Nächtliche Unruhe bei Demenz: Ursachen und Behandlungsansätze

Schlafstörungen stellen eine der größten Herausforderungen in der Betreuung von Menschen mit Demenz dar. Wenn Betroffene nachts wach sind, rufen oder unruhig umherwandern, beeinträchtigt dies nicht nur ihren eigenen Schlaf, sondern auch den der Angehörigen erheblich. Viele Pflegende berichten von häufigen Unterbrechungen ihres Nachtschlafs oder einem Gefühl ständiger Alarmbereitschaft, was langfristig gesundheitliche Folgen haben kann.

Ursachen nächtlicher Unruhe bei Demenz

Die Ursachen für Schlafstörungen bei Demenz sind vielfältig. Eine zentrale Rolle spielt die Beeinträchtigung des Gehirns durch die Erkrankung.

Störung des Tag-Nacht-Rhythmus

Schlaf und Wachsein werden vom Gehirn gesteuert. Bei Demenzerkrankungen wie Alzheimer ist häufig schon früh der Bereich im Gehirn betroffen, der den Tag-Nacht-Rhythmus reguliert. Dies führt dazu, dass die innere Uhr aus dem Takt gerät und das Gefühl für die Tageszeit verloren geht. Betroffene können dann Tag und Nacht nicht mehr richtig unterscheiden. Das Zeitgefühl der Betroffenen leidet unter dem Krankheitsbild, was dazu führt, dass sie Tag und Nacht nicht mehr unterscheiden können. Die innere Uhr, die sich im Gehirn befindet und aus Nervenzellen besteht, funktioniert bei einer Alzheimer-Demenz nicht mehr richtig.

Sundowning

Ein weiteres Phänomen ist das sogenannte "Sundowning", eine Phase am frühen Abend, in der viele Menschen mit Demenz unruhiger werden. Sie wirken dann häufig verwirrt, ängstlich oder gereizt und beginnen manchmal unruhig umherzulaufen.

Mangel an Tagesaktivitäten

Ein Mangel an Tagesaktivitäten kann ebenfalls zu nächtlicher Unruhe beitragen. Fehlende körperliche Auslastung, Unterforderung und zu wenig Aktivität tagsüber tragen maßgeblich zu diesem Problem bei. Wenn Betroffene tagsüber nicht ausreichend beschäftigt sind, dösen sie oft vor sich hin und verfallen in Tiefschlafphasen.

Lesen Sie auch: Wie man nächtlichen Wadenkrämpfen bei Diabetes vorbeugen kann

Medikamente

Auch Medikamente können einen Einfluss auf die nächtliche Unruhe bei Demenz haben. Einige Medikamente können den Schlaf beeinflussen und zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. Die gleichzeitige Einnahme mehrerer Medikamente, auch als Polypharmazie bekannt, ist besonders problematisch. Mehr als die Hälfte der über 70-Jährigen nimmt regelmäßig fünf oder mehr Medikamente ein. Es ist wichtig, dass Ärzte die Medikation sorgfältig überprüfen und gegebenenfalls anpassen. Medikamente, die die Demenz möglicherweise verstärken, wie z.B. Beruhigungsmittel, sowie Medikamente, die sich auf die Gehirnfunktion auswirken, sollten nach Möglichkeit abgesetzt werden.

Auswirkungen von Schlafstörungen bei Demenz

Nächtliche Unruhe bei Demenz hat weitreichende Folgen für die Betroffenen und ihre Angehörigen.

Beeinträchtigung des Schlafs

Menschen mit Demenz, die unter nächtlicher Unruhe leiden, können oft nicht ausreichend schlafen. Sie wachen häufig auf, sind nachts aktiv und finden keinen erholsamen Schlaf. Tagsüber sind sie meist erschöpft, dösen ein und sind gerädert.

Belastung für Angehörige

Für pflegende Angehörige ist die Situation nicht minder belastend. Sie können oft selbst nicht durchschlafen, da sie ein wachsames Ohr für die Bedürfnisse des Demenzerkrankten haben müssen. Viele Angehörige leiden unter Schlafproblemen, die über einen längeren Zeitraum anhalten.

Erhöhtes Sturzrisiko

Die nächtliche Unruhe bei Demenz geht mit einem erhöhten Sturzrisiko einher. Wenn Betroffene nachts umherwandern, besteht aufgrund ihrer Orientierungslosigkeit und möglicher körperlicher Einschränkungen eine große Gefahr für Unfälle und Verletzungen. Besonders problematisch ist die Situation, wenn Betroffene Medikamente einnehmen, die Nebenwirkungen wie Benommenheit oder Schwindel verursachen. Dies erhöht die Sturzgefahr weiter, insbesondere in den frühen Morgenstunden.

Lesen Sie auch: Nächtliche Wadenkrämpfe: Ein Ratgeber für Eltern

Herausforderungen in der Betreuung

Die Betreuung von Menschen mit Demenz, die unter nächtlicher Unruhe leiden, stellt eine enorme Herausforderung für pflegende Angehörige dar. Der gestörte Tag-Nacht-Rhythmus führt dazu, dass Angehörige oft rund um die Uhr gefordert sind. Viele Angehörige fühlen sich erschöpft und gereizt, was sich negativ auf die Betreuungssituation auswirken kann. Der soziale Rückzug und Schwierigkeiten bei der Bewältigung des Alltags sind häufige Folgen. Es ist wichtig, dass pflegende Angehörige auf ihre eigene Gesundheit achten und sich Unterstützung suchen.

Strategien zur Verbesserung des Nachtschlafs

Um den Nachtschlaf bei Menschen mit Demenz zu verbessern, gibt es verschiedene Strategien, die Angehörige und Pflegende anwenden können.

Strukturierte Tagesgestaltung

Eine gut strukturierte Tagesgestaltung hat einen großen Einfluss auf die Nachtruhe von Menschen mit Demenz. Es ist wichtig, tagsüber für ausreichend Aktivität zu sorgen, um die nächtliche Müdigkeit zu steigern. Regelmäßige körperliche Betätigung, vorzugsweise an der frischen Luft, kann dazu beitragen, den Schlaf-Wach-Rhythmus zu stabilisieren. Bewegungsmangel ist einer der wichtigsten beeinflussbaren Risikofaktoren für eine Demenz. Theoretisch kann rund jeder fünfte Alzheimer-Fall auf körperliche Inaktivität zurückgeführt werden. Zusätzlich verbringen Betroffene oft zu viel Zeit in geschlossenen Räumen unter künstlicher Beleuchtung.

Neben der körperlichen Aktivität ist auch die geistige Stimulation von Bedeutung. Beschäftigungsangebote wie gemeinsames Kochen, Spielen oder einfache Haushaltsaufgaben geben dem Tag Struktur und fördern einen gesunden Schlaf. Es ist ratsam, längere Nickerchen am Tag zu vermeiden, da diese den nächtlichen Schlaf beeinträchtigen können.

Angenehme Schlafumgebung

Die Gestaltung einer angenehmen Schlafumgebung ist entscheidend für einen erholsamen Nachtschlaf. Das Schlafzimmer sollte gut abgedunkelt sein, um die Produktion des Schlafhormons Melatonin zu fördern. Allerdings ist bei Menschen mit Demenz eine totale Finsternis nicht empfehlenswert, da dies zu Orientierungslosigkeit und Angstzuständen führen kann. Ein sanftes Nachtlicht kann zusätzlich helfen, Orientierung zu bieten, ohne den Schlaf zu beeinträchtigen. Die Raumtemperatur sollte angenehm sein, wobei die individuellen Bedürfnisse zu berücksichtigen sind. Kalte Füße können den Schlaf beeinträchtigen, daher kann ein Wärmekissen hilfreich sein. Es ist wichtig, das Schlafzimmer so ruhig wie möglich zu gestalten und neue Geräuschquellen zu vermeiden.

Lesen Sie auch: Wadenkrämpfe in der Nacht: Ein Überblick

Feste Abendroutinen

Feste Abendroutinen können Menschen mit Demenz helfen, sich auf die Nachtruhe vorzubereiten. Beruhigende Aktivitäten wie Vorlesen, sanfte Musik hören oder leichte Entspannungsübungen können den Körper auf den Schlaf einstimmen. Eine kleine Zwischenmahlzeit vor dem Schlafengehen kann hilfreich sein, um nächtlichen Hunger zu vermeiden. Dabei sollten fett- und eiweißreiche Snacks wie fetter Quark, Joghurt ohne Zucker oder Vollkornbrot mit Käse bevorzugt werden. Aromapflege kann ebenfalls zur Entspannung beitragen.

Unterstützung durch Ärzte und Pflegedienste

Bei der Bewältigung der nächtlichen Unruhe bei Demenz spielen Ärzte und Pflegedienste eine wichtige Rolle. Sie können wertvolle Unterstützung und Beratung bieten, um den Tag-Nacht-Rhythmus wiederherzustellen und den Umgang mit Demenzkranken zu erleichtern. Ambulante Pflegedienste leisten einen unverzichtbaren Beitrag dazu, dass Menschen mit Demenz weiterhin zu Hause leben können. Sie bieten Hilfen im Haushalt sowie bei der Grundpflege an. Die Kosten dafür werden in erster Linie von der Pflegekasse übernommen, wobei je nach Umfang des Pflegebedarfs eine Zuzahlung erforderlich sein kann.

Hilfsmittel

Um die nächtliche Unruhe bei Demenz zu reduzieren und die Sicherheit der Betroffenen zu erhöhen, können verschiedene Hilfsmittel eingesetzt werden. Diese tragen dazu bei, die Selbstbestimmung und Lebensqualität von Menschen mit Demenz zu verbessern. Bei der Auswahl der richtigen Hilfsmittel können Fachkräfte, Ergotherapeuten oder Mitglieder einer Angehörigengruppe beraten.

Entlastung für pflegende Angehörige

Die Pflege und Betreuung von Menschen mit Demenz, insbesondere wenn sie unter nächtlicher Unruhe leiden, kann für Angehörige sehr belastend sein. Viele dieser Angebote können zumindest teilweise aus Leistungen der Pflegeversicherung finanziert werden.

Medikamentöse Behandlung

Medikamente zur Beruhigung sollten nur gezielt und nach Rücksprache mit Ärztin oder Arzt eingesetzt werden, da sie Risiken wie Stürze oder zusätzliche Verwirrtheit mit sich bringen können. Neuroleptika können beruhigend und antipsychotisch wirken und werden bei Alzheimer-Patienten gegen Verhaltensweisen wie Wutausbrüche, Halluzinationen und Wahnvorstellungen eingesetzt. Benzodiazepine sind eine häufig verwendete Gruppe von Beruhigungsmitteln bei Menschen mit Demenz, die nachts umherwandern oder zu Aggressivität neigen.

Greifen solche herkömmlichen Maßnahmen nicht, kann eine Therapie mit künstlichen Lichtbädern oder auch dem Medikament Melatonin versucht werden. Hierbei handelt es sich um ein Hormon, das den Tag-Nacht-Rhythmus des Menschen steuert und auch als Schlafmittel eingesetzt werden kann. Nur in sehr schweren Fällen mit ausgeprägter Unruhe und Agitiertheit sollten Neuroleptika eingesetzt werden.

Praktische Tipps für den Alltag

  • Tageslicht nutzen: Wer morgens am Fenster frühstückt oder kurz an die frische Luft geht, hilft dem Gehirn, sich zeitlich zu orientieren. Im Winter kann eine Tageslichtlampe helfen.
  • Bewegung: Bewegung hilft - am besten draußen und zu festen Zeiten. Sie baut Spannungen ab und macht abends müde.
  • Schlaf am Tag vermeiden: Ein Mittagsschlaf kann guttun, sollte aber 30 Minuten nicht überschreiten, da er sonst die innere Uhr zusätzlich durcheinanderbringt und den Nachtschlaf erschwert.
  • Ruhiger Ausklang des Tages: Keine Reizüberflutung am Abend. Laute Fernsehsendungen, hektische Gespräche oder zu helles Licht sollten vermieden werden. Stattdessen helfen feste Routinen dabei, Sicherheit zu geben. Ein Tee, leise Musik, eine kleine Geschichte oder einfach gemeinsames Zähneputzen können Signale dafür sein, dass jetzt die Nacht beginnt.
  • Nachts ruhig bleiben: Wenn nachts dennoch Unruhe aufkommt, hilft es, ruhig zu bleiben. Den Tag am besten ruhig ausklingen lassen.
  • Körperliche Ursachen abklären: Eine ärztliche Abklärung kann helfen, körperliche Ursachen wie Schmerzen, Infekte oder Nebenwirkungen von Medikamenten zu erkennen und gezielt zu behandeln.

tags: #nachtliche #unruhe #bei #demenz #ursachen #und