Häufiges Arbeiten im Sitzen und eine hohe Bildschirmnutzung im Alltag tragen bei vielen Menschen dazu bei, dass ihre Halswirbelsäule (HWS) immer längere Zeit in der gleichen Stellung verharren muss. Dabei wirken enorme Kräfte: Bei 45 Grad Kopfneigung können bis zu 30 Kilo auf die sieben Halswirbel drücken. Ein eingeklemmter Nerv kann praktisch überall am Körper vorkommen und stechende Schmerzen verursachen, die bei Bewegung schlimmer werden. Häufig betroffen sind Rücken, Nacken oder Schulter. Begleitet werden können die Schmerzen von Taubheitsgefühlen und Kribbeln.
Was ist ein eingeklemmter Nerv im Schulterbereich?
Von einem eingeklemmten Nerven spricht man häufig, wenn ein Nerv für eine gewisse Dauer von außen komprimiert wird und hieraus Schmerzen resultieren. Ein eingeklemmter Nerv an der Schulter führt häufig zu plötzlichen, stechenden Schmerzen mittig neben oder unterhalb des Schulterblatts, welche in Richtung Wirbelsäule ausstrahlen können. Häufig sind die möglichen Bewegungen nach dem Schmerzereignis stark eingeschränkt.
Ursachen
Ursachen können Über- oder Fehlbelastungen der Schultergürtelmuskulatur oder der Muskulatur des oberen Rückens z.B. Sportverletzungen sein. Auch eine Kalkschulter kann die Ursache sein. Die Kalkschulter (Tendinosis calcarea) ist eine Erkrankung im Bereich der Schultersehnen, besonders der Supraspinatussehne. Ursächlich ist eine Minderdurchblutung der Rotatorenmanschette, die zur Kalkablagerung in der Supraspinatussehne führt. Drückt der Piriformis-Muskel im Gesäß auf den Ischiasnerv, sind meist einseitige Schmerzen in Gesäß, Hüfte und Bein die Folge. Diese verstärken sich beim Sitzen.
Symptome eines eingeklemmten Nervs in der Schulter
Ein eingeklemmter Nerv an der Schulter führt häufig zu plötzlichen, stechenden Schmerzen mittig neben oder unterhalb des Schulterblatts als führendes Symptom. Häufig strahlen diese Schmerzen/Symptome zusätzlich in Richtung Wirbelsäule zur Innenseite des Schulterblatts aus. Zusätzlich zu den Schmerzen können massive Bewegungseinschränkungen Folgesymptom eines eingeklemmten Nerven an der Schulter sein.
Die Schmerzen haben häufig einen stechenden oder bohrenden Charakter und sind am inneren Rand des Schulterblatts der betroffenen Seite, zwischen Wirbelsäule und Schulter lokalisiert.
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Weitere Symptome können sein:
- Taubheitsgefühl oder Kribbeln in der Schulter, im Arm oder den Fingern.
- Bewegungseinschränkungen der Schulter durch Schmerzen oder Muskelschwäche.
- Schmerzverstärkung bei bestimmten Bewegungen der Schulter oder des Arms.
Diagnose
Eine erste Einschätzung der Beschwerden kann durch den Hausarzt erfolgen. Bei starken, wiederkehrenden Schmerzen sollte ein Orthopäde oder Unfallchirurg aufgesucht werden. Neben einer gezielten Anamnese des Schmerzereignisses wird der behandelnde Arzt eine ausführliche körperliche Untersuchung mit Prüfung der noch möglichen Bewegungen durchführen.
Wann braucht man ein MRT der Schulter mit Schulterblatt?
Liefern die körperliche Untersuchung und andere bildgebenden Verfahren wie Sonographie oder Röntgen kein eindeutiges Ergebnis und halten die Schmerzen weiterhin an, kann ein MRT der Schulter durchgeführt werden, um den betroffenen Nerven und die umliegenden Strukturen genauer beurteilen zu können.
Behandlung
Ist ein Nerv der Schulter dauerhaft eingeklemmt, resultieren daraus nicht selten starke, stechende Schmerzen und Taubheitsgefühle. Diese Beschwerden sollten zeitnah untersucht und behandelt werden, da es im Verlauf zur Atrophie der durch den Nerven versorgten Muskel, in Kombination mit Taubheitsgefühlen oder motorischen Einschränkungen und Missempfindungen wie Kribbelgefühl kommen kann.
Konservative Behandlung
- Schonung und Entlastung: In den akuten Phasen sollten schmerzauslösende Bewegungen vermieden werden. Das Ziel ist, die Reizung zu reduzieren.
- Trainingstherapie: Ein gezieltes Training mit einem Sportwissenschaftler kann helfen, Muskelverspannungen zu lösen und die betroffenen Bereiche zu mobilisieren. Dabei sind Übungen zur Kräftigung und Dehnung der Schulter- und Rückenmuskulatur besonders wichtig. Diese Maßnahmen tragen zur Verbesserung der Haltung und Entlastung des Nervs bei.
- Manuelle Therapie: Spezielle Techniken, wie die Myofasziale Entspannung, Mobilisationen und Traktionen, können helfen, Blockaden und Verspannungen zu lösen.
- Wärme- oder Kälteanwendungen: Wärme kann helfen, verspannte Muskeln zu entspannen, während Kälte eine entzündungshemmende Wirkung hat und Schmerzen lindern kann.
- Haltungs- und Bewegungsschulung: Eine Fehlhaltung oder ungünstige Bewegungsmuster sind häufige Ursachen für Nerveneinklemmungen.
- Triggerpunktbehandlung: Bei Verspannungen der umliegenden Muskulatur kann die Behandlung von Triggerpunkten die Symptome lindern.
Dehnübungen
Leichte, schonend durchgeführte und zunächst durch einen Physiotherapeuten angeleitete Dehnübungen der Schulter- und Nackenregion können dabei helfen, die Schmerzen durch einen eingeklemmten Nerven der Schulter zu lindern und erneuten Einklemmungen vorzubeugen. Zudem sollte im Vorfeld von sportlichen Aktivitäten mit Belastung der Schulterregion immer eine entsprechende Dehnung der beanspruchten Muskeln erfolgen, um Verletzungen vorzubeugen.
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Was kann ich selbst tun?
Dauerhaftes, langes Sitzen in derselben Position sollte möglichst vermieden werden. Häufige Positionswechsel (zum Beispiel bei der Arbeit am Schreibtisch) und ausreichende dynamische Bewegung helfen, einer Nerveneinklemmung vorzubeugen. Bei anhaltenden Schmerzen sollte eine ärztliche Abklärung beim Orthopäden erfolgen. Zudem können Wärmeanwendungen und Schmerzmittel beziehungsweise Schmerzsalben akut Linderung verschaffen.
Welche Medikamente helfen bei einem eingeklemmten Nerven?
Allgemein sollte eine ausreichende Schmerztherapie mittels NSAR wie Ibuprofen oder Paracetamol erfolgen, um langfristig Schon- und Fehlhaltungen vorzubeugen. Auch Schmerzsalben wie Voltaren können bei lokaler Anwendung zur Schmerzlinderung und Muskelentspannung beitragen. Dennoch sollte bei Schmerzpersistenz eine ärztliche Abklärung der Beschwerden erfolgen. Ist die Diagnose durch den behandelnden Arzt gesichert, kann der geschulte Arzt ein lokal wirksames Schmerzmittel mit einer Spritze mit feiner Kanüle vorsichtig direkt in die betroffene Region einbringen. Hierdurch kann der betroffene Nerv mittels Nervenblockade gezielt betäubt und somit die massiven, stechenden Schmerzen wirksam gelindert werden.
Operative Behandlung
Da die Kalkschulter oft spontan heilt, ist man mit der operativen Behandlung eher zurückhaltend. Während der Operation entfernt der Chirurg die Kalkdepots und erweitert den Raum unter dem Schulterdach (Akromion). Er führt diesen Eingriff in der Regel arthroskopisch (minimalinvasiv) durch.
Krankschreibung
Die Dauer der Krankschreibung richtet sich stark nach der individuell ausgeübten Tätigkeit des Betroffenen. Hierüber entscheidet der behandelnde Arzt im Einzelfall. Eventuelle Vorerkrankungen können die Heilungsdauer beeinflussen. Im Durchschnitt dauert die Krankschreibung bei einem eingeklemmten Nerv im Schulterblattbereich etwa eine bis drei Wochen, kann aber je nach Verlauf variieren.
Zusätzliche Informationen
Muskuläre Dysbalance
Unter muskulärer Dysbalance versteht man eine unausgeglichene Belastung verschiedener Muskelgruppen unter anderem am Schultergürtel bei alltäglichen und sportlichen Bewegungen. Daraus ergeben sich auf Dauer häufig Fehlbelastungen in den betroffenen Muskeln oder Gelenken. Diese können wiederum zu Beschwerden wie Schmerzen und/oder Abnutzungserscheinungen führen.
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Elektromyographie (EMG)
Unter der Elektromyographie (EMG) versteht man ein Verfahren zur Beurteilung der Funktion von Muskeln in Ruhe und unter Bewegung. Es dient im Wesentlichen der Feststellung von Erkrankungen der Muskulatur und deren Nervensystem. Über aufgeklebte Elektroden an der Haut des Patienten kann die elektrische Muskelaktivität (Muskeltonus) erfasst, auf einem Computer dargestellt und ausgewertet werden. In Folge einer Einklemmung eines Nerves an der Schulter können unter anderem Schädigungen der die Muskeln innervierenden Nervenfasern die Ursache für veränderte Muskelaktivitäten im EMG darstellen.
Wirbelsäulenvermessung
Die Wirbelsäulenvermessung dient als medizinisches Untersuchungsverfahren vor allem der Bestimmung von Symmetrie und Länge der Wirbelsäule. Mittels dreidimensionaler Rekonstruktion lassen sich Haltungsdiagramme erstellen und Fehlstellungen von Wirbelsäulen und Beckenknochen gezielt darstellen.
Gezielte Übungen
Gezielte Übungen können einer Einklemmung eines Nerven der Schulter durch Stärkung der betroffenen Muskulatur vorbeugen, die Therapie unterstützen und nach Therapieende einer erneuten Einklemmung entgegenwirken.
Übungsbeispiele
- Dehnung des seitlichen Nackens: Stehen oder sitzen Sie aufrecht. Neigen Sie den Kopf zur Seite, als würden Sie das Ohr zur Schulter führen, ohne die Schulter anzuheben.
- Brustdehnung: Stellen Sie sich in einen Türrahmen, die Arme in Schulterhöhe angewinkelt auf den Rahmen legen.
- Katze-Kuh-Übung: Gehen Sie in den Vierfüßlerstand.
- Seitliche Dehnung: Stellen Sie sich mit leicht gespreizten Beinen hin und stützen sich mit der gesunden Seite auf einem Tisch oder Stuhl ab.
- Plank: Gehen Sie in eine Plank-Position (Liegestütz-Position) oder auf die Knie.
- Theraband-Übung: Stehen Sie aufrecht und halten Sie ein Theraband mit beiden Händen fest.
Wie lange dauert ein eingeklemmter Nerv in der Schulter?
Wie lang die Beschwerden bei einem eingeklemmten Nerv andauern lässt sich pauschal meist nicht beurteilen, da die Dauer von vielen Faktoren abhängig ist. Bei den akuten Formen ist meist eine ruckartige Bewegung auslösend für die Beschwerden. Dadurch kommt es zur Blockierung in einem Wirbelgelenk und der Nerv wird eingeklemmt. Die Folge sind plötzliche starke Schmerzen. Durch eine adäquate Behandlung, bei der die Blockade wieder gelöst wird, können die Beschwerden sehr schnell beseitigt werden. Ganz anders sieht es dagegen bei der chronifizierten Form aus. Schuld ist ein ehemals eingeklemmter Nerv, bei dem durch Fehlhaltungen und eine schwach ausgeprägte Rückenmuskulatur die Symptome nicht kompensiert werden konnten. Der Verlauf kann über mehrere Monate bis Jahre gehen und die Symptome treten auch nach schmerzfreien Intervallen wieder auf.
Impingement-Syndrom der Schulter
Das Impingement-Schulter-Syndrom ist eine schmerzhafte Komprimierung von Muskeln, Sehnen oder Nerven im Bereich des Schultergelenks, genauer gesagt im Subakromialraum. Dabei handelt es sich um den Raum zwischen Schulterdach (Akromion) und Oberarmkopf. Hier verläuft die Supraspinatussehne, geschützt durch einen Schleimbeutel (Bursa subacromialis).
Ursachen und Risikofaktoren
Das Schultergelenk ist das beweglichste Gelenk des Körpers. Es wird durch den Kopf des Oberarms (Caput humeri) und die Gelenkfläche des Schulterblatts gebildet. Das Schulterblatt verfügt über einen knöchernen Vorsprung, das Akromion, welches den höchsten Punkt des Schultergelenks darstellt. Im Vergleich zum Hüftgelenk ist das Schultergelenk weitaus weniger durch knöcherne Strukturen geschützt. Es ist von vier manschettenartig angelegten Muskeln umgeben (Rotatorenmanschette).
Symptome
Im Frühstadium macht sich das Impingement-Schulter-Syndrom durch einen akut einsetzenden Schmerz bemerkbar. In Ruhe äußert er sich nur diskret, aber bei belastenden Tätigkeiten, besonders wenn diese über dem Kopf ausgeführt werden, verstärkt er sich.
Diagnose
Der richtige Ansprechpartner beim Verdacht auf ein Impingement-Syndrom der Schulter ist ein Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie. Er wird zunächst die Krankengeschichte erheben (Anamnese), indem er Ihnen verschiedene Fragen stellt. Im Anschluss wird der Arzt Sie körperlich untersuchen.
Klinische Tests
- Jobe-Test
- Impingement-Test nach Neer (Neer-Test)
- Hawkins-Test
Bildgebung
- Röntgenuntersuchung
- Ultraschall
- Kernspintomografie (MRT)
Behandlung
- Konservative Therapie: Schonen des Schultergelenks, Meiden von Belastungsfaktoren, medikamentöse Behandlung mit antientzündlichen Schmerzmitteln, physiotherapeutische Behandlung.
- Kausale Therapie: Operation zur Behandlung der Ursache der Erkrankung.
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