Ist Alzheimer vererbbar? Studien und Erkenntnisse zur genetischen Komponente der Demenz

Viele Menschen fragen sich, ob Alzheimer vererbbar ist, besonders wenn nahe Verwandte betroffen sind. Die Frage nach der Vererbbarkeit von Alzheimer ist von großer Bedeutung, da sie potenzielle Auswirkungen auf Familienplanung, Vorsorge und das Verständnis des eigenen Risikos hat. Dieser Artikel beleuchtet die genetischen Aspekte der Alzheimer-Krankheit, die verschiedenen Formen der Vererbung und die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse.

Einführung in die Alzheimer-Krankheit

Alzheimer ist die häufigste Form der Demenz und betrifft weltweit Millionen von Menschen. Sie ist gekennzeichnet durch den fortschreitenden Verlust von kognitiven Fähigkeiten, Gedächtnis und Orientierung. Die Alzheimer-Krankheit stellt Betroffene und ihre Angehörigen vor große Herausforderungen.

Seltene familiäre Alzheimer-Krankheit

Nur etwa 1 Prozent aller Alzheimer-Fälle sind auf eine direkte Vererbung zurückzuführen. Diese seltene Form wird als familiäre Alzheimer-Krankheit (FAD) bezeichnet. Drei Gene sind bekannt, die eine familiäre Alzheimer-Krankheit verursachen können: Presenilin 1 (PSEN1), Presenilin 2 (PSEN2) und Amyloid-Vorläuferprotein (APP). Trägerinnen und Träger einer solchen Mutation erkranken häufig schon zwischen dem 30. und 65. Lebensjahr. Diese seltene Form der Erkrankung wird autosomal-dominant vererbt, das heißt, das Risiko für Kinder betroffener Eltern liegt bei 50 Prozent.

Prof. Dr. Lars Bertram, Professor für Genomanalytik an der Universität zu Lübeck und Leiter der Lübecker Interdisziplinären Plattform für Genomanalytik (LIGA), erklärt, dass die Alzheimer-Krankheit genetisch in eine monogene und eine polygene Form unterteilt werden kann. Die monogene Form wird durch eine einzige Genveränderung (Mutation) ausgelöst, während bei der polygenen Form mehrere genetische Risikofaktoren (Polymorphismen) eine Rolle spielen. Eine typische Vererbung über die Generationen hinweg ist nur bei der monogenen Form zu beobachten.

Was bedeutet das für Kinder betroffener Eltern?

Wenn bei einem Elternteil eine monogene Ursache der Alzheimer-Krankheit, also eine bekannte Mutation, nachgewiesen wurde, liegt die Wahrscheinlichkeit, diese Mutation als Nachkommen ebenfalls zu tragen, bei 50%. Dies kann nur im Zuge einer genetischen Untersuchung zweifelsfrei festgestellt werden, die immer erst nach einer humangenetischen Beratung stattfinden darf. Je nach Art der Mutation kommt es aber in Mutationsträgern nicht immer zwangsläufig zum Ausbruch der Erkrankung, da einige Varianten eine verminderte „Durchschlagskraft“ (medizinisch „Penetranz“) haben. Trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit als Mutationsträger an der Alzheimer-Krankheit zu erkranken sehr hoch.

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Die häufige altersbedingte Form der Alzheimer-Krankheit

Bei der häufigsten Form der Alzheimer-Krankheit spielt dagegen das Alter die größte Rolle. Viele Menschen fragen uns, ob die Alzheimer-Krankheit vererbbar ist und ob sie selbst bestimmte Risikogene tragen. Besonders wenn es in der Familie Betroffene gibt, stellt sich diese Frage. Allerdings handelt es sich bei den wenigsten Demenzfällen um die familiäre Sonderform der Alzheimer-Krankheit.

Auch wenn das Alter der größte Risikofaktor ist, kann die Veränderung des Apolipoprotein Epsilon 4 (ApoE4)-Gens das Erkrankungsrisiko erhöhen. Allerdings führt diese genetische Veränderung nicht zwangsläufig zu einer Erkrankung. Das ApoE4-Gen könnte bei bis zu 25 Prozent aller Alzheimer-Fälle eine Rolle spielen. Weitere Gene wurden identifiziert, die das Alzheimer-Risiko erhöhen können.

Rolle des Apolipoprotein-E (ApoE)-Gens

Das ApoE-Gen ist quasi der Bauplan für ein Eiweiß, das im menschlichen Körper bestimmte Fettmoleküle, sog. Lipoproteine, transportiert. Eine bestimmte Variante des ApoE-Gens, die „Epsilon-4-Variante“, kommt weitaus häufiger bei Alzheimer-Erkrankten vor als in der Normalbevölkerung. Das bedeutet, dass die ApoE-4-Variante ein erheblicher Risikofaktor für das Auftreten einer Alzheimer-Krankheit im Alter ist. Auch bei Trägern von Mutationen der monogenen Alzheimer-Krankheit kann das gleichzeitige Vorliegen der Epsilon-4-Variante den Beginn der Erkrankung noch weiter beschleunigen.

Dennoch gibt es viele, z. T. sehr hochbetagte Menschen, die trotz des Tragens der Epsilon-4-Variante ohne kognitive Beeinträchtigungen leben und nicht an Alzheimer erkranken. Die ApoE Epsilon-4-Variante ist also - anders als die monogenen Auslöser der Alzheimer-Krankheit - nur ein „Risikofaktor“ der Erkrankung. Das bedeutet, das Risiko an Alzheimer zu erkranken ist zwar erhöht, allerdings gibt es viele Menschen, die trotzdem keinen Alzheimer entwickeln. Das ist vergleichbar mit Zigarettenrauchen und Lungenkrebs: Zigaretten sind zwar der wichtigste Risikofaktor für die Entwicklung von Lungenkrebs, allerdings erkranken nicht alle Raucher daran.

Im klinischen Alltag der Patienten im Rahmen der Abklärung von Hirnleistungsstörungen und Demenz bringt die Bestimmung des ApoE-Genotyps derzeit keine für die Diagnose oder die Therapie relevante Information. Sie wird daher von den Leitlinien momentan nicht empfohlen. Des weiteren sollte der ApoE-Genotyp nicht als voraussagende genetische Diagnostik für die Nachkommen quasi „durch die Hintertür“ missverstanden werden.

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Polygene Risikofaktoren

Neben ApoE Epsilon-4 gibt es zahlreiche weitere Genveränderungen, die das Risiko an Alzheimer zu erkranken erhöhen können. Derzeit sind knapp 80 solcher genetischen Veränderungen bekannt. Allerdings ist dies ein intensiv beforschtes Feld, und es ist damit zu rechnen, dass in den nächsten Jahren noch viele weitere derartige „Risikogene“ entdeckt werden.

Prädiktive genetische Diagnostik

Die prädiktive - also „voraussagende“ - genetische Diagnostik hat das Ziel, nach bestimmten, krankheitsauslösenden Mutationen noch vor Beginn der Erkrankung zu suchen und - sollte eine derartige Mutation festgestellt werden - den Patienten ausführlich zu seinem Krankheitsrisiko und möglichen Therapieoptionen aufzuklären. Leider befindet sich die Entwicklung heilender oder zumindest den Krankheitsprozess dauerhaft aufhaltender Therapien im Bereich der Alzheimer-Krankheit noch am Anfang, so dass Träger einer nachgewiesenen Alzheimer-Mutation mit der genetischen Diagnose konfrontiert werden, ohne dass sie den Verlauf der Erkrankung wesentlich beeinflussen können.

Was bedeutet ein positives Testergebnis?

Träger einer Mutation erkranken mit einer hohen Wahrscheinlichkeit an Alzheimer. Je nach Art der Mutation kann diese Wahrscheinlichkeit nahezu 100 % sein, mitunter aber auch weniger. Hierüber kann nur eine ausführliche humangenetische Beratung aufklären. Gleichzeitig zu einer Alzheimer-Mutation können auch protektive, also risiko-mindernde Veränderungen des Erbguts vorliegenden, die den Effekt der Alzheimer auslösenden Mutation abschwächen. Dies äußert sich dann in einem späteren Beginn der Erkrankung.

Ethische Aspekte der prädiktiven Diagnostik bei Minderjährigen

Bei Minderjährigen dürfen genetische Tests nur dann vorgenommen werden, wenn präventive oder therapeutische Maßnahmen möglich sind, die es bei der Alzheimer-Krankheit wie oben beschrieben noch nicht gibt. Bei volljährigen Kindern müssen diese selbst zustimmen. Eine prädiktive genetische Testung muss von einer eingehenden humangenetischen Beratung begleitet werden. Im Falle der Alzheimer-Krankheit ergibt sich die Besonderheit, dass Mutationsträger derzeit ohne konkrete bzw. durchschlagende Therapieoption bleiben. D.h. durch das Ergebnis der genetischen Testung wissen sie zwar, dass sie höchstwahrscheinlich irgendwann an Alzheimer erkranken werden, können aber nichts tun, um dieses Schicksal zu verhindern. Diese Situation stellt sich in nicht wenigen Fällen als große Belastung heraus und kann auch andere Krankheiten, z. B. Depressionen, verursachen oder begünstigen. Betroffene, also volljährige Kinder von Eltern mit einer nachgewiesenen Alzheimer-auslösenden Mutation, sollten sich daher vor Durchführung der genetischen Testung unbedingt ausführlich beraten lassen und dies, bzw. die Konsequenzen eines möglicherweise positiven Tests, auch mit ihren Angehörigen, insbesondere eigenen Kindern besprechen.

Aktuelle Forschung und Therapieansätze

Derzeit gibt es nur wenige Möglichkeiten, die Alzheimer-Krankheit aufzuhalten. Doch es wird derzeit nicht zur Vorbeugung eingesetzt. Wem nützt das Wissen, eine Genmutation zu tragen, die später die Alzheimer-Krankheit auslösen kann?

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Aktuell kann und sollte man lediglich Vorkehrungen für das Eintreten der Alzheimer-Krankheit treffen, z. B. mittels Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. Allerdings gibt es im Bereich der Alzheimer-Therapieentwicklung derzeit in der Tat einige neue und vielversprechende Ergebnisse. Wenn die Alzheimer-Krankheit ausbricht, dann gehen diesem Zustand bereits mehrere Jahre oder gar Jahrzehnte an pathologischen, d.h. krankmachenden, Veränderungen im Gehirn der Patienten voraus. Sobald diese jahrelangen Prozesse verlässlich therapeutisch verhindert oder zumindest verzögert werden können, ist das Wissen über das Vorliegen einer Alzheimer auslösenden Mutation wertvoll, weil diese Medikamente dann gezielt zur Vorbeugung eingesetzt werden können.

Neue Medikamente und Therapieansätze

Es gibt jedoch in der Demenz-Therapie Behandlungen, Medikamente und andere Maßnahmen, die die Symptome lindern und das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen sollen. In den letzten Jahren haben immer wieder Studien zu neuen Alzheimer-Impfstoffen Aufsehen erregt. Aktuell ist der Wirkstoff Protollin ein besonders vielversprechender Kandidat. Der Impfstoff, der über die Nase verabreicht wird, soll körpereigene Abwehrkräfte mobilisieren, um gegen Ablagerungen an Nervenzellen vorzugehen. Eine erste Humanstudie, das heißt Tests an Menschen, läuft seit 2021 in den USA. Die Studie hat allerdings nur 16 Teilnehmer. Etwas weiter ist die Forschung beim Wirkstoff AADvac1. Dieser Wirkstoff greift bestimmte Proteine im Gehirn an und verhindert deren Verklumpung. So soll die Abnahme der geistigen Fähigkeiten verhindert werden. Zu diesem Wirkstoff gibt es bereits mehrere Studien, die die prinzipielle Wirksamkeit in Bezug auf die Proteine und deren Verklumpung belegen.

Leqembi (Lecanemab): Neues Alzheimer-Medikament

Leqembi wurde in Deutschland am 15.04.2025 zur medikamentösen Behandlung von Menschen mit leichten kognitiven Beeinträchtigungen und im Frühstadium der Alzheimer-Demenz zugelassen.

Familiäre Vorbelastung und das Risiko für Alzheimer

Eine aktuelle Studie des Mass General Brigham kommt zu dem Schluss, dass es einen erheblichen Unterschied macht, ob die Gene väterlicher- oder mütterlicherseits vererbt werden. Frühere Studien hatten bereits Hinweise darauf gegeben, dass die mütterliche Vorgeschichte ein erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Alzheimer darstellt. Die Studienteilnehmer wurden gefragt, wann bei ihren Eltern Symptome von Gedächtnisverlust aufgetreten waren. Anschließend verglichen die Forscher diese Antworten und maßen den Amyloid-Spiegel im Gehirn der Teilnehmer.

Die Studie zeigte, dass Teilnehmer mit einer familiären Vorbelastung auf mütterlicher Seite höhere Amyloid-Werte aufwiesen. Interessanterweise fanden sich auch erhöhte Amyloid-Werte, wenn der Vater früh in seinem Leben erkrankt war. Diese waren jedoch nicht feststellbar, wenn der Vater erst im fortgeschrittenen Alter diagnostiziert wurde. Dagegen der Zeitpunkt, zu dem die Symptome bei der Mutter begannen, keine Rolle. Hinzu kommt der in der Alzheimer-Forschung schon länger bekannte Fakt, dass Frauen häufiger von Alzheimer betroffen sind.

Die Rolle der mütterlichen DNA

Warum und auf welche Weise die mütterliche DNA bei der Entstehung von Alzheimer eine Rolle spielt, ist noch unklar. Neueste Erkenntnisse deuten jedoch darauf hin, dass das Wissen um die mütterliche Vererbung ein wichtiger Faktor für laufende und zukünftige Präventionsstudien ist. Dies gilt insbesondere für Personen, die trotz familiärer Vorbelastung keine Symptome zeigen.

Down-Syndrom und Alzheimer-Risiko

Eine besonders hohes Risiko für Alzheimer haben Menschen mit Down-Syndrom. Menschen mit Down-Syndrom (Trisomie 21) haben ein besonders hohes Risiko, an Alzheimer zu erkranken. Forschende gehen davon aus, dass dies an der dritten Kopie des APP-Gens liegt, welches sich ebenfalls auf dem 21. Chromosom befindet.

Die DIAN-Studie: Erforschung der genetisch bedingten Alzheimer-Krankheit

Die DIAN-Studie wurde im Jahr 2008 in den USA begonnen, um die genetisch bedingte Formen der Alzheimer-Erkrankung besser zu erforschen. DIAN steht für „Dominantly Inherited Alzheimer‘s Network“, also „Netzwerk zur Erforschung der dominant vererbten Alzheimer Krankheit“. Rund 0,5 Prozent aller Fälle von Alzheimer sind auf Veränderungen (Mutationen) an einem von drei Genen zurückzuführen. Bei Betroffenen treten die typischen Zeichen der Alzheimer-Krankheit, wie Vergesslichkeit und Orientierungsstörungen, schon sehr jung auf, typischerweise vor dem 60. Lebensjahr, in einzelnen Fällen schon um das 30. Lebensjahr.

DIAN soll in Deutschland in zwei Modulen angeboten werden: Die Beobachtungsstudie und die Therapiestudie. In der Beobachtungsstudie, die seit 2012 läuft, geht es darum, ein besseres Verständnis der genetisch bedingten Alzheimer-Erkrankungen zu erlangen und Ansätze für neue Behandlungsformen zu finden. Zur Zeit werden mehr als 60 Erwachsene im Rahmen der deutschen Studie beobachtet. Weltweit nehmen mehr als 500 Menschen an einer DIAN-Beobachtungsstudie teil. Eingeschlossen werden Personen, deren Vater oder Mutter oder deren Geschwister durch einen genetischen Test nachgewiesene krankheitsverursachende Mutationen in einem der drei bekannten „Alzheimer-Gene“ aufweisen. Somit haben die möglichen Teilnehmenden der Studie ein 50-prozentiges Risiko, das Gen ebenfalls geerbt zu haben und die Krankheit zu entwickeln.

Im Rahmen der Studie werden die Teilnehmenden alle zwei Jahre ausführlich untersucht. Diese körperlichen und neuropsychologischen Untersuchungen werden am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in München und Tübingen durchgeführt. Dabei werden unter anderem Gedächtnisfunktionen und andere Bereiche der geistigen Leistungsfähigkeit geprüft und eine Lumbalpunktion (Nervenwasserentnahme) durchgeführt. Zur Untersuchung gehört auch eine kernspintomographische Untersuchung des Kopfes (MRT) und eine Positronen-Emission-Tomographie (PET). Mit der PET-Technik lassen sich Stoffwechselvorgänge und die Zusammensetzung des Gehirns untersuchen.

Das Risiko zu erkranken schwebt oft wie ein Damoklesschwert über mehreren Generationen einer Familie.

Das Wissen um das eigene Erkrankungsrisiko ist oft eine schwere Bürde und kann die Wahl und Ausübung des Berufes, die Familienplanung und finanzielle Entscheidungen beeinflussen. Die Angst, elterliche und finanzielle Pflichten nicht mehr erfüllen zu können und die Krankheit möglicherweise zu vererben, ist prägend. In manchen Fällen können junge Erkrankte ihre eigenen Kinder nicht mehr versorgen, sodass die Partnerin bzw. der Partner gleichzeitig die Kinder und die erkrankte Person betreuen muss. Hinzu kommt, dass Demenz in unserer Gesellschaft immer noch ein Tabuthema ist. Das macht es schwer, innerhalb der Familien und erst recht nach außen darüber zu sprechen. Daraus ergibt sich eine massive emotionale, psychische sowie finanzielle Belastung.

APOE4-Gen: Ein zusätzliches Gen, das Alzheimer verursacht?

Ein zusätzliches Gen, das Alzheimer verursacht, das hört sich an wie ein gesteigertes Risiko. Der Vorschlag der Studienautoren, die Alzheimer-Demenz neu zu klassifizieren und das APOE4-Gen in die Reihe der Gene aufzunehmen, die den Alzheimer bedingen, sei "ein alter Freund in neuem Gewand". Derselbe Vorschlag sei schon vor 15 Jahren einmal gemacht worden und habe sich in der wissenschaftlichen Community nicht durchgesetzt, weil die Daten dafür nicht überzeugend genug waren. "Nicht alle Leute, die vom Vater und von der Mutter dieses Gen vererbt bekommen haben, entwickeln jetzt automatisch eine Alzheimer-Erkrankung.

Die Rolle des APOE4-Gens im Detail

Gene bilden den Code für den Aufbau von Proteinen, welche dann die Funktionen in einem Organismus ausüben, die für das Leben notwendig sind. APOE transportiert Blutfette von der Leber zu den verschiedenen Zellen des Körpers, auch im Gehirn zu den Nervenzellen. Das APOE-Gen gibt es in unterschiedlichen Varianten: APOE2, APOE3 und APOE4. Diese haben ganz unterschiedliche Auswirkungen auf das Alzheimer-Risiko. APOE2 wird sogar eine schützende Funktion zugeschrieben.

Bei der Alzheimer-Erkrankung lagern sich im Gehirn zwischen den Nervenzellen bestimmte Proteine ab, das Amyloid. Es reichert sich mit der Zeit immer weiter an und bildet regelrechte Klumpen, die giftig wirken. Das wiederum verursacht einen Abbauprozess in den Nervenzellen. Hier verklumpen andere Eiweißstoffe, die tau-Proteine, die eigentlich das innere Gerüst der Zelle bilden.

Gentests und ihre Bedeutung

Wie bei vielen anderen erblich bedingten Erkrankungen ist es möglich, die genetische Veranlagung für Alzheimer durch Gentests nachzuweisen. "Wenn ich jetzt zum Beispiel 40 bin, möchte ich dann jetzt schon wissen, dass ich vielleicht mit 65 oder 70 beginne, an Alzheimer zu erkranken?" sagt Kleier. "Möchte ich mit so einem Wissen konfrontiert werden? Ich habe das Recht auf Nichtwissen. Und eine weitere wichtige Frage, die unbedingt vor einer genetischen Testung zu klären ist, sei die nach bestimmten Versicherungen. Bei hohen Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherungen dürfen die Versicherer nach so einem Ergebnis fragen.

Prävention und Risikominderung

Auch auf die Frage, was man selbst tun kann, um das Demenz-Risiko zu mindern, um möglichst gesund zu bleiben, bleiben die Empfehlungen gleich: Sport, genug Schlaf und eine gesunde Ernährung senken das Risiko, an Demenz zu erkranken. "Man kann andere Risikofaktoren, die das Gehirn auch noch schädigen, gering halten", erklärt Nicolai Franzmeier. Beispielsweise indem man nicht raucht, wenig trinkt, auf das Gewicht achtet und Bluthochdruck reduziert.

Bewegung und Ernährung

Bewegung ist ein wesentlicher Faktor, um das Risiko für eine Demenz zu verringern. Man kann damit sogar eine erblich bedingte Veranlagung ausgleichen.

Biomarker und Früherkennung

Im Bereich der Diagnoseforschung geht es laut dem wissenschaftlichen Beirat der Alzheimer Forschungsinitiative, Prof. Dr. Thomas Arendt, hauptsächlich darum, körperliche Merkmale zu finden, anhand derer die Krankheit Alzheimer nachgewiesen werden kann. Ein Biomarker kann zum Beispiel ein bestimmter Bestandteil im Blut sein.

Bluttests zur Früherkennung

Im Jahr 2021 kam in den USA ein Bluttest zur Diagnosestellung von Alzheimer auf den Markt. Der Precivity AD-Bloodtest erfasst unter Berücksichtigung des Alters und einer genetischen Komponente das Verhältnis zweier Proteinvarianten von Amyloid-Beta. Der Bluttest gilt als sehr zuverlässig und übertrifft in seiner Genauigkeit Diagnosetechniken wie bildgebende Verfahren („Bilder vom Gehirn“), die die Krankheit oft erst spät erkennen.

Ein deutsch-niederländisches Forscherteam hat einen Bluttest entwickelt, der die Fehlfaltung des Amyloid-Beta Proteins erkennt. Diese Fehlfaltung des Proteins ist für die Alzheimer-Krankheit charakteristisch. Der Früh-Test des Forscherteams sei mit einer Sensitivität von mindestens 90 Prozent sehr aussagekräftig. Die Sensitivität gibt an, zu wie viel Prozent ein Test bei tatsächlich Erkrankten die Krankheit tatsächlich erkennt. Von Vorteil könne das frühe Erkennen von Alzheimer bei der Medikamentengabe sein, die entsprechend früher passiert.

Patientenverfügung und Vorsorge

Eine Patientenverfügung stellt sicher, dass Ihre medizinischen Wünsche auch in unerwarteten Situationen respektiert werden und bewahrt so Ihre Selbstbestimmung. Sie greift in Situationen, in denen Sie aufgrund von Krankheit oder Verletzung nicht in der Lage sind, sie selbst auszudrücken. Dieses Dokument entlastet zudem Ihre Angehörigen von schwierigen Entscheidungen, vermeidet Missverständnisse und schützt vor unerwünschter Über- oder Unterbehandlung.

Fazit

Die Frage, ob Alzheimer vererbbar ist, lässt sich nicht pauschal beantworten. Während die seltene familiäre Form der Alzheimer-Krankheit eindeutig genetisch bedingt ist, spielt bei der häufigeren altersbedingten Form eine Kombination aus genetischen Risikofaktoren und Umweltfaktoren eine Rolle. Die Forschung arbeitet kontinuierlich daran, die komplexen Zusammenhänge besser zu verstehen und neue Therapieansätze zu entwickeln.

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