Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Myasthenia Gravis (MG) und Impfungen, insbesondere der COVID-19-Impfung, ist für Betroffene von großer Bedeutung. Dieser Artikel soll umfassende Informationen und Empfehlungen auf Basis aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse und Expertenmeinungen bieten.
Myasthenia Gravis: Eine kurze Einführung
Myasthenia Gravis ist eine seltene neuromuskuläre Autoimmunerkrankung, die durch eine Übertragungsstörung zwischen Nerven und Muskeln gekennzeichnet ist. Das klinische Erscheinungsbild kann sehr variabel sein, wobei es oft zu Muskelschwäche und schneller Ermüdung kommt. Die Behandlung besteht in der Regel aus einer immunsupprimierenden oder immunmodulatorischen Therapie sowie einer symptomatischen Therapie mit Cholinesterase-Inhibitoren.
Impfungen bei chronischen Erkrankungen: Allgemeine Empfehlungen
Grundsätzlich gilt, dass empfohlene Impfungen insbesondere bei Personen mit chronischen Erkrankungen durchgeführt werden sollten, da diese durch schwere Verläufe und Komplikationen besonders gefährdet sind. Bei akuten schweren Erkrankungen kann es sinnvoll sein, mit einer Impfung bis nach der Genesung zu warten. Personen mit chronischen Erkrankungen sollten über den Nutzen der Impfung im Vergleich zum Risiko der Krankheit aufgeklärt werden. Gerade das geschwächte Immunsystem sollte unterstützt werden. Oft müssen auch Medikamente eingenommen werden, die das Immunsystem schwächen und den Schutz vor Infektionen daher noch wichtiger machen.
Autoimmunerkrankungen wie Myasthenia Gravis oder chronisch-entzündliche Erkrankungen stellen grundsätzlich keine Kontraindikation für Schutzimpfungen dar. Studien konnten bisher keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen einer Impfung und einer neu aufgetretenen Autoimmunkrankheit nachweisen. Totimpfstoffe können jederzeit verabreicht werden. Wenn Medikamente gegeben werden, die das Immunsystem unterdrücken, ist grundsätzlich zu beachten, dass die Impfwirkung der Totimpfstoffe reduziert sein kann.
COVID-19-Impfung für Myasthenie-Patienten
Seit Ende Dezember 2020 werden in Deutschland die ersten Menschen gegen die COVID-19-Erkrankung geimpft. Damit verbunden sind viele Fragen, insbesondere für Myasthenie-Patienten. Die folgenden Informationen gelten im Wesentlichen gleichermaßen für alle Patienten, die an einer Myasthenia gravis, einem Lambert-Eaton-Myasthenie-Syndrom oder einem Kongenitalen Myasthenie Syndrom erkrankt sind.
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Ist die COVID-19-Impfung für Myasthenie-Patienten sinnvoll?
Ja. Grundsätzlich gilt, dass auch für Myasthenie-Patienten die COVID-19-Impfung sinnvoll ist, genauso wie die z.B. auch für die jährliche Grippe-Impfung gilt. Experten empfehlen allen ihren Patienten, die COVID-19-Impfung durchführen zu lassen. Eine COVID-19-Erkrankung kann das Risiko für eine neu aufgetretene Myasthenie erhöhen, die Beschwerden einer bestehenden Myasthenia gravis verschlechtern oder sogar eine myasthene Krise auslösen. Im Falle einer COVID-19-Erkrankung sollte man auf jeden Fall mit einem Arzt sprechen.
Welche Impfstoffe werden empfohlen?
Da viele Myasthenie-Patienten infolge ihrer Therapie immunsupprimiert sind, sollten aus Sicherheitsgründen in der Regel sogenannte Totimpfstoffe eingesetzt werden. Wie auch bei Impfstoffen gegen andere Krankheitserreger ergeben sich für diese Totimpfstoffe keine speziellen Sicherheitsbedenken für die Anwendung bei Myasthenie-Patienten.
Folgende Impfstoffe stehen zur Verfügung:
- mRNA-Impfstoffe: BNT162b2 (Comirnaty) von BioNTech/Pfizer und mRNA-1273 (Spikevax) von Moderna. Diese Impfstoffe werden hinsichtlich Wirksamkeit und Sicherheit als gleichwertig beurteilt. Mittlerweile stehen auch angepasste Impfstoffe zur Verfügung, die sich gegen die vorherrschenden Omikron-Varianten richten. Der Ärztliche Beirat der Deutschen Myasthenie Gesellschaft e.V. rät daher Personen mit generalisierter Myasthenia gravis generell zu einer zweiten Boosterimpfung. Die Impfung sollte mit einem Omikron-angepassten mRNA-Impfstoff (Comirnaty Original/Omicron von Biontech oder Spikevax bivalent Original/Omicron von Moderna) erfolgen.
- Vektorimpfstoff: AZD1222 von AstraZeneca. Auch bei diesem Impfstoff ergeben sich keine speziellen Sicherheitsbedenken für die Anwendung bei Myasthenie-Patienten, auch nicht bei denen, die immunsupprimiert sind. Allerdings wurde auf Grund der bisher vorliegenden Wirksamkeits-Daten in Deutschland eine Alterseinschränkung vorgenommen, so dass bei Personen, die älter als 65 Jahre sind, dieser Impfstoff nach aktueller Coronavirus-Impfverordnung nicht eingesetzt werden soll.
Üblicherweise werden Impfstoffe nicht in speziellen Patientengruppen klinisch getestet, also z.B. in immunsupprimierten Patienten. Dies gilt auch für die o.g. Impfstoffe. Aufgrund bisheriger allgemeiner Erfahrungen und des Wirkmechanismus geht man davon aus, dass auch die COVID-19-Impfstoffe bei immunsupprimierten Patienten bzw. Myasthenie-Patienten sicher sein werden. Ob der Impfschutz genauso gut ist, wie in nicht immunsupprimierten Patienten kann nicht sicher gesagt werden. Auf Basis der Erfahrung mit anderen Impfstoffen geht man jedoch davon aus, dass der Impfschutz ausreichend gut ist. Konsequenterweise wurden die bisherigen Zulassungen der COVID-19-Impfstoffe nicht eingeschränkt und stehen damit prinzipiell auch den (immunsupprimierten) Myasthenie-Patienten zur Verfügung.
Priorisierung bei der COVID-19-Impfung
Unter Berücksichtigung der vorliegenden Daten kann durch die COVID-19-Impfung ein hoher Schutz gegen die COVID-19-Erkrankung erreicht werden. Eine möglichst rasche und breite Impfung ist daher sowohl aus individueller als auch gesellschaftlicher Sicht erstrebenswert.
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Patienten mit einer Myasthenia gravis, einem LEMS oder CMS können auch unabhängig vom Lebensalter entweder in der Gruppe mit hoher Priorität (§3 der Impfverordnung, Nr. 2, Buchstabe “j”) oder in der Gruppe mit erhöhter Priorität (§4 der Impfverordnung, Nr. 2, Buschstabe “b”) eingeordnet werden. Die Zuordnung in die Gruppe der erhöhten Priorität ist alleine schon durch das Vorliegen einer autoimmunen Myasthenie möglich. Die Zuordnung in die Gruppe der hohen Priorität ist dann gegeben bei “Personen, bei denen nach individueller ärztlicher Beurteilung aufgrund besonderer Umstände im Einzelfall ein sehr hohes oder hohes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 besteht”. Dieses ist Abhängig vom Schweregrad der Myasthenia gravis, z.B. von einer Beteiligung der Atem- oder Schluckmuskeln, aber auch von der Immuntherapie.
Wo erhalte ich weitere Informationen?
Einen ausführlichen Überblick zur COVID-19 Erkrankung und der COVID-19-Impfung findet sich in der o.g. aktualisierten STIKO-Empfehlung. Für die Umsetzung der Impfung ist auch die ebenfalls bereits genannte Coronavirus-Impfverordnung von entscheidender Bedeutung. Antworten auf relevante Fragen werden ständig aktualisiert und seitens des Robert-Koch-Instituts zur Verfügung gestellt. Die Antworten werden auf Basis der derzeit gültigen STIKO-Empfehlung ständig aktualisiert, zum Beispiel welcher zeitliche Abstand sollte zwischen den beiden Impfungen liegen und, ob und wann Menschen nach bereits durchgemachter CoViD-19-Erkrankung geimpft werden sollten. Weitere Informationen bekommen Sie von Ihrer behandelnden Ärztin / Ihrem behandelnden Arzt. Dort erhalten Sie auch das notwendige ärztliche Zeugnis. Nach Coronavirus-Impfverordnung haben zum “Nachweis der Anspruchsberechtigung und zur Prüfung der Priorisierung … die anspruchsberechtigten Personen vor der Schutzimpfung gegenüber dem Impfzentrum oder dem mobilen Impfteam” u.a. ein ärztliches Zeugnis vorzulegen. Für eine vorgezogene Impfung über die unter 4. genannte hohe Priorität II. j) bedarf es entsprechend der aktualisierten Coronavirus-Impfverordnung eines besonderen ärztlichen Zeugnisses. Diese darf ausschließlich eine dazu berechtigte Einrichtung ausstellen, die von den obersten Landesgesundheitsbehörden direkt oder indirekt beauftragt wurde.
Ergänzende Stellungnahme zur Priorisierung
Die aktualisierte STIKO-Empfehlung lässt eine adäquate Einstufung von Personengruppen mit seltenen Erkrankungen, wie den myasthenen Syndromen zu. Diese wurde jedoch nur teilweise in die aktualisierte Coronavirus-Impfverordnung übernommen.
Die Myasthenie gehört zu den chronischen neurologischen Autoimmunerkrankungen, so dass bei den betroffenen Personen ein zumindest erhöhtes Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf nach einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 bestehen kann. Myasthenie-Patienten haben häufig Einschränkungen der Atemfunktion, die lebensbedrohlich verlaufen können. Zudem bestehen häufig weitere risikorelevante Begleiterkrankungen. Viele dieser Erkrankungen (z.B. COPD, Bluthochdruck, Diabetes mellitus) werden seitens der STIKO in den Risikomodellierungen als Vorerkrankungen mit moderatem Risiko berücksichtigt, jedoch nur einzeln. Patienten haben in der Realität jedoch häufig Kombinationen dieser Begleiterkrankungen, was in den Risikomodellen nicht berücksichtigt wurde.
Impfungen unter Immunsuppressiver Therapie
Myasthenie-Patienten müssen regelhaft immunsuppressiv behandelt werden. Da ohne immunsuppressive Therapie eine krisenhafte Verschlechterung drohen kann, wird im Sinne der Risiko-Nutzen-Bewertung auf Basis der vorhandenen Daten die (weiterführende) Behandlung mit immunsuppressiven Therapien empfohlen, mit einer Ausnahme. Ein Beginn bzw. eine erneute Therapie mit Rituximab sollte, sofern möglich, aufgeschoben werden. Bei schweren Verläufen der Myasthenie kann eine Fortsetzung der Rituximab-Therapie notwendig sein.
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Bei der Impfung unter immunsuppressiver Therapie sind für Rituximab und intravenösen Immunglobulinen (IVIG) folgende Besonderheiten zu beachten:
- Der Abstand der letzten Rituximab-Gabe sollte im Regelfall zur 1. Impfung (Impflatenz) drei Monate betragen, ggf. sollten immunologischen Parameter berücksichtigt werden. Die erneute Rituximab-Gabe sollte frühestens 4 Wochen nach der 2. Impfung erfolgen.
- Eine Therapie mit intravenösen Immunglobulinen (IVIG) sollte möglichst 4 Wochen vor der 1.Impfung und bis 4 Wochen nach der 2. Impfung pausiert werden, da keine Daten dazu verfügbar sind. Allerdings wird eine Impfung mittels der beiden mRNA-Impfstoffe unter Weiterführung der IVIG-Therapie für vertretbar gehalten, so dass, falls im Einzelfall notwendig, die IVIG-Therapie fortgeführt werden kann oder die Karenzzeiten bei Eintreten einer klinischen Verschlechterung der Myasthenie verkürzt werden kann. Auch für den Vektorvirus-Impfstoff von AstraZeneca ist dieses Vorgehen aus pathophysiologischen Überlegungen heraus möglich.
Grundsätzlich dienen diese Maßnahmen der Sicherung des Impferfolges gerade weil diese Patienten ein erhöhtes Infektionsrisiko haben und deshalb besonders vor Infektionen geschützt werden müssen. Hinzu kommt, dass Infektionen häufig zur Exazerbation der myasthenen Beschwerden führt, die mit lebensbedrohlichen Zuständen einhergehen kann.
Die verfügbaren Daten sprechen dafür, dass zumindest ein Teil der Myasthenie-Patienten ein vergleichsweise hohes Risiko für schwere Krankheitsverläufe im Zusammenhang mit COVID-19 haben. Daher sollte die Einstufung der Priorität von Patienten mit myasthenen Syndromen in Abhängigkeit der o.g. Faktoren individuell erfolgen. Insbesondere Patienten mit Beteiligung der Atemfunktion, die immunsupprimiert sind und/oder andere relevante Begleiterkrankungen haben, sollten der Gruppe mit mindestens hoher Priorität zugeordnet werden. Höchste Priorität sollten Patienten haben, die zusätzlich zu den o.g. Faktor mit Rituximab behandelt.
Weitere Impfempfehlungen bei Myasthenia Gravis
Patienten, bei denen die Myasthenia gravis mit immunsuppressiven Medikamenten behandelt wird, haben ein erhöhtes Infektionsrisiko, sodass gerade bei diesen Patienten der Schutz vor impfpräventablen Erkrankungen besonders groß ist. Grundsätzlich ergeben sich bei der Myasthenia gravis keine Abweichungen oder Besonderheiten bezüglich der Impfempfehlungen bei erworbener Immundefizienz der STIKO. Impfpräventable Infektionen können bei nicht-geimpften Personen mit Myasthenia gravis die Morbidität und Mortalität erhöhen.
Alle weiteren empfohlenen oder noch nicht durchgeführten STIKO-Impfungen sollten für einen optimalen Impferfolg mindestens 2, besser 4 Wochen vor Beginn einer immunsuppressiven Therapie abgeschlossen sein. Die Verabreichung von Lebendimpfstoffen ist unter Immunsuppression kontraindiziert, da die Immunantwort auf Lebendimpfstoffe derer auf den Wildtyp-Erreger ähnlich ist und dieser Erreger sich hier potenziell replizieren kann. Die Lebendimpfungen sollten daher mindestens vier Wochen vor Therapiebeginn abgeschlossen sein und dürfen in der Regel frühestens 3 - 6 Monate nach Beendigung der Therapie wieder angewendet werden.
Totimpfstoffe sind in der Regel gut verträglich und können grundsätzlich auch unter immunsuppressiver Medikation gegeben werden, da sie inaktive Erreger oder immunogene Bestandteile von Erregern enthalten und nicht infektiös sind. Das Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen der Impfung ist bei immunsupprimierten Patienten nicht erhöht. In Abhängigkeit des entsprechenden Medikaments ist hier allerdings mit einer verminderten Impfreaktion zu rechnen. Es kann sinnvoll sein, 4 - 8 Wochen nach Impfung eine serologische Kontrolle durchzuführen.
Die folgende Liste gibt einen Überblick über die Empfehlungen der aktuellen Myasthenie Leitlinie zu den Möglichkeiten der Impfungen bei Myasthenia gravis:
- Lebendimpfstoffe werden in der Regel nicht empfohlen, wohingegen Totimpfstoffe möglich sind.
- Zu den empfohlenen Indikationsimpfungen bei immunsuppressiver Therapie gehören zusätzlich Impfungen gegen Influenza, Pneumokokken, Meningokokken A, B, C, W135 und Y sowie Varizella Zoster.
- Die jährliche Influenza-Impfung soll mit einem Totimpfstoff durchgeführt werden, falls möglich 4 bis 6 Wochen vor der immunsuppressiven Therapie.
- Spätestens 2 Wochen vor Therapiebeginn sollte die Pneumokokken-Impfung mit dem 13-valenten Konjugat-Impfstoff (PCV13) gefolgt von dem 23-valenten Polysaccharid-Impfstoff (PPSV23) nach 6-12 Monaten durchgeführt worden sein.
- Vor Beginn einer Immunsuppression sollte der VZV-Titer einmalig überprüft werden. Bei seronegativen Patienten sollte dann eine Grundimmunisierung erfolgen, welche durch einen Lebendimpfstoff (Zostavax®) erreicht wird und daher zwingend vor Therapiebeginn durchzuführen ist.
- Eine Besonderheit bei der Myasthenia gravis stellt die Impfung gegen Meningokokken dar. Bestimmte Immuntherapeutika die das Komplementsystem inhibieren (Eculizumab / Ravulizumab) gehen mit einem um das 1000-fach erhöhten Risiko einer Meningokokken-Infektion einher, sodass hier eine Meningokokkenimpfung gegen die Serogruppen A, C, Y und W135 (1 x Menveo®) und B (2 x Bexsero® im Abstand von vier Wochen) vor Beginn einer Therapie zwingend erforderlich ist. Wenn eine Impfung oder ein sicherer Impferfolg aufgrund der Krankheitsaktivität nicht abgewartet werden kann, sollte eine prophylaktische Antibiotikatherapie zusätzlich zur Impfung begonnen werden. Vor einer Therapie mit Rituximab ist eine Meningokokkenimpfung zwar nicht zwingend erforderlich, wird aber aufgrund der Möglichkeit eines Therapiewechsels auf Komplementinhibitoren bei fehlendem Ansprechen trotzdem empfohlen.
- Bei Rituximab-Therapie sollen Impfungen einen Monat vor einer geplanten Gabe erfolgen oder mindestens einen Monat nach Rituximab-Therapie bzw. Patienten unter 18 Jahren wird außerdem eine Impfung gegen Haemophilus influenzae empfohlen.
VaxIT-Studie zur Immunantwort bei Myasthenia Gravis
Die VaxIT-Studie zielt darauf ab, die Immunantwort auf eine SARS-CoV-2-Impfung bei Patientinnen und Patienten mit Myasthenia gravis (MG) unter Therapie mit neuartigen immunmodulatorischen Medikamenten zu untersuchen. Dazu soll die Impfantwort durch Blutentnahme vor und nach der Impfung verglichen werden.
Insbesondere durch Immunsuppressiva sind Patientinnen mit MG besonders gefährdet für schwerwiegende Verläufe von Infektionserkrankungen, bspw. SARS-COV-2, weswegen ein ausreichender Impfschutz bei diesen Patientinnen in der klinischen Routine besonders beachtet werden sollte.
Nach aktueller Studienlage, führten die durchgeführten Impfungen i.d. Regel nicht zu einer Verschlechterung der MG. Grundsätzlich besteht bei Infektionserkrankungen jedoch ein Risiko der Verschlechterung der Myasthenie, sodass die Betroffenen besonders geschützt sein sollten.
Untersuchungen konnten eine reduzierte humorale Immunantwort bis zu 2 Monate nach Impfung in Patientinnen mit Myasthenia gravis im Vergleich zu gesunden Kontrollen bzw. MG-Patientinnen ohne Immunsuppression zeigen. Aufgrund der Vielzahl moderner Therapien sind die Auswirkungen auf die Impfantwort unter diesen immunmodulatorischen Therapeutika bisher nicht ausreichend untersucht.
Die Impfantwort wird durch den Vergleich des SARS-CoV-2-Spike-Protein-Antikörperstatus vor der Impfung und zwei Wochen nach der Impfung untersucht. Ergänzend erfolgt eine umfassende Analyse des Immunstatus, die die Bestimmung des Gesamt-IgG, der Hepatitis-B-Serologie sowie des Impfstatus gegen Masern, Mumps und Röteln (MMR) umfasst.
Empfehlungen für Auffrischimpfungen
Allen Menschen ab dem 18. Lebensjahr wird generell eine Basisimmunität empfohlen. Eine Basisimmunität wird durch insgesamt 3 Antigenkontakte (Impfungen und/oder eine Infektion) erreicht. Dabei sollten zwei der 3 Kontakte hinsichtlich Schutz gegenüber dem Corona-Virus als Impfung erfolgen. Gesunde unter 60 Jahren benötigen keine weiteren Auffrischimpfungen.
Von der STIKO werden daher für diese Gruppe weitere jährliche Auffrischimpfungen mit einem angepassten Impfstoff empfohlen, wenn die letzte Impfung oder Infektion mindestens 12 Monate zurückliegt. Wir empfehlen eine jährliche Auffrischimpfung für Menschen mit einer generalisierten Myasthenia gravis (oder einem anderen myasthenen Syndrom). Die Auffrischung sollte mit den angepassten RNA- oder Proteinimpfstoff erfolgen, wenn die letzte Impfung oder Infektion länger als 12 Monate zurückliegt, es sollte möglichst im Herbst geimpft werden.
Die Covid-19-Auffrischimpfung kann auch zeitgleich mit der Grippeimpfung verabreicht werden, ein zeitlicher Abstand ist hier nicht notwendig, kann jedoch in Ausnahmefällen bei Patienten überdacht werden, die die Impfungen bisher schlecht vertragen haben.
Bei Patienten mit Rituximab-Therapie sollte die Auffrischimpfung möglichst spät nach der letzten Rituximab-Gabe und die nächste Rituximab-Gabe in der Regel frühestens vier Wochen nach der Auffrischimpfung erfolgen.
Fallbeispiel: Impfschaden nach COVID-19-Impfung
Vor dem Wuppertaler Landgericht klagt eine 19-jährige Frau aus Solingen, die nach einer Corona-Schutzimpfung 2021 an einer seltenen Autoimmunerkrankung, Myasthenia Gravis, erkrankt ist und seitdem auf den Rollstuhl angewiesen ist. Sie verklagt BionTech auf Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 500.000 Euro. Dieser Fall verdeutlicht die potenziellen Risiken, die mit Impfungen verbunden sein können, auch wenn solche Fälle sehr selten sind.
Fazit
Zusammenfassend ist die frühestmögliche Schutzimpfung gegen COVID-19 für die Myasthenie-Patienten dringend zu empfehlen. Myasthenie-Patienten gelten nach Einschätzung des Ärztlichen Beirats als Risikogruppen, die prioritär mit der Schutzimpfung bedacht werden sollten, insbesondere Patientinnen und Patienten mit Beteiligung der Atemfunktion, die immunsupprimiert sind und/oder andere relevante Begleiterkrankungen haben. Es ist wichtig, dass Patienten sich umfassend von ihrem behandelnden Arzt beraten lassen und die individuellen Risiken und Vorteile einer Impfung abwägen.
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