Myasthenia Gravis: Ursachen von Müdigkeit, Diagnose und moderne Therapien

Myasthenia gravis (MG), oft auch nur Myasthenie genannt, ist eine seltene Autoimmunerkrankung, die durch Muskelschwäche gekennzeichnet ist, die sich bei andauernder Belastung verstärkt und sich nach einer Ruhephase wieder bessert. Die Erkrankung ist zwar nicht heilbar, aber es gibt medikamentöse Therapien, die durch eine Verbesserung der Signalübertragung zwischen Nerv und Muskel die Symptome der Erkrankung lindern und gleichzeitig den Verlauf der Erkrankung günstig beeinflussen können.

Was ist Myasthenia Gravis?

Die Myasthenia gravis ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das körpereigene Immunsystem fälschlicherweise die Verbindungsstellen zwischen Nerven und Muskeln angreift. Genauer gesagt, werden Antikörper gegen Acetylcholin-Rezeptoren (AChR) oder andere Proteine der neuromuskulären Endplatte gebildet. Diese Antikörper blockieren oder zerstören die AChR, wodurch die Reizweiterleitung und Innervation des dem motorischen Nerv nachgeschalteten Muskels beeinträchtigt wird. Wenn mehr als 50 % der AChR inaktiviert sind, zeigen sich Muskelermüdungserscheinungen bzw. Lähmungen, da trotz Neusynthese keine Kompensation mehr möglich ist.

Die Muskelschwäche betrifft meist zuerst die Augen, kann aber auch andere Körperbereiche betreffen und individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Die Beschwerden nehmen bei körperlicher Belastung zu und sind in den Abendstunden häufig stärker ausgeprägt als am Morgen.

Ursachen und Risikofaktoren

Die genaue Ursache für die Fehlfunktion des Immunsystems bei Myasthenia gravis ist noch nicht vollständig geklärt. Es wird vermutet, dass genetische Faktoren, Infektionen (z. B. mit Viren oder Bakterien) oder auch Veränderungen der Thymusdrüse eine Rolle spielen können.

Obwohl eine gewisse familiäre Häufung zur Ausbildung autoimmun vermittelter Erkrankungen zu bestehen scheint, kann kein wirklich gut gesicherter genetischer Anhaltspunkt für eine Erblichkeit nachgewiesen werden.

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Risikofaktoren für die Entwicklung einer Myasthenia gravis sind:

  • Vorliegen anderer Autoimmunerkrankungen (z. B. Thyreoiditis, rheumatoide Arthritis, Lupus erythematodes)
  • Veränderungen der Thymusdrüse (Dys- bzw. Hyperplasie, Thymom)
  • Bestimmte Medikamente
  • Infektionen
  • Stress
  • Hormonumstellungen

Symptome

Die Symptome der Myasthenia gravis sind vielfältig und können von Patient zu Patient unterschiedlich sein. Typisch ist eine belastungsabhängige Muskelschwäche, die sich nach einer Ruhephase wieder bessert.

Häufige Symptome sind:

  • Hängende Augenlider (Ptosis), ein- oder beidseitig
  • Doppelbilder (Diplopie)
  • Schwierigkeiten beim Sprechen (Dysarthrie), Kauen (Dysphagie) und Schlucken
  • Schwäche der Arme und Beine, die das Treppensteigen oder Aufrichten erschwert
  • Schwäche der Nackenmuskulatur, die das Halten des Kopfes erschwert
  • Veränderte Mimik
  • Atembeschwerden, die in schweren Fällen zu einer myasthenen Krise mit Atemstillstand führen können
  • Fatigue: Betroffene fühlen sich energielos, apathisch, haben ein erhöhtes Schlafbedürfnis und leiden unter Konzentrationsproblemen.

Die Ausprägung der Myasthenie-Symptome ist individuell unterschiedlich und kann auch bei ein und demselben Patienten deutlich schwanken. Während manche Betroffene vergleichsweise leichte Symptome aufweisen und über Jahre einen stabilen Krankheitsverlauf zeigen, schreitet die Muskelschwäche bei anderen über wenige Wochen oder sogar Tage rasch fort und kann bedrohliche Ausmaße annehmen. Die Schwäche kann sich wieder zurückbilden, um später erneut zuzunehmen.

Diagnostik

Die Diagnose der Myasthenia gravis basiert auf einer Kombination aus Anamnese, klinischer Untersuchung, elektrophysiologischen Untersuchungen und serologischen Tests.

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Wichtige diagnostische Schritte sind:

  • Anamnese: Erhebung der Krankheitsgeschichte und Beschreibung der Symptome durch den Patienten
  • Klinische Untersuchung: Beurteilung der Muskelfunktion und Durchführung spezifischer Tests wie z.B. wiederholtes Durchführen lassen von Muskelbewegungen mit dem Ergebnis rascher Ermüdbarkeit (z. B. Augen-Lidschluss, Handöffnen), der Simpson-Test (längeres Nachobenblicken mit Ptosis-Provokation) oder auch der Einsatz von Kälte-Packs, die eine Verbesserung der Muskelleistung bewirken
  • Elektrophysiologische Untersuchung: Messung der elektrischen Aktivität der Muskeln und Nerven, um eine Störung der neuromuskulären Übertragung nachzuweisen (repetitive Nervenstimulation mit Dekrement von > 10 %)
  • Serologische Tests: Nachweis von Antikörpern gegen AChR, MuSK oder andere Proteine der neuromuskulären Endplatte im Blut
  • Bildgebung: Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) des Brustkorbs zur Feststellung von Veränderungen am Thymus (z. B. Thymom)

Therapie

Ziel der Therapie bei Myasthenia gravis ist es, eine weitgehende Beschwerdefreiheit bei guter Verträglichkeit der Therapie zu erreichen. Die Behandlungsmöglichkeiten umfassen:

  • Symptomatische Therapie:
    • Acetylcholinesterasehemmer: Diese Medikamente hemmen den Abbau von Acetylcholin und verbessern so die Reizübertragung von den Nerven zu den Muskeln.
  • Immunsuppressive Therapie:
    • Kortikosteroide: Diese Medikamente dämpfen die Überaktivität des Immunsystems.
    • Immunsuppressiva: Diese Medikamente bremsen die Neubildung von Antikörpern.
    • Biologika: Neuartige monoklonale Antikörper wie Rituximab und Eculizumab greifen spezifisch in den Krankheitsprozess ein und können das Krankheitsgeschehen in bestimmten Konstellationen nachhaltig positiv zu beeinflussen.
  • Thymektomie: Die operative Entfernung der Thymusdrüse kann bei Patienten mit Thymom oder Thymushyperplasie zu einer Besserung der Symptome führen. Die Thymektomie ist insbesondere für jüngere Erwachsene eine aussichtsreiche therapeutische Option.
  • Akuttherapie bei myasthener Krise:
    • Plasmapherese: Hierbei werden die Antikörper aus dem Blut entfernt.
    • Gabe von Immunglobulinen: Hierbei werden dem Körper gesunde Antikörper zugeführt, um die krankheitsverursachenden Antikörper zu neutralisieren.

Die Wahl der Therapie hängt von der Schwere der Erkrankung, dem Alter des Patienten, dem Vorliegen von Begleiterkrankungen und dem Ansprechen auf die Behandlung ab.

Fatigue bei Myasthenia Gravis

Viele Betroffene von Myasthenia gravis leiden zusätzlich zu ihren körperlichen Beschwerden unter einer sogenannten Fatigue. Übersetzt bedeutet Fatigue Müdigkeit. Die Fatigue bei Myasthenia gravis ist allerdings viel mehr als eine bloße Müdigkeit. Betroffene fühlen sich energielos, apathisch, haben ein erhöhtes Schlafbedürfnis und leiden unter Konzentrationsproblemen.

Die Ursachen der Fatigue bei Myasthenia gravis sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird vermutet, dass sowohl die Muskelschwäche selbst als auch die immunologische Aktivität und die Nebenwirkungen der Medikamente eine Rolle spielen können.

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Leben mit Myasthenia Gravis

Die Myasthenia gravis kann den Alltag der Betroffenen stark beeinträchtigen. Es ist wichtig, die eigenen Belastungsgrenzen zu kennen und sich ausreichend Ruhepausen zu gönnen.

Weitere Tipps für den Alltag mit Myasthenia gravis:

  • Regelmäßige körperliche Aktivität, angepasst an die individuelle Leistungsfähigkeit
  • Ausgewogene Ernährung
  • Vermeidung von Stress
  • Ausreichend Schlaf
  • Unterstützung durch Familie, Freunde oder Selbsthilfegruppen
  • Regelmäßige Arztbesuche und Anpassung der Therapie bei Bedarf

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