Die moderne Neuroradiologie hat mit der MR-Neurographie eine innovative Methode entwickelt, um periphere Nerven sichtbar zu machen und Erkrankungen des peripheren Nervensystems präzise zu diagnostizieren. Diese Technik ermöglicht es, Nervenschädigungen, Entzündungen und Kompressionssyndrome frühzeitig zu erkennen und gezielte Therapieansätze zu entwickeln.
Einführung in die MR-Neurographie
Die MR-Neurographie, auch Nerven-MRT genannt, ist ein spezielles MRT-Verfahren zur Darstellung peripherer Nerven. Sie nutzt hochauflösende Sequenzen und spezialisierte Aufnahmetechniken in Kombination mit hochauflösenden Empfangsspulen, um detaillierte Bilder der Nervenstrukturen zu erzeugen. Diese Methode ist besonders wertvoll, da sie Nervenschäden auch in schwer zugänglichen Körperregionen sichtbar macht.
Was sind periphere Neuropathien?
Erkrankungen der peripheren Nerven sind in Deutschland weit verbreitet und betreffen etwa fünf Prozent der Bevölkerung. Diese sogenannten Neuropathien umfassen ein breites Spektrum an Krankheitsbildern, darunter Neuritiden und Polyneuropathien. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von entzündlichen und autoimmunen Prozessen bis hin zu metabolischen Störungen und Kompressionen.
Häufige Ursachen von Neuropathien
- Diabetes mellitus: Hohe Blutzuckerspiegel können zu Schädigungen der peripheren Nerven führen.
- Alkoholmissbrauch: Eine häufige Ursache für Polyneuropathien.
- Autoimmunerkrankungen: Beispiele sind das Guillain-Barré-Syndrom.
- Medikamente, Infektionen, bösartige Erkrankungen und Vitaminmangel: Können ebenfalls Neuropathien verursachen.
- Kompressionsneuropathien: Druckschädigungen der Nerven durch Engstellen im Körper.
Kompressionsneuropathien: Wenn Nerven unter Druck geraten
Ein großer Teil der peripheren Nervenerkrankungen ist auf Kompressionsneuropathien zurückzuführen. Dabei kommt es durch pathologische Engstellen im Körper zu einer Druckschädigung eines peripheren Nervs, was sich in Schmerzen und Missempfindungen äußern kann.
Häufige Kompressionsneuropathien der oberen Extremität
- Karpaltunnelsyndrom: Druckschädigung des Medianusnervs im Handgelenk, was zu Taubheit und Missempfindungen in den ersten drei Fingern führt.
- Sulcus-ulnaris-Syndrom (Kubitaltunnelsyndrom): Druckschädigung des Ulnarisnervs am Ellenbogen, was Taubheit und Missempfindungen im vierten und fünften Finger verursacht.
- Pathologien des Plexus brachialis: Druckschädigung des Hals-Nerven-Geflechts, z. B. durch eine Halsrippe.
Kompressionsneuropathien der unteren Extremität
- Meralgia paraesthetica: Taubheit an der vorderen Oberschenkelaußenseite durch Druckschädigung eines Hautnervs.
- Piriformis-Syndrom: Kompression des Ischiasnervs, was zu Schmerzen in der Gesäßregion führt, die ins Bein ausstrahlen können.
- Tarsaltunnelsyndrom: Schädigung des Tibialisnervs auf Höhe des Knöchels, was Schmerzen im Fußbereich verursacht.
Weitere Ursachen für Nervenschädigungen
Neben Kompressionen können auch andere Faktoren zu Schädigungen der peripheren Nerven führen.
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Tumore der peripheren Nerven
Seltenere Ursachen für Schmerzen, Lähmungen oder Gefühlsstörungen sind Tumore der peripheren Nerven. Diese sind überwiegend gutartig und gehen meist von den nervenumhüllenden Markscheiden aus.
Traumatische Nervenschädigungen
Unfälle können durch Zerrung oder (Teil-)Durchtrennung zu dauerhaften Nervenschädigungen führen. Die Folge sind gutartige Wucherungen des Nervengewebes, sogenannte Neurome.
Die Rolle der Neuroradiologie bei der Diagnose
Die Neuroradiologie spielt eine zentrale Rolle bei der Diagnose und Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems. Sie umfasst die Untersuchung und Therapie von Erkrankungen des Gehirns, des Rückenmarks, der Nerven und Blutgefäße mittels bildgebender Verfahren wie MRT und CT. Die Neuroradiologie ist ein spezialisierter Bereich der Radiologie, der eine zusätzliche Weiterbildung erfordert.
Integrative Bildgebung des Nervensystems
Die integrative Bildgebung des Nervensystems zielt darauf ab, Erkrankungen und Funktionsstörungen des Nervensystems durch bildgebende Verfahren zu klären. Dazu gehören die Risikoeinschätzung einer Verengung der Halsschlagader, Entzündungen von Gehirn und Rückenmark, Gedächtnisstörungen (Demenz), Tumorerkrankungen, unklare neurologische Symptome und Erkrankungen peripherer Nerven.
Die Durchführung der MR-Neurographie
Die MR-Neurographie ist ein nicht-invasives Verfahren, das in der Regel in Rückenlage durchgeführt wird. Die Untersuchung dauert je nach Körperregion etwa 30 bis 45 Minuten. Bei manchen Fragestellungen ist die Gabe eines intravenösen Kontrastmittels notwendig, um entzündliche Veränderungen besser erkennen zu können.
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Vorbereitung auf die Untersuchung
Vor der MR-Neurographie findet ein Aufklärungsgespräch mit den Ärztinnen und Ärzten statt. Dabei werden mögliche Kontraindikationen wie Herzschrittmacher oder Insulinpumpen abgeklärt. Es ist wichtig, alle relevanten Vorerkrankungen und Implantate anzugeben. Zudem werden die Beschwerden und deren Verlauf erfragt, um die Untersuchung optimal planen zu können.
Ablauf der Untersuchung
Während der Untersuchung liegt der Patient auf der ausfahrbaren MRT-Liege. Die Empfangsspule wird auf die zu untersuchende Körperregion aufgelegt. Im Gegensatz zu herkömmlichen MRT-Untersuchungen erfordert die MR-Neurographie meist die langstreckige Abbildung der Nerven einer Extremität. Das Team achtet darauf, dass der Patient möglichst bequem liegt und die Untersuchung so angenehm wie möglich verläuft.
Auswertung und Befundbesprechung
Die Auswertung und Nachbearbeitung der Untersuchung nimmt einige Zeit in Anspruch. Eine sofortige Aussage zur Ursache der Erkrankung ist daher meist nicht möglich. Unmittelbar nach der Untersuchung kann jedoch eine Befundbesprechung zwischen dem Patienten und dem spezialisierten Radiologen erfolgen, gegebenenfalls auch per Videokonferenz.
Anwendungsbereiche der MR-Neurographie
Die MR-Neurographie wird bei einer Vielzahl von Erkrankungen des peripheren Nervensystems eingesetzt.
Diagnose von Lähmungen
Die MR-Neurographie hilft bei der Diagnose von Lähmungen der peripheren Nerven, wie z. B. Peroneuslähmung der Wadenmuskulatur oder Armplexuslähmung.
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Karpaltunnelsyndrom
Die MR-Neurographie kann die Druckschädigung des Medianusnervs im Handgelenk визуализировать.
Meralgia paraesthetica
Auch bei der Meralgia paraesthetica, einem Nervenkompressionssyndrom, kann die MR-Neurographie wertvolle Informationen liefern.
Polyneuropathien
Die MR-Neurographie unterstützt die Erkennung von Polyneuropathien, z. B. bei unklaren Schmerz- oder Missempfindungen.
Unklare Schmerzen
Bei unklaren Schmerzen, bei denen trotz verschiedener Untersuchungen keine Ursache gefunden werden konnte, kann die MR-Neurographie helfen, die Ursache zu lokalisieren oder auszuschließen.
Vorteile der MR-Neurographie
- Präzise Diagnosestellung: Die MR-Neurographie ermöglicht eine präzise Lokalisation von Nervenschädigungen.
- Früherkennung von Erkrankungen: Die Methode kann frühe Schädigungen an Nervenknoten sichtbar machen.
- Nicht-invasives Verfahren: Die MR-Neurographie ist ein schonendes Verfahren ohne Strahlenbelastung.
- Detaillierte Darstellung: Die hochauflösenden Bilder ermöglichen eine detaillierte Beurteilung der Nervenstrukturen und der angrenzenden anatomischen Strukturen.
- Gezielte Therapieplanung: Die Ergebnisse der MR-Neurographie ermöglichen eine gezielte Planung von konservativen oder invasiven Therapieansätzen.
Grenzen und Risiken der MR-Neurographie
Wie bei jeder medizinischen Untersuchung gibt es auch bei der MR-Neurographie bestimmte Grenzen und Risiken.
Kontraindikationen
Patienten mit bestimmten Implantaten wie Herzschrittmachern oder Insulinpumpen müssen vor der Untersuchung abklären, ob diese für die MRT-Neurographie zugelassen sind.
Kontrastmittelallergie
In seltenen Fällen kann es zu allergischen Reaktionen auf das Kontrastmittel kommen.
Raumangst
Patienten mit Raumangst sollten dies bereits bei der Terminvereinbarung angeben, um entsprechende Maßnahmen treffen zu können.