Nerv gerissen Schulter: Ursachen, Symptome und Behandlung

Ein Riss der Rotatorenmanschette, auch als Rotatorenmanschettenruptur bekannt, ist eine häufige Ursache von Schulterschmerzen und Bewegungseinschränkungen. Diese Verletzung betrifft die Sehnenhaube, die den Oberarmkopf im Schultergelenk umgibt und für die Stabilität und Beweglichkeit der Schulter verantwortlich ist. Statistiken zeigen, dass etwa 25 % der Fünfzigjährigen und etwa 50 % der Siebzigjährigen unter einem Riss der Rotatorenmanschette leiden, wobei Männer häufiger betroffen sind als Frauen.

Anatomie und Funktion der Schulter

Die Schulter ist eines der flexibelsten Gelenke des menschlichen Körpers. Sie besteht aus drei Hauptknochen: dem Oberarmknochen (Humerus), dem Schulterblatt (Scapula) und dem Schlüsselbein (Clavicula). Diese Knochen bilden zusammen das Schultergelenk, ein Kugelgelenk, das für seine weiten Bewegungsradien bekannt ist. Die Rotatorenmanschette, eine Ansammlung von vier Muskeln und ihren Sehnen, spielt eine zentrale Rolle in der Funktionsweise der Schulter. Sie stabilisiert das Gelenk und ermöglicht es, den Arm zu heben, zu drehen und eine Vielzahl von Bewegungen auszuführen. Zu den Muskeln der Rotatorenmanschette gehören:

  • Musculus supraspinatus (Obergrätenmuskel): Er umfasst den Oberarmkopf von oben und hat eine wesentliche Funktion für die Beweglichkeit des Arms. Er unterstützt die seitliche und vordere Armhebung und trägt wesentlich zur Schulterzentrierung bei.
  • Musculus infraspinatus (Untergrätenmuskel)
  • Musculus teres minor (kleiner Rundmuskel)
  • Musculus subscapularis (Unterschulterblattmuskel): Er liegt unten.

Eine Sehne ist eine robuste, aber flexible Bandstruktur aus kollagenem Bindegewebe, die dazu dient, Muskeln mit Knochen zu verbinden. Ihre Hauptaufgabe ist die Übertragung der durch Muskelkontraktion erzeugten Kräfte auf die Knochen, wodurch Bewegung ermöglicht wird. Sehnen sind für ihre hohe Zugfestigkeit und Fähigkeit zur Kraftübertragung bekannt, was sie zu einem wesentlichen Bestandteil des Bewegungsapparats macht.

Ursachen eines Sehnenrisses in der Schulter

Ein Sehnenriss in der Schulter kann durch verschiedene Faktoren verursacht werden, darunter:

  • Verletzungen: Eine plötzliche Verletzung, wie ein Sturz auf die Schulter oder das Heben eines schweren Gegenstands, kann zu einem Riss der Rotatorenmanschette führen. Typische Verletzungen, die zur Ruptur der Rotatorenmanschette führen, sind kraftvolles Abstützen, beispielsweise bei einem Sturz vom Fahrrad. Auch das Heben schwerer Gegenstände kann zu einer Verletzung der Rotatorenmanschette führen, vor allem wenn das Gewebe bereits degenerativ vorgeschädigt ist. Eine forcierte Rotation des Armes (Festhalten beim Absturz von einem Gerüst) oder ruckartiger Zug am Arm kann ebenfalls einen Sehnenriss verursachen.
  • Verschleiß: Im Laufe der Zeit können die Sehnen der Rotatorenmanschette durch wiederholte Überbelastung oder altersbedingten Verschleiß geschwächt werden. Dieser Sehnenverschleiß entsteht bei langanhaltender mechanischer Reizung unter dem Schulterdach im Rahmen des Engpasssyndroms (Impingement-Syndrom der Schulter). Mit zunehmendem Alter verlieren die Sehnen ihre Elastizität und Belastbarkeit, was sie anfälliger für Verletzungen macht.
  • Engpasssyndrom (Impingement-Syndrom): Neben der Verletzung der Rotatorenmanschette gibt es weitere Schädigungen der Schulter, die durch Enge unter dem Schulterdach entstehen. Einige Muskelsehnen verlaufen nämlich unter dem Gelenkdach der Schulter (subakromial) und werden so leicht zwischen dem Kopf des Oberarmknochens und dem knöchernen Gelenkdach eingeklemmt. Dies kann zu Reizungen, Entzündungen und Schädigungen der Sehnen führen.
  • Weitere Risikofaktoren: Rauchen, verschiedene Medikamente (wie Anabolika), hohe Blutfette (Hypercholesterinämie) und Tätigkeiten mit einer hohen Schulterbelastung können einen Riss der Schultersehnen begünstigen. Genetische, also anlagebedingte Faktoren können ebenso eine Rolle spielen wie eine schlechte Körperhaltung mit hängenden Schultern.

Symptome eines Sehnenrisses in der Schulter

Die Symptome eines Sehnenrisses an der Schulter können variieren, hängen aber oft von der betroffenen Sehne und dem Ausmaß des Risses ab. Die Intensität der Schmerzen kann von mild bis unerträglich reichen und ist oft ein limitierender Faktor für die alltäglichen Aktivitäten. Die ersten Anzeichen eines Sehnenrisses in der Schulter können subtil sein und sich allmählich verschlimmern. Zu den häufigsten Symptomen gehören:

Lesen Sie auch: Eingeklemmter Nerv: Ein umfassender Leitfaden

  • Schmerzen: Ein Riss der Rotatorenmanschette schränkt die Beweglichkeit der Schulter schmerzhaft ein. Die Schulterschmerzen beginnen oft vorne (ventral) oder seitlich (lateral) des Schulterdachs und strahlen ins Schulterblatt (Scapula) oder in die Muskeln des Oberarmes oder Unterarms aus. Abspreizen gegen einen Widerstand oder Drehbewegungen bzw. Belastung des Arms verstärken die Schmerzen. Häufig berichten Patienten von Ruheschmerzen - also Schmerzen, die unabhängig von Bewegung auftreten. Sie können dann nicht auf der betroffenen Schulter liegen oder schlafen.
  • Bewegungseinschränkungen: Ein Riss in der Rotatorenmanschette stellt eine gravierende Beeinträchtigung der Schulterfunktion dar. Die Beweglichkeit ist zudem häufig eingeschränkt - etwa beim Anheben des Oberarms nach vorne oder zur Seite. Außerdem bereiten längere Tätigkeiten über Kopf Beschwerden, und auch die Kraft in der Schulter lässt allmählich nach.
  • Kraftverlust: Die gestörte Funktion der Schulter ist abhängig von dem geschädigten Hauptanteil der Sehne sowie den möglichen Kompensationsmechanismen der benachbarten Sehnenanteile.
  • Weitere Symptome: Kleine Risse der Rotatorenmanschette können symptomfrei sein oder nur für kurze Zeit schmerzen. Größere Risse gehen oft mit einem spürbaren Schnappen im Schultergelenk einher. Besonders wenige Schulterschmerzen treten bei verschleißbedingter Erkrankung des Schultergelenks (Omarthrose) auf.

Diagnose eines Sehnenrisses in der Schulter

Eine frühzeitige Diagnose von Schulterschäden ist wichtig, um schwereren Verläufen und Komplikationen vorzubeugen. Die Diagnose eines Sehnenrisses in der Schulter beginnt üblicherweise mit einer ausführlichen Anamnese und einer körperlichen Untersuchung, bei der der Arzt die Schmerzbereiche, die Beweglichkeit und die Kraft der Schulter prüft. Um dem Verdacht auf einen Sehnenriss in der Schulter nachzugehen, wird der Arzt Sie untersuchen. Dazu machen Sie Ihren Oberkörper frei. Bereits beim Ausziehen des Oberteils fallen dem Arzt mögliche Bewegungsschwierigkeiten auf. Beim Blick auf die betroffene Region bemerkt der Arzt Veränderung, wie zum Beispiel die Entrundung der Schulter (das sogenannte Epauletten-Phänomen, bei dem die Form der Schulter an das Schulterstück einer Uniform erinnert). Beim Abtasten identifiziert er Schmerzpunkte und stellt eventuelle Unregelmäßigkeiten fest. Danach testet der Arzt die Bewegungsfähigkeit der Schulter und vergleicht diese mit der (gesunden) Gegenseite. Um herauszufinden, welche Muskelsehne betroffen ist, führt der Arzt verschieden Provokationstests durch. Je nach Art der Arm- und Schulterhaltung sowie der Bewegung erkennt der Arzt die betroffene Muskelsehne (unter anderem durch den Jobe-, Lift-off- oder Belly-press-Test).

Zusätzlich zur körperlichen Untersuchung können bildgebende Verfahren eingesetzt werden, um die Diagnose zu bestätigen und das Ausmaß des Risses zu beurteilen:

  • Ultraschall (Sonografie): Bei Verdacht auf einen Sehnenriss in der Schulter wird zunächst eine Ultraschalluntersuchung der Schulter durchgeführt. Während der Untersuchung begutachtet der Arzt das Gelenk in verschiedenen Positionen und während der Bewegung. Wenn der Sehnenverlauf nicht nachvollziehbar ist, sich untypisch darstellt oder sich trotz Bewegung nicht verändert, erhärtet sich der Verdacht auf einen Sehnenriss.
  • Magnetresonanztomografie (MRT): Die MRT ist das genaueste Bildgebungsverfahren für die Diagnose von Sehnenrissen. Sie liefert detaillierte Bilder der weichen Gewebe, einschließlich Sehnen und Muskeln, und kann auch kleinste Risse erkennen. Allerdings erfolgt die Aufnahme nur in einer Gelenkposition (statisch), sodass keine Bewegungen aufgezeichnet werden. Die Magnetresonanztomographie (MRT) der Schulter ist eine hochmoderne bildgebende Technik, die detaillierte Bilder der Weichteilstrukturen innerhalb und um die Schulter herum liefert. Dieses Verfahren ist besonders wertvoll, da es nicht nur Sehnenrisse, sondern auch begleitende Schäden an Muskeln, Bändern und Knorpeln sichtbar macht. Während der Untersuchung liegt der Patient auf dem Rücken in einem großen Magnetresonanztomographen. Die Schulter muss ruhig gehalten werden, um klare Bilder zu erhalten.
  • Röntgen: Im Röntgenbild werden Sehnen nicht dargestellt. Erkennen lässt sich darauf nur ein eventueller Knochenschaden, der mitunter zusätzlich mit einem Sehnenriss (Schulter) einhergeht. Die Röntgenuntersuchung ist erst in fortgeschrittenen Stadien der Rotatorenmanschettenruptur aussagekräftig. Sie zeigt ein Höhertreten des Oberarmkopfes.

Behandlung eines Sehnenrisses in der Schulter

Die Behandlung eines Sehnenrisses an der Schulter variiert je nach Schweregrad des Risses und den individuellen Bedürfnissen des Patienten. Wichtig ist die Wahl des richtigen Therapieverfahrens. Es stehen konservative und operative Therapien zur Verfügung. Ziel jeder Therapie ist die Schmerzverminderung und die Verbesserung der Gelenkfunktion. Danach plant der behandelnde Arzt zusammen mit dem Patienten die Therapie und entscheidet, ob eine Operation angezeigt ist oder nicht.

Konservative Behandlung

Eine konservative Behandlung wird bei einem nicht-unfallbedingten, langsam entstehenden Sehnenriss in der Schulter erwogen. Besonders gut geeignet ist diese Behandlungsform bei Patienten, die nur eingeschränkt aktiv sind, sowie bei einer sogenannten "Frozen Shoulder" (Schultersteife). Meist unterteilt man die Behandlung in drei Phasen:

  1. Zunächst werden die Schmerzen und Entzündungsprozesse in der Schulter gelindert, etwa mit Medikamenten und/oder einer Kältebehandlung. Eventuell spritzt der Arzt auch Kortison in das Gelenk. Manchmal wird dazu Kortison direkt ins Gelenk gespritzt. Eine strikte Ruhigstellung wird aufgrund der Gefahr einer Gelenkversteifung nicht empfohlen.
  2. Im zweiten Schritt beginnt der Patient ein langsames Aufbautraining, um die Stabilität des Schultergelenks zu sichern und einem Muskelabbau entgegenzuwirken. Stattdessen wird bereits in der frühen Phase der Behandlung die frühfunktionale Physiotherapie ("Schulterschule") geplant und begonnen.
  3. Zuletzt steigert er das Training kontinuierlich. So ist der Betroffene in der Lage, die für den Alltag, den Sport oder die Arbeit nötigen Bewegungen wieder auszuüben.

Ein frühes Stabilisations- und Aufbautraining ist essenziell, um Muskelabbau und Gelenkversteifungen zu verhindern und die Beweglichkeit der Schulter schnell wieder herzustellen. Gelegentlich dauert es aber bis zu sechs Monaten, bis die Schulter wieder voll belastbar ist. Wenn die Schmerzen weiter bestehen oder nach anfänglicher Besserung wieder stärker werden, suchen Sie erneut Ihren Arzt auf. Dann ist manchmal eine Operation notwendig.

Lesen Sie auch: Symptome und Behandlungsmethoden bei eingeklemmtem Nerv

Weitere konservative Maßnahmen können sein:

  • Kälteanwendungen: Regelmäßige Anwendung von Eis auf die betroffene Schulter kann helfen, Entzündungen und Schwellungen zu reduzieren. Sofort nach der Verletzung sollte eine Eispackung oder ein Kältepack auf die betroffene Stelle aufgelegt werden, um die Schmerzen und Schwellungen zu reduzieren.
  • Ruhigstellung: Die Schulter sollte ruhiggestellt werden, um weitere Belastungen zu vermeiden.

Operative Behandlung

Bei einer unfallbedingten Ruptur empfiehlt der Arzt fast immer die minimalinvasive Naht der Rotatorenmanschette durch eine kleine Operation. Hat die konservative Therapie über sechs bis zwölf Wochen keinen Erfolg gezeigt oder ist eine Schultersehne zu mehr als der Hälfte oder gar vollständig gerissen, sollte operiert werden. Eine Selbstheilung ist beispielsweise bei einer vollständig gerissenen Sehne so gut wie ausgeschlossen, da diese durch die Muskelspannung zurückgezogen wird. In der Folge kann der nicht mehr belastete Muskel verkümmern, was nach vielen Monaten einen unwiederbringlichen Verlust des Muskels bedeuten könnte. Grundsätzlich sprechen ein jüngeres Alter sowie ein guter Zustand des fleischigen Muskelbauchs und der zugehörigen Sehne für eine Operation.

Die Operation der Rotatorenmanschettenruptur erfolgt in Abhängigkeit von Lage, Größe, Alter der Verletzung und der Beschwerden offen oder arthroskopisch. Der Operateur näht im Frühstadium den Riss einer Sehne der Rotatorenmanschette in einer Arthroskopie. Die Wiederverankerung der Sehne stellt die Funktion der Rotatorenmanschette wieder her.

  • Arthroskopische Chirurgie: Diese minimal-invasive Methode wird häufig verwendet, um kleinere Risse zu reparieren. Bei beiden operativen Methoden werden die gerissenen Sehnen verschlossen oder der Riss verkleinert. In einer Studie wurde herausgefunden, dass die operative Reparatur eines gerissenen langen Bizepssehnenkopfes effektiver als eine nichtoperative Behandlung ist, um die Kraft und Funktion in der Schulter bis zu 15 Jahre nach der Verletzung zu erhalten. Der Eingriff kann heutzutage in den meisten Fällen rein arthroskopisch (endoskopisch minimal invasiv) durchgeführt werden unter Verwendung von Miniatur-Fadenankern aus Titan oder resorbierbaren Materialien. Die aus meiner Sicht erfolgreichste Rekonstruktionsmethode ist die endoskopische Double-Row- oder Doppelreihentechnik (auch Suture-Bridge, bzw. Speed-Bridge genannt).

Nachbehandlung

Die Nachbehandlung ist meist sehr langwierig: Es kann bis zu sechs Monate dauern, bis die Schulter wieder voll belastbar ist. Nach der Operation wird die Schulter für sechs Wochen in einem Kissen oder einem Verband ruhiggestellt. Während dieser Zeit sind nur passive Bewegungsübungen möglich. Erst danach, wenn der Heilungsprozess eine leichte Belastung zulässt, kann mit aktiven Bewegungsübungen unter krankengymnastischer Anleitung begonnen werden. Eine Steigerung der Schulterbelastung ist erst ab der zwölften Woche möglich. Extremen Belastungen wie beispielsweise Klettern standzuhalten oder schwere Lasten zu heben, kann bis zu einem halben Jahr dauern. Dennoch gilt es, die Geduld nicht zu verlieren und die Belastung sinnvoll und in Maßen zu steigern.

Prognose

Eine allgemeine Aussage zur Prognose bei einem Sehnenriss in der Schulter lässt sich nur schwer treffen. Entscheidend ist zum Beispiel, welche Sehne in welchem Ausmaß betroffen ist. Nach konservativer Behandlung klagen mehr als 50 Prozent der Betroffenen über eine dauerhafte Muskelverkleinerung und fast alle Patienten über eine zumindest geringe Schwäche im Schulterbereich. Generell ist das Risiko einer Re-Ruptur (eines erneuten Reißens) nach einer Operation umso größer, je schwieriger die Rekonstruktion der Sehne und je größer der Riss war. Durch die Behandlung bei ausgewiesenen Schulterspezialisten wird die Prognose, vor allem bei einer operativen Versorgung, häufig deutlich verbessert. Essenziell für den Erhalt von Funktion und Kraft ist in jedem Fall eine frühfunktionelle Rehabilitation nach einem Sehnenriss in der Schulter.

Lesen Sie auch: Behandlungsmöglichkeiten bei eingeklemmtem Nerv

tags: #Nerv #gerissen #Schulter #Ursachen #Symptome #Behandlung