekundär progrediente MS: Eine ursprünglich schubförmig verlaufende Multiple Sklerose (RRMS) entwickelt sich häufig nach 10 bis 20 Jahren in ihrem Verlauf: Die Symptome zwischen den Schüben bilden sich nicht mehr zurück oder verstärken sich über die Zeit.
  3. Primär progrediente MS: Bei etwa 15 Prozent der Betroffenen gibt es von Beginn an keine Schübe, bei ihnen fällt die MS durch eine langsame Zunahme der Beschwerden auf.

Zusätzlich wird bei jeder Form bewertet, ob sie entzündlich aktiv oder nicht aktiv ist.

Ursachen der Multiplen Sklerose

Wieso greift das Immunsystem bei MS die Myelinhüllen der Nervenfasern an und verursacht so diese Fülle an Symptomen? Darauf haben Forscherinnen und Forscher noch keine zufriedenstellende Antwort gefunden. Klar ist bisher nur der Krankheitsmechanismus: eine fehlerhafte Ausbildung bestimmter Immunzellen. Immunzellen lernen, bevor sie im Körper patrouillieren, zwischen körpereigenen und fremden, potenziell gefährlichen Strukturen zu unterscheiden. Greifen sie während ihrer „Ausbildung“ körpereigene Strukturen an, werden sie sicherheitshalber vernichtet. In der wissenschaftlichen Welt kursieren unterschiedliche Theorien, warum sich in die Ausbildung der Immunzellen Fehler einschleichen können. Einig sind sich Forscherinnen und Forscher darin, dass wahrscheinlich mehrere Faktoren zusammenspielen müssen, damit eine Erkrankung wie Multiple Sklerose entsteht (multifaktorielle Entstehung). Das genaue Zusammenspiel dieser Faktoren ist bislang nicht hinreichend bekannt.

Das Abwehrsystem des Körpers, das Immunsystem, spielt dabei eine zentrale Rolle. Das Immunsystem schützt vor Krankheitserregern, indem es diese unschädlich macht, wenn sie in den Körper eindringen. Bei der MS scheint ein Teilbereich dieses Abwehrmechanismus falsch programmiert zu sein, das heißt, er richtet sich gegen den eigenen gesunden Körper. So kommt es z.B. durch eine Fehlsteuerung innerhalb des Immunsystems zur Bildung von Abwehrelementen (Zellen und Eiweißstoffe/Antikörper, Entzündungsstoffe), die am Myelin, den Nervenzellen und ihren Nervenfasern Schädigungen und Störungen verursachen können.

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Die wichtigsten Risikofaktoren für Multiple Sklerose sind:

  • Genetische Faktoren: Multiple Sklerose ist zwar keine erbliche Erkrankung - allerdings ist es wahrscheinlicher zu erkranken, wenn ein Familienmitglied MS hat. Das heißt aber nicht, dass es eine direkte Vererbung der Erkrankung gibt - vererbt wird eher eine "Neigung", die Erkrankung möglicherweise zu bekommen, eine sogenannte Prädisposition.
  • Bestimmte Infektionen im Kindes- und Jugendalter: Das Epstein-Barr-Virus steht besonders im Verdacht, das Risiko für Multiple Sklerose zu erhöhen. Auch Masern und das humane Herpesvirus 6, das beispielsweise das Drei-Tage-Fieber auslöst, werden diskutiert.
  • Vitamin-D-Mangel: Zu wenig Vitamin D im Blut ist ebenfalls ein Risikofaktor für MS. Denn Vitamin D, das unser Körper mithilfe von Sonnenlicht bildet, unterstützt die optimale Funktion unseres Immunsystems.
  • Rauchen: Wer raucht, riskiert einen schnelleren und stärkeren Verlauf einer Multiplen Sklerose. Mit dem rauchen aufzuhören, lohnt sich in jedem Fall und verlangsamt das Fortschreiten der Krankheit.
  • Übergewicht: Studien zeigen, dass Übergewicht im Kindes- und Jugendalter wie auch im jungen Erwachsenenalter das MS-Risiko erhöht.
  • Luftverschmutzung: Schadstoffe wie Stickoxide, Schwefeloxide und Mikrofeinstaub stehen im Verdacht, Multiple Sklerose zu begünstigen beziehungsweise zu verschlimmern.

Geschlechtsspezifische Unterschiede bei MS

Frauen sind doppelt so häufig von Multipler Sklerose betroffen wie Männer. Forscher sind der Antwort näher gekommen, wieso Frauen wesentlich häufiger an multipler Sklerose erkranken als Männer. Bekannt war bisher, dass das männliche Geschlechtshormon Testosteron wesentlich daran beteiligt ist. "Dies könnte eine Erklärung dafür sein, warum die multiple Sklerose und andere Autoimmunerkrankungen Männer viel seltener betreffen als Frauen", erklärt Melissa Brown, Professorin für Mikrobiologie und Immunologie.

Ihre Untersuchungen führten die Wissenschaftler an Mäusen durch, die unter einer der menschlichen MS sehr ähnlichen Erkrankung litten. Das Testosteron regt bestimmte Immunzellen - die Mastzellen - dazu an, verstärkt ein Schutzmolekül namens Interleukin-33 freizusetzen. Dieser Botenstoff löst die Produktion einer ganzen Kaskade chemischer Substanzen aus. Die Forscher fanden heraus, dass weibliche Tiere viel größere Mengen an krankmachenden Th17-Immunzellen als männliche Nager besitzen. Behandelten sie aber die weiblichen Mäuse mit IL-33, verschwanden die MS-Symptome. "Erwachsene Frauen haben einen sieben- bis achtmal niedrigeren Testosteronspiegel als Männer", erklärt Studienleiterin Brown.

Frauen haben nicht nur ein drei- bis viermal höheres Risiko für MS als Männer, sondern sie erkranken auch in jüngeren Lebensjahren und entwickeln eine andere Form der multiplen Sklerose. Unter Patientinnen leiden die meisten Frauen unter der schubförmig-remittierenden MS, während Männer häufiger die primär progrediente Form der MS entwickeln.

Erste klinische Studien haben gezeigt, dass eine Behandlung mit Testosteron bei männlichen MS-Betroffenen über zwölf Monate die Myelinschäden und die Zerstörung der Nervenzellen teilweise rückgängig machen kann. Auch die MS-Symptome besserten sich. Eine Testosterontherapie sei aber aufgrund der vielen unerwünschten Nebenwirkungen weder für Männer noch für Frauen geeignet, betonen die Autoren. "Wir haben jetzt spezifischere Ziele in der Immunabwehr identifiziert, an denen wir ansetzen können", erklärt Mikrobiologin Melissa Brown.

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Diagnose von Multipler Sklerose

Eine MS-Diagnose zu stellen, ist nicht einfach. Weil so viele unterschiedliche Symptome vorkommen können, gibt es nicht den einen „MS-Test“, der zweifelsfrei beweist, dass eine Multiple Sklerose vorliegt. Multiple Sklerose ist daher eine sogenannte Ausschlussdiagnose. Um Multiple Sklerose eindeutig festzustellen, schließen Neurologinnen und Neurologen zunächst andere Erkrankungen aus, die MS-ähnliche Symptome hervorrufen können. Dazu zählen beispielsweise Migräne und psychische Störungen.

Zur Diagnose werden verschiedene Methoden eingesetzt, um andere Erkrankungen auszuschließen und typische Schäden in Gehirn und Rückenmark sichtbar zu machen. Entscheidend ist, dass sich Entzündungsherde an mehreren Stellen im Gehirn oder Rückenmark nachweisen lassen.

Folgende Untersuchungen werden häufig durchgeführt:

  • Magnetresonanztomografie (MRT): Eine MRT-Untersuchung macht MS-typische Entzündungen in Gehirn und Rückenmark sichtbar. Auf den Bildern sind sie als helle oder dunkle Flecken zu sehen und werden Läsionen oder Herde genannt. Die MRT dient nicht nur der Diagnose, sondern auch der Verlaufsbeobachtung. Dabei handelt es sich um Arzneimittel, die den Kontrast zwischen Blutgefäßen und Gewebe verstärken. Sie können gesunde Blutgefäße nicht verlassen und gelangen normalerweise nicht ins Gewebe. An aktiven Entzündungsstellen werden Blutgefäße aber durchlässig, damit Abwehrzellen die Entzündung bekämpfen können. An diesen Stellen kann Kontrastmittel ins Gewebe gelangen und auf den MRT-Bildern dort gesehen werden.
  • Blutuntersuchung: Manche Erkrankungen wie die durch Zecken übertragene Borreliose und die Autoimmunerkrankung Lupus verursachen ähnliche Symptome wie MS und auffällige Blutwerte. Mit einer Blutuntersuchung lassen sich solche Erkrankungen ausschließen.
  • Nervenwasseruntersuchung (Lumbalpunktion): Im Nervenwasser, das Gehirn und Rückenmark umgibt, lassen sich ebenfalls Hinweise auf Entzündungen finden - beispielsweise in Form von bestimmten Immunzellen oder Eiweißen, die bei autoimmunen Entzündungen entstehen. Für die Untersuchung wird der Patientin oder dem Patienten mit einer dünnen Nadel ein wenig Nervenwasser aus dem Rückenmarkskanal entnommen. Oligoklonale Banden sind sogenannte Immunglobuline, das heißt: Antikörper. Sie liefern Hinweise auf entzündliche Prozesse im Körper. Bei rund 95 Prozent aller MS-Patienten liegen sie vor. Weil sie aufgrund ihrer Größe die Blut-Hirn-Schranke nicht überwinden können, befinden sie sich nur in der Gehirn-Rückenmark-Flüssigkeit (Liquor) und nicht im Blut. Dies spricht für eine Entzündung, die ihren Ausgangspunkt im Gehirn hat. Allerdings liegen die oligoklonalen Banden erst im späteren Verlauf einer MS-Erkrankung vor, selten schon zu Anfang.
  • Nervenvermessung (evozierte Potentiale): Bei Menschen mit Multipler Sklerose schädigt die Erkrankung nach und nach die isolierenden Hüllen von Nervenfasern. Die betroffenen Nervenzellen leiten Signale langsamer weiter als bei gesunden Menschen. Bestimmte Eingänge in das Nervensystem lassen sich durch minimale elektrische, akustische oder visuelle Reize anregen. Weitere wichtige Untersuchungen zur Bestätigung einer MS-Diagnose sind die Messungen von Sehnerven (VEP) und Nervenbahnen (SEP).

Behandlung der Multiplen Sklerose

Multiple Sklerose ist nicht heilbar - aber behandelbar. Die Multiple Sklerose ist eine komplexe Erkrankung mit vielen Erscheinungsbildern - und entsprechend individuell ist die Therapie. Doch da die Symptome und Verläufe bei allen Betroffenen unterschiedlich sind, gibt es auch keine Multiple-Sklerose-Therapie, die für alle funktioniert. Die Behandlung setzt sich daher aus unterschiedlichen Therapieformen zusammen, die auf die Betroffenen abgestimmt werden. Obwohl die Multiple Sklerose bis heute nicht ursächlich heilbar ist, gibt es Behandlungsmöglichkeiten, die zum Ziel haben:

  • die akute Entzündungs-Reaktion eines Schubes zu hemmen (Schubtherapie)
  • das Fortschreiten der Erkrankung aufzuhalten
  • die beschwerdefreie/-arme Zeit zu verlängern (verlaufsmodifizierende Therapie)
  • die MS-Symptome zu lindern und möglichen Komplikationen vorzubeugen (Symptomatische Therapie)

Vor allem die letzten beiden Therapiebereiche werden in der Regel kombiniert angewendet.

Medikamentöse Therapie bei Multipler Sklerose

Damit sich akute MS-Schübe schneller zurückbilden, wird in der Regel entzündungshemmendes Cortison eingesetzt, entweder in Tablettenform oder als Infusion in eine Vene. Auch ist wichtig, wie gut Betroffene Cortison bei vorherigen Behandlungen vertragen haben und wie wirksam es war. Berücksichtigt werden zudem Begleiterkrankungen und ob es Gründe gibt, die im Einzelfall gegen den Einsatz von Cortison sprechen. Seltener und unter bestimmten individuellen Voraussetzungen kann auch eine Blutwäsche zur Anwendung kommen. Dabei entfernt man jene körpereigenen Immunzellen, die die Entzündung verursachen. Zusätzlich stehen Immuntherapien zur Verfügung, die das Immunsystem verändern (immunmodulierend) oder dämpfen (immunsuppressiv). Dadurch können sie den Krankheitsverlauf verlangsamen und abmildern sowie MS-Schübe dämpfen. Immuntherapien werden auch verlaufsmodifizierende Therapien genannt.

Am wirksamsten sind speziell entwickelte Antikörper. Sie verhindern das Eindringen von bestimmten Immunzellen ins Gehirn oder reduzieren ihre Konzentration im Blut. Dadurch können diese Zellen keine Entzündungen mehr auslösen. Mittlerweile gibt es gut 20 Immuntherapie-Mittel (Stand: April 2023), einige davon auch für die sekundär oder primär progrediente MS. Das ermöglicht weitgehend individuell zugeschnittene Behandlungspläne. Ob man eine Immuntherapie beginnt und mit welchem Medikament, hängt an einer Vielzahl von Faktoren. Dabei geht es um Aspekte wie Krankheitsverlauf, Familienplanung oder das individuelle Risikoprofil. Grundsätzlich wird empfohlen, bei allen Menschen mit MS eine Immuntherapie zu beginnen. Zu der Frage, wann der beste Zeitpunkt dafür ist, gibt es unterschiedliche Meinungen.

Haben die Medikamente nicht die gewünschte Wirkung und drohen daher bei einem akuten Schub bleibende Schäden, kann eine sogenannte Blutwäsche (Plasmapherese beziehungsweise Immunadsorption) zum Einsatz kommen. Dabei werden bestimmte Bestandteile aus dem Blut der MS-Betroffenen gefiltert, die bei Entzündungsprozessen eine Rolle spielen.

Behandlung der Symptome

Manche MS-Symptome können den Alltag der Betroffenen einschränken. Gezielte Therapien helfen, die Beschwerden zu lindern und Komplikationen zu verhindern. Dazu gehören physiotherapeutische, logopädische und ergotherapeutische Therapien. Physiotherapie ist bei der Behandlung von Multiple Sklerose Patienten wesentlicher Bestandteil. Die Therapie kann dabei helfen, die Beweglichkeit des Patienten möglichst lange zu erhalten. Das Training mit einem Physiotherapeuten kann dazu beitragen, Fehlbelastungen und falsche Bewegungen, die durch Schmerzen oder Muskelspastiken entstehen, zu beseitigen und Gangstörungen zu beheben. Neuropsychologisches Training vermindert Aufmerksamkeit- und Gedächtnisschwäche. Und Psychotherapie kann helfen, besser mit der Erkrankung umzugehen.

Bewegungstherapie gegen Krämpfe: Wenn die Muskelspannung zu hoch ist und sich das Gelenk gegen eine Bewegung wehrt, können Krämpfe oder auch Spastiken entstehen. Passive Bewegungsübungen helfen dabei, die Muskulatur wieder zu lockern und zu entspannen. Gleichgewichtstraining: Multiple Sklerose Patienten haben oft Probleme mit dem Gleichgewicht. Dies kann zu Unsicherheiten beim Gehen, Stehen oder Sitzen führen. Physiotherapeuten unterstützen Betroffene mit gezielten Gleichgewichtsübungen dabei, wieder eine stabile Haltung einzunehmen, sich sicherer zu bewegen und Stürze zu vermeiden.

Anpassung des Lebensstils

Multiple-Sklerose-Patientinnen und -Patienten können durch einen gesunden und ausgewogenen Lebensstil zu einem gewissen Grad selbst den Verlauf ihrer Erkrankung und die Stärke ihrer Symptome beeinflussen.

Im täglichen Leben gibt es einiges, dass die Multiple Sklerose günstig beeinflussen kann. Ein wesentliches Element ist regelmäßige körperliche Aktivität. Ein Spaziergang oder eine Wanderung, eine Fahrradtour oder ähnliche Aktivitäten im Freien haben außerdem gleich mehrere positive Effekte: Man bewegt sich und kann schon durch kurzen, aber regelmäßigen Aufenthalt in der Sonne etwas gegen einen Vitamin-D-Mangel tun. Kraft- und Ausdauertrainings helfen, die Muskelkraft und Balance zu verbessern. Zudem profitieren die Lebensqualität und Psyche von regelmäßigem Sport - ein wichtiger Punkt bei einer Erkrankung, die sehr belasten kann. Die Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft (DMSG) bietet weitergehende Informationen zu MS und Sport sowie ein spezielles MS-Funktionstraining an.

Ein weiterer wichtiger Baustein, den jeder selbst in der Hand hat, ist die Umstellung auf eine gesunde Ernährung. Selbst zubereitete Mischkost mit viel Obst und Gemüse, Fisch und Vollkornprodukten, aber wenig Zucker und Salz, tierischen Fetten und Zusatzstoffen (wie in verarbeiteten Lebensmitteln) hat positive Effekte. Zudem sollten Menschen mit Multipler Sklerose nicht rauchen. Rauchen ist ein Risikofaktor und die Betroffenen sollten alles daran setzen, die Nikotinsucht zu überwinden. Wer es allein nicht schafft, findet Unterstützung: Viele Krankenkassen haben Angebote zur Raucherentwöhnung, z.B. „Nichtrauchertrainings“.

Multiple Sklerose und Schwangerschaft

Während der Schwangerschaft nimmt die Wahrscheinlichkeit für einen Schub ab. In den ersten drei Monaten nach der Geburt nimmt sie zu. Stillen scheint vor Schüben zu schützen. MS-Medikamente können sich auf das ungeborene Kind auswirken, weswegen besondere Vorsicht geboten ist. Nicht jedes Medikament darf in der Schwangerschaft gegeben werden. Eine Schwangerschaft sollte daher möglichst in einer stabilen Phase der Erkrankung geplant und Medikamente eher abgesetzt werden - zumal sie, wie oben beschrieben, einen gewissen Schutz vor Schüben bietet. Die Therapie eines schweren Schubes mit Kortison ist in der Schwangerschaft ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel möglich. Wenn Kortison im ersten Schwangerschaftsdrittel gegeben wird, besteht ein erhöhtes Risiko, dass das Kind mit einer Lippen-Kiefer-Gaumenspalte geboren wird. Die meisten Immuntherapien werden allerdings über die Muttermilch an den Säugling weitergegeben, was die Entscheidung über einen Therapiebeginn verkompliziert.

Leben mit Multipler Sklerose

MS ist eine chronische Erkrankung. Verunsicherung - ein besseres Wort gibt es wohl nicht für das, was Menschen mit Multipler Sklerose oft empfinden. Wie geht es weiter im Leben? Kann ich meine privaten und beruflichen Träume und Pläne noch verwirklichen? Was kann ich gegen diese Krankheit tun? Ein selbstbestimmtes Leben mit MS ist möglich. Multiple Sklerose steht grundsätzlich weder einer Ausbildung noch der Berufsausübung, Freundschaften, Sport, sozialen Kontakten oder der Gründung einer Familie im Wege.

Mithilfe der zahlreichen Therapieoptionen und der aktiven Vermeidung von Risikofaktoren und Umstellung seines Lebensstils lässt sich die Erkrankung heute gut kontrollieren. Die allermeisten Menschen mit Multipler Sklerose (MS) können ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben führen und lange Zeit mobil bleiben.

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