Nahrungsergänzungsmittel nach Schlaganfall: Aktuelle Studien und Erkenntnisse

Die Frage, ob Nahrungsergänzungsmittel nach einem Schlaganfall oder zur Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sinnvoll sind, ist Gegenstand zahlreicher Studien. Die Ergebnisse sind oft widersprüchlich und führen zu Kontroversen in der medizinischen Fachwelt und unter Verbrauchern. Dieser Artikel fasst die aktuellen Erkenntnisse aus verschiedenen Studien zusammen und gibt einen Überblick über die potenziellen Vor- und Nachteile der Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln im Zusammenhang mit Schlaganfällen.

Einführung

Nahrungsergänzungsmittel sind weit verbreitet, und viele Menschen nehmen sie ein, um ihre Gesundheit zu fördern oder bestimmten Krankheiten vorzubeugen. Jedoch zeigen Metaanalysen, dass diese Mittel nicht das Risiko vermindern, an einem Hirninfarkt oder einer Herzkrankheit zu sterben. Die Deutsche Gesellschaft für Neurologie (DGN) und die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) raten Verbrauchern daher, ihr Geld lieber in einen Sportverein zu investieren und auf eine gesunde Ernährung zu achten.

Metaanalysen und Studien zu Nahrungsergänzungsmitteln und Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Eine umfassende Metaanalyse von 3.249 Studien aus den Jahren 1970 bis 2016 untersuchte die Auswirkungen von Nahrungsergänzungsmitteln auf das Risiko für Schlaganfälle und Herzerkrankungen. Die Analyse von 18 methodisch hochwertigen Studien mit mehr als zwei Millionen Teilnehmern ergab, dass die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln keinen Unterschied in der Sterblichkeit für alle Herz-Kreislauf-Erkrankungen machte (RR = 1,0). Auch bei separater Betrachtung von Herzsterblichkeit (RR 1,02), Tod durch Schlaganfall (RR 0,95) und der Häufigkeit von Schlaganfällen (RR 0,98) gab es keine signifikanten Unterschiede.

Ernüchternde Ergebnisse

Die Ergebnisse dieser Studien sind ernüchternd, da sie zeigen, dass Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamine und Mineralien nicht das Risiko senken, an einem Hirninfarkt oder einer Herzkrankheit zu sterben. Stattdessen wird empfohlen, auf eine ausgewogene Ernährung mit viel Salat, Obst und Gemüse zu achten, die nachweislich Gefäßerkrankungen entgegenwirken.

Folsäure und Schlaganfallprävention

Eine Studie untersuchte den Einfluss von Folsäuregaben auf das Schlaganfallrisiko bei Patienten mit arterieller Hypertonie. An der Studie nahmen 20.702 Patienten teil, die älter als 45 Jahre waren und bis zum Studienbeginn weder einen Schlaganfall noch einen Myokardinfarkt erlitten hatten. Die Ergebnisse zeigten, dass in der Gruppe, die Enalapril ergänzt mit Folsäure bekamen, das relative Risiko für einen Schlaganfall um 21 % niedriger war als in der Vergleichsgruppe, die nur den ACE-Hemmer Enalapril erhielten.

Lesen Sie auch: Hüft-TEP und Nervenschmerzen

Einfluss von Folsäure auf verschiedene Schlaganfallarten

Der Einfluss von Folsäuregaben auf das Risiko von hämorrhagischen Schlaganfällen (HR, 0,93; 95% CI, 0,65-1,34) sowie auf die Gesamtsterberate (HR, 0,94; 95% CI, 0.81- 1.10) fiel dagegen nicht statistisch relevant aus. Besonders profitierten Patienten mit niedrigen Folsäure-Ausgangswerten im Blut von unter 5,6 ng/ml. Auch für den MTHFR C677T-Genotyp ließ sich ein günstiger Einfluss der Folsäuregabe nachweisen.

Folsäureanreicherung in Lebensmitteln

In einigen Ländern, wie den USA, Kanada und Chile, werden Grundnahrungsmittel seit Jahren mit Folsäure angereichert, um Neuralrohrdefekten bei Neugeborenen vorzubeugen. In diesen Regionen wird Folsäuremangel als kardiovaskulärer Risikofaktor weniger gewichtet, da die Grundversorgung gewährleistet ist.

Vitamin B12 und Schlaganfall

Vitamin B12, auch Cobalamin genannt, ist ein lebensnotwendiges Vitamin, das eine zentrale Bedeutung für die Gesundheit und die Prävention von Erkrankungen hat. Ein Mangel an Vitamin B12 kann Schlaganfälle hervorrufen. Beobachtungsstudien aus China und Indien deuten darauf hin, dass Schlaganfallpatienten überzufällig einen Vitamin-B12-Mangel hatten.

Funktionen von Vitamin B12

Vitamin B12 erfüllt viele essenzielle Funktionen im Körper:

  • Nervenschutz: Vitamin B12 ist essenziell für die Myelinschicht, die unsere Nervenbahnen schützt.
  • Blutbildung: Es unterstützt die Produktion roter Blutkörperchen und verhindert Anämien.
  • Gehirnfunktion: Ein ausreichender Vitamin-B12-Spiegel kann den Erhalt der geistigen Leistungsfähigkeit fördern und das Risiko von kognitiven Störungen im Alter reduzieren.
  • DNA-Synthese: Vitamin B12 ist unverzichtbar für die Zellteilung, insbesondere in Geweben mit hoher Erneuerungsrate, wie im Knochenmark.

Risikogruppen für Vitamin-B12-Mangel

Das Risiko, an einem Vitamin-B12-Mangel zu leiden, betrifft vor allem ältere Menschen, da mit dem Alter die Fähigkeit des Körpers abnimmt, Vitamin B12 aus der Nahrung aufzunehmen. Auch Betroffene, die unter Magen-Darm-Erkrankungen leiden, haben das Risiko, zu wenig Vitamin B12 aufzunehmen. Da Vitamin B12 fast ausschließlich in tierischen Produkten vorkommt, sind auch Vegetarier und Veganer durch einen Vitamin-B12-Mangel gefährdet. Medikamente wie Magenschutzmittel und das Diabetes-Medikament Metformin können ebenfalls die Vitaminaufnahme blockieren.

Lesen Sie auch: Rehabilitation bei Gesichtsfeldausfall

Symptome und Diagnose

Symptome eines Vitamin-B12-Mangels können Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, depressive Verstimmungen, Appetitlosigkeit, Kribbeln in den Füßen oder Gangunsicherheit sein. Bei Verdacht auf einen Mangel sollte der Vitamin-B12-Spiegel überprüft werden, wobei zu beachten ist, dass die meisten Labore die Normalwerte zu niedrig ansetzen.

Weitere Studien und Ergebnisse

Eine Übersichtsarbeit über die Sekundärprophylaxe des Schlaganfalles bemerkt, dass vier randomisierte Studien eindeutig belegt hätten, dass eine Kombinationstherapie mit Vitamin B6, B12 und Folsäure ungeeignet ist, zerebrale Ischämien zu verhindern. Allerdings zeigen kritische Reanalysen der VISP-Studie und der HOPE-Studie, dass eine Homocystein-senkende Therapie mit Vitaminen das relative zerebrale Ischämierisiko senken kann.

Einschränkungen und notwendige Fragen

Die meisten Teilnehmer der VISP-, HOPE- und NORVIT-Studien hatten keinen relevanten Vitaminmangel, und die Studien untersuchten Hochrisikogruppen für kardiovaskuläre Ereignisse, nicht aber Zielgruppen für eine effektive Homocysteinsenkung mit Folsäure und weiteren B-Vitaminen. Notwendige Fragen über Therapiedauer, Dosierungen und Medikamenteninteraktionen bleiben in den genannten Studien unbeachtet.

Omega-3-Fettsäuren

Eine randomisierte Studie französischer Wissenschaftler ergab, dass die Ergänzung der Nahrung mit Omega-3-Fettsäuren keine Schutzwirkung für Patienten hat, die einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erlitten haben. Im Vergleich zu einem Scheinmedikament konnte die Gesamtzahl schwerer kardiovaskulärer Ereignisse nicht verringert werden.

Schlussfolgerung

Die Studienlage zu Nahrungsergänzungsmitteln und deren Auswirkungen auf Schlaganfallrisiko und Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist komplex und oft widersprüchlich. Während einige Studien positive Effekte von Folsäure und Vitamin B12 zeigen, insbesondere bei bestimmten Risikogruppen, kommen andere Studien zu dem Ergebnis, dass Nahrungsergänzungsmittel keinen Nutzen für die Gesamtbevölkerung haben.

Lesen Sie auch: Was Sie über epileptische Anfälle nach Hirnblutungen wissen sollten

#

tags: #Nahrungsergänzungsmittel #nach #Schlaganfall #Studien