Myasthenia Gravis Selbsthilfegruppen in Deutschland: Unterstützung und Information für Betroffene

Myasthenia gravis ist eine seltene Autoimmunerkrankung, bei der die Übertragung von Nervenimpulsen zu den Muskeln gestört ist. Dies führt zu einer belastungsabhängigen Muskelschwäche, die sich im Laufe des Tages verstärken kann. Die Deutsche Myasthenie Gesellschaft (DMG) wurde 1986 von Betroffenen gegründet und ist mit etwa 3400 Mitgliedern Europas größte Selbsthilfegruppe für Menschen mit Myasthenie. Die DMG bietet Betroffenen, Angehörigen, Ärzten und Therapeuten eine wichtige Anlaufstelle für Informationen, Austausch und Unterstützung.

Was ist Myasthenia gravis?

Myasthenia gravis ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem fälschlicherweise körpereigene Rezeptoren angreift, insbesondere die Acetylcholinrezeptoren an den Muskeln. Diese Rezeptoren sind für die Übertragung von Nervenimpulsen auf die Muskeln verantwortlich. Durch die Blockierung oder Zerstörung dieser Rezeptoren wird die Signalübertragung gestört, was zu einer Muskelschwäche führt.

Die Symptome der Myasthenia gravis können vielfältig sein und variieren von Person zu Person. Häufige Symptome sind:

  • Doppelbilder und hängende Augenlider (Ptosis)
  • Schwierigkeiten beim Sprechen, Kauen und Schlucken
  • Schwäche in Armen und Beinen
  • Atembeschwerden
  • Ermüdbarkeit

Die Symptome verstärken sich typischerweise bei körperlicher Anstrengung und können im Tagesverlauf zunehmen. Verlauf und Schweregrad der Erkrankung sind bei den Patient*innen individuell sehr unterschiedlich.

Die Rolle der Deutschen Myasthenie Gesellschaft (DMG)

Die Deutsche Myasthenie Gesellschaft (DMG) spielt eine zentrale Rolle bei der Unterstützung von Menschen mit Myasthenia gravis und der Förderung des Verständnisses für diese seltene Erkrankung. Zu den wichtigsten Aufgaben und Zielen des Vereins gehören:

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  • Aufklärungs- und Öffentlichkeitsarbeit: Die DMG klärt über Myasthenia gravis, das Lambert-Eaton-Myasthenie-Syndrom (LEMS), kongenitale myasthene Syndrome (CMS) und Myasthenie bei Kindern auf. Ziel ist es, die Öffentlichkeit und insbesondere Ärzte auf diese seltenen Erkrankungen aufmerksam zu machen, um eine schnellere Diagnosestellung zu ermöglichen.
  • Information und Beratung: Die DMG bietet Betroffenen und ihren Angehörigen umfassende Informationen zu allen Aspekten der Myasthenia gravis, von der Diagnose über die Behandlung bis hin zum Leben mit der Erkrankung. Die DMG verfügt über viele Informationsbroschüren für Betroffene, deren Angehörige und auch für behandelnde Ärzt*innen und Kliniken.
  • Selbsthilfe und Austausch: Die DMG fördert den Austausch und die Vernetzung von Menschen mit Myasthenia gravis durch Regionalgruppen, Treffen und Veranstaltungen. Diese bieten eine Plattform für den Erfahrungsaustausch, die gegenseitige Unterstützung und die Bewältigung der emotionalen und praktischen Herausforderungen, die mit der Erkrankung verbunden sind.
  • Förderung der Forschung: Die DMG unterstützt Forschungsprojekte im Bereich der Myasthenia gravis, um das Verständnis der Erkrankung zu verbessern und neue Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Ein ärztlicher Beirat, dem hochqualifizierte Wissenschaftlerinnen und Ärztinnen angehören, unterstützt die Deutsche Myasthenie Gesellschaft in ihrer Arbeit. Dieser initiiert Forschungsprojekte und berichtet über deren Ergebnisse.
  • Zertifizierung von Myasthenie-Zentren: Seit 2010 zertifiziert die DMG integrierte Myasthenie-Zentren (iMZ) in Krankenhäusern, um die medizinische Behandlung und Versorgung der Betroffenen qualitativ und bundesweit kontinuierlich zu verbessern. Inzwischen gibt es 17 Myasthenie-Zentren in Deutschland.

Angebote und Aktivitäten der DMG

Die DMG bietet eine Vielzahl von Angeboten und Aktivitäten für Menschen mit Myasthenia gravis und ihre Angehörigen:

  • Regionalgruppen: Der Bundesverband wird in seiner Arbeit von aktuell 36 flächendeckend arbeitenden Regionalgruppen unterstützt. Alle Ansprechpartner*innen arbeiten ehrenamtlich und sind meist selbst Betroffene. Die Regionalgruppen organisieren regelmäßige Treffen, Vorträge und Veranstaltungen in verschiedenen Regionen Deutschlands. Diese Treffen bieten eine Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch, zur gegenseitigen Unterstützung und zur Information über aktuelle Entwicklungen in der Behandlung und Forschung der Myasthenia gravis.
  • DMG-Aktuell: Seit 1987 verfügt der Verein über eine eigene Vereinszeitung, die „DMG-Aktuell“. Diese Zeitschrift informiert über aktuelle Themen rund um die Myasthenia gravis, berichtet über Forschungsergebnisse und gibt Tipps für den Alltag mit der Erkrankung.
  • Wissenschaftliches Symposium: Einmal im Jahr findet das Wissenschaftliche Symposium der DMG statt, an dem sowohl Ärzt*innen, als auch Betroffene und Interessierte teilnehmen können. Dieses Symposium bietet eine Plattform für den Austausch von wissenschaftlichen Erkenntnissen und praktischen Erfahrungen im Bereich der Myasthenia gravis.
  • Online-Shop: Die DMG betreibt einen Online-Shop, in dem Informationsmaterialien, Broschüren und andere Produkte rund um die Myasthenia gravis erhältlich sind.
  • Myasthenie-Register: Mit dem bisher wichtigsten und größten Projekt wurde 2018 begonnen: Ein bundesweites Myasthenie-Register.

Die Bedeutung von Selbsthilfegruppen

Selbsthilfegruppen spielen eine wichtige Rolle bei der Bewältigung chronischer Erkrankungen wie Myasthenia gravis. Sie bieten Betroffenen die Möglichkeit, sich mit anderen Menschen auszutauschen, die ähnliche Erfahrungen machen. In den Gruppen können Betroffene:

  • Informationen und Erfahrungen austauschen
  • Sich gegenseitig unterstützen und Mut zusprechen
  • Strategien zur Bewältigung der Erkrankung entwickeln
  • Sich emotional entlasten
  • Neue Kontakte knüpfen

Die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe kann dazu beitragen, die Lebensqualität von Menschen mit Myasthenia gravis zu verbessern und ihnen zu helfen, ein aktives und selbstbestimmtes Leben zu führen. Abgesehen davon sollten Menschen mit Myasthenia gravis versuchen, ihre Erkrankung auch psychisch zu bewältigen. Da kann neben professioneller psychologischer Hilfe auch beispielsweise eine Selbsthilfegruppe helfen.

Leben mit Myasthenia gravis: Tipps und Empfehlungen

Obwohl Myasthenia gravis eine chronische Erkrankung ist, können Betroffene selbst einiges tun, um ihre Beschwerden bestmöglich in den Griff zu bekommen und ihre Lebensqualität zu verbessern. Hier sind einige Tipps und Empfehlungen:

  • Informieren Sie sich umfassend über die Erkrankung: Je besser Sie über Myasthenia gravis Bescheid wissen, desto besser können Sie Ihre Erkrankung verstehen und aktiv an Ihrer Behandlung mitwirken.
  • Suchen Sie sich einen Spezialisten: Wichtig ist dabei, dass sie sich über die Krankheit und die Behandlungsmöglichkeiten gut informieren und sich einen Spezialisten suchen, beispielsweise in einem integrierten Myasthenie-Zentrum, der Erfahrung in der Therapie dieser seltenen Erkrankung hat. Zusätzlich sollten sie einen guten niedergelassenen Neurologen und einen zuverlässigen Hausarzt haben.
  • Seien Sie therapietreu: Wenn die Behandlung gut wirkt, wenden sie die meisten Patienten auch regelmäßig an. Ein Problem sind hier viel häufiger die nötigen Laboruntersuchungen bei Arzneimitteln, die das Immunsystem unterdrücken, den Immunsuppressiva.
  • Dokumentieren Sie Ihren Krankheitsverlauf: Je besser ein Patient seinen Krankheitsverlauf schildern kann, umso besser ist die Grundlage für unsere jeweilige Therapieentscheidung. Der sogenannte Myasthenia Gravis Activities of Daily Living-Fragebogen, kurz MG-ADL, ist wissenschaftlich anerkannt und ermöglicht es dir, einen langfristigen Überblick über deinen Krankheitsverlauf zu erhalten.
  • Achten Sie auf Ihren Lebensstil: Eine gesunde Ernährung, ausreichend Schlaf und regelmäßige Bewegung können dazu beitragen, Ihre Symptome zu lindern und Ihr Wohlbefinden zu verbessern. Im Gegensatz zu früher raten wir unseren Patienten heute außerdem, aktiv zu bleiben. Eine gute Mischung aus Muskelaufbau und Kardiotraining ist auf jeden Fall sinnvoll. Menschen mit Myasthenia gravis sollten dabei nicht bis an die Belastungsgrenze trainieren, sondern etwas davor aufhören. Sollte es ein Patient einmal übertreiben, passiert zum Glück nichts Schlimmes, aber er kann beim nächsten Mal besser einschätzen, wie weit er gehen kann. Manchen hilft es auch, sich eine Physiotherapie verschreiben zu lassen.
  • Nehmen Sie an Vorsorgeuntersuchungen teil: Ich rate zudem Betroffenen, die allgemein empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen wirklich planmäßig in Anspruch zu nehmen. Bei Anwendung von Immunsuppressiva ist zudem ein konsequenter UV-Schutz wichtig.
  • Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über mögliche Hilfsmittel: Wenn die Myasthenia gravis zu Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz führt, kann zudem ein Gespräch mit dem Betriebsarzt sinnvoll sein. Für manche Betroffene ist beispielsweise der Wechsel von einer normalen Computer-Maus auf eine Rollmaus eine große Hilfe. Bei Kopfhalteschwäche kann eine Kopfstütze helfen und bei Doppelbildern Prismenbrillen.
  • Vermeiden Sie Stress: Stress kann die Symptome der Myasthenia gravis verstärken. Versuchen Sie, Stress zu reduzieren, indem Sie Entspannungstechniken wie Yoga, Meditation oder progressive Muskelentspannung anwenden.
  • Seien Sie geduldig: Der Krankheitsverlauf im Einzelfall ist nicht immer vorhersagbar. Autoimmunerkrankungen können manchmal ein paar Jahre stärkere Beschwerden verursachen und sich dann wieder beruhigen. Nach meiner Erfahrung kann etwa ein Drittel der Betroffenen ein fast komplett oder komplett normales Leben führen, ein weiteres Drittel hat Einschränkungen, mit denen die Patienten gut leben können. Und ungefähr ein Drittel leidet unter schweren Einbußen.

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