Die Trigeminusneuralgie ist eine äußerst schmerzhafte Erkrankung, die durch blitzartig einschießende Schmerzattacken im Gesicht gekennzeichnet ist. Diese Attacken können durch alltägliche Reize wie Niesen, Kauen, Sprechen oder sogar einen leichten Luftzug ausgelöst werden. Die Erkrankung betrifft den Trigeminusnerv, auch Drillingsnerv genannt, der für die Weiterleitung von Berührungs- und Schmerzempfindungen im Gesicht zuständig ist.
Was ist eine Trigeminusneuralgie?
Die Trigeminusneuralgie äußert sich durch heftige, einseitige Gesichtsschmerzen, die meist nur wenige Sekunden andauern, aber über Tage oder Wochen immer wieder auftreten können. Die Schmerzen werden oft als brennend, stromstoßartig oder elektrisierend beschrieben und erreichen auf einer Schmerzskala von 1 bis 10 fast immer den höchsten Wert. Begleitende Symptome können Muskelzuckungen im Gesicht (Tic Douloureux), Hautrötungen und Augentränen sein.
Die Trigeminusneuralgie wird in zwei Hauptformen unterteilt:
- Klassische (idiopathische) Trigeminusneuralgie: Hierbei ist die Ursache meist ein pathologischer Kontakt zwischen dem Trigeminusnerv und einem Blutgefäß, typischerweise der Arteria cerebelli superior. Dieser Kontakt führt zu einer Irritation der Nervenwurzel im Kleinhirnbrückenwinkel.
- Symptomatische (sekundäre) Trigeminusneuralgie: Diese Form wird durch andere Erkrankungen verursacht, die den Nerv reizen oder schädigen. Dazu gehören Multiple Sklerose, Tumoren, Bindegewebserkrankungen oder angeborene Fehlbildungen von Blutgefäßen.
In einigen Fällen lässt sich keine eindeutige Ursache für die Gesichtsschmerzen finden. Dann spricht man von einer idiopathischen Trigeminusneuralgie.
Symptome der Trigeminusneuralgie
Das Hauptsymptom der Trigeminusneuralgie sind plötzlich einsetzende, heftige Schmerzen im Gesicht. Diese Schmerzen treten typischerweise einseitig auf und können in verschiedenen Bereichen des Gesichts lokalisiert sein, abhängig davon, welcher Ast des Trigeminusnervs betroffen ist:
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- Augenast (V1): Stirn und Augen
- Oberkieferast (V2): Oberkiefer, Wange und Oberlippe
- Unterkieferast (V3): Unterkiefer, Wange und Unterlippe
Die Schmerzen werden oft als blitzartig einschießend, stechend oder brennend beschrieben. Sie können durch bestimmte Reize ausgelöst werden, die als Trigger bezeichnet werden. Zu den häufigsten Triggern gehören:
- Leichte Berührungen im Gesicht
- Kauen
- Sprechen
- Zähneputzen
- Rasieren
- Kalter Luftzug
Zwischen den Schmerzattacken können schmerzfreie Phasen liegen. Die Abstände zwischen den Attacken können sich jedoch mit der Zeit verkürzen, und es kann sich auch ein dumpfer Dauerschmerz einstellen.
Ursachen der Trigeminusneuralgie
Die genauen Ursachen der Trigeminusneuralgie sind noch nicht vollständig verstanden. Bei der klassischen Form der Trigeminusneuralgie wird angenommen, dass ein Kontakt zwischen einem Blutgefäß und dem Trigeminusnerv die Ursache ist. Dieser Kontakt führt zu einer Irritation und Schädigung der schützenden Nervenhülle (Myelinscheide), wodurch der Nerv leichter erregbar wird.
Bei der symptomatischen Trigeminusneuralgie können verschiedene Erkrankungen den Nerv reizen oder schädigen. Dazu gehören:
- Multiple Sklerose: Die Schädigung der Myelinscheide im Bereich der Eintrittsstelle der Nervenwurzel kann zu Schmerzattacken führen.
- Tumoren: Tumoren, die auf den Nerv drücken, können ebenfalls eine Trigeminusneuralgie verursachen.
- Gefäßfehlbildungen: Angeborene Fehlbildungen von Blutgefäßen können Druck auf den Nerv ausüben.
- Bindegewebserkrankungen: In seltenen Fällen können auch Bindegewebserkrankungen eine Trigeminusneuralgie verursachen.
Diagnose der Trigeminusneuralgie
Die Diagnose der Trigeminusneuralgie basiert in erster Linie auf der Anamnese des Patienten und einer gründlichen körperlichen Untersuchung. Der Arzt wird Fragen zu den Schmerzen stellen, wie z. B.:
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- Wie lange dauern die Schmerzen an?
- Wie oft treten die Schmerzen auf?
- Wo genau im Gesicht treten die Schmerzen auf?
- Welche Reize lösen die Schmerzen aus?
- Gibt es Begleitsymptome?
Bei der körperlichen Untersuchung wird der Arzt das Empfindungsvermögen im Gesicht testen und andere neurologische Untersuchungen durchführen, um andere mögliche Ursachen für die Gesichtsschmerzen auszuschließen.
Eine Magnetresonanztomographie (MRT) des Gehirns kann durchgeführt werden, um andere Erkrankungen wie Tumoren oder Multiple Sklerose auszuschließen. Eine spezielle MRT-Sequenz, die CISS-Sequenz (constructive interference in steady-state), kann verwendet werden, um einen Gefäß-Nerven-Kontakt zu erkennen.
Es ist wichtig, die Trigeminusneuralgie von anderen Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen zu unterscheiden, wie z. B.:
- Postzosterische Neuralgie
- Cluster-Kopfschmerz
- Kraniomandibuläre Dysfunktion
- Trigeminusneuropathie
Behandlung der Trigeminusneuralgie
Die Behandlung der Trigeminusneuralgie zielt darauf ab, die Schmerzen zu lindern und die Häufigkeit der Schmerzattacken zu reduzieren. Es gibt verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, die je nach Ursache und Schweregrad der Erkrankung eingesetzt werden können.
Medikamentöse Therapie
Die medikamentöse Therapie ist in der Regel die erste Wahl bei der Behandlung der Trigeminusneuralgie. Antiepileptika wie Carbamazepin und Oxcarbazepin sind die am häufigsten verwendeten Medikamente. Sie wirken, indem sie die Erregbarkeit der Nervenzellen reduzieren und so die Schmerzattacken verhindern.
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Die Dosierung der Medikamente wird langsam gesteigert, bis sie gut wirken und möglichst wenige Nebenwirkungen verursachen. Häufige Nebenwirkungen sind Müdigkeit, Schwindel, Übelkeit und allergische Reaktionen.
Andere Medikamente, die bei der Behandlung der Trigeminusneuralgie eingesetzt werden können, sind:
- Baclofen
- Gabapentin
- Pregabalin
- Amitriptylin
Herkömmliche Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure (ASS), Ibuprofen oder Paracetamol sind bei einer Trigeminusneuralgie in der Regel nicht wirksam, da die Schmerzattacken zu kurz sind. Selbst starke Schmerzmittel wie Opioide haben oft keine Wirkung.
Operative Eingriffe
Wenn die medikamentöse Therapie nicht ausreichend wirksam ist oder zu starke Nebenwirkungen verursacht, können operative Eingriffe in Betracht gezogen werden. Es gibt verschiedene operative Verfahren, die bei der Behandlung der Trigeminusneuralgie eingesetzt werden können:
Mikrovaskuläre Dekompression (MVD): Dieses Verfahren wird durchgeführt, wenn ein Gefäß auf den Trigeminusnerv drückt. Bei der Operation wird der Schädel geöffnet und das Gefäß von dem Nerven wegverlagert. Zwischen Gefäß und Nerv wird ein kleines Polster aus Teflonmaterial eingebracht, um einen erneuten Kontakt zu verhindern. Die mikrovaskuläre Dekompression gilt als wirksame Wahl, wenn ein Kontakt zwischen Trigeminusnerv und Blutgefäß besteht. Der Eingriff soll diesen Kontakt unterbrechen und den Druck auf den Nerv lösen. Diese Operation bietet eine ca. 85 %ige Chance auf dauernde Schmerzfreiheit.
Perkutane Verfahren: Bei diesen Verfahren wird der Trigeminusnerv im Bereich des Ganglion Gasseri (einem Nervenknoten an der Schädelbasis) gezielt geschädigt, um die Schmerzweiterleitung zu unterbrechen. Es gibt verschiedene perkutane Verfahren:
- Thermokoagulation: Hierbei werden Nervenfasern mit Hilfe von Wärme (Radiofrequenz-Ablation) zerstört.
- Glyzerolrhizotomie: Hierbei wird Glyzerin in das Ganglion Gasseri injiziert, um die Nervenfasern zu schädigen.
- Ballonkompression: Hierbei wird ein Ballon in das Ganglion Gasseri eingeführt und aufgeblasen, um die Nervenfasern zu komprimieren.
Radiochirurgie (Gamma Knife): Bei diesem Verfahren wird der Trigeminusnerv mit hochdosierter Strahlung bestrahlt, um die Schmerzweiterleitung zu unterbrechen. Die Bestrahlung erfolgt mit dem sogenannten GammaKnife oder dem CyberKnife.
Die Wahl des geeigneten operativen Verfahrens hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z. B. dem Alter und Gesundheitszustand des Patienten, der Ursache der Trigeminusneuralgie und den individuellen Präferenzen des Patienten.
Alternative Therapien
Einige Patienten mit Trigeminusneuralgie berichten von einer Linderung ihrer Schmerzen durch alternative Therapien wie Akupunktur, Chiropraktik oder Homöopathie. Es gibt jedoch nur wenige wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit dieser Therapien.
Psychotherapie
Dauerhafte Schmerzen können auch psychisch stark belasten. Eine Psychotherapie kann helfen, mit den Schmerzen umzugehen und die Lebensqualität zu verbessern.
Verlauf der Trigeminusneuralgie
Die Trigeminusneuralgie tritt typischerweise in Phasen auf. Das bedeutet, dass sich Phasen mit häufigen Schmerzattacken mit Phasen abwechseln, in denen keine oder nur wenige Schmerzen auftreten. Der Verlauf der Erkrankung ist individuell sehr unterschiedlich. Bei einigen Patienten verschwinden die Schmerzen nach einer Behandlung dauerhaft, während sie bei anderen Patienten immer wiederkehren können.
Leben mit Trigeminusneuralgie
Die Trigeminusneuralgie kann das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen. Die heftigen Schmerzen können zu sozialer Isolation, Depressionen und Angstzuständen führen. Es ist wichtig, sich von einem Arzt oder Therapeuten beraten und behandeln zu lassen, um die bestmögliche Lebensqualität zu erreichen.
Einige Tipps für das Leben mit Trigeminusneuralgie:
- Vermeiden Sie Trigger, die Schmerzattacken auslösen können.
- Führen Sie ein Schmerztagebuch, um die Schmerzen und Trigger besser zu dokumentieren.
- Nehmen Sie regelmäßig Ihre Medikamente ein.
- Suchen Sie sich Unterstützung bei anderen Betroffenen oder in einer Selbsthilfegruppe.
- Sprechen Sie mit Ihrem Arzt oder Therapeuten über Ihre Ängste und Sorgen.
Aktuelle Forschung zur Trigeminusneuralgie
Die Forschung zur Trigeminusneuralgie istOngoing. Wissenschaftler arbeiten daran, die Ursachen der Erkrankung besser zu verstehen und neue Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln. Einige aktuelle Forschungsbereiche sind:
- Genetische Faktoren, die die Entstehung einer Trigeminusneuralgie beeinflussen könnten
- Neue Medikamente, die gezielter auf die Schmerzentstehung wirken
- Verbesserte operative Verfahren, die weniger invasiv sind und bessere Ergebnisse erzielen
- Die Rolle von Entzündungen bei der Entstehung der Trigeminusneuralgie
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