Narzisstische Mutter und Demenz: Ein Zusammenhang?

Es ist nicht ungewöhnlich, dass Menschen mit Demenz Verhaltensweisen zeigen, die als auffällig wahrgenommen werden. In Fachkreisen wird oft von "herausforderndem Verhalten" gesprochen. Es ist jedoch wichtig zu verstehen, dass diese Verhaltensweisen selten böswillig sind, sondern vielmehr Ausdruck der Erkrankung und ihrer Auswirkungen auf die betroffene Person. Umso wichtiger ist es, die Gesamtsituation der erkrankten Person zu betrachten, einschliesslich ihres Umfelds, der Menschen, mit denen sie zusammen ist, ihres Tagesablaufs und des Fortschritts ihrer Erkrankung.

Herausforderndes Verhalten bei Demenz

Pflegewiki definiert "herausforderndes Verhalten" im Zusammenhang mit Demenz als Verhaltensauffälligkeiten, die als Belastung für Pflegende und das Umfeld wahrgenommen werden. Dies kann sich äussern, wenn sich eine Person über längere Zeiträume nicht situationsgerecht oder sozial unangepasst verhält, wie beispielsweise durch Beschuldigungen eines Diebstahls.

Wer versteht, wie Demenzpatienten "ticken", kann sich besser in ihre Situation hineinversetzen und entsprechend reagieren. Mit dem nötigen Wissen lassen sich unnötige Auseinandersetzungen und Eskalationen vermeiden.

Diebstahlbeschuldigungen: Was steckt dahinter?

Ein häufiges Beispiel für herausforderndes Verhalten sind Diebstahlbeschuldigungen. Betroffene äussern oft Vorwürfe wie:

  • "Du hast mir meine Geldbörse geklaut!"
  • "Mein Schlüssel ist weg! Den kannst nur du haben!"
  • "Meine ganze Bettwäsche hast du letztens mitgenommen!"
  • "Jetzt hat der Nachbar meine Mülltonne geklaut! Der war schon immer so komisch!"

Diese Vorwürfe richten sich meist an Töchter, Schwiegertöchter oder Pflegepersonal, also Personen, die eigentlich dem Betroffenen nahestehen und ihm Gutes wollen.

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Analyse der Situation

Um die Situation zu verstehen, ist es wichtig, die Perspektive des Demenzpatienten einzunehmen. Nehmen wir das Beispiel der gestohlenen Geldbörse:

  1. Die Emotion: Der Betroffene ist empört, entsetzt, aufbrausend und wütend, weil sein Geld fehlt. Diese Reaktion ist normal.
  2. Die Erklärung: Der Demenzpatient hat möglicherweise seine Geldbörse jahrelang am selben Platz aufbewahrt, beispielsweise in der Handtasche. Dieser Platz ist ihm vertraut und sicher.
  3. Die Unsicherheit: Mit fortschreitender Demenz bemerkt der Betroffene jedoch seine Gedächtnislücken und fühlt sich unsicher. Er könnte denken, dass die Handtasche nicht mehr sicher genug ist, da sie sich in der Nähe des Eingangs befindet.
  4. Die neue Strategie: Um die Geldbörse zu schützen, sucht der Betroffene einen neuen, vermeintlich sichereren Ort, beispielsweise den Schuhschrank.
  5. Das Vergessen: Aufgrund des Verlusts des Kurzzeitgedächtnisses erinnert sich der Demenzpatient am nächsten Tag nicht mehr an seine Überlegungen und Handlungen vom Vortag.
  6. Die Konsequenz: Wenn der Betroffene seine Geldbörse am gewohnten Platz sucht und nicht findet, gerät er in Panik und beschuldigt möglicherweise Angehörige oder Pflegekräfte des Diebstahls.

Wie man reagieren sollte

In solchen Situationen ist es wichtig, die Situation zu entschärfen und sich in den Demenzpatienten hineinzuversetzen.

  1. Ernst nehmen: Zeigen Sie Verständnis für die Angst und Verzweiflung des Betroffenen über den Verlust des Geldes.
  2. Tatsachen sprechen lassen: Betonen Sie, dass der Betroffene immer sehr zuverlässig war und gut auf seine Geldbörse aufgepasst hat.
  3. Keine Vorwürfe: Vermeiden Sie Aussagen, die den Betroffenen beschuldigen oder seine Defizite hervorheben.
  4. Vermutungen äussern: Versuchen Sie, gemeinsam mit dem Betroffenen zu überlegen, wo die Geldbörse sein könnte. Fragen Sie, wo er jetzt etwas sehr Wichtiges verstecken würde.
  5. Gemeinsam suchen: Bieten Sie Ihre Hilfe bei der Suche an. Wenn Sie die Geldbörse finden, inszenieren Sie die Situation so, dass der Betroffene sie selbst wiederfindet.

Such-Empfehlungen

Basierend auf Erfahrungen mit Demenzpatienten können folgende Orte bei der Suche in Betracht gezogen werden:

  • Ungewöhnliche Verstecke wie Schuhschränke, Winterstiefel oder unter der Matratze
  • Orte, die mit früheren Gewohnheiten oder Berufen in Verbindung stehen

Reaktivierung von Traumata

Kriegserlebnisse oder andere traumatische Ereignisse können bei älteren Menschen, insbesondere bei Demenzpatienten, reaktiviert werden. Dies kann zu Angstzuständen, Panikattacken und herausforderndem Verhalten führen.

Beispiel

Ein älterer bettlägeriger Bewohner eines Pflegeheims wird bei der Pflege plötzlich unruhig, beginnt um sich zu schlagen und brüllt: "Die Russen kommen, die Russen kommen". Er ist nicht zu beruhigen. Der Mitarbeiter sieht aus dem Fenster und erkennt, dass ein Lastwagen vorbeifährt. Er beruhigt den Bewohner, indem er sagt: "Keine Angst, es sind die Unsrigen".

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Ursachen

Traumatische Erinnerungen können durch äussere Reize wie Geräusche, Bilder oder Gespräche über Kriegsschauplätze ausgelöst werden. Im Alter können altersspezifische Faktoren wie der Verlust von Fähigkeiten, die Einschränkung des Lebensraums und kognitive Veränderungen eine Trauma-Reaktivierung begünstigen. Menschen mit Demenz leben im "Hier und Jetzt" und sind daher besonders gefährdet, frühere traumatische Erlebnisse als aktuell und bedrohlich zu erleben.

Symptome

Symptome einer Trauma-Reaktivierung können sein:

  • Unruhe und Angstzustände
  • Flashbacks oder Albträume
  • Vermeidung von bestimmten Situationen, Räumen oder Personen
  • Misstrauen und Feindseligkeit
  • Psychotische Inhalte wie Wahnvorstellungen oder Halluzinationen
  • Auffällige Komorbidität (Depression, Angst, Somatisierung, Sucht, Dissoziation)
  • Unklare therapieresistente Schmerzsyndrome
  • Unerklärliche Ängste oder Schreckhaftigkeit vor bestimmten Geräuschen, Gegenständen, Situationen, Personen
  • Nicht nachvollziehbares Vermeiden von bestimmten Situationen, Räumen und Personen.

Umgang mit reaktivierten Traumata

In der akuten Phase können folgende Massnahmen hilfreich sein:

  1. Aufmerksam beobachten: Achten Sie auf die Mimik, Gestik und das Verhalten des Betroffenen.
  2. Mitgefühl zeigen: Erfassen Sie die aktuelle Situation und fühlen Sie die Angst, Panik und Verzweiflung des Betroffenen mit.
  3. Nicht unterbrechen: Unterbrechen Sie den Betroffenen nicht sofort durch Reden und Handeln, sondern nehmen Sie sich Zeit, die Situation zu erfassen.
  4. Eigene Gefühle regulieren: Werden Sie sich Ihrer eigenen Angst, Panik und Ohnmacht bewusst. Gewinnen Sie Abstand, bewahren Sie Ruhe und reagieren Sie nicht mit beruhigenden Floskeln.
  5. Auf die Schilderung eingehen: Lassen Sie den Betroffenen seine Gefühle und die damalige Situation beschreiben.
  6. Geborgenheit vermitteln: Vermitteln Sie Geborgenheit und Vertrauen durch Berührung, beruhigende Worte und Blickkontakt.
  7. Unterstützung anbieten: Zeigen Sie dem Betroffenen, dass er nicht allein ist und Unterstützung hat.
  8. Hilfe holen: Scheuen Sie sich nicht, um Hilfe zu bitten, sowohl als Angehöriger als auch als Pflegekraft.

Nach der akuten Situation sollten Sie überlegen, wie Sie auslösende Faktoren verringern und welche Umgangsweisen Sie in Zukunft bei ähnlichen Situationen einsetzen könnten. Es kann hilfreich sein, dies mit allen Mitarbeitenden oder Angehörigen zu besprechen und Fachleute einzubeziehen. Förderlich kann für Menschen mit Demenz sein, ihre Emotionen durch Malen oder Musik auszudrücken. Bewegung oder humorvolle Angebote können ebenfalls sinnvoll sein. In manchen Fällen können Medikamente zur Verringerung von Angst, Panik und Schlafstörungen hilfreich sein.

Narzisstische Persönlichkeitsstörung

Narzissmus bezeichnet eine Persönlichkeitseigenschaft, die durch eine übermässige Beschäftigung mit sich selbst, ein Verlangen nach Bewunderung und oft einen Mangel an Empathie gegenüber anderen gekennzeichnet ist. Der Begriff "narzisstische Mutter" beschreibt einen Elternteil mit narzisstischen Zügen oder einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung (NPS) und wie sich diese Merkmale in der Familiendynamik manifestieren.

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Anzeichen und Symptome einer narzisstischen Mutter

Im Haushalt einer narzisstischen Mutter herrscht oft eine verwirrende Dichotomie. Nach aussen hin kann sie sich charmant und fürsorglich geben, während ihr Verhalten hinter verschlossenen Türen kritisch, erniedrigend und sogar emotional beleidigend sein kann. Diese Widersprüchlichkeit kann ein Gefühl der Verwirrung und Instabilität innerhalb der Familie hervorrufen, was zu langfristigen emotionalen Narben und Schwierigkeiten beim Aufbau gesunder Beziehungen im Erwachsenenalter führt.

Spätfolgen einer narzisstischen Mutter

Die Folgen des Aufwachsens bei einer narzisstischen Mutter sind vielfältig und können bis weit ins Erwachsenenalter hineinreichen. Hinzu kommt, dass Geschwister in der Familie je nach ihrer Rolle in der Familienstruktur (z. B. goldenes Kind oder Sündenbock) sehr unterschiedliche Erfahrungen und Perspektiven haben können, was die Komplexität der Familiendynamik noch verstärkt.

Umgang mit einer narzisstischen Mutter

Das Setzen von Grenzen mit einer narzisstischen Mutter kann schwierig sein. Eine klare Kommunikation über Ihre Bedürfnisse und Erwartungen, möglicherweise mit Unterstützung eines Therapeuten oder Beraters, kann hilfreich sein.

Therapieansätze

Eine narzisstische Persönlichkeitsstörung wird in erster Linie mit Psychotherapie behandelt. Allerdings kommen die Betroffenen nur selten von sich aus in eine Therapie. Gründe für die Therapie sind meist andere psychische Störungen, vor allem Depressionen.

Narzissmus und Demenz: Ein möglicher Zusammenhang

Es gibt Hinweise darauf, dass Menschen mit Demenz im Verlauf ihrer Erkrankung Verhaltensweisen zeigen können, die denen von Narzissten ähneln. Dies liegt daran, dass die Gehirnareale, die für Impulskontrolle und Empathie zuständig sind, durch die Neurodegeneration beeinträchtigt werden.

Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass nicht alle Demenzpatienten narzisstische Verhaltensweisen zeigen und dass Narzissmus nicht zwangsläufig eine Folge von Demenz ist. Es ist auch möglich, dass Menschen, die bereits vor ihrer Demenzerkrankung narzisstische Züge hatten, diese im Krankheitsverlauf verstärken.

Umgang mit Demenz und Narzissmus

Unabhängig davon, ob ein Mensch mit Demenz narzisstische Verhaltensweisen zeigt oder nicht, ist es wichtig, die folgenden Grundsätze zu beachten:

  1. Akzeptanz: Akzeptieren Sie, dass die Person so ist, wie sie ist, und dass Sie sie nicht ändern können.
  2. Nicht persönlich nehmen: Versuchen Sie, das Verhalten des Betroffenen nicht persönlich zu nehmen, da es oft Ausdruck der Erkrankung und nicht gegen Sie gerichtet ist.
  3. Grenzen setzen: Setzen Sie klare Grenzen, um sich selbst zu schützen und die Situation zu kontrollieren.
  4. Unterstützung suchen: Scheuen Sie sich nicht, professionelle Hilfe und Unterstützung in Anspruch zu nehmen, um mit den Herausforderungen umzugehen.
  5. Auf sich selbst achten: Achten Sie auf Ihre eigenen Bedürfnisse und Ihr Wohlbefinden, um nicht selbst unter der Situation zu leiden.

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