Ein eingeklemmter Nerv kann äußerst unangenehm sein und den Alltag erheblich beeinträchtigen. Die Schmerzen können plötzlich einschießend sein, begleitet von Taubheitsgefühlen oder Kribbeln. Doch was genau passiert, wenn ein Nerv eingeklemmt wird und was kann man dagegen tun? Dieser Artikel gibt einen umfassenden Überblick über Ursachen, Symptome und Behandlungsmöglichkeiten.
Die Nervenbahn entlang der Wirbelsäule: Das Rückenmark
Um zu verstehen, was bei einem eingeklemmten Nerv passiert, ist es wichtig, die Nervenbahnen im Körper zu kennen. Das Rückenmark, eine Nervenbahn entlang der Wirbelsäule, fungiert als Schaltstelle. Es leitet Informationen vom Gehirn als Befehle an den Körper weiter, die dann als Bewegungen ausgeführt werden.
Das Rückenmark ist Teil des zentralen Nervensystems und empfängt Informationen von Nervenzellen der inneren Organe, der Haut, der Gelenke, der Sehnen und der Muskeln. Diese Informationen werden an das Gehirn weitergeleitet und dort verarbeitet. Der gleiche Prozess erfolgt umgekehrt, vom Gehirn zu den betroffenen Körperregionen.
Das Rückenmark verläuft durch den knöchernen Wirbelkanal von der Schädelbasis bis zum ersten oder zweiten Lendenwirbel und hat einen Durchmesser von etwa einem Zentimeter. In voller Länge bildet es eine 40 bis 45 Zentimeter lange Nervenbahn bei einem Erwachsenen.
Vom Rückenmark zweigen sich Spinalnerven ab, die paarweise durch die rechten und linken Zwischenwirbellöcher den Wirbelkanal verlassen. Insgesamt werden 31 Nervenpaare gebildet, die sowohl motorische als auch sensible Anteile enthalten. Die sensiblen Anteile betreffen die Empfindung, die motorischen Anteile die Bewegung. Wichtige Informationen werden im Hinterhorn, dem sensiblen hinteren Bereich des Rückenmarks, übertragen. Sie enthalten Informationen von Muskeln, Geweben und inneren Organen am Rückenmark. Motorische Nervenfasern verlassen das Rückenmark im Bereich des Vorderhorns.
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Ein wichtiger Nervenstrang ist der Ischiasnerv, der je nach Körpergröße etwa 90 cm lang ist und von den Beinen bis zu den Zehen zieht. Nervengewebe ist bis zu einer physiologischen Grenze dehn- und verschiebbar, wodurch es sich den Körperbewegungen anpassen kann. Eine gute Durchblutung ist wichtig für eine ungestörte Nervenfunktion.
Wie äußert sich ein eingeklemmter Nerv? Symptome und Beschwerden
Ein eingeklemmter Nerv kann sich auf verschiedene Arten bemerkbar machen, von einer kleinen Verspannung bis hin zu einer kompletten Einschränkung der Beweglichkeit. Da der Körper von Nervenbahnen durchzogen ist, kann es überall zu einem eingeklemmten Nerv kommen. Die Beschwerden hängen davon ab, wo der Nerv eingeklemmt ist.
Typische Symptome sind:
- Taubheitsgefühle oder Kribbeln
- Einschlafen von Armen in liegender Position
- Schmerzen (die Qualität der Empfindungen kann variieren)
- Funktionsausfälle durch anhaltende Reizung (z. B. durch dauerhaften Druck oder Überbelastung)
- Stechender oder brennender Schmerz im Schulterbereich
- Muskelschwäche, vor allem beim Heben oder Anheben des Arms
- Bewegungseinschränkungen, z. B. bei Überkopfarbeiten
- Verändertes Empfinden wie Kälte-, Druck- oder Berührungsstörungen
- Schmerzen im Rücken, die in Po und Beine ausstrahlen können
- Taubheitsgefühle bis hin zu Lähmungserscheinungen in den Beinen
- Stechender Schmerz im Brustkorb, der nur an einer Stelle oder gürtelförmig um den Brustkorb herum auftritt
- Kribbeln und Taubheitsgefühle in den Händen, wie bei einer eingeschlafenen Hand
- Verlust des Tastsinns
- Probleme beim Greifen
Mögliche Ursachen für einen eingeklemmten Nerv
Ein eingeklemmter Nerv kann verschiedene Ursachen haben. Dazu gehören:
- Fehlhaltungen im Alltag
- Falsche Bewegungen, z. B. falsche Schlafposition, fehlerhafte Ausführung beim Sport oder bei der Gartenarbeit
- Verspannte Muskulatur
- Erkrankungen, z. B. Bandscheibenvorfälle oder Spinalkanalstenose
- Muskelverspannungen, die durch fehlerhafte Körperhaltung im Alltag (insbesondere am Arbeitsplatz) oder fehlerhafte Bewegungen beim Sport entstehen können
- Umfangsvermehrungen von Gewebe, egal ob gutartig oder bösartig, die zu einer Einengung von Nerven führen können
- Degenerative Veränderungen wie Arthrose oder Osteoporose
- Verletzungen im Bereich der Wirbel durch Stürze oder Unfälle
- Schlechte Schlafhaltung oder seelischer Stress (vertebrale Subluxation)
Meist sind weiche Strukturen wie Gewebe oder Muskeln für die Beeinträchtigung verantwortlich. Durch Druck wird der Nerv eingeklemmt, was zu Entzündungen und Reizungen führt.
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Detaillierte Betrachtung einiger Ursachen
- Muskelverspannungen: Häufig durch fehlerhafte Körperhaltung oder ungünstige Bewegungen beim Sport.
- Bandscheibenvorfall: Vor allem im Bereich des Nackens und unteren Rückens. Bei einem akuten Bandscheibenvorfall drücken die Nerven durch die falsche Position auf die umliegenden Nerven.
- Spinalkanalstenose: Eine Verengung des Wirbelkanals, die Druck auf das Rückenmark oder die Nerven ausübt.
- Ischiasnerv: Verspannte Muskeln können den Ischiasnerv reizen und Schmerzen im Rücken verursachen, die bis ins Bein ziehen.
- Karpaltunnelsyndrom: Ein Nerv im Handgelenk wird eingeklemmt, was zu Kribbeln und Taubheitsgefühlen in den Händen führt.
- Sulcus-ulnaris-Syndrom: Ein Nerv im Bereich des Ellenbogens ist eingeklemmt.
- Spondylarthrose: Verschleiß der Zwischenwirbelgelenke, der zu einer verminderten Höhe eines Wirbelsäulenabschnittes führt.
- Wirbelbrüche: Können durch Unfälle, Gewalteinwirkung oder Erkrankungen wie Osteoporose entstehen und das Rückenmark gefährden.
Was tun bei einem eingeklemmten Nerv? Behandlungsmöglichkeiten
Die Behandlung eines eingeklemmten Nervs zielt darauf ab, die Ursache zu beheben, den Druck auf den Nerv zu reduzieren und die Symptome zu lindern. Es gibt verschiedene konservative und operative Behandlungsmöglichkeiten.
Konservative Behandlung
In den meisten Fällen kann ein eingeklemmter Nerv konservativ behandelt werden, also ohne Operation. Wichtig ist, dass die Therapie auf die genaue Ursache abgestimmt wird.
- Schmerztherapie: Medikamente (z. B. Ibuprofen, Voltaren oder Novalgin), Infiltrationen, Wärme, Elektrotherapie.
- Physiotherapie & manuelle Mobilisation: Entlastung verspannter Muskelgruppen, Bewegungsaufbau, Haltungs- & Bewegungsschulung.
- Neurodynamische Übungen (Nervengleitübungen): Gezielte Bewegung zur Förderung der Nervenmobilität.
- Alltagsanpassung & ergonomische Beratung: Arbeitsplatzoptimierung oder Sportmodifikation.
- Wärmebehandlung: Hilft, verspannte Muskulatur zu lockern und den eingeklemmten Nerv zu entlasten.
- Massage und Gymnastik: Können helfen, Verspannungen zu lösen und die Muskulatur zu lockern.
- Rückenschule: Bei einem leichten Bandscheibenvorfall oder einer Spinalkanalstenose.
- Achten Sie auf eine rückenschonende Haltung im Alltag. Dabei ist es besonders wichtig, sich am Arbeitsplatz auf eine korrekte Körperhaltung zu konzentrieren.
- Übergewicht vermeiden beziehungsweise Normalgewicht halten.
Übungen bei eingeklemmtem Nerv
Gezielte Bewegung ist ein wichtiger Bestandteil der Therapie. Die Übungen sollten sanft, regelmäßig und symptomorientiert durchgeführt werden.
- Armkreisen im Stand: Verbessert die Beweglichkeit, fördert die Durchblutung unter dem Schulterdach und lockert verspannte Muskulatur.
- Wandengleiten mit dem Unterarm: Fördert die Gleitfähigkeit des Nervs, öffnet den Raum unter dem Schulterdach und verbessert die Schulterkoordination.
- Schulterpendel im Stand (nach Codman): Entlastet das Schultergelenk, reduziert Muskelspannung und fördert die Gelenkflüssigkeit.
- Lege dich in Rückenlage auf eine Matte, stelle deine Beine nun angewinkelt auf und positioniere deine Arme in einer U-Haltung neben dem Kopf. Hebe den Kopf leicht an. Löse deinen Kopf vom Boden und hebe auch die Arme in U-Haltung an.
- Lege sich in Rückenlage auf eine Matte und ziehe deine Beine in Richtung Brust. Oberkörper und Kopf liegen dabei entspannt auf der Matte.
Wann ist eine Operation notwendig?
Eine Operation kommt nur infrage, wenn:
- der Nerv dauerhaft komprimiert ist
- neurologische Ausfälle bestehen
- konservative Therapien nach 6-12 Wochen keine Wirkung zeigen
Moderne minimalinvasive Verfahren bieten gute Chancen, die Nervenstrukturen gezielt zu entlasten.
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Alltagstipps & Ergonomie
- Arbeitsplatz anpassen: Ergonomische Sitzposition, Bildschirm auf Augenhöhe, Unterarme im 90-Grad-Winkel aufstützen, Rücken anlehnen.
- Schultergurt vermeiden: Taschen oder Rucksäcke mit nur einem Gurt können Druck auf die Nervenbahnen ausüben.
- Kein ständiges Smartphone-Klemmen: Nutzen Sie lieber Headsets oder Lautsprecherfunktionen.
- Schulterschonende Schlafposition: Seitenschläfer sollten auf ein ausreichend hohes Kissen achten. Rückenlage ist oft die schonendste Variante.
- Reizfreie Belastung statt Schonhaltung: Leichte Mobilisation, Wärme und Pausen in belastenden Tätigkeiten.
Sofortmaßnahmen bei einem eingeklemmten Nerv
- Wärme: Ein warmes Bad oder Rotlicht helfen, die Muskulatur zu lösen.
- Lockeres Stretching/Dehnen: Sanfte Yoga-Bewegungen und Dehnübungen.
- Bewegung statt Sitzen: Laufen mit entspannter Körperhaltung.
- Tapen: Kinesio-Tapes können helfen, die betroffene Muskelpartie zu entspannen.
- Massieren: Eine professionelle Massage kann der verspannten Körperpartie guttun.
- Schmerzmittel: Kurzfristig sinnvoll, um nicht in eine Schonhaltung zu verfallen.
- Langsame und tiefe Bauchatmung: Hilft, den Parasympathikus zu aktivieren und die Muskulatur zu entspannen.
Wann sollte man zum Arzt gehen? Warnzeichen
Nicht jeder Schmerz im Schulter- oder Nackenbereich ist ein Notfall. Es gibt jedoch Warnsignale, bei denen eine ärztliche Abklärung dringend angeraten ist:
- Taubheitsgefühle oder Kribbeln, die länger als 48 Stunden anhalten
- Zunehmende Muskelschwäche, z. B. beim Anheben des Arms
- Nächtliche Schmerzen, die die Schlafqualität deutlich beeinträchtigen
- Fehlstellungen oder Bewegungseinschränkungen, die sich trotz Entlastung nicht bessern
- Schmerzen nach einem Unfall
Je früher strukturelle Probleme erkannt werden, desto besser lassen sie sich behandeln - oft sogar ohne Operation.
Vorbeugende Maßnahmen
Ein eingeklemmter Nerv kann lästig sein. Daher sollte man vorbeugende Maßnahmen treffen:
- Ergonomie am Arbeitsplatz: Eine ergonomische Gestaltung des Arbeitsplatzes hilft, eingeklemmten Nerven vorzubeugen.
- Regelmäßige Bewegung: Körperliche Aktivität beugt Verspannungen vor und stärkt die Muskulatur.
- Stressmanagement: Muskelverspannungen können durch Stress begünstigt werden.
- Übergewicht reduzieren: Ein gesundes Körpergewicht entlastet die Wirbelsäule und verhindert zusätzlichen Druck auf Nerven.
- Starke Belastung vermeiden: Ein gereizter oder eingeklemmter Nerv sollte entlastet werden.
- Vorsichtig bewegen: Ruckartige Bewegungen sind bei einem eingeklemmten Nerv schmerzhaft.
- Fehlhaltungen vermeiden: Sich gar nicht mehr zu bewegen, ist allerdings auch keine Lösung, denn Schonhaltungen können zu weiteren Problemen führen.
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