Schmerzen an der Beinaußenseite können vielfältige Ursachen haben und die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Oftmals sind Nervenstrukturen involviert, sei es durch Kompression, Reizung oder Schädigung. Dieser Artikel beleuchtet die verschiedenen Ursachen von Nervenschmerzen an der Beinaußenseite, wobei ein besonderer Fokus auf dem Ischiasnerv und dem Nervus cutaneus femoris lateralis liegt. Zudem werden diagnostische Verfahren und Behandlungsansätze vorgestellt, um Betroffenen einen umfassenden Überblick zu bieten.
Der Ischiasnerv: Ein zentraler Akteur bei Beinschmerzen
Der Ischiasnerv (Nervus ischiadicus) ist der dickste und längste Nerv im menschlichen Körper. Er entspringt im Bereich der Lendenwirbelsäule und des Kreuzbeins, verläuft über das Gesäß und die Hinterseite des Oberschenkels bis in die Kniekehle, wo er sich verzweigt. Aufgrund seiner ausgedehnten Verlaufsstrecke kann der Ischiasnerv an verschiedenen Stellen gereizt, eingeklemmt oder verletzt werden, was zu Schmerzen im unteren Rücken führen kann, die bis in die Beine und Füße ausstrahlen. Diese Schmerzen werden auch als Ischialgie bezeichnet.
Ursachen der Ischialgie
Eine Ischialgie entsteht durch eine Reizung oder Kompression des Ischiasnervs. Dafür kommen mehrere Ursachen infrage:
- Bandscheibenvorfall: Im Bereich der Wirbelsäule ist der Bandscheibenvorfall häufig ursächlich für eine Nervenreizung. Der Bandscheibenkern tritt beim Bandscheibenvorfall aus dem Faserknorpelring aus und drückt auf die aus dem Wirbelkanal austretenden Nervenwurzeln des Ischiasnervs. Auch eine Bandscheibenprotrusion (Bandscheibenvorwölbung) kann auf die Nervenwurzeln des Ischiasnervs drücken.
- Erkrankungen der Wirbelkörper: Auch im Bereich der Wirbelkörper gibt es verschiedene Erkrankungen, die für eine Reizung oder Einklemmung des Ischiasnervs verantwortlich sein können. Dazu zählen beispielsweise Frakturen oder Blockaden der Wirbelkörper, Fehlstellungen der Wirbelsäule sowie die Spondylolisthesis, bei der sich einzelne Wirbelkörper meist verschleißbedingt gegeneinander verschieben.
- Entzündungen: Die Bandscheiben und Wirbelkörper können zudem von einer Entzündung betroffen sein, der sogenannten Spondylodiszitis. Auch die Nervenwurzel des Ischiasnervs selbst kann entzündet sein. Neben mechanischen Reizungen, z. B. durch einen Knochentumor, können auch Bakterien oder Viren derartige Entzündungen auslösen.
- Piriformis-Syndrom: Im Bereich des Beckens kann der Ischiasnerv ebenfalls eingeklemmt oder gereizt werden. Frakturen der Hüftknochen, eine Hüftluxation sowie muskuläre Verspannungen oder Verdickungen wie beim Piriformis-Syndrom können ursächlich sein. Beim Piriformis-Syndrom drückt der Piriformismuskel auf den Ischiasnerv und löst Schmerzen in der Gesäßregion aus.
- Weitere Ursachen: Eine Schädigung des Ischiasnervs ist zudem durch chirurgische Eingriffe (z. B. Aber auch eine Schwangerschaft kann Druck auf den Ischiasnerv ausüben. Es gibt zudem chronische Krankheiten, die zu Nervenschädigungen führen können.
Symptome der Ischialgie
Für die Einschätzung der Symptome ist es wichtig zu verstehen, dass der Ischiasnerv motorische und sensible Fasern hat. Die motorischen Anteile versorgen die Oberschenkelbeuger und die Unterschenkel- und Fußmuskulatur. Daher kann es bei einer Einklemmung des Ischiasnervs in diesen Bereichen zu Kraftverlust und Lähmungserscheinungen kommen. Die sensiblen Fasern versorgen das Hüftgelenk und die Haut an Unterschenkeln und Füßen, außer auf der Innenseite.
Die typischen Schmerzen, die bei einer Reizung des Ischiasnervs auftreten, bezeichnet man auch als neuropathische Schmerzen. Das bedeutet, dass die Schmerzen vom Nerv selbst ausgehen und nicht von der Region, in der sie auftreten. Die Schmerzen betreffen den unteren Rücken und können in das betroffene Bein bis zum Fußaußenrand ausstrahlen. Die Beweglichkeit des Beines ist häufig eingeschränkt und die Patienten nehmen eine Schonhaltung ein, bei der das Bein leicht angewinkelt und nach außen gedreht ist.
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Seltene Symptome im Zusammenhang mit einem eingeklemmten Ischiasnerv sind Probleme mit der Entleerung von Blase und Darm. Diese treten in besonders schweren Fällen auf, wenn die Nervenwurzeln der sogenannten Cauda equina betroffen sind (Cauda-equina-Syndrom). Das sind die Nervenwurzeln, die unterhalb des im Bereich des ersten bis zweiten Lendenwirbels endenden Rückenmarks aus dem Wirbelkanal austreten.
Diagnose der Ischialgie
Um die genaue Ursache der Ischias-Beschwerden zu identifizieren, sollten Sie sich von einem Spezialisten für Orthopädie und Wirbelsäulenerkrankungen untersuchen lassen. Eine Reizung oder Einklemmung des Ischiasnervs oder seiner Nervenwurzel kann im gesamten Verlauf des Nervs Schmerzen verursachen. Auch wenn die Schmerzursache im unteren Rücken verortet ist, können die Schmerzen bis ins Knie ausstrahlen. Andere Krankheitsbilder verursachen ähnliche Symptome. Für eine adäquate Behandlung ist es wichtig, die genaue Ursache der Beschwerden zu identifizieren.
Behandlung der Ischialgie
Die Frage nach der Behandlung einer Ischialgie lässt sich nicht pauschal beantworten. Sie richtet sich in erster Linie nach der zugrundeliegenden Ursache. In jedem Fall ist eine adäquate Schmerztherapie ratsam, um Schonhaltungen zu vermeiden. Eine erste Linderung bei akuten Rückenschmerzen lässt sich beispielsweise durch die Stufenlagerung erzielen. Zudem kommen entzündungshemmende Schmerzmittel aus der Gruppe der NSAR (nichtsteroidale Antirheumatika) zum Einsatz.
Sind die Schmerzen auf verspannte oder verhärtete Muskulatur im Bereich des Gesäßes zurückzuführen, wie es beim Piriformis-Syndrom der Fall ist, helfen konservative Maßnahmen. Dazu zählen beispielsweise Dehnübungen, die Verspannungen lösen, oder Triggerpunktmassagen im Rahmen einer Physiotherapie.
Eine Operation kommt vor allem infrage, wenn ein Bandscheibenvorfall die Ischialgie auslöst. Dabei wird das vorgefallene Bandscheibengewebe entfernt, das den Nerv reizt. Sofort nötig wird eine Operation, wenn die Nerven so stark beeinträchtigt sind, dass Lähmungserscheinungen beispielsweise an den Beinen auftreten oder die Blase oder der Darm nicht mehr richtig funktionieren (Kauda-Syndrom).
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Meralgia parästhetica: Wenn der Oberschenkel brennt
Die Meralgia parästhetica (auch Meralgia paraesthetica oder Leistentunnelsyndrom) ist eine Erkrankung, bei der die Funktionsfähigkeit eines bestimmten Nerven beeinträchtigt ist. Bei der Meralgia paraesthetica ist ein ganz bestimmter Nerv von der Kompression betroffen. Dieser Nerv wird Nervus cutaneus femoris lateralis (NCFL) genannt. Er entspringt im unteren Bereich des Rückenmarks und zieht durch das Becken und unterhalb des Leistenkanals zum äußeren Oberschenkel. Der Nerv ist rein sensibel, was bedeutet, dass er nur Informationen über Berührung, Temperatur und Druck an das Gehirn leitet und nicht selbst Muskeln oder andere Strukturen innerviert.
Ursachen der Meralgia parästhetica
Die Ursache der Meralgia parästhetica liegt in der Kompression des NCFL an einer Stelle seines Verlaufs. Zum einen durchbricht der Nerv einen großen Muskel, den Musculus psoas major. Durch eine ungünstige anatomische Stellung oder eine Veränderung des Muskels kann es so zur Einklemmung des Nerven kommen. Eine weitere häufige Lokalisation eines Engpasses ist der Leistentunnel. Dieser wird durch ein starkes Band verstärkt, das vom oberen Beckenkamm bis zum Schambein verläuft. Beim Austritt aus dem Becken zieht der NCFL unterhalb des Leistenbandes hindurch und knickt dann um fast 90 Grad ab, um den seitlichen Oberschenkel zu erreichen.
Alles, was den Druck von außen auf den Nerven erhöht, kann das Leistentunnelsyndrom wahrscheinlicher machen. Das ist beispielsweise bei zu enger Kleidung, bei starkem Übergewicht oder einer Schwangerschaft der Fall. Aber auch ein plötzlicher Schlag von außen, sportliche Aktivität oder Operationen mit Narbenbildung können den Nerven einklemmen.
Symptome der Meralgia parästhetica
Durch die Kompression des Nerven kann es zu zahlreichen Symptomen im Bereich des Versorgungsgebietes kommen, welches wie beschrieben der äußere Oberschenkel ist. Das Hauptsymptom ist ein brennender Schmerz, der sich über die Vorder- und Außenseite des Oberschenkels ausbreitet. Taubheitsgefühle können bei einer Meralgia paraesthetica ebenfalls auftreten. Kribbeln und Ameisenlaufen ähnlich wie bei einem eingeschlafenen Nerven sind außerdem charakteristisch für die Symptomatik der Erkrankung.
Diagnose der Meralgia parästhetica
Probeweise injizierte Lokalanästhetika können die Diagnose im Zweifelsfall stärken. Aufgrund der Tatsache, dass der betroffene Nerv rein sensibel ist, kommt es nicht zu Ausfällen der Motorik.
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Behandlung der Meralgia parästhetica
Zur Behandlung der Meralgia paraesthetica ist es wichtig, sowohl die Symptome als auch die Ursache der Beschwerden zu behandeln.
- Schmerzmittel: Für die akute Schmerztherapie können Schmerzmittel wie nicht-steroidale Antirheumatika eingesetzt werden. Dazu zählen Mittel wie Ibuprofen oder Diclofenac. Bei besonderem Bedarf können auch andere, stärkere Schmerzmittel eingesetzt werden. Die Medikamente können als Tabletten eingenommen oder mit einer Spritze direkt an den schmerzenden Nerven gebracht werden.
- Nervengewebe entlasten: Wichtig ist außerdem, den Druck von außen auf das Nervengewebe zu reduzieren. Nach Möglichkeit sollte also Übergewicht abgebaut und zu enge Kleidung vermieden werden. Auch zu einseitige sportliche Betätigung, bei der das Hüftgelenk dauerhaft in Flexionsstellung steht, kann zur Verschlechterung der Symptome beitragen.
- Physiotherapie: Physiotherapie hilft, die Muskulatur des Oberschenkels, der Hüfte und des Beckens zu stärken und so eine bessere Körperhaltung einzunehmen, die die Entlastung des Nerven begünstigt.
- Hydrodissektion: Ein weiteres Verfahren zur Schmerztherapie der Meralgia parästhetica ist die sog. Hydrodissektion. Bei der Hydrodissektion wird das den Nerven umgebende Gewebe mit Zuckerlösung gespült. Dem Nerven wird so mehr Platz geschaffen und die Kompression auf ihn verringert.
- Chirurgische Maßnahmen: Chirurgische Maßnahmen bei Versagen konservativer Therapieversuche
Je nach Zeitpunkt des Therapiebeginns und dem Einhalten der Therapiemaßnahmen sowie dem Schweregrad der Erkrankung ergeben sich unterschiedliche Zeiträume, über die sich die Meralgia parästhetica erstreckt. Die Symptome können nach nur wenigen Wochen verschwinden oder sich auch über Monate hinwegziehen. Gerade, wenn die Erkrankung lange unbehandelt bleibt, besteht die Gefahr einer Chronifizierung und einem lebenslangen Fortbestehen der Beschwerden.
Prävention der Meralgia parästhetica
Zur Prävention der Meralgia parästhetica eignen sich viele der Maßnahmen, die auch zu deren Behandlung eingesetzt werden. Gewichtsreduktion, passende Kleidung und angemessene sportliche Bewegung sind essenzielle Bestandteile der Vorbeugung. Um eine gesunde Körperhaltung zu fördern können außerdem ergonomische Sitz- und Stehpositionen in den Alltag integriert werden. Besonders Menschen, die bei der Arbeit viel sitzen, kann eine ergonomische Anpassung des Arbeitsplatzes guttun.
Weitere Ursachen für Nervenschmerzen an der Beinaußenseite
Neben dem Ischiasnerv und dem Nervus cutaneus femoris lateralis können auch andere Nervenstrukturen für Schmerzen an der Beinaußenseite verantwortlich sein. Dazu zählen beispielsweise:
- Kompression des Nervus peroneus communis: Eine weitere Engstelle für den Nervus peroneus besteht in Höhe des Wadenbeinköpfchens, um den der Nerv aus der Kniekehle kommend sich "herumschlingen" muss. Dieser ist häufig bei Druck, aber auch bei Verletzungen oder Operationen im Kniebereich durch Schwellung oder direkte Verletzung beeinträchtigt.
- Nervenkompressionen am Hüftgelenk: Nervenkompressionen am Hüftgelenk können lokal durch enge Kleidung ("Jeanskrankheit") oder durch Gewichtszunahme (Fettgewebe, Muskelgewebe) verursacht werden. In der Regel wird die Kompression der Nerven durch indirekte Ursachen hervorgerufen. Meist sind dies Folgen von Knochenbrüchen, Verrenkungen oder Fußfehlstellungen, wie Spreiz- oder Senkfüße. Auch im Rahmen einer rheumatoiden Arthritis kommen Nervenkompressionssyndrome vor, da hierbei Sehnen und Bänder entzündlich verändert und verdickt sein können.
Differenzialdiagnose: Abgrenzung zu anderen Erkrankungen
Es ist wichtig, Nervenschmerzen an der Beinaußenseite von anderen Erkrankungen abzugrenzen, die ähnliche Symptome verursachen können. Dazu gehören beispielsweise:
- Hüftarthrose: Typischerweise nimmt bei Hüftarthrose die maximal mögliche Gehstrecke, die Betroffene schmerzfrei absolvieren können, beständig ab. Die schmerzbedingte Schonung verstärkt die Muskelschwäche und die Arthrose schreitet weiter voran.
- Iliosakralgelenk-Syndrom (ISG-Syndrom): Bei einer Blockade oder Entzündung des ISG kann es zu Schmerzen im unteren Rücken kommen. Diese Schmerzen treten meist einseitig auf, je nachdem welches der beiden Iliosakralgelenke betroffen ist. Patienten berichten, dass es sich anfühlt, als wäre etwas im Becken verklemmt.
- Muskuläre Dysbalancen: Sehr häufig verursachen muskuläre Ungleichgewichte (Dysbalancen) Hüftschmerzen beim Gehen. Die Leisten- und Hüftmuskulatur ist bei vielen Menschen aufgrund der vorwiegend sitzenden Lebensweise stark verkürzt, sodass sie den beim Gehen nicht mehr den erforderlichen Bewegungsumfang zulässt. In der Folge werden Muskeln und Sehnen beim Gehen überreizt und schmerzen.
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