Myasthenia gravis ist eine seltene Autoimmunerkrankung, die durch eine belastungsabhängige Muskelschwäche gekennzeichnet ist. Die Erkrankung betrifft die Signalübertragung zwischen Nerven und Muskeln. Die Symptome können vielfältig sein und unterschiedliche Muskelgruppen betreffen. Häufig sind die Augenmuskeln zuerst betroffen, was zu hängenden Augenlidern (Ptosis) und Doppelbildern führen kann. Auch die Gesichtsmuskeln, die Muskeln in Mund und Rachen, die Arme und Beine sowie die Atemmuskulatur können betroffen sein.
Was ist Myasthenia Gravis?
Myasthenia gravis ist eine neuromuskuläre Erkrankung, die durch eine fehlerhafte Signalübertragung an der motorischen Endplatte, der Kontaktstelle zwischen Nerv und Muskel, verursacht wird. Dies führt zu einer Schwächung der Muskulatur, die sich im Verlauf der Erkrankung schubweise verschlimmern kann. Die Symptome sind nicht immer gleich stark ausgeprägt und können sich nach einer Erholungsphase bessern.
Der Begriff "Myasthenia gravis" setzt sich aus den griechischen Wörtern "mys" (Muskel) und "asthenia" (Schwäche) sowie dem lateinischen Wort "gravis" (schwer) zusammen.
Formen von Myasthenia Gravis
Man unterscheidet zwei Hauptformen von Myasthenia gravis:
- Early-onset Myasthenia gravis (EOMG): Diese Form tritt bereits im Kindes- oder Jugendalter auf.
- Late-onset Myasthenia gravis (LOMG): Diese Form entwickelt sich in der Regel erst ab dem 40. Lebensjahr.
Je nach Ausbreitung der Muskelschwäche wird zwischen generalisierter Myasthenia gravis (die alle Muskeln betreffen kann) und okulärer Myasthenia gravis (die hauptsächlich die Augenmuskulatur betrifft) unterschieden.
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Ursachen von Myasthenia Gravis
Myasthenia gravis ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem körpereigene Strukturen angreift. Bei den meisten Betroffenen lassen sich Autoantikörper gegen Strukturen an der motorischen Endplatte nachweisen, insbesondere gegen Acetylcholinrezeptoren (AChR). Diese Antikörper stören die Signalübertragung vom Nerv zum Muskel, was zu einer Muskelschwäche führt.
Einige Medikamente können die Symptome von Myasthenia gravis verschlechtern und sollten daher vermieden oder in der geringstmöglichen Dosis angepasst werden. Dazu gehören Beruhigungsmittel, Antidepressiva, Diuretika, Antirheumatika, Antibiotika, Betablocker, Malariamittel, Magnesium und Botulinum-Toxin.
Es gibt auch einen Zusammenhang zwischen Erkrankungen der Thymusdrüse und der Entstehung von Myasthenia gravis. Bei einigen Patienten lassen sich Thymus-Entzündungen (Thymitis) oder gutartige Vergrößerungen des Thymus (Thymom) nachweisen.
Symptome von Myasthenia Gravis
Die Symptome von Myasthenia gravis sind vielfältig und individuell unterschiedlich. In der Frühphase der Erkrankung treten sie meist nur an wenigen Körperstellen auf, hauptsächlich im Gesicht. Später kommt es bei 90 Prozent der Erkrankten zu einer Generalisierung der Symptomatik.
Typische Symptome sind:
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- Hängende Augenlider (Ptosis)
- Doppelbilder
- Verwaschene Sprache
- Schluckbeschwerden
- Schwäche der Nackenmuskulatur
- Muskelschwäche in Armen und Beinen, die sich bei Belastung verschlimmert
- Atemnot bei Anstrengung (in schweren Fällen)
- Gesicht erscheint spannungslos
Diagnose von Myasthenia Gravis
Zur Diagnose von Myasthenia gravis stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung:
- Körperliche Untersuchung: Neurologische Tests zur Überprüfung der Muskelermüdbarkeit.
- Antikörperbestimmung: Nachweis von Autoantikörpern gegen Acetylcholinrezeptoren oder andere körpereigene Strukturen.
- Elektrische Nervenstimulation: Untersuchung der Muskelermüdbarkeit durch wiederholte elektrische Reize.
- Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) des Brustkorbs: Beurteilung des Thymus.
- Eisbeutel-Test: Die Neurolog:innen legen für einige Minuten einen Eisbeutel auf das betroffene Augenlid der Patientin oder des Patienten. Wird die Schwäche des Lidhebers tatsächlich durch Myasthenia Gravis verursacht, bessert sie sich bei kühleren Temperaturen.
- „Tensilon-Test“: Überprüfung der Besserung der Muskelkraft nach Injektion eines Medikamentes, das die Impulsübertragung vom Nerv auf den Muskel fördert.
Behandlung von Myasthenia Gravis
Myasthenia gravis ist nicht heilbar, aber gut behandelbar. Ziel der Behandlung ist es, die Symptome zu lindern, Komplikationen zu verhindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Verschiedene Therapieansätze werden kombiniert, darunter:
- Medikamentöse Therapie:
- Acetylcholinesterasehemmer zur Verbesserung der Signalübertragung zwischen Nerv und Muskel.
- Immunsuppressiva (z.B. Cortison, Azathioprin) zur Dämpfung der Überaktivität des Immunsystems.
- Immunglobuline zur Abschwächung der Wirkung der Autoantikörper.
- Thymektomie: Operative Entfernung der Thymusdrüse, insbesondere bei jüngeren Patienten und bei Vorliegen eines Thymoms.
- Plasmapherese: Austausch des Plasmas, um die Autoantikörper aus dem Blut zu filtern.
- Immunadsorption: Eine besondere Form der Blutwäsche, bei der die schädigenden Autoantikörper aus dem Plasma entfernt werden.
- Logopädie: Schluckstörungen können mit Logopädie behoben werden.
- Physiotherapie: Hilft dem Patienten im angemessenen Umgang mit der Krankheit.
Herzrhythmusstörungen im Zusammenhang mit Myasthenia Gravis
Es gibt einige Medikamente, die die Symptome verstärken oder Nebenwirkungen haben können, die sich auf den Herzrhythmus auswirken können. Einige Medikamente gegen Herzrhythmusstörungen sind bei Myasthenia Gravis sogar kontraindiziert.
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Es ist wichtig, dass Patienten mit Myasthenia gravis ihren Arzt über alle Medikamente informieren, die sie einnehmen, und dass sie sich regelmäßig kardiologisch untersuchen lassen, um mögliche Herzrhythmusstörungen frühzeitig zu erkennen und zu behandeln.
Leben mit Myasthenia Gravis
Patienten mit Myasthenia gravis können ihr Wohlbefinden verbessern und ihren Alltag gestalten, indem sie folgende Maßnahmen beachten:
- Aufgaben gut einteilen und regelmäßig Pausen einlegen.
- Entspannungstechniken anwenden, um Stress zu reduzieren.
- Auf eine ausreichende Schlafdauer achten.
- Sich über mögliche Wechselwirkungen von Medikamenten informieren.
- Eine ausgewogene Ernährung einhalten.
- Regelmäßige, moderate Bewegung.
- Infektionsrisiko minimieren.
- Spezialisierte Neurologen aufsuchen und Lebensereignisse mit ihnen planen.
Forschung und Ausblick
Die Ursachen und Auslöser von Myasthenia gravis sind noch nicht vollständig geklärt. Die Forschung in diesem Bereich sollte auch die Wechselwirkungen mit anderen Krankheiten, möglichen Behandlungen oder Faktoren wie Vererbung und Umwelteinflüsse berücksichtigen. Es gibt nur eine geringe Anzahl Betroffener, weshalb einige Therapien keine Zulassung erhalten.
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