Epileptische Anfälle und Schlafstörungen stehen in einer komplexen Wechselbeziehung. Epilepsie kann Schlafstörungen verursachen und umgekehrt können Schlafstörungen die Häufigkeit epileptischer Anfälle erhöhen. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen und Mechanismen dieser Zusammenhänge, um ein umfassendes Verständnis der Thematik zu ermöglichen.
Einführung
Epilepsie, definiert durch wiederholte spontane Krampfanfälle, betrifft etwa jeden hundertsten Menschen. Ein einzelner Krampfanfall ist noch keine Epilepsie, sondern ein Symptom. Gelegenheitsanfälle können durch Fieber im Kindesalter oder Alkoholentzug im Erwachsenenalter ausgelöst werden. Die Ursachen für Epilepsie sind vielfältig und oft unklar, wobei genetische Faktoren und Hirnschädigungen eine Rolle spielen können.
Schlaf und Epilepsie: Eine wechselseitige Beziehung
Schlaf und epileptische Aktivität beeinflussen sich gegenseitig auf komplexe Weise. Einerseits kann Epilepsie Schlafstörungen verursachen, indem sie die Schlafarchitektur über die postiktale Phase hinaus stört, was zu Tagesmüdigkeit und Gedächtnisstörungen führt. Andererseits können Schlafstörungen die Häufigkeit epileptischer Anfälle erhöhen.
Die Auswirkungen von Epilepsie auf den Schlaf
Epileptische Anfälle, insbesondere nächtliche Anfälle, können die normale Schlafstruktur stören und zu einer Fragmentierung des Schlafs führen. Dies kann zu einer verminderten Gedächtniskonsolidierung führen, da das Durchlaufen der Schlafstadien für diesen Prozess wichtig ist.
Fallbeispiel: Eine 22-jährige Patientin, die gelegentlich in einem "durchwühlten" Bett aufwachte und über Tagesmüdigkeit klagte, erlitt eines Morgens einen Zungenbiss, was den Verdacht auf Epilepsie lenkte. Obwohl ein EEG normal war, verstarb sie an einem "sudden unexpected death in epilepsy" (SUDEP) infolge eines weiteren nächtlichen Anfalls. Die Autopsie ergab eine fokale kortikale Dysplasie (FCD).
Lesen Sie auch: Hüft-TEP und Nervenschmerzen
Der Einfluss von Schlafstörungen auf Epilepsie
Schlafstörungen können die Anfallshäufigkeit erhöhen. Ein unregelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus, wie er beispielsweise am Wochenende auftritt, kann bei einigen Epileptikern am nächsten Morgen einen Anfall auslösen. Auch Alkoholkonsum am Abend und eine verspätete Medikamenteneinnahme können diese Effekte verstärken.
Formen der schlafgebundenen Epilepsie
Einige Epilepsieformen manifestieren sich vorwiegend im Schlaf. Dazu gehören unter anderem:
- Nokturnale Frontallappenanfälle: Diese können als Folge von Migrationsstörungen und FCD mit hypermotorischen Anfällen auftreten.
- Aufwach-Grand-Mal-Epilepsie: Hier treten die generalisierten tonisch-klonischen Anfälle vorwiegend in den ersten zwei Stunden nach dem Aufwachen oder in den frühen Abendstunden auf.
- Rolando-Epilepsie: Eine bei Kindern häufige Form, bei der die Anfälle vornehmlich im Schlaf auftreten.
Diagnostik
Die Diagnose von Epilepsie, insbesondere wenn sie sich durch nächtliche Anfälle manifestiert, erfordert eine sorgfältige Anamnese und neurologische Untersuchung. Wichtig sind:
- EEG (Elektroenzephalogramm): Um die Hirnaktivität zu messen und epilepsietypische Potenziale zu erfassen. Ein Schlaf-EEG oder ein EEG nach Schlafentzug kann die diagnostische Ausbeute erhöhen.
- MRT (Magnetresonanztomographie): Um strukturelle Ursachen wie FCD auszuschließen.
- Video-EEG-Monitoring: Um Anfälle aufzuzeichnen und zu analysieren.
- Labordiagnostik: Prolaktin- und Kreatinkinase-Bestimmung können bei der Diagnose helfen.
Therapie
Die Behandlung von Epilepsie zielt darauf ab, Anfälle zu verhindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Die Therapieoptionen umfassen:
- Antiepileptika: Medikamente, die die Erregbarkeit der Nervenzellen reduzieren. Es stehen verschiedene Wirkstoffgruppen zur Verfügung, die je nach Epilepsieform und Krankheitsverlauf eingesetzt werden.
- Chirurgische Eingriffe: Bei fokalen Anfällen kann die operative Entfernung des Anfallsursprungs in Betracht gezogen werden.
- Vagusnerv-Stimulation: Ein Schrittmacher, der elektrische Impulse an den Vagusnerv abgibt, soll die Überaktivität der Nervenzellen hemmen.
- Psychotherapie: Kann helfen, mit den Folgen der Erkrankung umzugehen und die Lebensqualität zu verbessern.
Schlafentzug und Epilepsie
Schlafentzug kann die kortikale Erregbarkeit erhöhen und bei Menschen mit Epilepsie Anfälle auslösen. Dies liegt daran, dass Schlafmangel die Schlafstruktur destabilisiert und die Aktivität epilepsietypischer Potenziale im EEG erhöht.
Lesen Sie auch: Rehabilitation bei Gesichtsfeldausfall
Die Rolle des NREM-Schlafs
Im NREM-Schlaf (Non-Rapid Eye Movement) kommt es zu einer Drosselung cholinerger Efferenzen zum Thalamus, was zu einer Entfesselung der kortikalen Eigenaktivität führt. In diesem Milieu sind die Genese und Propagation epileptischer Aktivität erleichtert.
Der REM-Schlaf als Schutzfaktor?
Im REM-Schlaf hingegen kommt es zu einer Aktivierung des Thalamus und einer Drosselung der kortikalen Eigenrhythmen, was die Entstehung von Anfällen erschwert. Allerdings finden sich epileptische Aktivität und deren Ausbreitung oder Generalisierung im REM-Schlaf darüber hinaus sogar noch seltener als im Wachen.
Bedeutung eines regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus
Für Epilepsie-Patienten ist ein sehr geregelter Schlaf von großer Wichtigkeit. Bereits ein um wenige Stunden nach hinten verlegtes Einschlafen kann bei einigen Epileptikern am nächsten Morgen einen Anfall auslösen. Abweichungen vom gewohnten Schlaf-Wach-Rhythmus sollten so selten wie möglich vorkommen, wobei die Schwankungen bei höchstens einer bis zwei Stunden liegen sollten.
Erste Hilfe bei einem epileptischen Anfall
Bei einem epileptischen Anfall ist es am wichtigsten, dass Helfer Ruhe bewahren und Betroffene vor Verletzungen schützen. Dauert der Anfall länger als fünf Minuten an oder treten mehrere Anfälle kurz hintereinander auf, sollte der Rettungsdienst (Notruf 112) informiert werden.
Lesen Sie auch: Was Sie über epileptische Anfälle nach Hirnblutungen wissen sollten
tags: #schlafen #nach #epileptischen #Anfall #Ursachen