Die Mumifizierung, eine zentrale Bestattungspraxis im alten Ägypten, diente dem Zweck, den Körper für das Leben nach dem Tod zu konservieren. Dieser Artikel beleuchtet die Methoden der Gehirnentfernung im Rahmen der Mumifizierung, ein komplexer und faszinierender Aspekt altägyptischer Bestattungskultur.
Einführung in die Mumifizierung
Die Mumifizierung war im alten Ägypten eine hoch entwickelte Kunst und Zeremonie, die über Jahrtausende perfektioniert wurde. Sie war eng mit dem Glauben an ein Leben nach dem Tod verbunden, in dem der Körper eine zentrale Rolle spielte. Die Ägypter glaubten, dass die Erhaltung des Körpers essentiell für die Wiedergeburt der Seele im Jenseits war. Daher entwickelten sie aufwendige Techniken, um den Verfall des Leichnams zu verhindern.
Der Zweck der Mumifizierung
Der altägyptische Seelenglaube war der Hauptgrund für die Mumifizierung. Nach ihrem Glauben mussten die Leichname als Rückzugsort für die nicht-körperlichen Elemente Ka und Ba erhalten bleiben, damit diese nach dem Tod zum Körper zurückkehren konnten. Ohne einen intakten Körper konnte sich die Seele verirren und im Nichts vergehen.
Die Techniken der Gehirnentfernung
Einer der ersten und kompliziertesten Schritte bei der Mumifizierung war die Entfernung des Gehirns. Dies geschah aus der Überzeugung heraus, dass das Gehirn im Jenseits keine Rolle spielte und somit entfernt werden konnte, um die Verwesung des Körpers zu verlangsamen.
Die minimalinvasive Chirurgie der alten Ägypter
Die Ägypter entwickelten eine bemerkenswerte Technik der minimalinvasiven Chirurgie, um das Gehirn zu entfernen, ohne den Schädel zu beschädigen. Da der Kopf des Verstorbenen unter allen Umständen intakt bleiben musste, damit die Götter ihn beim Totengericht erkennen würden, stießen die Einbalsamierer durch die Nasenlöcher das Siebbein.
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Der Prozess der Gehirnentfernung
- Zugang zum Gehirn: Durch die Nasenlöcher wurde das Siebbein durchstoßen, um einen Zugang zum Schädelinneren zu schaffen.
- Verflüssigung des Gehirns: Mit einem Haken wurde das Gehirn verquirlt, bis es die Konsistenz von dickflüssigem Brei hatte.
- Entfernung des Gehirns: Die verflüssigte Masse floss durch das von außen unsichtbare Loch in der Nase ab.
- Reinigung und Füllung des Schädels: Nachdem der Schädel leer war, füllten die Mumifizierer ihn mit duftendem Öl.
Weitere Schritte der Mumifizierung
Nach der Entfernung des Gehirns folgten weitere Schritte, um den Körper für die Ewigkeit vorzubereiten.
Entfernung der inneren Organe
Die Einbalsamierer setzten mit einer scharfen Klinge einen Schnitt entlang der linken Flanke und holten Lunge, Leber, Magen und Gedärme heraus. Das Herz blieb im Körper zurück, da es als Sitz des Fühlens und Denkens galt und für die Prüfung im Totengericht unerlässlich war. Auch die Nieren ließen die Einbalsamierer im Körper, wahrscheinlich weil ihnen die Funktion dieses Organs nicht ganz klar war.
Trocknung und Einbalsamierung
Der hohle Körper wurde mit Duftstoffen und Natron gefüllt, um ihm alle Feuchtigkeit zu entziehen. Die entnommenen Organe wurden ebenfalls in Salz gelegt. War der Körper vom Salz völlig ausgetrocknet, musste er kosmetisch wieder hergerichtet werden. Die Haut bekam eine Kurpackung aus reichhaltigem Salböl, damit sie wieder elastisch wurde. Den hohlen Brustraum und Bauch füllten die Einbalsamierer mit Leinenwickeln, Sägespänen oder sonstigem Füllmaterial, vermischt mit wohlduftenden Gewürzen, Harzen oder Bienenwachs. Die erweiterten Nasenlöcher wurden wieder verstopft.
Umwicklung und Beisetzung
Abschließend wurde der Körper mit hunderten von Metern Leinenbinden umwickelt, wobei zwischen die einzelnen Schichten kleine Amulette geflochten wurden. Viele Mumien bekamen zu guter Letzt noch eine Papyrus- oder Leinenrolle zwischen die Hände gefaltet - das ägyptische Totenbuch, eine Sammlung von Zaubersprüchen, die dem Verstorbenen das Leben im Totenreich erleichtern sollten. Das Kunstwerk kam dann in einen Sarkophag.
Die Bedeutung der Werkzeuge und Materialien
Die Werkzeuge und Materialien, die für die Mumifizierung verwendet wurden, waren von großer Bedeutung. Scharfe Obsidianmesser, Haken zum Entfernen des Gehirns, Leinenwickel, Natronsalz zur Trocknung des Körpers und Harze für die Konservierung spielten alle eine wichtige Rolle im Prozess.
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Unterschiede in den Mumifizierungstechniken
Die Mumifizierungstechniken variierten im Laufe der Zeit und je nach sozialem Status des Verstorbenen. In den Gräbern aus prädynastischer Zeit (bis circa 2707 vor Christus) sind die Toten noch gar nicht bandagiert. Lediglich die trockene Wüstenluft und ein Salzbad konservierten sie für die Ewigkeit. Erst die Mumien aus dem Alten Reich (circa 2707 bis 2216 vor Christus) wurden ohne Organe und dafür fest in Leinenbinden gewickelt bestattet.
Der Fund einer Mumifizierungswerkstatt in Sakkara
Ein spektakulärer Fund in Sakkara südlich von Kairo im Jahr 2016 lüftete einige Geheimnisse um die Mumifizierung. Eine Werkstatt zur Mumifizierung aus dem 7. und 6. Jahrhundert v. Chr. enthielt Tongefäße, die einst mit Substanzen zur Einbalsamierung gefüllt und mit ägyptischen Zeichen beschriftet waren, die Namen und Hinweise zur Anwendung der Stoffe lieferten.
Rätselhafte Funde: Mumien mit Gehirn und Dreck im Schädel
Einige Mumienfunde werfen Rätsel auf. So entdeckten US-Forscher im Schädel einer 3.200 Jahre alten ägyptischen Mumie eine Menge Dreck, der offenbar absichtlich in den Kopf gefüllt wurde. Obwohl es im alten Ägypten Brauch war, den Toten bei der Mumifizierung das Gehirn zu entfernen, besaß diese Mumie noch ihr Gehirn - und hatte dazu ein Haufen von Sedimenten und Sand im Kopf.
Mumienforschung als interdisziplinäre Wissenschaft
Heute betrachten Forschende menschliche Mumien als wertvolle bioarchäologische Archive vergangenen Lebens und historischer Kulturen. Ihre Untersuchung mit Methoden aus unterschiedlichen Fachrichtungen ermöglicht es, Erkenntnisse über die Menschen, ihre Lebensweise und Lebensbedingungen, Glaubensvorstellungen und Traditionen zu gewinnen.
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